Meinungsbeitrag: Wie viel Kommerz steckt schon in der Musikrichtung Heavy Metal?

„Schöne neue Heavy Metal Welt?“ ist eine Kolumne unseres Autors Josef. Es handelt sich hierbei um einen persönlichen Meinungsbeitrag, der unabhängig von den Standpunkten der leitenden Redaktion agiert.

Vorwort:

Jeder von uns kennt es. Nachdem man beim Konzert oder Festival alles gegeben hat, wird gerne noch der Merchandise-Stand der häufig nach Schweiß und Bier stinkenden Location abgecheckt. Meistens wird dort als Andenken ein Band-Shirt oder auch eine CD gekauft und diese als Beute in seine schon vollgestopfte Behausung mitgenommen. Dass man heutzutage nicht nur T-Shirts mit Aufdruck seiner Lieblingsband oder Patches finden kann, sondern auch allerhand anderen Krempel, sollte wohl den meisten Metalheads dabei schon aufgefallen sein. Ob nun im internen Shop der Band oder großen Merch-Händlern, überall wird versucht, die immer größere Warenwut an den Kunden zu bringen. Dabei stellt sich mir folgende Frage: Wie viel Kommerz steckt schon in der Musikrichtung Heavy Metal?

Die Fakten:

Erstmal sollten wir klären, was der Begriff „Kommerz“ bedeutet. Wikipedia schreibt dazu:

„Kommerz ist der veraltete Ausdruck für Handel und Verkehr, heute ist der Begriff negativ konnotiert und wird als Geschäftemacherei oder Profitgier verstanden.“

Ich bin der Meinung, dieser Satz beschreibt den Umstand, was Kommerz heißt schon ziemlich gut, aber lassen wir noch etwas von meiner persönlichen Note mit einspielen. Ich verstehe unter Kommerz auch, dass eine Sache (Film/ Musik/ Form/Sportart oder Produkt) schon durch seine Beschaffenheit so ausgelegt wird, dass er bei möglich vielen Personen als ansprechend gilt. Dabei wird bewusst auf „Ecken und Kanten“ verzichtet und auf eine Art von Massentauglichkeit geachtet, die möglich viele Reibungspunkte hat, die bei vielen Leuten als positiv oder ertragbar aufgenommen wird. Man könnte hierbei auch von der „Mainstream-Tauglichkeit“ sprechen.

Doch wie sieht es beim Metal aus? Gibt es dort schon solche Auffälligkeiten, bei der man schon von Kommerz sprechen kann? Blicken wir dabei erstmal auf das Themenfeld Warenangebot. In der Metal-Kultur haben sich, was Merchandise angeht, zwei Sachen herausgebildet, die man als Kulturträger zählen kann: nämlich die Patches und das Band-Shirt. Für mich sind diese beiden Produkte das Aushängeschild (wenn man von den Musikträgern absieht) um der Welt zu zeigen, ich bin ein Metalhead. Das T-Shirt dabei als treuer Alltagsbegleiter und die Patches weiterverarbeitet auf Kutten, die dann auf den Konzerten stolz getragen werden. Wird dabei mit T-Shirts eine Art von Geschäftemacherei, bei der eine möglich große Verkaufs-Vermarktung angestrebt wird, betrieben? Ich sage ganz klar ja. Besonders bei extrem großen und bekannten Bands fällt das sehr auf. Nehmen wir beispielhaft dafür die Band Metallica. Die verkaufen aktuell bei Engelbert Strauss, einer eher für Arbeitsbekleidung bekannten Einzelhändler, diverse Produkte, darunter auch T-Shirts mit ihrem Logo. Auch bei sehr großen Textil-Discountern (Primark, KiK, H&M und Co.) findet man immer wieder, von namhaften Bands wie Slayer, Iron Maiden usw. T-Shirts, die meistens zu Kampfpreisen verschachert werden. Alles Absatzmärkte, die eher weniger mit der klassischen Szene-Anlaufstelle zu tun haben. In diesen Zusammenhang klammere ich große Seiten, die speziell auf Metal-Merch spezialisiert sind aus, da diese für mich etablierte Online-Quellen für Nachschub sind. Hinzu kommt noch, dass man bei T-Shirts oder stellenweise bei Patches gerne mal hier und da mit irgendwelchen Spezial-Versionen, limitierten Sonderdrucken etc. daher kommt, die einen zum schnellen Impulskauf verführen sollen. Außerdem stellt man dann in diesen Zusammenhang schnell fest, dass man nicht nur Shirts mit seiner Lieblingstruppe kaufen kann. Es wurde angefangen Band-Logos auf wirklich alles aufzudrucken, was irgendwie bedruckbar ist. Ob nun Weinflaschen, Bier (was ich irgendwie dann doch als lustig und szenetypisch empfinde), Socken oder Handtüchern. Heutzutage wird alles voll gekleistert, bei dem man irgendwie ein Geschäft wittern kann. Besonders skurriles Beispiel gefällig? Sabaton verkauft in ihren Store Unterhosen mit ihrem Logo unter dem Label „Underwar“. Ich muss sagen, das Wortspiel „Underwar“ ist genial, aber eine Band-Unterhose? Sorry, dass ist dann doch selbst mir schon zu viel und peinlich.

Auch wie Sachen neuerdings immer häufiger auf den Markt geworfen werden, empfinde ich als reine auf Gewinnmaximierung getrimmte Show. Erst wird eine Single rausgehauen und dann wird ein Großaufgebot an passenden Artikeln in den Ring geworfen. Man könnte stellenweise regelrecht von einer Mobilmachung an der Merch-Front sprechen. Für mich hat das jedes Mal einen kleinen bis großen, faden Nachgeschmack. Die Musik-Single wirkt dabei wie eine Art von ausgerufener Kriegsgrund, damit eine Mobilmachung gerecht gemacht werden kann, wieso jetzt der Fan wieder in die Geldbörse greifen soll. Man merkt hierbei einfach schnell, dass der Bandname in vielen Bereichen mehr und mehr zu einem Markennamen reduziert werden soll, der auf dauerhaften Kundenfang getrimmt ist.  Ich habe ja schon kurz angerissen, dass die Kommerz-Ebene nicht nur in den materiellen Dingen steckt, sondern auch in der Musik die von den Künstlern geschaffen wird. Mich beschleicht das Gefühl, dass immer häufiger versucht wird einen Sound zu spielen, der möglich große Berührungspunkte bei vielen Leuten erzeugen kann. Das „Produkt“, was dabei entsteht, klingt dann halt weder wirklich beschissen noch besonders lustvoll erregend. Es ist einfach ein Klang, der problemlos durch die Ohrmuschel wandern kann, ohne irgendwo hängenzubleiben. Gerade beim Power Metal und stellenweise beim leichten Symphonic Metal sehe ich die Tendenz in diese genannte Richtung, einen Sing-Sang zu wählen der besonders anschlussfähig ist und innerhalb der Szene eine Art von „Massentauglichkeit“ erzeugen soll. Da stellt sich die Frage, wieso Bands einen solchen Weg einschlagen wollen oder möchten? Ich erdreiste mich zu folgender Antwort: Entweder die Band hat einfach seine beste Zeit hinter sich und schafft es einfach nicht mehr etwas Geniales oder Hochwertigeres auf die Beine zu stellen, oder es wird mit purer Absicht gemacht. Ein Klangbild, was möglich viele Leute anzieht und niemanden auf den (in manchen Fällen behaarten) Sack geht, bringt einfach mehr Umsatz ein und dieser spült, wie jeder weiß, ordentlich Schotter in die immer nach Moneten schreienden Kassen. Ich verzichte bewusst jetzt auf Band-Beispiele, bei dem ich das Gefühl habe, dass dies zutreffen könnte aus einem einfachen Grund: Die Geschmäcker sind einfach zu sehr verschieden und jeder hat eine andere Meinung, ab wann ein Song als belanglos oder langweilig gilt.

Das Versand- und Einzelhandelsunternehmen für Berufsbekleidung Engelbert Strauss wird von Metallica als Sprungbrett genutzt, um auch auf Szene fremden Boden Absatz zu machen.

 

Fazit:

Der Kommerz hat bei der schönsten Nebensache der Welt (nein, auch wenn manche Leute sich verwundert die Augen reiben, ich meine nicht den Akt der Fortpflanzung, sondern Heavy Metal und all seine Spielarten) sich schon ordentlich breit gemacht. Das Bands mit Merchandise Geld verdienen wollen und müssen, stelle ich nicht infrage, mir ist es auch ehrlich gesagt scheißegal wie reich die Personen dabei werden. Ich bin ja selber einer, der gerne mal etwas Kohle locker macht, und außerhalb der etablierten Kulturgutware T-Shirt und Patches sowie Tonträger, sich mit Merchandise eindeckt. Hier muss halt jeder selbst entscheiden, was „Nice to have“ und was schon einfach nur noch Krempel mit Aufdruck ist. Dabei sollte man aber so oft es geht lieber beim internen Shop der Band, direkt auf dem Konzert oder wirklich etablierten Merchandise-Händlern einkaufen und bitte nicht bei einer Modekette, die überhaupt nichts mit unserer Musik zu tun hat. Wir wollen ja alle nicht, dass noch mehr Pickelträger im Pubertätsalter denken, dass Nirvana, Iron Maiden und Co. ein Modelabel sind oder unsere Musik ein schnelllebiger Lifestyle ist. Viel schlimmer als das Großaufgebot an Waren (bei der jeder selbst entscheiden kann, kaufe ich oder kaufe ich nicht) empfinde ich, wenn das Liedgut Richtung „Sing-Sang“ ohne Ecken und Kanten abdriftet und damit die „Verkaufskanäle“ außerhalb der Metal-Szene angezapft werden kann. Wann das genau der Fall ist, kann ich hierbei nicht sagen, dass muss jeder für sich selber entscheiden. Ich betone aber an dieser Stelle gerne, dass nur weil etwas innerhalb unserer Szene von vielen Leuten gerne gehört wird und außerhalb unserer Bubble freundlich aufgenommen wird, heißt es noch lange nicht, dass es schlechte Musik ist. Es gibt auch Bands, die zurecht durch Qualität eine Massenbekanntheit aufgebaut haben, es muss immer jeder Fall für sich einzeln betrachtet werden. Was ist eure Meinung zum Thema? Ist der Kommerz beim Metal für euch ein großes Problem oder eher eine Randerscheinung? Ich bin auf eure Meinung gespannt und nehme Kommentare gerne entgegen.

1 Kommentar

  1. Schöner Beitrag. Es erinnert mich daran, das ich vor wenigen Jahren in der Oberstufe sogar mal gefragt wurde was das für eine Marke an Shirt wäre, da diese Person die „Marke“ Edguy noch gar nicht kennen würde.. tja..

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