Es ist der zweite und finale Tag des diesjährigen Metal Gods Open Air. An diesem Samstag sind rekordverdächtige 36°C angekündigt, während wiederum sechs Bands die Bühne rocken sollen. Das Wetter fordert bereits seinen Tribut, denn bei einem der beiden Bierwagen ist die Kühlung vorerst ausgefallen, was im Laufe des Tages jedoch behoben werden kann. Puh, ein Glück für die Konzertbesucher. Das Festival scheint heute mehr junge Leute anzuziehen als am Vortag, sogar einige Familien sind zu sehen und es sind wieder erfreulich viele Kuttenträger unterwegs. Veranstalter Sven kündigt an, zwischendurch für Erfrischung zu sorgen, indem er die Meute vor der Bühne mit einem Gartenschlauch mit Wasser besprüht. Eine nette und durchaus notwendige Geste.
Zum Start um 16 Uhr haben sich etwa 50 Leute auf dem Gelände eingefunden, um dem Opener Hell in the Skies aus Eberswalde die Ehre zu geben. Ein Banner mit dem Bandlogo in weiß auf schwarz, ziert die Bühne. Die seit 2017 aktive Band hat bisher ein Album am Start und arbeitet fleißig am Nachfolger, wie ich am Merchandise-Stand in Erfahrung bringen kann. Mir persönlich sagt der Metal-und Grunge-Mix der Band sehr zu, leider sind bei 40°C, Sonne satt und leichtem Wind nur 20 Leute vor der Bühne zu sehen, der Rest des Publikums bleibt im Schatten der Bierbankgarnituren. Davon unbeeindruckt feuern Hell in the Skies einen energetisch geladenen Gig ab und hauen uns Stücke wie Hell in the Skys, Blackened Sun und Ghosts of Infinity um die Ohren. Mal getragen melancholisch und melodisch, mal stampfend oder flink und virtuos ist es ein sehr abwechslungsreiches Set. Die Mischung tiefgestimmter Gitarren von Beka und Solas und dem Gesang von Frontmann Asmoday lassen bei mir starke Vergleiche zu Alice in Chains und deren verstorbenen Sänger Layne Staley aufkommen. Nach 45 Minuten ist ein energiegeladenes Set vorbei und die Jungs werden höflich vom Publikum klatschend verabschiedet. Ich werde sie wohl im Auge behalten.
Das Gelände füllt sich unterdessen mit Besuchern und Sven hält Wort, indem er sich bei jedem Gig als Wasserspender betätigt. Auch die Kühlung des zweiten Bierwagens ist mittlerweile repariert worden. Nach kurzer Umbaupause kommen die drei älteren Herren von Black D.O.G aus Heilbronn auf die Bühne und spielen 40 Minuten lang Lobeshymnen auf den Rock `n´roll und den Rockerlifestyle, Hard Rock für Kenner eben. Der Sänger macht früh klar, worum es hier heute gehen soll „Scheiß auf die Qualität, scheiß au die Probleme“, bevor Nothing but a good time angestimmt wird. Die drei Jungs haben deutlich Spaß. Rauer Gesang und rumpelnder Bass, melodiöse Gitarren und ein krachendes Schlagzeug bilden einen rohen und unverfälschten Stil für Brecher wie Rock `n´ Roll Overdose oder Super Woman, We are Loud and Proud und God save Rock N Roll. Laut, rau und pure Energie heizen sie das Publikum weiter an.
Danach wird es für heute das erste Mal international, denn die Schweden von Night geben sich 18:10 Uhr nach kurzem Umbau die Ehre. Ebenfalls ohne Backdrop, spielen sie sich mit ihrem frickeligen Stoner Rock und hohem Gesang in die Gehörgänge der Anwesenden. Diesmal wird es merklich voller vor der Bühne, und die Menge kann durch Songs wie Fire across the Skys, Running in the Night, Surrender sogar zur ersten Interaktion des Tages animiert werden und schwingt die Fäuste im Takt. Die 2011 gegründete Combo spielt ein ausgewogenes Set ihrer bisher vier veröffentlichten Alben und hinterlässt damit einen bleibenden Eindruck beim Berliner Publikum. Night punkten hier mit Spielfreude, schönen Posereinlagen der Axtfraktion und filigraner Gitarrenarbeit. Für mich zählen sie schon jetzt zu den Gewinnern des Festivals und am Merch decke ich mich sogleich mit CDs der Truppe ein.
Mittlerweile ziehen eine dichte Wolkendecke über das Gelände und ein paar wenige Tropfen fallen, ohne dass es sich jedoch abkühlt. Im Gegenteil wird es eher wärmer und schwüler. Nun kommt gegen 19 Uhr die Band, die man hier als Headliner der Herzen bezeichnen kann. Denn es betreten Metall, die Heavy Metal Combo aus Berlin, bei der kein Geringerer als Veranstalter Sven am Bass steht. Mit Unterbrechungen sind sie seit 1981 bereits aktiv und gehören damit zu den Grundfesten der Berliner Rock Szene und haben mit Metal Heads und Metal Fire 2 Alben im Gepäck. Ihr blau-silbernes Banner und zwei Aufsteller zeigen den Bandnamen. umrandet von Ketten. Leider schleicht sich beim Soundcheck kurzzeitig der Fehlerteufel ein, was den Start der Show etwas verzögert. Um 19:10 geht’s dann aber los, mit einem rauen Sound und derben Brechern wie What is real oder Chrimson King bishin zu Stampfern a la Metal Maniacs den das Publikum freudig mitsingt und Bassist Sven streckenweise Backingvocals beisteuert. Bei diesem Track stehe ich allein im Zentrum eines sich bildenden kleinen Circlepits aus mich umkreisenden Jungmetallern. Das Publikum hat also deutlich Spaß an der Darbietung. Obendrein wird laut Sänger Joél das erste Mal seit 16 Jahren der Song Fly wieder live auf die Bühne gebracht. Außerdem werden zwei neue Mitglieder vorgestellt, die gerade mal ihren 3 Gig mit Metall absolvieren – Danielo an der Rhythmusgitarre und Soleil an der Leadgitarre. Beide fügen sich super in die Band ein und die Spielfreude ist den beiden sichtlich anzumerken. Als weiteres Debüt bekommen wir noch den brandneuen Song Lord of Flies vom gleichnamigen Album serviert, das erst noch fertig gestellt werden muss. Zum Abschluss des Sets wird das Publikum zum Mitsingen bei Easy Rider animiert und greift dies freudig auf. Ein sehr gelungener Auftritt, der ringsum für freudige Gesichter und viel Spaß gesorgt hat.
Nach einem ausführlichen und erfolgreichen Soundcheck geht es 20:30 Uhr weiter mit den Schweden Ambush. Bei ihnen finden sich auch wieder 2 Bandmitglieder der vorhin schon erwähnten Band Night auf der Bühne, spielen doch zwei ihrer Mitglieder bei Ambush auch Bass und Schlagzeug. Der Gig beginnt mit einem sphärischen Intro aus der Konserve und Nebelschwaden hüllen die Bühne ein. Bereits beim Opener Inifidel lassen sich die Fans von charismatischen Sänger Oskar zu munteren „Ohohoho“-Chören animieren. Das Konzert führt uns in 90 Minuten durch die seit 2013 veröffentlichten 3 Alben und lässt mit Firestorm, Possessed by Evil bei dem ironischerweise aus dem Publikum Seifenblasen aufsteigen und Hellbiter keine Wünsche offen. Von Masters of the Seas verspricht sich Oskar und uns Abkühlung, da die Band als Kinder des Nordens wohl solche Temperaturen wie heute nicht gewöhnt seien. Der Band ist die Erfahrung anzumerken, die sie bereits auf vielen Touren sammeln konnten und der Auftritt besticht, durch spielerische Raffinesse, elegante Posen und unbeschwerte Interaktionen mit dem Publikum. Zwischendurch gibt es sogar einen kleinen Circlepit in den ersten Reihen, in den ansonsten konsequent geheadbangt wird. Mit Close my Eyes wird es kurz balladesk, bevor Heading east den im Krieg befindlichen Ukrainern gewidmet wird . Der Song kommt mir bei diesem Auftritt aufgrund der Aktualität besonders energiegeladen vor. Mit Desecrator, der Mitsingnummer Natural Born Killers und der Zugabe Faster geht der vorletzte Gig dieses Festivals sauber über die Bühne.
Mit leichter Verzögerung kommen um 22:00 Uhr die wohl wahren Exoten des Festivals, Neuron Spoiler als diesjährige Headliner auf die Bühne, eine englische Heavy Metal Band, die für dieses Konzert extra aus dem fernen Birmingham aus UK gekommen ist. Die Band wurde 2009 gegründet und hat drei Alben im Gepäck, ebenso wie einen siebenseitigen Bass. Die fünfköpfige Truppe um Sänger JR ist mega motiviert bei diesem Festival dabei zu sein und bedankt sich mehrfach bei Sven für die Einladung, dem sie in diesem Zusammenhang den Song The Brave One widmen und zum Judas Priest Cover Hell Patrol sogar mit auf die Bühne holen. Das Publikum feiert dieses Entertainment und die Spielfreude der Engländer sichtbar ab und bangt zum Rock und Heavy Metal lastigen Songs wie Slay the Beast gebührend mit. Auftretende Soundprobleme der Gitarrenfraktion werden in den Pausen vom Sänger JR professionell mit Entertainment überbrückt und tut der guten Laune auf und vor der Bühne keinen Abbruch.
Leider können Neuron Spoiler ihr Set nicht voll ausspielen. Denn seit ca. einer Stunde schiebt sich eine dunkle Wolke über das Gelände, die uns 22:40 Uhr mit einem gewittrigen Platzregen überrascht. Bis zum Ende des angespielten Songs hält man noch unter Regenschirmen aus, danach muss das Equipment vom Bühnenrand ins Trockene geschoben werden und die Zeit reicht bedauerlicherweise nicht aus, die letzten beiden Songs noch abzurocken. Trotz dieses leider abrupten Endes konnten die sympathischen englischen Jungs auf ganzer Linie überzeugen und sich hierzulande bestimmt eine kleine Fangemeinde erspielen.
So endet ein sehr heißes Metal Gods Festival, das von drückender Hitze und kleineren technischen Problemen geprägt war in einem Regenguss und mit Donnerhall. Man könnte sagen, es verabschiedete sich mit einem ordentlichen Knall! Wir freuen uns schon auf das nächste Jahr, die ersten Bands sind ja bereits bestätigt.
Antworten