Gewohnt pünktlich öffnet der Colos-Saal seine Türen, und die üblichen Verdächtigen sind vor Ort, um dem Prog-Urgestein Threshold auf der Through Time Tour zu huldigen. Für einen Freitagabend war der Colos-Saal einigermaßen gut gefüllt; die Briten haben allerdings schon mehr Leute gezogen. Ob das am Ferienbeginn liegt oder daran, dass Threshold für diese Tour einen Ersatzsänger angekündigt haben, bleibt Spekulation.
Die Bühne wirkt zu Beginn recht voll – zwei Schlagzeuge und zwei Keyboard-Sets nehmen viel Platz ein. Neu ist, dass Johanne James „hinter Plexiglas“ sitzt. Erfreulich am Publikum: Viele Besucher tragen Shirts von ehemaligen Vorgruppen. Threshold-Shirts, auch deutlich ältere, sind jedoch weiterhin in der Überzahl.
Opener Grace & Fire
Den Abend eröffnen Grace & Fire aus London. Das Quintett hat dieselbe Besetzung wie Threshold: Gitarre, Keyboard, Schlagzeug, Bass und Gesang. Mit fünf Songs im Gepäck, die eher Heavy Rock als Heavy Metal bieten, hinterlassen sie einen guten Eindruck. Die Bühnenshow wirkt etwas steif, was am Platzmangel liegen könnte. Das Publikum zeigt sich wohlwollend, aber die ganz großen Antreiber stehen hier (noch) nicht auf der Bühne, auch wenn der Sänger alles gibt, um die Menge zu animieren.
Setlist Grace & Fire: Into the Cosmos // Elysium // Chains of Sanity // a Warrior’s Tale // Paradise Lost // Eyes of the Seer
Anschieber: Godsnake
Die Hamburger sind der Einheizer, den man sich wünscht. Gefühlt ist der Colos-Saal während ihres Auftritts noch voller als bei Threshold, zumindest aber dichter gepackt und näher an der Bühne. Ihr heavy Riffing und thrash-lastiger Metal aus dem kühlen Norden kommen beim Publikum gut an. Das Publikum reagiert prompt und lautstark auf jede Aufforderung von der Bühne. Einige textsichere Fans lassen darauf schließen, dass sie wegen Godsnake angereist sind.
Setlist Godsnake: the Sickening // Apocalypse // Poison Thorn // Blood Brother // Urge to Kill // Stone Dead Pony // Stone to the Crow
Threshold: Through Time Tour
Die Ankündigung ist eindeutig: mindestens ein Song aus jedem Album. Auch klar: Glynn Morgan fehlt bei dieser Tour; er verpasste bereits das Næstved Metalfest in Dänemark wegen einer Kehlkopfentzündung.
Die Mammutaufgabe, drei ikonische Sänger zu ersetzen, übernimmt Alessio Garavello (A New Tomorrow). Seine Stimme trifft nicht ganz die Stimmlage der „Originale“. Das Set gewinnt dadurch: „Altes neu entdecken“ könnte das Motto sein.
Mit Slipstream aus der Mac-Ära beginnt der Abend kraftvoll und bietet Alessio einen gelungenen Einstieg, der Zweifel an seiner Wahl beseitigt. Druckvoll, satt und nicht zu laut führt Threshold das Publikum durch die Vergangenheit ihrer Alben. Nach Slipstream wird das Programm etwas schwerer, was auch an den älteren Alben liegt, die nicht die Eingängigkeit einer Dead Reckoning haben.
Wer zu Threshold kommt, erwartet keine aufwändige Bühnenshow, sondern Musik. Dennoch zeigt sich der Spaß an der Sache: Karl Groom lächelt häufiger als sonst. Johanne James hat Zeit für Grimassen im „Glaskasten“ und der sonst stoisch wirkende Steve Anderson am Bass strahlt, wenn er gemeinsam mit Karl Groom zeigt, was sie auf ihren Instrumenten draufhaben. Einzig Richard West kommt etwas zu kurz, was am fehlenden Licht in seiner Ecke liegt.
Wie angekündigt, wird vor der Zugabe mindestens ein Song von jedem Album gespielt. Songs wie Virtual Isolation oder Devotion sind seit langer Zeit wieder live zu hören. Zu Beginn scheint es, als würden die Alben chronologisch durchgespielt, aber nach Freaks (Clone) wird gemischt. Das Set wirkt nicht ganz so ausgewogen wie bei früheren Touren. Dennoch zeigt sich, dass Threshold über die Jahre ihrer Linie treu geblieben, sind, sich aber dennoch verändert haben – und das nicht nur am Mikrofon. Natürlich fehlen einige Songs, die sich der eine oder die andere gewünscht hätte. Um alle unterzubringen, hätte das Set drei Stunden dauern müssen und nicht die gut 90 Minuten, die es am Ende sind.
Als Zugabe gibt es Snowblind und Small Dark Lines von Legends of the Shire. Ersteres überrascht, letzteres ist der logische Abschluss, da Slipstream ja bereits zu Beginn gespielt wurde. Dass einzig Legends of the Shire mit mehr als einem Song vertreten ist, mag für eine Best-of-Setlist ungewöhnlich sein, liegt aber vermutlich am Erfolg des Albums und am etatmäßigen Frontmann Glynn Morgan.
Fazit: Ein Muss für Prog-Rock-Fans
Threshold sind immer einen Konzertbesuch wert. Karl Groom scheint nicht zu altern, und die Band bleibt ein Maßstab für tightes Zusammenspiel bei Prog-Bands. Neben dem MainAct verdienen auch die Vorgruppen Aufmerksamkeit: Das Management schafft es stets, interessante Bands mit auf Tour zu nehmen und damit für frischen Input zu sorgen.
Setlist Threshold: Slipstream // Devoted // Virtual Isolation // Freaks // The Mystery Show // Falling Away // Mother Earth // the Man that saw through Time // Ashes // the Ravages of Time // Silenced // Mission Profile // Snowblind // Small Dark Lines
Bericht: Clemens
Bilder: Clemens
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