
Band der Woche KW 29/2025
Herkunft: Koblenz, Deutschland
Genre: Experimenteller / Avant-garde Black Metal
Click here for the English version.
Die Band über sich:
„[…]Die Leute tragen Uniformen und funktionieren nur noch als Resteverwerter längst überholter Ideen. Porta Nigra sollte völlig frei sein von Politik, Religion und allem, hinter dem man sein wahres Ich verstecken kann.
Ich hab mich also gefragt, was mich ausmacht, was mich beschäftigt. Und das ist der Zerfall. Mein eigener und der meiner unmittelbaren Umwelt.
[…]
Zum philosophischen Konzept: Ich glaube fest daran, dass der Mensch nicht für die Freiheit gemacht ist. Generationen vor uns sind auf den Feldern für die Freiheit verblutet und was machen wir mit diesem vermeintlich hohen Gut? Wir treten es mit Füßen. Ich jedenfalls trete es mit Füßen, und ich habe viele Freunde, die das gleiche tun. Wir kommen mit unserer ultimativen Freiheit nicht klar. Wir tun seltsame Dinge.Dieser derzeit vermeintlich „hellen“ Episode in der Geschichte der Menschheit wird ein sehr dunkle folgen. Die Party der westlichen, vom Kapitalismus geprägten Staaten, wird bald sehr gewaltsam zu Ende gehen. Die atemberaubend schnellen Entwicklungen im Bereich der Kommunikationstechnologie haben einen völlig gläsernen Menschen erschaffen, der alles weiß und alles von sich preisgibt, dabei aber keine Ruhe und Befriedigung findet, sondern immer mehr wie ein gehetztes Tier wirkt.“
„Ich wollte einen Namen, der gut klingt und noch nicht verwendet wurde. Das ist alles. Mit Trier hat das nichts zu tun.“
Kommentar der Redaktion:
Einige der schönsten, spannendsten und kunstvollsten Anthologien, die ich kenne, sind Porta Nigra-Alben.
Jedes mit eigenem inhaltlichen Schwerpunkt und Gesamtkonzept; letzteres derart konsequent und alle Ebenen der musikalischen Gestaltung umfassend umgesetzt, dass es auch ohne visuelle Elemente nur angemessen scheint, hier von einem Schauspiel zu sprechen, dem man zuhören darf.
Und das ganz ohne physische Bühnenpräsenz – der einzige Grund dafür, dass ich an dieser Stelle von keinem Porta Nigra – Konzert erzählen kann, ist der Umstand, dass die Band leider nicht live auftritt.
„Spannend“, weil die Texte ein sehr hohes Maß an Literarizität mitbringen, ohne dabei zu sehr ins Artifizielle zu kippen oder zur reinen Formübung zu werden.
„Kunstvoll“, weil hier Sprache als Ausdrucksmittel nicht nur einer textlichen, Wort-semantischen, sondern auch einer klanglichen und emotionalen Ebene genutzt, und darüber hinaus auf höchst stimmige und ausdrucksstarke Weise derart eng und intim mit der Musik verwoben wird, dass daraus ein Gesamtkunstwerk entsteht, das mehr ist, als die Summe seiner Teile.
Und all das bewusst an dieser Stelle platziert, bevor eine Bewertung hinsichtlich der Frage, ob das Ganze musikalisch „gefällt“ oder nicht, erfolgt.
Denn ich bin der Meinung, dass Musik (oder Literatur, oder Malerei, etc. ) nicht immer gefällig sein muss, um als Kunst zu gelten, oder beeindruckend zu sein, oder zu berühren.
Ich würde mich sogar so weit aus dem Fenster lehnen, zu sagen, dass Gefälligkeit ein Nebenschauplatz ist.
Dementsprechend ist der hier angelegte, ganz private, Maßstab: Kunst isses nicht automatisch, wenn’s norm-schön ist; Kunst ist es, wenn es was mit mir als Rezipientin macht.
Und das tut es.
Natürlich ist es nicht im klassischen Sinne schön, auf Fin de siècle (2012) den Facetten des menschlichen und gesamtexistenziellen Verfalls beim Modern und Gären zu lauschen, oder sich auf Kaiserschnitt (2015) im Stechschritt durch deutsch imperialistische Albträume und den gesamten damit einhergegangenen Wahn zu schlachten. Auch aus Schöpfungswut (2020) steigt keine Gemüts-beruhigende Gefälligkeit und Harmonie herauf, sondern lediglich andere, vielleicht teilweise etwas abstraktere, Gesichter des Wahns und Weltverlusts. Und das aktuelle Album Weltende (2023) liefert ebenfalls genau das, was der Titel erwarten lässt.
Natürlich ist diese Musik nicht „schön“; so wie z.B. auch die Gedichte des frühen Gottfried Benn nicht „schön“ sind.
Aber sie ist wirkmächtig, bild- und emotionsstark. Und sie bringt es fertig, ihre Auslotung der Extreme und des Ausdrucks eben jener vollkommen kompromisslos, und dabei vollkommen unabhängig von den im Black Metal zum Standard gewordenen Provokationsmustern immer weiter zu vollziehen.
Die Band bei Dark-Art:
Musikvorschläge:
Links:
Band der Woche, unter diesem Titel stellen wir euch jede Woche Dienstagabend, 20 Uhr (MESZ) eine Band vor. Dies sind jeweils Bands, die von Mitgliedern unserer Redaktion empfohlen werden, vor allem junge Nachwuchsbands, die unserer Meinung nach mehr Aufmerksamkeit verdient haben.
Alle Bands, die wir dieses Jahr vorgestellt haben, findet ihr auch in unserer Playlist auf Spotify.
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