Review: Ye Banished Privateers – Hostis Humani Generis

Review: Ye Banished Privateers – Hostis Humani Generis

Release: 7.2.2020

Genre: Pirate Folk

Spieldauer: 54 Minuten, 45 Sekunden

Label: Napalm Records

Links: Homepage / Facebook

Tracklist:

  1. No Prey, No Pay 3:33
  2. Hush Now My Child 3:43
  3. Blame The Brits 3:11
  4. Capstan Shanty 6:00
  5. Elephants‘ Dance 3:26
  6. Swords To Plowshares 2:59
  7. Flintlock 80 4:20
  8. Parting Song 5:37
  9. Rowing With One Hand 3:56
  10. A-Swinging We Must Go 2:58
  11. They Are Marching Down On High Street 3:45
  12. Death Of Bellows 7:13
  13. Why The Big Whales Sing 4:09

Hostis Humani Generis

Hostis Humani Generis, «enemy of mankind» oder «Feind der Menschheit», ist ein Begriff aus dem Seefahrtsrecht, welcher auf Piraten und Sklavenhändler angewandt wurde. Genauer gesagt werden jene Individuen ausserhalb des Rechts eines Königs oder einer Nation gestellt, was kurzerhand bedeutet, dass jede Nation diese ohne Prozess aufknüpfen kann, auch wenn sie nicht direkt angegriffen wurde.

Soweit zum historischen Hintergrund. Es ist das vierte Album der schwedischen Piratenband Ye Banished Privateers und das zweite, mit dem sie unter der Flagge von Napalm Records Segeln lassen.
Aktuell mit 22 Seeleuten besetzt, versteht es diese Crew ausgezeichnet, das Leben im Goldenen Zeitalter der Piraten dazustellen.
Eine vollständgie Aufzählung würde hier den Rahmen sprengen, denn bei so vielen historischen Instrumenten, den Hauptsingern Magda, Pete, Björn, Jim und Will sowie allen anderen die auch mitmischen verliert man schnell mal die Übersicht. Eine genaue Aufzählung findet ihr auf ihrer Homepage, obwohl jede/r auf dem Schiff die Stimme zu den Liedern dazu gibt, genau wie früher bei den Shantys auf See.

Eine epische Live Show mit einem guten Dutzend der Crew auf der Bühne, geniale Gewandungen sowie genug Action, selbst mitten in der Menge bei akustischen Tavernen Konzerten, machen Ye Banished Privateers zu einem einmaligen Erlebnis.
Nach langen Jahren werden sie sogar mal wieder Richtung Schweizer Gewässer segeln, genauer am 4/5 Juli an das MPS Weil am Rhein. Doch bevor ich hier mal wieder zu weit Abschweife, könnt ihr im Review des letzten Albums First Night Back in Port noch einiges über die Band nachlesen.

So kommt das neue Album im gewohnten, detailverliebten Gewand, was sich vor allem am historisch gezeichneten Cover, sowie dem Booklet auszeichnet.
Jenes ist im Pergament Stil gehalten und angefüllt mit Zeichnungen, Schriftzügen und natürlich den Lyrics, passen zum jeweiligen Lied designt.
Zudem werden immer wieder Lieder durch kleine Intros oder Zwischenspiele ausgeschmückt, was eine schöne Eigenheit der Truppe ist und ihrem Schauspiel einen zusätzlichen Touch gibt.

1. No Prey, No Pay
Mit Meeresrauschen beginnt das erste Lebenszeichen des neuen Albums, welches Anfang November als Musikvideo veröffentlicht wurde, jetzt auf CD glücklicherweise mit ein wenig verständlicherer Aussprache von Blackpowder Pete!
Ein Song über Piratenjäger, besser gesagt Maynard (berühmt für die Tötung Blackbeards, siehe Wiki) welche ihre Rationen mit dem Nachstellen gewisser, verbannter Privateers verdienen: Keine Jagd, keine Bezahlung!
Voller Energie ist der Song ein richtiger Start zum passenden Thema, wieder perfekt von der Band performt und super zum Mitsingen:

No quarter, No parley, No pay without a prey.
Fresh water, fresh barley, fine rations to last the day.
No quarter, No parley, Maynard’s sizing up our chains.
Good sailors, dry gnarly, end their days in a rusty cage.


2. Hush Now My Child
Weiter mit Takt und Energie, kommen wir leider zu einem traurigen Thema, auch wenn es die fröhliche Melodie nicht erkennen lassen würde.
Mit Kanonen, Geschrei, panischen Pferden und Feuer starten wir in die Tragödie eines Kindes, welches bei der Eroberung Nassaus durch die Spanier und dann auch bei der Rückeroberung der Engländer, ein Familienmitglied nach dem anderen verliert.
Erschüttert und seelisch Zerstört, schliesst er sich als junger Erwachsener der Flying Gang an, um für die eigene Unabhängigkeit zu kämpfen.
Nur um am Ende, nachts selbst vom Gesicht eines Jungen verfolgt zu werden, dessen Eltern er in seiner Selbstgerechtigkeit erschlagen hat. Spätestens beim letzten Refrain mit den Marschtrommeln, fährt mir jetzt schon ein Schauer über den Rücken.

Hush now my cild, put your sorrows aside
For the greater good we must sacrifice
For our free colony, for the trade overseas
For Bourbon, for Spain or for England

3. Blame The Brits
Zur Auflockerung kommt dann das erste Trinklied, denn egal wie schief es läuft, wir trinken einen auf den Capta… oh falsche Band: Wir schieben es auf die Briten!
Wieder darf jeder im Gesang zum Zug kommen und das eher düstere Album mit Tavernengeräuschen aufhellen, während uns Magda einen nach dem anderen einschenkt.
Diverse Geschichten werden kurz angerissen nur um zu merken, dass es sich nicht gelohnt hat die Wärme des Cooper’s Inn (aus dem letzten Album) zu verlassen.

4. Capstan Shanty
Mit einem längeren Intro von Magda, die auf dem Schiff nach einem Shanty fragt, beginnt eines der schönsten Lieder des Albums, wenn auch wieder eine traurige Ballade.
Mit mehreren Stimmen vermischt, wird die Geschichte von Johnnie erzählt, der zur See fuhr um den Konsequenzen seiner Straftaten zu entgehen. Nun kann er endlich zu seiner Frau und dem mittlerweile geborenen Sohn zurückkehren, nur um nach diversen Verzögerungen kurz vor dem Ziel im Meer zu versinken.

Do another lap `round the capstan Johnnie
Round and round she goes

5. Elephants‘ Dance
Das obligatorische Napalm Records Lyric Video, war die zweite Auskopplung für YouTube.
Eine interessante Geschichte über Nassau, welche ihr selbst nachlesen könnt, und die das Ende der Piratenära einleitete.
Wieder liegt der Schwerpunkt auf Rebellion, das Auflehnen gegen die Obrigkeit und der Niedergang des Piratenlebens, und doch ist der Song wunderschön zum Mitsingen. Vor allem Magdas Bridge zu King George’s Pardon gehen einem unter die Haut, zusammen mit der Symbolik als kleiner Mann unter dem Tanz/Krieg, der beiden Elefanten, England und Spanien, zertrampelt zu werden.


6. Swords To Plowshares
Der Gedanke wird weiter geführt, langsam im Intro mit Blackpowder Pete, nimmt der Song Fahrt auf, wechselnd zwischen Krieg und Frieden: also Schwerter zu Pflugscharen und wieder zurück zu Schwertern.
Ein paar Highlights mit patriotisch angehauchtem Ende, bringt diesen 3min Track jedoch nicht über ein Privateers Mittelmass heraus.

7. Flintlock
Ein Song von Jim, soviel ich es aus der Stimme heraushöre. Passend mit einem Schuss auf hoher See startend, berichtend über den Allzweck-Problemlöser Steinschloss Pistole.
Schon als Kind von seinem Vater geerbt, der Familiendämon im Besitz, der zwar jegliche Streitigkeiten per Knall löst, jedoch mit den Jahren auch den Geist nach all den Morden aushöhlt.
Im Refrain von weiblichen Vocals begleitet, ein ruhiges Stück mit Höhen und Tiefen, welches die Seelenqual eines Mannes darstellt.

8. Parting Song
Soviel ich heraus höre, begeht eine Frau einen Mord an ihrem Peiniger und während der Song langsam wunderschön dahin tröpfelt, besingen Magda und eine Männerstimme den Abschied jener Frau. Vor allem im letzten Drittel werden dann Türen aufgebrochen, während Soldaten im Namen King Georges jene Frau heraus zerren um sie auf das Gefangenenschiff zu bringen.
Ein wirklich herzzerreissender Song, auch wenn ich leider nicht alles genau verstehe.

9. Rowing With One Hand
Mit 50 Pfund Panzerung, leicht wackeligem Schritt, sowohl dem knöcheltiefen Matsch in Feuchtwangen (höhö), wie auch dem wohligen Met im Horn geschuldet, war dieser Song ein Ohrwurm der sich wie auf der Toiletten Szene von Scary Movie, in den Schädel gebohrt hat.
Die Melodie den Rest den Abends noch leicht angesäuselt, teils neben Kindern gepfiffen, kam die Ernüchterung über den Text im Rahmen des letzten Musikvideos kurz vor dem Release.
Diese filigran feucht eingeführte, doppelzüngige Intro Geschichte eines Gerichtsverfahrens mit Fluchtplan, handelt im harten Kern von nichts anderem, als dem guten alten Fünf gegen Willi, den Jürgen Würgen, die Palme wedeln, das Kanonenrohr putzen…
Die ganze Crew, egal welchen Geschlechts, singt hier feuchtfröhlich davon, sich einen herunter zu holen und das angeführt von Björn Malmros, ein Song der unweigerlich zum (lyrischen) Mitrudern reisst, auch wenn ihr euch den genauen Wortlaut in den YT Kommentaren nachlesen müsst. Oder vielleicht auch besser nicht.
Anm. d. Red: Wie viele schlechte Wortwitze darf man in so wenige Zeilen quetschen?
Simi: Alle!


10. A-Swinging We Must Go
„You reap what you did sow“ wird im lockere Takt immer wieder wiederholt, während die ganze Crew sich für diverse Vergehen darauf vorbereitet, fast schon locker zynisch, am Seil zu baumeln.
Eine grosse Portion Galgenhumor ist hier zwischen den Intro/Outro Peitschenschlägen im Kerker angebunden.

11. They Are Marching Down On High Street
Der fröhliche Gesang mit düsterem Text wird so langsam schon Gewohnheit, denn Jim wird letztendlich mit vielen anderen armen Seelen, die Strasse herunter geführt. Im Intro kommt eine königliche Prozession der Steuereintreiber die hohen Strassen herunter und wer nicht zahlen kann, wird kurzerhand unten beim Hafen aufgeknüpft.
Eine weitere verlorene Seele, eine weitere Liebste die alleine am Pier steht und mehr Düsternis für das Album, welche man erst nach genauerem Hinhören erkennt.

12. Death Of Bellows
Noch finsterer mit Mönchsgesang, Glocken und Regen kommt das längste Stück herein, was vor allem an dem fast 2min Intro liegt.
Das Lied schleicht einem langsam mit einem Schauer den Rücken hinab, wunderschön aber auch Traurig eines der Highlights von Hostis. Das Ende von „Bellows“ dem goldenen Zeitalter, der Freiheit und irgendwie allem, muss man sich hier schon ein Tränchen verdrücken, während Magdas Stimme mit teils Unterstützung diese Ballade im Regen zu Grabe trage.

No more Bellows breathing, all music laid asleep
Ashes to ashes, dust turn into dust
As thou returneth to the grave, out of which thou came

13. Why The Big Whales Sing
Zuletzt noch eine weitere Ballade, von einer Schiffsglocke eingeleitet und der Schwermütigkeit von Death nicht unähnlich, schliesst das ziemlich düster geratene Album ab.
Magda kann nochmals alles mit ihrer Stimme geben, bis am Ende nur noch das Meer und das knarzen des Holzes zu hören ist.

Fazit:
Hostis Humani Generis erzählt auf düstere Weise die Schattenseite des romantisierten Piratenlebens. Ye Banished waren schon immer genial darin, die Geschichte dieser Epoche authentisch einzufangen und mit ihrem vierten Album haben sie ihr finsterstes Werk zum Stapellauf gebracht. Mit einer Ruderausnahme, gleitet ihr neues Schiff schwermütig über neblige Gewässer, lockert zwar teils mit Melodie auf, beinhaltet aber auch dort einen Wermutstropfen im Text.
Liebevoll mit historischen Details und Namen gespickt zwar nicht eine Piratenparty, doch eine andere Sicht auf das Leben dieser Zeit inkl. Geschichtsstunde, hängt sich die Scheibe mit 8/10 Galgenstricken auf.

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