Adventskalender: Dark Art – gruseliger Horror oder ästhetische Kunst? Part I

Ist Dark Art unheimlich oder geheimnisvoll oder unheimlich geheimnisvoll? Kann man diese beiden Begriffe überhaupt voneinander trennen? Ist Dark Art ein eigenständiges Kunstgenre oder nur eine emotionale Stimmungsschwankung, die in jede Kategorie passen könnte?

Die Frage der Headline kann man m. E. nach nicht so ganz einfach beantworten, ohne sich vorher Gedanken über Begrifflichkeiten wie Kunst bzw. Dunkle Kunst gemacht zu haben. Ich möchte in dieser kleinen Kolumne (oder vielleicht besser in diesem Essay) gern einmal meine Auffassung darlegen, was uns daran fasziniert und warum wir diese Art von Kunst überhaupt schaffen.

Seit diesem Jahr bin ich ehrenamtlich für das Musik-Webzine „Dark-Art“ in der Rubrik „Kunst und Fotografie“ tätig und suche nach interessanten Künstlern. Natürlich ist die Auswahl – wie Kunst an sich auch – subjektiv und individuell.

Der Streit um den Kunstbegriff

Und da sind wir schon im Thema. Über den Kunstbegriff streiten sich die Gelehrten. Es gab schon riesige Debatten und auch ich als „freischaffende Künstlerin“ hatte mich einmal in einem Beitrag an dieses große Thema gewagt. Auch habe ich mich getraut, Beuys zu zitieren, mit seinem Statement: “Jeder Mensch ist ein Künstler.“. Denn m. E. nach hat jeder Mensch die „schöpferische Kraft“, Dinge (inkl. sich selbst) zu verändern. Natürlich in abgestufter Form – der eine ist mehr, der andere weniger kreativ. Einfallsreichtum benötigt man nicht nur auf dem Gebiet der Gestaltung, sondern auch beispielsweise in der Mathematik, Physik oder Informatik. Und divergentes Denken oder die Fähigkeit Probleme zu lösen, Vorstellungskraft oder auch Intuition zu haben, kann man fördern.

Sind also Kunst und Gestaltung das gleiche?

Ich muss vielleicht dazuschreiben, dass ich keine „bildende Kunst“ studiert habe, sondern vielmehr „angewandte Kunst“ (gem. Wikipedia). Was ich unter Kunst verstehe, hab ich unter anderem auf meiner Website oder auf Social Media stehen – das kann jeder dort nachlesen. Vielleicht nur kurz soviel: Für mich ist Kunst frei, individuell, vielfältig, aber auch inspirierend und integrierend. Viele betrachten Kunst nur aus einer Perspektive. Allerdings gibt es so viele Kulturen auf dieser bunten Welt, die denselben Gedanken, aufgrund von Traditionen und Brauchtum und einer vielleicht völlig anderen Weltanschauung auch ganz anders interpretieren würden. Auch die Themen- oder Motivwahl wäre vielleicht eine andere. Was man aber sicherlich sagen kann, Kunst ist oft Sprachrohr und darf zum Nachdenken anregen. Eine Botschaft enthält jedes Werk, denn beispielsweise auch nur Farben können Emotionen auslösen und kommunizieren. Und natürlich hängt das wiederum stark von kulturellen und individuellen Erfahrungen ab. Allerdings muss es nicht zwangsläufig die Intension des Künstlers sein. Der Rezipient interpretiert „sein“ gekauftes Bild vielleicht völlig neu. Salvador Dalí wollte sicherlich nicht, dass seine Werke tot interpretiert werden und sicherlich hat die dargestellte Symbolik der eine oder andere völlig anders ausgelegt, als der Künstler selbst. Kunst darf Ambivalenzen auslösen. Auch gutes Kunsthandwerk möchte ich der bildenden Kunst zurechnen. Übergänge sind oft fließend. Manche sehen einen Unterschied zur funktionalen Ästhetik. Das Staatliche Bauhaus war eine Kunstschule von Walter Gropius. Die bildende Kunst oder die schöne Kunst ist eine Unterkategorie und wird von den darstellenden Künsten unterschieden. Mir geht es hier aber um den Sammelbegriff „Kunst“. Kunst ist Kommunikation. Der Kunstbegriff weitet sich, auch aufgrund neuer Medien, fortschreitend aus. Was sind also Künstler? Musiker, Sänger, Komponisten, Dichter, Schriftsteller, Schauspieler, Designer, Architekten, Fotografen, Maler, Bildhauer, Kunsthandwerker, Illustratoren, Tätowierer oder Street Artists – um nur einige aufzuzählen – wären hier zu nennen. Bei allen spielen Fantasie und Kreativität eine große Rolle, natürlich gepaart mit handwerklichem Können. Und mit letzterem steht und fällt natürlich auch die subjektive Wahrnehmung von gut oder schlecht. Im Zeitalter von KI & Co. stellt sich hier natürlich die Frage: Wer ist der Künstler? Letzten Endes ist alles eine reine Geschmacksfrage und hat beispielsweise viel mit Stimmungen, persönlichem Empfinden und Erinnerungen zu tun. Der Kunstbegriff wird auch heute anders definiert als damals. Und auch heute ist man sich da nicht ganz einig. Wikipedia bezeichnet Kunst „im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit von Menschen, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition gegründet ist“ und weiter „Kunst ist ein menschliches Kulturprodukt, das Ergebnis eines kreativen Prozesses“. Dem kann ich nur zustimmen. Meines Erachtens nach hat Kunst ihren Zweck erfüllt, wenn sie den Menschen – egal ob auf visuellem oder akustischem Wege – erreicht und Emotionen auslöst, gleich welcher Art. Leider ist Kunst auch ein Investitionsobjekt geworden. Daher sieht der hart umkämpfte „Kunstmarkt“ das alles etwas eingeschränkter – und nicht nur dieser. Galeristen, Händler, Kritiker oder Künstler untereinander haben oft einen „einseitigen“ Kunstbegriff, der oft nur von Marktwert und Verkaufbarkeit abhängt. Intuitive oder auch gegenstandslose Malerei – die fälschlicherweise als „abstrakt“ deklariert werden – sind en vogue. Ästhetik gilt als langweilig. Darunter leiden auch viele begabte Künstler. Sogenannte „Alte Schinken“ unbekannter Künstler landen oft auf dem Trödelmarkt oder gar im Container. Oft wird Kunsthandwerk süffisant belächelt. Kunstschaffende von Subkulturen, wie beispielsweise der „Dark Art-Sparte“, haben es schwer Akzeptanz zu finden. Es gibt zwar mittlerweile Galerien, die sich gezielt mit dieser Kunstform befassen, aber leider nur sehr sporadisch. Eine Galeristin meinte einmal, sie wolle keine Künstler, „die ihre schmerzliche Seele nach außen kehren“. Sicherlich verkaufen sich „positive“, poppige und „neutrale“ Gemälde besser, aber es gibt auch für Dark Art, Dystopian Art oder Art Noir eine immer größer werdende Fangemeinde. Der Status Quo spielt natürlich immer eine Rolle. Die politische Lage, das Zeitgeschehen, aber auch die Erziehung und Aufgeschlossenheit des Menschen im Laufe der Generationen beeinflussen die Kaufbereitschaft von „düsterer“ Kunst. Leider fehlt oft das Verständnis. Das Schubladendenken existiert in den Köpfen der Menschen nach wie vor. Ob Metalheads oder Metal(l)er, Goths, Rocker, Emos, Waver, Punks oder welcher Subkultur auch zugehörig, man hat – meist bei älteren Generationen – das Gefühl, die „anderen“ halten einen immer noch für „Satanisten“, wie zu meiner Jugendzeit in der DDR die Staatssicherheit beispielsweise. Für die waren Gruftis aus der Metal-Szene hervorgegangen, welche den Satanskult verherrlichten. Zum Glück hat sich die Gesellschaft weiterentwickelt.

Fazit zur Kunst

Kunstkäufe hängen vom Image des Künstlers ab. Gekauft wird oft nur nach Namen. Um als Künstler „bekannt“ zu werden, braucht man in der heutigen Zeit den richtigen Ort zur richtigen Zeit und eine Riesen Portion Glück. Und da es Dark Art bzgl. der Akzeptanz in der Gesellschaft zur Zeit schwerer hat – von allem noch etwas mehr.

 

Weiter gehts nächsten Sonntag mit dem nächsten Teil.

_______________________________________

Bei der Aktion Adventskalender geht es dieses Jahr drum, einige Themen zu besprechen und zu diskutieren. Dinge, die bei Reviews, Konzertberichten und anderen Artikeln gerne untergehen. Persönliche Meinungen, Beobachtungen, Erlebnisse. Und auch ihr seid gefragt, antwortet gern auf diese Themen, wir sind gespannt. 

Türchen zuvor
Türchen darauf

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*