Adventskalender Türchen 11

Vinterriket – Winterschatten

Erscheinungsdatum: 17.03.2003
Label: Ketzer Records
Genre: Dark Ambient/Black Metal
Spieldauer: 44:45
Tracklist:
1. Schneesturm / Einbruch der weißen Dunkelheit 07:42
2. Winterschatten 07:01
3. Eisige Feuer 08:00
4. …endlos und karg… 07:35
5. Verschneite Wälder 07:21
6. Das ewige Eis 07:06

http://www.vinterriket.com/
https://m.facebook.com/Vinterriket-70607757632/?ref=page_internal&mt_nav=0
https://vinterriket.bandcamp.com/
https://www.youtube.com/user/vinterriket

Vinterriket Winterschatten

Heute habe ich einmal wieder sehr tief in den Weiten meiner Schalplattensammlung gekramt und bin dabei doch glatt auf ein weiteres Prachtstück der Musikgeschichte gestoßen, das nicht besser in die Jahreszeit passen könnte. Vinterriket ist sicherlich dem Szenekenner kein Fremdwort, an dem ein oder anderen jedoch sicherlich vorbei gegangen. Dies liegt sicherlich auch daran, dass es sich um ein Soloprojekt von Christoph „Vinterriket“ Ziegler handelt, das immer nur im Underground mitgeschwommen ist, jedoch nie eine Bühne gesehen hat. Der in Baden Württemberg aufgewachsene Künstler startete bereits 1996 in der großen Black Metal Welle, als sich die ersten Subsparten auftaten und Musiker wie „Satyr“ sich mit „Wongraven“ einer neuen Auslegung des Spirits zuneigten und Genres wie „Dungeon Synth“ auf die Welt losließen. Bis heute entwickelten sich hier sehr interessante Projekte, aber dafür sollte man an anderer Stelle bei Dark-Art in die Tiefe der Materie vordringen. Vinterriket jedenfalls entspringt dem Schmelzziegel zwischen dunkler Ambient Musik und klassischem Black Metal. Dass dies auf große Atmosphäre hinweist, sollte sicherlich jedem Leser spätestens jetzt klar geworden sein. Mit „Winterschatten“ gelang es sämtliche Phasen der kalten Jahreszeit einzufangen und in einem schönen Gesamtkontext umzusetzen. Ein klarer Grund neben der Nostalgie, um sich noch einmal genauer damit zu befassen.

Ein einleitender Schneesturm, der die Stimmung gleich nostalgisch und kalt erscheinen lässt bildet hier das Intro für das was noch kommen wird und versetzt den Hörer direkt in das gewünschte Winteruniversum, bevor die „weiße Dunkelheit“ einbricht. Und dieses Schneerauschen bleibt auch fester Bestandteil des gesamten Winterzyklus welchen dieses Werk darstellt. Mit „Einbruch der weißen Dunkelheit“ wird dieses Gefühl direkt weitergetragen und repräsentiert den Wandel und die Verzweiflung bevor das ganze Land unter einer weißen Decke verschwindet und die Welt von einem Ohnmachtsgefühl heimgesucht wird, bevor der Winterschlaf beginnt. Verwaschene hohe Screams die ein verzweifelndes Gefühl ausdrücken und im Schneesturm verhallen, tragen zusätzliche Kälte in das Herz der Zuhörer.

Der Titeltrack „Winterschatten“ bietet nun schon den ersten Kontrast und geht trotz Schockstarre hoffnungsvoll voran, mal flott, mal melancholische Synthies. Dieses Wechselspiel wirkt einerseits erhellend und wärmend, dann jedoch wieder zermürbend und bedrückend. Und die Antwort auf die Frage, wonach man sich nun richten soll und ob das Lied positiv oder negativ auf den Zuhörer wirken soll, bleibt komplett offen und endet in einem Outro, das sich wie ein eingefrorener Atem anfühlt und man nicht mehr weiß, in welche Richtung sich die Emotionen drehen.
Doch dann entzünden sich die „Eisigen Feuer“. Dieses Instrumentalstück erweckt den Eindruck, als mehre sich das Feuer zunehmend und verzichtet hierzu komplett auf den Einsatz von Gitarren. Dark-Ambient, wie es der Kenner liebt und lebt. Und man ist innerlich live dabei, wenn man dem erst so groß auflodernden Feuer, das Wärme schenkt langsam zusieht, bis das letzte bisschen Glut erloschen ist.
Man verlässt die Feuerstelle in seiner zugeschneiten Behausung und wirft einen Blick vor die Tür, auf die komplett zugeschneiten Landschaften um einen herum. Der Sturm hat vorrübergehend geendet und der Blick fällt melancholisch und nostalgisch in die Ferne. Wie ein Drohnenflug über verschneite Gebirgspässe schweift man mucksmäuschenstill über weiße Landschaften die sich im Tiefschlaf befinden. Dies sind zwar wunderschöne Impressionen, aber auch sehr „Endlos und Karg“
Und genau mit diesen Emotionen kehrt man aus der Vogelperspektive zurück auf den zugeeisten Boden, um abzutauchen und durch die „Verschneiten Wälder“ zu laufen. Dabei bekommt man den eisernen Zug zu spüren, der einem durchs Genick und über die Wangen streichelt und einen in sich versinken lässt. Und somit ist der letzte Widerstand gebrochen und Eiseskälte hat seinen Griff zugezogen und man ist spätestens jetzt im Winterkoma angekommen.
Totale Stille hat sich ausgebreitet und man hört sich selbst kaum mehr atmen und hätte sich nach dem vorherigen Song eigentlich auch sofort bis zum Frühjahr schlafen legen können, doch dies sei einem noch nicht vergönnt. Denn erst muss man noch „Das ewige Eis“ bezwingen. Denn erst wenn dies geschmolzen ist, wird das neue Jahr im mit der ersten Sonne erblühen können. Alle Sinne sind bereits schockgefroren doch wie einen Pulsschlag, den man als einziges noch wahrnimmt, während man sich zur Ruhe legt, blickt man noch einmal durch eine starre Eiswüste, während man immer müder wird und den Winter mit all seinen Schatten an sich vorbeiziehen lässt.

Wieder einmal ist es „Vinterriket“ gelungen in Perfektion, die Facettenreichen Seiten von Winter, Schnee und Eis in der passenden Atmosphäre einzufangen und dem Zuhörer nahezubringen. Geeint mit dem Spirit des 90er Jahre Black Metal wurde so ein großartiger Soundtrack für die kalte Jahreszeit und ausgiebigen Spaziergängen in der selbigen geschaffen. Licht und Schatte, Rein und Vergänglich, nostalgisch und melancholisch, Ende und Neuanfang in der Natur und dem Leben. Lasst euch verzaubern von winterlicher Schönheit und der Emotionspalette die hinter den „Winterschatten“ verborgen ist.

 

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