Adventskalender Türchen 14

Insomnium – Winter’s Gate

Erscheinungsdatum: 23.09.2016

Label: Century Media Records

Genre: Melodic Death Metal  

Spieldauer: 39:54

Tracklist:

  1. Part 1: Slaughter MoonPart 2: The Golden Wolf

    Part 3: At the Gates of Winter

    Part 4: The Gate Opens

    Part 5: The Final Stand

    Part 6: Into the Sleep

Insomnium Winters Gate

Heute in der Winterszeit, werfen wir unseren Blick auf eine Band aus Finnland, die bereits seit 1997 ihr Unwesen treibt. Und es handelt sich um ein ganz besonderes Werk der Band in meinen Augen. Es geht um nichts Geringeres als das „Winter’s Gate“ Album, welches, sehr ungewöhnlich in der Szene, aus der Reihe tanzt. Sicherlich ist die Idee eines Konzeptalbums in der Metalszene weit verbreitet, dass man jedoch als Death Metal Band einen Silberling veröffentlich der Full Length Spielzeit hat, jedoch trotzdem nur einen Track enthält ist bei weitem nicht alltäglich. Ein Grund mehr, sich einmal genauer damit auseinander zu setzen. Erzählt wird die Geschichte, einer von Sänger und Bassist „Niilo Sevänen“ geschriebenen Kurzgeschichte über eine Gruppe Wikinger auf der Suche nach Gold. Die Idee hierzu entstand bereits 2 Jahre vor der Veröffentlichung, als die Band gerade im Studio war um den Vorgänger „Shadows Of The Dying Sun“ zu produzieren. Man verkroch sich unter anderem mit „Teemu Aalto“ und „Dan Swanö“, der unter anderem schon als Produzent von Marduk, Opeth, Dissection, Katatonia und Dark Funeral tätig war, im Studio um der Geschichte hinter dem Tor zum Winter den richtigen Sound zu verleihen. „Dan Swanö“ gilt intern auch als einer der einflussreichsten skandinavischen Produzenten (wider Willen, da er nie Produzent werden wollte) im Death Metal und Progressive Metal, überhaupt. Kein Wunder, dass eine innovative und sphärische Death Metal Kapelle wie „Insomnium“ sich in dessen Gefilden einfand um Wikinger Musikgeschichte zu schreiben.  Wie schon erwähnt handelt es sich um einen einzigen Song, der ein großartiges Gesamtwerk darstellt, sich inhaltlich jedoch noch einmal in sieben musikalische und sechs thematische Unterparts aufteilen lässt. Nicht zum Trotz sollte man sich solche Kunstwerke am besten immer nur komplett am Stück genehmigen, denn nur so kann man den gesamten Eindruck der Scheibe  in sich aufnehmen.

Und die Wikinger trotzen Eis und Schnee, auf der Suche nach dem großen Schatz und nehmen uns mit, auf das „große Abenteuer“ und der Suche nach Reichtum und Gloria. Ein so langes Werk darf es nicht an der passenden Einleitung fehlen und so wird man in den ersten Minuten völlig in den Bann der tragenden Atmosphäre gezogen, welche sich winterlich durch die kompletten 40 Minuten zieht und den Zuhörer nicht mehr los lässt. Und schon geht’s zu Sache, wenn sich die Wikinger in der dunklen und sternlosen Nacht aufmachen zur Kaperfahrt und den kalten Kuss der Wellen auf der Haut spüren. Das ganze weißt auch musikalisch einen kleinen „Amon Amarth“ Touch auf, ist jedoch musikalisch besser ausgearbeitet. Jedoch spürt man diesen Flair in Musik und Stimme, was dem Szenekenner jedoch nur ein noch besseres Bild im Inneren entstehen lässt und man sich selbst mit Schild und Beil auf einem Drachenboot wiederfindet. Der „Schlachtmond“ zieht auf und der Winter ein, während man auf See seinen Weg durch Nebelschwaden bahnt.

Mit diesem Bild und der Musik im Herzen, geht die Reise weiter und die wilde Horde nährt sich in großer Erwartung dem Ufer. In Mitten des Nebels türmt sich der „heilige“ Berg hinter einem fichtenbesetzten Ufer. Doch je mehr man sich nährt, desto mehr bemerkt man ein Grinsen in den Schatten an den Ufern, welche die Euphorie und Aussicht auf das Ziel zunehmend stagnieren lässt. Ein goldener, sechsbeiniger Wolf wartet als List der Götter bereits in den Schatten am Fuße des Berges hinter den Ufern und es wird klar, dass der Schatz zum Greifen nahe ist, andererseits noch in weiter Ferne des greifbaren liegt. Doch nun wurden alle von der Macht des Goldes ergriffen und stehen fest entschlossen und völlig gebannt bereit, sämtliche Hürden zu überwinden, um das Vorhaben der Fahrt nicht zu gefährden. „Die Tage sind vorbei! Sonnenlos, sternenlos, weglos ist der Weg.“

Weiter geht die Reise, nachdem man geankert hat, auf der Suche nach dem goldenen Wolf am heiligen Berg. Doch nun kommt man ins Zweifeln und wird sich bewusst, dass diese göttliche Prüfung nicht für sterbliche Seelen gedacht ward. Die Truppe kommt zu einem grimmig aussehenden Tor am Berge, welches nach Norden blickt. Doch die riesigen Türen aus Stein sind versperrt, welche nicht für Menschen geschaffen wurden. Voller Wehmut im Herzen, weht der eisige Hauch des Winters am Tor und raubt mehr und mehr die Hoffnung, mit der man sich auf die Reise begeben hatte.

Der Winter entfaltet nun seinen Zorn und eisige Schnitte durchziehen die Wangen der Männer. Ein stimmloses, weißes Gesicht erhebt sich aus der Erde und dem Herzen des Berges. Stolpernd durch den knietiefen Schnee, versucht man der Kälte zu trotzen und zu entfliehen. Doch wohin? Im Schneesturm ohne Sicht und Pfad, irren die Wikinger orientierungslos umher. Die Angst vor des Winters kalten Griffes macht sich breit und Hoffnung beginnt zu schwinden. Im Blizzard getarnt, erscheinen furchterregende Kreaturen und Verzweiflung macht sich breit. Man blickt dem Tod direkt ins Auge, dem Tod in seiner weißen Reinheit. Das schreckliche Heulen des Windes und die beißende Kälte, die einem den Atem gefriert, rauben den Männern den Verstand. Doch dann, ein kleiner Hoffnungsschimmer in der Dunkelheit, als sich ein Riss in der Steinmauer auftut, in dem Mann Schutz suchen will. Hinein in das Dunkel und raus aus dem Sturm bahnen Odins Horden sich ihren Weg durch den Stein und finden schutzsuchend den Mund in eine Höhle je tiefer sie im flackernden Fackelschein kriechen.

So sitzen die Herren der See nun hier. Zitternd in Kälte und Dunkelheit. Gefangen von der Macht des Winters, dem zu entrinnen scheint nicht mehr möglich. „Aus der Dunkelheit, aus der Kälte. Aus der Nacht sind sie gekommen. Grausam ist das Lachen, grausam ist das Schicksal. Grausam ist der Wille des Winters!“ Der Schnee scheint sie zu bezwingen. Verderben und Ruin schwängern die eiskalte Luft und das Atmen fällt zunehmend schwer. Die Männer gehen in sich und ihnen wird bewusst, dass der Frost des Todes sie hier am Ende der Welt alle nehmen wird. Es gibt kein Entrinnen und die Könige der Meere begreifen, dass sie bereits in ihrem steinernen Grab sitzen, bis die Sonne und die Erde sie verschlungen hat.

Und so singen sie ein stilles Lied, ein Lied von Frühling und über das Meer. Sie singen noch ein stilles Lied, von Hoffnung und vom letzten Schlaf.

In meinen Augen ist „Winter’s Gate“ ein perfekt gelungenes Konzeptwerk, das alleine das Prinzip eines Konzeptes bestens widerspiegelt. Facettenreicher melodic Death Metal mit finnischem Akzent. Aber ich denke zu Insomnium selbst, braucht man kaum noch etwas zu sagen. Die Band, die in den letzten Jahren aufgezeigt hat, dass die Ära des melodischen Todesstahls noch immer nicht vorbei ist und ihren festen Platz in der Metalszene hat. Atmosphärisch, böse, sanft und doch ab und an mit dem groben Knüppel drüber, so wie man es sich eben wünscht.

 

 

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