Adventskalendertürchen 15

Agalloch – The Mantle

Release: 13.08.2002

Genre: Atmospheric Folk/Doom/Black Metal, Post-Rock/Metal

Spieldauer: 1 Stunde 8 Minuten

Label: The End Records

Tracklist:

  1. A Celebration for the Death of Man…
  2. In the Shadow of Our Pale Companion
  3. Odal
  4. I Am the Wooden Doors
  5. The Lodge
  6. You Were But a Ghost in My Arms
  7. The Hawthorne Passage
  8. …and the Great Cold Death of the Earth
  9. A Desolation Song

„The Mantle“ ist das zweite Album von Agalloch und wird zusammen mit „Pale Folklore“ als ihr Magnum Opus angesehen. Musikalisch kann man die Amerikaner nicht einordnen, denn ihr Stil vereint Folk, Doom, Black Metal, Ambient und Post-Rock/Metal, doch bleibt er dabei immer allumfassend, vielschichtig und einzigartig. Auf „The Mantle“ haben sie sich mit vier Liedern mehr ihrer akustischen Seite gewidmet, aber trotzdem bleiben sie musikalisch schwermütig und mächtig; Black Metal kommt trotzdem nicht zu kurz. Die Stimmung des Albums ist nachdenklich und sich vorsichtig entwickelnd, damit die glasklaren Akustikgitarren als Hauptakteur im Vordergrund stehen.

Das Intro „A Celebration for the Death of Man…“ beginnt mit einer Akustikgitarre, die hypnotisch, dass für das Album charakteristische Riff spielt, bevor sie langsam von Drums wie einen Herzschlag begleitet werden. Gegen Ende setzt die E-Gitarre ein, die langsam und schwermütig unter viel Reverb begleitet, bevor das Lied im Nichts verklingt. Der Song ist die perfekte Einführung in das Album, denn es stellt die Stimmung der kommenden Lieder vor und präsentiert, dass Agalloch Folk wirklich perfektioniert haben. Es ist kein Wunder, dass sie für ihren Stil als Folk/Doom/Post/Black Metal Band viele bekannte Bands beeinflusst haben, zum Beispiel ihre Landesgenossen Nechochwen. Die Riffs aus „A Celebration for the Death of Man…“ ziehen sich durch das gesamte Album, bevor „…and the Great Cold Death of the Earth“ sie gezielt aufgreift.

„In the Shadow of Our Pale Companion“ ist das längste Stück des Albums und eine brilliante künstlerische Reise durch die komplette musikalische Palette von Agalloch. Es beginnt langsam mit klarer, kalter E-Gitarre, während sich nach und nach Akustikgitarre und Schlagzeug dazu mischen, bis es sich steigert, wenn der Gesang einsetzt. Schwermütig zieht einen die Musik mehr und mehr in ihren Bann, besonders der Klargesang, der klagend und klirrend wie Kristall ist, im Duett mit dem emotionalen, rauen und kratzigen Growlen. Das Highlight bleibt aber der zweite Teil des Songs, bei dem klar wird, warum Agalloch zu den ganz Großen gehören, denn ihre glasklaren Riffs und hervorragenden Melodien sind gleichzeitig schwermütig und doch leicht und hinterlassen einen bleibenden Eindruck.

„Odal“ ist wieder instrumental, allerdings geht es über den folkigen Sound des vorherigen instrumentalen Liedes „A Celebration for the Death of Man…“ hinaus. Hier hört man ganz klar die Post-Rock und Post-Black Metal Einflüsse der Band, mit sehr viel Reverb und einem fast militärischen Drumbeat. Knapp nach der Hälfte wird die Soundkulisse leiser und vergeht, um einem melancholischen, einsamen Klavier die Bühne zu übergeben. Der Sound erinnert an Ambient in der musikalischen Richtung von Örnatorpet mit einem ergreifenden und traurigen Klang, bevor auch das Klavier verhallt und nur noch das Rauschen des Windes in der restlichen Stille zurückverbleibt.

„I Am The Wooden Doors“ das „heavy“-gste Lied des Albums. Es steht ganz in Zeichen des Post-Black Metals mit Blast Beats, Tremolo Picking und Growling, aber wird klar kontrastiert mit reinen Akustikpassagen, die sich auch als Kontrapunkt in den Black Metal Passagen mit Klargesang und Akustikgitarren deutlich einmischen.

„The Lodge“ wird oftmals von Fans zu stiefmütterlich behandelt, weil es weder so heavy wie „You Were But A Ghost In My Arms“ ist, noch die musikalische Rundreise von „In The Shadow Of Our Pale Companion“ hat, allerdings verdient es definitiv Beachtung. Es ist der nachdenklichste aller Songs auf dem Album mit einem ergreifenden Sound. Das Intro ist ein einsamer Wanderer, der langsam durch die schneebedeckte Landschaft läuft. Die melancholisch-kalte E-Gitarre spielt immer die gleichen Riffs, bevor sie von der typischen Akustikgitarre abgelöst wird, die im Duett mit einem langsamen Kontrabass steht. Über allem schwebt der langsame, hallende Takt eines Rehschädels als Percussion.

„You Were But A Ghost In My Arms“ ist wieder eins der schweren und “Black Metal”-igen Lieder des Albums mit Tremolo Picking und Growls, die an Empyrium’s ‘97er Meisterwerk „Songs of Moors & Misty Fields“ erinnern. Es ist für mich der intensivste Song des Albums, musikalisch vielfältig und unglaublich fesselnd. Unvergleichlicher Klargesang driftet überirdisch begleitet vom Keyboard und Glockenklang schwerelos über die Klanglandschaft, die von Blast Beats und Tremolo Picking geschaffen wurden, doch wird man als Zuhörer immer wieder in die Verzweiflung und Realität gezogen durch die wunden und emotionalen Growls. Gegen Ende wird es immer leiser und leiser, bis das Lied verklingt und man in der Stille zurück bleibt mit einem Gefühl des Verlustes.

„The Hawthorne Passage“ ist wieder ein rein instrumentales Stück voller Post-Rock und Post-Black Metal Einflüsse. Es ist weitaus weniger melancholisch als der Rest des Albums, nicht zuckrig glücklich, aber mit einem Groove, der einen mitnicken lässt und mit Beat und Riffs deutlich macht, dass Agalloch auch Einflüsse aus dem Prog Rock haben und das ebenso gemeistert haben, wie Black Metal und Folk. Bemerkenswert ist hier auch, dass der Text, der erwähnt wird, eine Szene aus dem schwedischen Kultfilm „Das Siebte Siegel“ ist und das gesamte Album in zwei kurzen Zeilen treffend zusammenfast. Der Ritter Antonius Block fragt „Vem är du?“ (Wer bist du?) und sein Besucher antwortet schlicht „Jag är Döden.“ (Ich bin der Tod.) Der Film trifft den Nagel auf den Kopf bezüglich der Stimmung des Albums.

Mit „…and the Great Cold Death of the Earth“ schließt sich der musikalische Kreis, den „A Celebration For The Death Of Man…“ begonnen hat. Es greift die Riffs und Melodien des Intros erneut auf, aber auf eine melancholischere, endgültigere Art. Von Anfang an bilden Kontrabass, sowohl E- als auch Akustikgitarre und ein treibender Drumbeat eine schwermütige und nachdenkliche Einheit. Obwohl es durch die Thematik und den musikalischen Abschluss wie das Outro wirkt, ist es noch nicht das Ende.

Das wirkliche Outro „A Desolation Song“ steht in starkem Kontrast zu dem Rest des Albums in Bezug zum Songwriting und dem Gesang. Zwar ist es Klargesang, doch haucht und seufzt er fast den Text, der deutlich direkter, offener und trostloser ist. Die für Agalloch typische Akustikgitarre wird hier durch ein Akkordeon ergänzt, das dem Song eine getragene und erhabene Langsamkeit gibt, die die Trauer und Trostlosigkeit nur noch verstärkt. Die Musik verhallt und man hört nur noch den Sturm rauschen, bevor die Gitarre als Trotz und letztes Aufbäumen ein Riff spielt bevor auch sie sich der Stille ergibt und der Sturm unerbittlich weiterrauscht.

„The Mantle“ ist ein unvergleichliches Album, bei dem der Zuhörer von der Musik in ihren Bann gezogen wird und eine Katharsis durchlebt, durch die man am Ende des Albums ruhiger, friedlich und im Reinen mit sich selbst fühlt. Die Texte haben eine ganz eigene Poesie und Klarheit und ihre Schönheit berührt den Zuhörer. Die folgenden Zeilen aus „I Am the Wooden Doors“ sind für mich am eindrucksvollsten gewesen.

I wish to die with my will and spirit intact
The will that inspired me to write these words
Seek not the fallen to unlock these wooden doors

Der Tag, an dem Agalloch aufhörte, zu existieren, war ein wahrlich trauriger.

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