Ein Abend voller pure fucking Metal!
Am 14.10.2022 lud die Columbiahalle Berlin zu einem Vier-Ländertreffen der ganz besonderen Art ein. Im Rahmen ihrer European Siege Tour 2022 waren Arch Enemy aus Schweden und Behemoth aus Polen die Co-Headliner des Abends und hatten die US-amerikanische Gothik-Rockband Unto Others und die englische Death Metal Band Carcass als Support mit dabei. Zeitlich war der Abend schon beinahe Festival-tauglich durchgeplant. Bis auf eine geringe Verzögerung am Einlass wurde dieser Zeitplan auch fast auf die Minute genau eingehalten, denn um 17:37 Uhr öffneten sich die Tore der Columbiahalle und ein Metal-Abend der Extraklasse konnte beginnen.
Unto Others
Sehr viel Zeit, um einmal den Merchandise-Stand abzuchecken und sich ein kühles Getränk zu holen, blieb den Metalheads nicht, denn um 18:04 Uhr ertönten aus den Boxen an der Bühne die ersten Takte des Songs Subdivisions von Rush und die Bühnenlichter setzten sich rhythmisch in Bewegung. Langsam richtetet sich die Aufmerksamkeit des Publikums hin zum Bühnengeschehen, um den ersten Support des Abends zu begrüßen.
Am Ende des Intros betraten die vier Mitglieder von Unto Others die Bühne. Bereits der erste Song zeigte dem Publikum, dass es hier noch nicht die volle Ladung Metal erwarten brauchte, denn zu hören gab es rockige Gitarren-Riffs und Rhythmen gepaart mit der klaren Gesangsstimme von Sänger und Gitarrist Gabriel Franco. Begleitet von den rhythmischen Kopfbewegungen der Zuschauer und den ersten Metalhands in der Luft spielten Unto Others sieben Gothic-Rocksongs zur Einstimmung für diesen energiegeladenen Abend.
Ursprüngliche gründete sich die Band 2017 in Portland, Oregon mit dem Namen Idle Hands, änderte diesen aus markenschutzrechtlichen Gründen jedoch 2020 dann in Unto Others. Dieser Name wurde vom englischen Sprichwort „Do unto others as you would have them to do unto you“ (in Deutsch: Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden möchtest), abgeleitet. Mit dem neuen Namen brachte die Band 2021 ihr derzeit aktuellstes Album Strenght heraus, von welchem am Freitag auch vier Songs live performt wurden. Die aktuelle Besetzung der Band bilden Frontmann Gabriel Franco (Gesang, Gitarre); Sebastian Silva (Gitarre); Brandon Hill (Bass) und Colin Vranizan (Schlagzeug). Eine große Bühnenshow wurde nicht geboten, die vier Rocker blieben ihren Positionen auf der Bühne bis auf wenige Lauf-und Headbang-Einlagen treu. Sänger Franco in der Mitte, links von ihm Gitarrist Silva und zur Rechten des Sängers Bassist Hill. Direkt hinter dem Sänger auf einem erhöhten Podest thronten der Schlagzeuger und sein weißes Schlagzeug. An sich wirkte die Bühne recht vollgestellt, da im Hintergrund, unter weißen Tüchern und Planen verborgen, schon die ersten Bühnenelemente der noch folgenden Bands aufgebaut waren. Die Bühnenrückwand zierte ein großes schwarzes Banner auf welchem in weiß und mit einem Spinnennetz umrahmt der Schriftzug Unto Others prangte. Nach knapp 35 Minuten verabschiedete sich der erste Support des Abends von der Bühne, welche zu den Klängen von AC/DCs Shoot to Thrill rasant umgebaut wurde.
Setlist Unto Others:
- Heroin
- Give Me To The Night
- No Children Laughing Now
- Can You Hear The Rain
- Nightfall
- Summer Lightning
- When Will God’s Work Be Done
Carcass
An die Stelle des großen Unto Others-Banners wurde nun ein riesiges weißes Banner gehängt. Auf diesem war in hellgrau das Skelett eines menschlichen Brustkorbs zu erkennen, dessen rechte Hälfte aus chirurgischen Instrumenten bestand. Links und rechts des großen Banners, prangten noch zwei weitere schmale Banner, auf denen ein großes Messer und eine Gabel abgebildet wurden. Die Vermischung aus Anatomie, Chirurgie und verstörenden Szenarien stellte die Hauptthematik des Bühnenbildes der nun folgenden Show dar. Die englische Death Metal Band Carcass war an der Reihe das Publikum anzuheizen.
Die Band betrat die Bühne, der Bass wurde gewehrartig auf die ersten Zuschauerreihen gerichtet und dann ging es los. Mit im Gepäck hatte das Vierergespann, bestehend aus Bill Steer (Gesang, Gitarre); Jeff Walker (Gesang, Bass); Tom Draper (Gitarre) und Daniel Wilding (Schlagzeug), neun absolute Energiebündel an Songs. Die Rhythmen und Übergänge passten teilweise so gut zusammen, dass der Eindruck entstand, die Band würde 45 Minuten lang ein durchgehendes Lied zum Besten geben. Auch drei Tracks vom derzeit aktuellsten Album der Band waren mit am Start. Dieses Werk trägt den Titel Tom Arteries und ist 2021 erschienen. Auf der strahlend hell erleuchteten Bühne befanden sich vier boxenähnliche Monitore, welche farblich passend zu den Lichteffekten und inhaltlich passend zu den Songtexten, teils abstrakte und teils beklemmende Bilder und Videos zeigten. Von schattenhaften Gestalten, über Vulkanausbrüche, anatomische Zeichnungen und die Sezierung eines menschlichen Herzens war hier alles vertreten. Passend dazu trug Frontmann Walker außerdem ein weißes Shirt mit dem Carcass-Schriftzug und dem Aufdruck eines zu einem Herz geformten Brustkorb-Skeletts in knalligen Rottönen. Das Publikum bewegte sich mittlerweile deutlich schneller, es wurde zunehmend enger und immer mehr Metalhands fanden ihren Weg in die Lüfte der zunehmend heißer werdenden Columbiahalle. Ein Moshpit ließ jedoch auch beim zweiten Support des Abends noch auf sich warten. Gegen 19:36 Uhr ließen die Gitarristen dann die letzten Riffs über ihre Saiten gleiten. Wie eine musikalische „Zigarette danach“ ertönte aus den Boxen nun der Song Have a cigar von Feeling Floyd und die vier Herren von Carcass verabschiedeten sich, im bunten Lichterspiel, von der Bühne.
Setlist Carcass:
- Exhume To Consume
- Buried Dreams
- Kelly’s Meat Emporium
- Incarnated Solvent Abuse
- This Mortal Coil
- Dance of Ixtab (Phsycopomp & Circumstance March No 1 in B)
- The Scythe’s Remorseless Swing
- Corporal Jigsore Quandary
- Heartwork
Behemoth
Wer noch einmal die Toilette aufzusuchen gedachte oder sein Bier auffüllen wollte, der musste sich nun beeilen, denn der erste Headliner des Abends stand unmittelbar bevor. Versteckt hinter einem weißen Vorhang begannen die Bühnenvorbereitungen für Behemoth. Nach ca. 30 Minuten Pause verdunkelte sich die Columbiahalle wieder und eine ruhige, düstere Melodie erklang. Der weiße Vorhang diente als Leinwand für die Projektion einer Nahaufnahme des Gesichts von Frontmann Adam Michal „Nergal“ Darski. Den Blick bedrohlich über das Publikum schweifen lassend, blickte die schwarz und weiß geschminkte Kapuzen-Fratze über die Leinwand hin und her. Hinter dem Vorhang erscheinen nach und nach die Schatten der einzelnen Bandmitglieder, welche das Publikum zum Mitklatschen anfeuerten. Die Musik wurde immer fordernder und schneller und das Publikum geriet schnell in vorfreudige Ekstase. Langsam entfernte sich die projizierte Gestalt und als sie kaum noch zu erkennen war, löste sich der Vorhang und fiel synchron zum Beginn des ersten Songs.
Nach den ersten drei Tracks und einer bereits ordentlichen Portion an Pyroeffekten, begrüßte Frontman Darski nun auch persönlich das aufgeheizte Publikum mit den Worten: „Fucking Guten Abend!“. Doch viel Zeit mit Reden wurde nicht verschwendet, stattdessen präsentierte das vier-köpfige Black Metal Gespann aus Polen einen Hit nach dem anderen. Die Band Behemoth besteht neben Sänger und Frontmann Darski, noch aus Patryk Dominik „Seth“ Sztyber (gutturaler Gesang, Gitarre); Tomasz „Orion“ Wröblewski (gutturaler Gesang, Bass) und Zbigniew Robert „Inferno“ Promiński (Schlagzeug und Hintergrundgesang). Zu betrachten gab es eine Bühnendekoration, die komplett im Zeichen des Black Metal stand. Die extravaganten schwarzen Mirkrofonständer, ausgeschmückt mit Kobras, pentagrammähnlichen Gebilden und dem Bandlogo, waren hierbei ein ganz besonderer Blickfang. Zusätzlich schmückte ein riesiges metallenes und beleuchtetes Behemoth– Logo die Bühnenrückwand. Diese einzigartige Optik, kombiniert mit jeder Menge Pyroeffekte, konnte das Publikum vollends begeistern. Beim Song Conquer all war die Stimmung bereits so ausgelassen, dass der Beginn des Tracks lautstark mitgegrölt wurde. Im mittleren Bereich der Menge fingen nun auch die ersten Zuschauer ausgelassen an zu pogen. Der Moshpit war also offiziell eröffnet. Derweil gab Sänger Darski, in düsterer Gewandung und mit einem schwarz und ornamental geschmückten Priesterhut auf dem Kopf, seine satanischen Wünsche, passend zum Track Bartzabel, bekannt.
Danach wurde es ein wenig politisch, denn ein leuchtend gelbes und ein blaues Bengalfeuer wurden in Anlehnung an den derzeitigen Ukrainekrieg entfacht und begleitet von Darskis Worten: „You’re off to“, in die Höhe gehalten. Während der Geruch der beiden abgebrannten Bengalos noch in der Luft hing, begann die Band mit dem Song Off to War. Nach einer guten Stunde voller Black Metal läuteten unheimliche Glockenschläge schließlich das nahende Ende der Show ein. Die Menge wurde noch einmal zum Circle Pit aufgefordert und es folgte ein fulminantes Finale an Pyroeffekten zu Chant For Eschaton 2000. Im Anschluss konnten sich die ersten Zuschauerreihen über einen regelrechten Plektrum-Regen freuen und schließlich verschwanden Behemoth dann gegen viertel nach neun von der Bühne.
Setlist Behemoth:
- Ora Pro Nobis Lucifer
- The Deathless Sun
- Ov Fire an the Void
- Thy Becoming Eternal
- Conquer All
- Daimonos
- Bartzabel
- Off to War!
- No Sympathy For Fools
- Blow Your Trumpets Gabriel
- Versvs Christvs
- Chant For Eschaton 2000
Arch Enemy
Auch den letzte Bühnenumbau verdeckte ein großer Vorhang. Der Schriftzug „Pure fucking Metal“ prangte auf einem hellen Hintergrund mit rostroten Flecken. Die Menge brüllte vor Begeisterung, als nach gut 30 Minuten, nachdem Behemoth die Bühne geräumt hatten, der Schatten einer Frau hinter diesem Blickschutz erschien. Alissa White-Gluz hatte die Bühne betreten. Begleitet vom Schrei der Sängerin, fiel der Vorhang und Arch Enemy stimmten ihren ersten Song an. Die schwedische Melodic Death Metal Band hatte ein breites Repertoire an alten und neuen Tracks zu bieten. Auch mehrere Songs des aktuellem Arch Enemy-Albums Deceiver, welches erst im August 2022 veröffentlicht wurde, gab es zu hören. Sowohl das Publikum, als auch Alissa, waren von Beginn an pausenlos in Bewegung. Die Sängerin wirbelte geradezu über die Bühne und setzte dabei ihre langen blauen Haare immer mal wieder headbangend in Szene. Aber auch beim Rest der Band, bestehend aus Jeff Loomis (Gitarre); Michael Amott (Gitarre); Sharlee D’Angelo (Bass) und Daniel Erlandsson (Schlagzeug), war eine ausgedehnte Bühnenaktivität zu verzeichnen. Zudem wurde fast jeder dritte Song noch zusätzlich von einer Reihe Pyroeffekten untermalt. Synchron mit den empor schießenden Flammen sprang Alissa über die Bühne. Zu Beginn des 5. Tracks House Of Mirrors gab es einen kleinen Smalltalk zwischen der Sängerin und dem Publikum. Sie fragte nach, wer Arch Enemy bereits gesehen habe und wer zum ersten mal dabei sei. Die Fans wurden herzlich willkommen geheißen und bevor der Song richtig startete stellte Alissa noch eine letzte Frage an alle Konzert-Neulinge: „What the fuck have you waiting for?“. Eine energiegeladene Show wie diese riss das begeisterte Publikum natürlich auch immer weiter mit sich. „Jump, jump, jump“, rief Alissa und die ganze Columbiahalle schien in die Luft zu springen. Auch Circle-Pit Gesten von Seiten der Sängerin wurden brav in die Tat umgesetzt. Es gab kaum noch einen Zuschauer, der wirklich still stand.
The Eagle Flies Alone begann zunächst ohne Alissa auf der Bühne. Diese tauschte hinter den Kulissen nämlich gerade noch ihre schwarze Lederjacke gegen einen weißen Kapuzenumhang aus, mit welchem sie dann nach dem Intro die Bühne betrat. Im Refrain von Handshake With Hell stellte die sonst eher gutturale Sängerin unter Beweis, dass auch ihre klare Stimme stark und überzeugend ist. Ein paar Gesangseinlagen zusammen mit der Zuschauermenge später, wurde ein noch schnellerer Song angekündigt: As The Pages Burn. Der aktive Circle-Pit wurde nun deutlich größer und auch einige Crowdsurfer ließen sich durch die Menge tragen, während Alissa weiterhin fröhlich herum sprang und gelegentlich, lässig das Mikrofon in die Luft warf. Der heiß ersehnte Klassiker Nemesis wurde zum Abschluss natürlich auch noch einmal gebührlich gefeiert. Mit den passenden Worten: „We are Arch Enemy and this was pure fucking Metal!“ beendete Alissa White-Gluz diesen spektakulären Konzertabend. Unter tosendem Jubel und Applaus verließ die letzte Band gegen 23 Uhr die Bühne und die glücklichen Metalfans strömten zu den Türen der Columbiahalle hinaus in die Berliner Nacht.
Setlist Arch Enemy:
- Deceiver Deceiver
- War Eternal
- Ravenous
- In The Eye Of The Storm
- House Of Mirrors
- My Apocalypse
- The Watcher
- The Eagle Flies Alone
- Handshake With Hell
- Sunset Over The Empire
- As The Pages Burn
- Snowbound
- Nemesis
- Fields
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