
Band der Woche KW 19/2025
Herkunft: Warsaw/Masovia, Polen/Belarus
Genre: Depressive-/ Post Black Metal
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Die Band über sich:
„Hangover in Minsk was founded with a hangover after Dark Easter Metal Meeting 2024 festival. It started as jokes about depressive beer metal during a 12-hour drive from Munich to Warsaw. The musicians of Dymna Lotva couldn’t agree on what to listen to on the bus in such a condition, so they decided to create suitable music …“
Kommentar der Redaktion:
Zwischen Rauch, Rausch und Rebellion – ein Debüt, das brennt
Ich hatte das seltene Glück, beim allerersten Live-Auftritt von Hangover in Minsk überhaupt dabei zu sein – beim Dark Easter Metal Meeting 2025. Im Jahr zuvor, aber auch in diesem Jahr, spielten die Musiker dort mit ihrem Hauptprojekt Dynma Lotva – ein düsterer, atmosphärischer Black-Metal-Act, der für seine tieftraurige Klangsprache bekannt ist. Dass sich daraus ein Nebenprojekt mit dem augenzwinkernden Namen Hangover in Minsk entwickelte, hatte meine Neugier geweckt. Ohne große Erwartungen, ohne einen blassen Schimmer, was mich erwarten würde, stieg ich hinab in den Club des Backstage München – und wurde dort völlig überrumpelt.
Keine Sakralästhetik, keine Waldgeräusche, keine Samples aus altrussischen Chroniken – der Auftritt begann stattdessen mit zwei Menschen, die auf dem Bühnenboden saßen. Neben sich ein Kasten Bier. Die Sängerin und der Drummer stießen an, hoben die Flasche, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, und dann begann ganz beiläufig ein Set, das sich als emotionale Grenzerfahrung entpuppte.
Der Auftritt war ein fiebriger Tanz zwischen Schmerz und Ekstase. Im Zentrum: die Sängerin – mal umklammerte sie das Mikrofon, klagte, schrie, als müsste sie sich die Kehle aus dem Leib reißen, mal wirbelte sie leichtfüßig und losgelöst über die Bühne, als gäbe es keine Schwere in dieser Welt. Der Bruch zwischen diesen Zuständen kam ohne Vorwarnung – surreal, grotesk, fast bizarr. In einem dieser Momente kippte sie sich eine Flasche Wasser über ihr weißes Top und enthüllte dabei ein Dark Throne-Shirt – ein Bild zwischen Ironie, Trotz und tiefer Verbeugung vor dem Genre.
Die zweite Hälfte des Auftritts nahm eine drastische Wendung. Mit Gui von Thy Light betrat auch ein Gastsänger die Bühne und übernahm die Rolle eines aggressiven Partners. Ketten wurden um die Handgelenke der Sängerin gelegt – Symbol für Unterdrückung und patriarchale Gewalt. Die Performance entwickelte sich zu einem musikalischen Duett, das zwischen Dominanz und Widerstand oszillierte. Erst nach zwei Liedern sprengte sie symbolisch ihre Fesseln. Die beiden Sänger versöhnten sich am Ende, doch der Nachgeschmack blieb – schmerzhaft und bewusst gesetzt. Diese Darstellung patriarchaler Machtstrukturen in einem Black-Metal-Setting war verstörend, mutig und – so viel sei gesagt – einzigartig.
Hangover in Minsk haben mit ihrem ersten Auftritt ein starkes, unvergessliches Zeichen gesetzt: für radikale Emotionalität, subversive Performance und eine bewusste Erweiterung des Black-Metal-Kanons. Was hier geboten wurde, war keine bloße Musik, sondern ein szenisches Statement – roh, politisch, beunruhigend schön.
Die Band bei Dark-Art:
Live-Impressionen:
Musikvorschlag:
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Band der Woche, unter diesem Titel stellen wir euch jede Woche Dienstagabend, 20 Uhr (MESZ) eine Band vor. Dies sind jeweils Bands, die von Mitgliedern unserer Redaktion empfohlen werden, vor allem junge Nachwuchsbands, die unserer Meinung nach mehr Aufmerksamkeit verdient haben.
Alle Bands, die wir dieses Jahr vorgestellt haben, findet ihr auch in unserer Playlist auf Spotify.
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