Bericht: Donnerstag auf dem Wolfszeit, 24.08.2023

Die Wölfe versammelten sich wieder in Thüringen zum Wolfszeit Festival. Die Band Varg veranstaltet seit 2007 dieses Festival und an drei Tagen spielten 22 Bands aus den Genres Black-, Folk- und Pagan Metal. Die Bands wurden in der Vorankündigung ausführlich vorgestellt und in diesem (und den kommenden beiden Berichten) werden wir euch die Auftritte, die neue Location und einige Neuheiten vorstellen. Das Festival ist nach Eisfeld umgezogen und wurde an Fläche und einigen Vergnügungen erweitert.

Das neue Gelände liegt oben auf den Hängen der Thüringer Berge, samt einer großen, freien Fläche und nah am Wald. Dieses neue Gelände bietet viel Platz für Camping und das Infield. Der Platz in Crispendorf war limitiert, aber in Eisfeld hatten die Besucher mehr Platz und konnten sich besser entfalten. Durch die Lage auf den offenen Hängen waren die Besucher der Sonne aber schutzlos ausgeliefert und der abschüssige Boden konnte so manchen Campern beim Aufbau Schwierigkeiten bereiten. In Crispendorf waren die alteingesessenen Besucher andere Verhältnisse gewohnt und mussten lernen, sich anzupassen.

Das Infield war länglich und schmal angeordnet und bot trotzdem mehr Platz vor der Bühne und für Stände und Sitzgelegenheiten. Eine Verbesserung ist eine Anhöhe neben der Bühne, auf der Bierzelte samt Garnituren installiert wurden. Die Besucher waren dort gut vor dem Wetter geschützt und hatten eine tolle Aussicht auf die Bühne. Vor dieser gab es aber keinen Schatten und auch die Lage der Stage war leider etwas ungünstig. Die Sonne ging vor der Bühne unter und so wurde der Besucher bis zum letzten Sonnenstrahl mit teilweise sehr hohen Temperaturen konfrontiert. Besonders am Donnerstag waren diese fast unerträglich. Zum Glück gab es eine Wasserstelle auf dem Infield, welche zu jeder Zeit erreichbar war und immer funktioniert hat.

Auch dieses Jahr gab es wieder Supporter Tickets, die für einen Aufpreis mit zusätzlichen Annehmlichkeiten lockten, darunter eine Anreise am Mittwoch. Die früh angereisten Besucher durften auch schon das Dorf erkunden, und dort ab 16 Uhr bei der Heathen Music Party von DJ Crow sich mit Met und Bier versorgen. Auch am Donnerstag öffnete das Dorf schon zeitnah die Pforten, und es lockten die ersten beiden Programmpunkte. Der Tag begann sehr informativ mit einem Vortrag über die Waffen der alten Thüringer, und wir bekamen gezeigt, wie man Schild, Lanze und Axt richtig einsetzt und wie man sich mit Helm und Rüstung davor schützen konnte. Wir, die Besucher, durften auch mal selbst Schwerter und andere Waffen in die Hand nehmen. Und um noch dem Kampf richtig zu feiern, wünscht sich der gute Heide ein Horn voll Met, und wir bekamen noch eine kurze Lehrstunde darüber, wie man dieses edle Getränk herstellt.

Jetzt aber genug vom Festivalgelände! Die Bands wollen vorgestellt werden und das Line Up dieses Jahr war abwechslungsreich und bot eine Menge Überraschungen. Den Anfang machten Tales of Ratatösk mit ihrem rasanten Folk Metal. Ausgestattet mit den klassischen Metal-Instrumenten, zudem mit Bratsche, Bouzouki und Dudelsack, begann eine richtige Party vor der Bühne. Highlight des Auftritts war ihr Maskottchen Töski, ein großes Eichhörnchen-Plüschtier. Dieses wurde während des Auftritts, um genau zu sein zum Song Andro, „entführt“ und die Zuschauer wurden angeregt der „Diebin“ im Kreis hinterher zu rennen. So schlängelte sich eine Meute durch die Crowd und zum Schluss entstand ein Circle Pit direkt vor der Bühne. Tim, das „Sackhörnchen“, gesellte sich dann auch mit dem Dudelsack dazu. Dank der blauhaarigen Diebin blieb bis zum Ende das Maskottchen in der Menge und brachte immer wieder Bewegung unter die Fans. Der Auftritt verlief einwandfrei, wenn man von dem kurzen Ausfall am Mikrofon bei dem Lied Treason and Betrayal absieht, der mit Humor genommen wurde.

Setlist Tales of Ratatösk: Fire and Ice / The Hunt / The Foresight / Andro / Ballad of Sigrud / Battle of the doomed Gods / Treason and Betrayal / The Traveller’s Song

Tales of Ratatösk waren ein guter Auftakt, welcher von Vanaheim gekonnt aufgegriffen und weitergeführt wurde. Mit ihrem kantigeren und härteren Folk Metal wurde es vor der Bühne noch hektischer und ruppiger. So wurden Mosh- und Circle Pits gestartet und mit großer Begeisterung schubsten sich die Leute in der prallen Sonne. Vanaheim erzählt in ihren Liedern den Untergang der Menschen durch Riesen. Diese Geschichte ist in einem großen, roten Buch festgehalten und nur ein kleines Mädchen kann das Buch lesen und einen Neuanfang für die Menschheit einleiten. Diese Geschichte wurde interaktiv mit Mosh Pits wiedergegeben und durch die Bewegung weiter untermalt. Dabei trug Sänger Zino van Leerdam ein ähnliches Buch, auf dem in großen Lettern der Titel Uit Steen Geslagen prangte, während des Tracks Reuzenspraak, und verkörperte die Rolle eines Geschichtenerzählers, welcher die Zuschauer anschrie. Besonders möchte ich die Zugabe mit dem 11-minütigen Lied Gevallen in de Nacht betonen, welche mit dem Satz „11 minutes of pain and epicness“ angesagt wurde. Ein Wehmutstropfen war die Abwesenheit der Geigerin Rikke Linssen, welche gelegentlich bei Auftritten anwesend ist und beim Wolfszeit nur vom Band zu hören war.

Setliste Vanaheim: Uit Steen Geslagen / Daughter Of The Dawn / Onbevangen / Reuzenspraak / The Dwarven Chant / Gevallen in de Nacht

Die Party wollte einfach nicht enden und mit Sagenbringer war die dritte Band im Bunde, die ausgiebige Bewegung und gute Laune versprach. In unserem Artikel über Sagenbringer in der Rubrik Band der Woche  wurde die Musik der norddeutschen Skalden bereits beschrieben.  Zusammengefasst war die Musik der Band etwas metallischer im Klang und im Vergleich zu den vorigen Bands an einigen Stellen auch rockiger in den Riffs. Sagenbringer hatte gleich zum Anfang eine technischen Störung gehabt, als leises Knistern aus den Lautsprechern drang. Bei den Ansagen war das Knistern penetrant, aber bei dem Gesang fielen diese Störgeräusche nicht auf. Nach dem zweiten Lied wurde deshalb blitzschnell und hochprofessionell das Mikro gewechselt. Das vierte Lied, Bragis Flöte, war mit gleich mit einer Aufforderung zum Tanzen und Headbangen gekoppelt, aber seit wann ist Headbangen und tanzen dasselbe? Zusätzlich zu den genannten Bewegungsformationen gab es noch einen Circle Pit als Zugabe. In der zweiten Hälfte des Sets gab es die beiden aktuellen Partykracher, Trolltaverne und Metdrache, und die Zuschauer wurden mit großen, aufblasbaren Bierkrüge ausgestattet, welche enthusiastisch geschwungen wurden. Den Abschluss bildete der noch unveröffentlichte Song Mein Herz an die See. Sagenbringer war der Abschluss des ersten, folkigen Teils des Tages und die kommende Band leitet einen düsteren Abschnitt im Line- Up ein.

Setlist Sagenbringer: Der Ruf / Blutmarsch / Sagenbringer / Bragis Flöte / Herr der Stürme / Schwestern des Schicksals / Nach der Schlacht / Trolltaverne / Der Metdrache / Wanderer der Zeit / Druid Natt / Mein Herz an die See

Die gemeinte Band war Gaerea aus Portugal und die erste Black Metal-Band im gesamten Programm. Der Auftritt von Gaerea war ein einziger surrealer Traum und unter all den Auftritten, die ich je erleben durfte, etwas ganz Besonderes. Die gesamte Band trug ausschließlich schwarze Hemden und Jeans, hatte ihre Arme mit schwarzer Farbe eingerieben und hatte schwarze Masken aus Stoff mit weißen Mustern darauf getragen. Diese Einheitlichkeit in den Bühnenoutfits, die nicht mal vom Frontmann unterbrochen wurde, und die konturlosen Masken entmenschlichten die Musiker und verwandelte sie gleichzeitig in abstrakte Figuren. Somit wurde der Individualismus von der Bühne gefegt und zurückblieb drückender Black Metal und die tänzerische Darbietung des Sängers. Die hektischen- und teilweise sinnlichen Bewegungen von Guilherme Henriques, kombiniert mit der Musik, verwandelte die Show in ein ekstatischen, pechschwarzen Reigen. Auch der Gesang distanzierte sich von den üblichen Screams und Crowls anderer Musiker und bestand aus eher abgehackten, Wort- oder Satzfetzen. In der letzten Drittel der Show durchlief die Musik von Gaerea  eine Verwandlung. Die Musik war durchsetzt von Elementen vom Metalcore und der Gesang wurde zu einem durchgängigen Geflecht an Screams. Guilherme verschwand kurz von der Bühne, um mit goldenen Farbflecken auf der Kleidung und Armen und einer neuen goldenen Maske wiederzukehren. Die Farbe wurde mit mechanischen Bewegungen weiter auf dem Körper verteilt. Die gesamte Performance war eine optische Offenbarung für den Black Metal. Eine Besonderheit war auch, dass die Besucher zu einer Wall of Death angeleitet wurden, laut Aussage der Band das allererste Mal in der Geschichte der Portugiesen.

Die Auftritte am Donnerstag wurden durch den sogenannten Eröffnungsblót unterbrochen, eine Tradition, die seit vier Jahren auf dem Wolfszeit zelebriert wird. Dazu leitete der selbsternannte Schamane Voenix, mit Unterstützung seines Schülers Chris, die Besucher durch ein Opferritual für die alten Götter. Vor dem eigentlichen Ritual spielten Varg ein kurzes Akustikset. Diese Akustikstücke werden nur auf dem Wolfszeit gespielt und waren gleichzeitig der Moment für zwei Premieren: Zum einen wurde das neue Stück Ewige Wacht, vom gleichnamigen und bald erscheinenden Album erstmals gespielt, und die beiden neuen Mitglieder Rohgarr und Ulvar hatten ihren ersten Auftritt. Außerdem holte man sich Gitarrist Daniel als Verstärkung an der dritten Gitarre. Die beiden neuen Musiker sollten wir zwei Tage später wieder sehen, als sie mit der regulären Show von Varg auftraten. In diesem Jahr wurde auf ein Trankopfer verzichtet, stattdessen vollführte man ein Feueropfer. Die Zuschauer durften kleine Holzscheiben, welche ihrem Ticketpaket beilagen, oder andere Objekte dem Feuer übergeben. Dazu hielt Voenix eine ausschweifende Rede, welche wahrscheinlich nicht einstudiert oder zumindest geprobt wurde. So wusste der Schamane nicht Einmal das wievielte Wolfszeit dies sei und musste lautstark nachfragen. Das Auslassen des Trankopfers hatte aber scheinbar eine gute Seite: Diesmal wirkte es wirklich als eine Veranstaltung und weniger wie eine Gratis-Met-Verkostung.  Die Besucher haben das Ritual ernster genommen und es gab keine angetrunkenen und lauten Störfaktoren.

Setlist Varg: Jarnsidasleid / Fara til Ranar / Zeichen / Auf die Götter / Ewige Wacht / Phönix

Nach der Runningorder sollte nach dem Eröffnungsblót die Band Forndom spielen, aber daraus wurde nichts. Zuerst sollten Eisregen und Forndom die Positionen tauschen und später wurde der Auftritt dann leider doch abgesagt. Grund dafür sollen Verspätungen durch den Zug sein. Dies waren traurige Nachrichten, immerhin hatten Forndom vor zwei Jahren einen grandiosen Auftritt auf dem Wolfszeit geliefert und bestimmt hatten sich so manche Besucher sehr auf diesen Auftritt gefreut.

Immer wieder wird der Konsum von regionalen Produkten betont und dies hat der Veranstalter, Philipp Seiler, auch berücksichtigt und so durfte Eisregen wieder mal auf dem Festival auftreten. Passend zu dem neuen Album, Grenzgänger, trug die Band Fleckarn der Bundeswehr und bei ihrem ersten Lied, Grenzgänger, erschien ein Roadie in einem grauen Schutzanzug. Mit dem Anzug ähnelte die Person der Figur auf dem Cover des neuen Albums. Zusätzlich schwang der Grenzgänger eine große Thüringenflagge auf der Bühne und dies wiederholt bei mehreren Liedern. Nach dem Lied Grenzgänger spielten Eisregen zwei ältere Stücke, 19 Nägel für Sophie und Mein Eichensarg. Bei dem späteren Song Todestag hielt Michael Roth, alias Blutkehle, eine kurze Rede auf den vor kurzen verstorbenen Peter Haag, auch bekannt als West von Hämatom. Peter Haag war auch lange Bassist bei Eisregen, ein langjähriger Freund der Band und war selber maßgeblich an dem Entstehen des Lieds beteiligt. Dieser kurze Moment verlieh dem Auftritt eine ungewohnt emotionale und menschliche Seite. Nach einigen weiteren Songs verließ die Band dann wie üblich die Bühne, um mit passenden Intro zum Song Eisenkreuzkrieger zurückzukehren. Zum Abschluss bekamen die Zuschauer die beiden Partykracher Elektro Hexe und Panzerschokolade. Vor Elektro Hexe erwähnte der Sänger nochmal von dem Glück wieder zusammen tanzen zu können, was uns zeitweise durch Corona verwehrt blieb. Ein etwas veraltete Thema für eine Aufforderung zur Bewegung. 

Setlist Eisregen: Grenzgänger / 19 Nägel für Sophie / Mein Eichensarg / Herbstleiche / Gott der Panzer / Todestag / Vom Loch-in-der-Wand-Club / Knochentorte / Menschenfresser // Intro + Eisenkreuzkrieger / Wiedergänger / Alice im Wundenland / Panzerschokolade / Elektro Hexe

Der Abschluss des ersten Abends war der Musiker Martin Falkenstein mit seinem Projekt Mosaic. Unterstützung bekam Martin dabei von Nico Schwappacher, welcher mit seinem Soloprojekt Zwischenlichten bekannt wurde. Im ersten Moment fühlte sich der Wechsel von der kleinen Bühne im heidnischen Dorf auf die große Main Stage wie ein Pluspunkt an, aber leider verhielt es sich anders. Die beiden Musiker wirkten mit ihren wenigen Instrumenten etwas verlassen auf der großen Bühne. Dies sollte aber der einzige Kritikpunkt an dem Auftritt sein. Nach dem gesamten Metal der letzten Stunden war der Neo Folk der Akustikshow von Mosaic eine echte Überraschung und gleichzeitig ein sanfter Abschluss für den Abend. Hier möchte ich die Entscheidung des Veranstalters hoch loben. Martin und Nico harmonisierten bei jedem Lied, wechselten sich im Gesang und auch bei den Instrumenten gegenseitig ab oder fungierten als Zweitstimme für den jeweils anderen. Besonders im Gesang wurden die Unterschiede bei den Musikern am deutlichsten, wenn Nico mit seinem hellen und hohen Gesang mit Martins hallender und tieferen Stimme im Wechsel ist. Für die Fans von Zwischenlichten auch ein paar Leckerbissen, denn insgesamt wurden drei Songs des Projekts gespielt, darunter Duldsamkeit und der neue Song Sturm auf dem Berg, welcher das Set eröffnete.

Setlist Mosaic: Sturm auf dem Berg* / Wetterdistel / Am Teufelsacker / Birken Tannen Löwenzahn / Schwarze Erde / Coal Black Salt / Duldsamkeit* / Leidgeboren* / Köhlerknecht  / Brimstone Blossoms

*Zwischenlichten

Und somit endete der erste Tag mit viel Action, noch viel mehr Überraschungen und Premieren. Im nächsten Bericht werden wir euch vom heidnischen Dorf berichten und mehr über das Infield, da sich dort auch einiges geändert hat.  Ihr dürft gespannt sein und viel Spaß mit weiteren Bildern und Artikel auf dark-art.com.

 

2 Kommentare

  1. Eine schöne Zusammenfassung. Danke.
    Warum Forndom die Anreise nach der Verspätung nicht fortsetzten, ist nachwievor ein Rätsel und sehr bedauerlich!

  2. Eine schöne Zusammenfassung. Danke.
    Warum Forndom die Anreise nach der Verspätung nicht fortsetzen, ist nachwievor ein Rätsel und sehr bedauerlich!

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