Die Batschkapp in Frankfurt öffnete ihre Türen für einen Abend, der ganz im Zeichen dunkler Klänge stand. Schon beim Einlass lag eine besondere Stimmung in der Luft: ein Gefühl von Erwartung und Zusammengehörigkeit, wie es für mich nur diese Szene hervorruft.
Auftakt mit voller Energie: Auger
Ohne großes Intro betraten Auger die Bühne. Auger besteht aus Sänger und Gitarrist Kay, sowie Keyboarder und Gitarrist Alex. Die Band ist Festivalgängern bereits ein Begriff und avanciert allmählich vom Geheimtipp zur etablierten Institution. Das ist nicht unberechtigt, denn der Klang wirkte sofort eindrucksvoll. Er war atmosphärisch, wurde von Gitarrenklängen getragen und dann war da noch die Stimme von Kay. Sie klang tief und hatte einen hohen Wiedererkennungswert. Ich überlegte wirklich, an wen mich sein Gesang erinnerte. De/Vision, Depeche Mode, Mesh? Ich war mir nicht sicher, aber Auger erwies sich als gute Wahl für die Vorband.
Nach dem ersten Song legte Kay die Gitarre beiseite und sang die folgenden Stücke. Er lebte die Musik, mit Gesten, die die Textpassagen unterstrichen, bewegte sich über die Bühne und keine Monitorbox war vor ihm sicher. Beeindruckend fand ich auch, dass er immer den direkten Kontakt zum Publikum suchte; durch Blickkontakt und Ausdruck hielt er uns stets im Fokus. Auch Alex wechselte zwischen Keyboard und Gitarre, tanzte dabei und sprühte vor Energie.
Das Publikum dankte die Performance, klatschte und tanzte mit. Oxygen wurde noch einmal mit Gitarre gespielt und bildete einen gelungenen Abschluss sowie ein starkes Aufwärmen für Diary of Dreams. Ich hoffe, dass wir noch öfter von den Künstlern hören – und das nicht nur auf Festivalbühnen.
Setlist: Goodbye // Sound of the machine // Dark Clouds // You are by nature // The old arcade // My Death // Oxygen
Diary of Dreams
Diary of Dreams gelten als Urväter des Dark Wave mit Gitarreneinsatz. Ich habe die Band in den letzten Jahrzehnten immer wieder gesehen und war jedes Mal erneut von ihrer Energie überrascht.
Ein besonderer Auftakt
Dieses Mal begann die Show mit einer KI-Frauenstimme, die uns bat, analoge Momente und Erlebnisse für die Sinne nicht durch digitale Medien zu filtern. Auf Handyvideos sollte verzichtet werden – und tatsächlich hielten sich viele daran und schafften dadurch „ungefilterte“ Erinnerungen.
Mit Kein Allein startete das Konzert. Die Bühne lag im Dunkeln, erste Lichtpunkte setzten die Drums in Szene, dann traten Bassist, Keyboarder und Gitarrist hinzu und erweiterten den Klangteppich. Schließlich erschien Adrian Hates. Vor seinem Mikro war ein Ventilator aufgebaut, der kleine Windeffekte erzeugte. Er performte voller Energie: sein Fuß wippte, er tanzte über die Bühne, dirigierte die Musik mit seinen Händen und streckte bei Breaks den Arm in die Höhe. Drums, Bass, Gitarre und Keyboard verschmolzen zu einem atmosphärischen Teppich zwischen Melancholie und Tanzlust – über allem lag Adrian Hates‘ markanter Gesang.
Neue Songs und Klassiker
Mit The Chemistry of Pain folgte ein weiterer neuer Song. Adrian Hates tanzte über die Bühne, während der Gitarrist erstmals die Position wechselte. Bei Chemicals griff Adrian selbst zur Gitarre und verstärkte den Sound. Das Publikum nutzte die Energie, klatschte, tanzte und sang mit. Vor der Tour hatten Fans über soziale Medien abgestimmt, welche Songs bleiben und welche zurückkehren sollten – so gab es immer wieder Hinweise, dass ein Stück lange nicht gespielt worden war.
Nach Chemicals kam mit Mankind ein Klassiker. Adrian Hates verzichtete auf die Gitarre, blieb aber gestenreich und präsent. Bassist und Gitarrist wechselten die Bühnenseiten, standen gemeinsam auf den Boxen und strahlten pure Energie aus. Auch vor der Bühne wurde getanzt und gefeiert.
Es folgten weitere Klassiker, Schlag auf Schlag. Vor Viva la Bestia sprach der Sänger erstmals länger zu uns und bedankte sich für den Verzicht auf Handys. Der Song entfaltete live enorme Kraft: Hände wurden hochgerissen, der Refrain von den Zuschauern übernommen, Adrian Hates streckte das Mikro in die Menge. Gemeinsam mit dem Bassisten sang er sich die Zeile „monster in me“ entgegen – ein Moment voller Wucht und Emotion.
Mit Schuldig dirigierte Adrian Hates erstmals direkt auf der Bühne. Jede Geste, jede Mimik spiegelte die Energie des Songs.
Dead to Me begann ruhig, in rotes Licht getaucht, steigerte sich langsam – bis ein technischer Fehler den Ton unterbrach. Adrian Hates stoppte, gab dem FoH ein Zeichen, und nach kurzer Irritation startete der Song erneut, diesmal ohne Unterbrechung. Das Ende, nur von Piano und Stimme getragen, wirkte nach all der Energie besonders intim.
Überraschungen und besondere Momente
Eine Überraschung war Nekrolog 43, das rockiger als gewohnt gespielt wurde. Bass und Gitarre standen gleichberechtigt neben den elektronischen Klängen. Adrian Hates dirigierte, wir klatschten an den richtigen Stellen – der Song hatte nichts von seiner treibenden Kraft verloren.
Mit But the Wind Was Stronger kehrte ein Stück nach zwanzig Jahren zurück auf die Setlist. Um mich herum wurde getanzt und textsicher mitgesungen. Danach folgte Tomorrow’s Past von der aktuellen EP – ebenfalls ein Song, der zum Mitklatschen einlud.
Bei The Secret lag die Bühne zunächst in völliger Dunkelheit, nur Adrian Hates wurde angestrahlt. Die Band bewegte sich ständig, wechselte Positionen, spielte mit sichtbarer Freude. Das Publikum ließ sich davon anstecken: überall wurde gesungen, getanzt, Augen geschlossen oder gebannt auf die Bühne geschaut.
Endless Night begann damit, dass Adrian Hates mit den Fingern von vier einen klassischen Countdown herunterzählte. Das Stück trieb nach vorne, sprühte vor Energie, bis er es mit einer Stop-Geste beendete. Mit Lebenslang kam anschließend ein weiterer lange nicht gespielter Song zurück – der Refrain „Keiner will dein Zeuge sein, Keiner will dein Richter sein“ wurde laut von den Zuschauern mitgesungen.
Neuinterpretation, Zugaben und emotionales Finale
Ein besonderer Moment des Abends folgte, als ein Song angekündigt wurde, der bereits über acht Millionen Streams verzeichnete. Zunächst dachte ich an Traumtänzer, doch umso erfreuter war ich, als die ersten Töne von She and Her Darkness erklangen. Adrian Hates griff erneut zur Gitarre – ein Instrument, das eigentlich nicht zum Grundcharakter des Songs passte – und verlieh dem Stück dadurch eine neue Note. Die sonst vom Piano getragenen Passagen wurden zusätzlich von Streichern untermalt, was den Klang noch intensiver machte.
Neuinterpretationen können riskant sein: manchmal spannend, manchmal überflüssig. In diesem Fall war es jedoch ein voller Gewinn. Live entfaltete der neu geschaffene Klangteppich eine enorme Wirkung, trug die Stimmung weiter und riss mich vollkommen mit.
Gut, dass danach die erste kurze Pause kam. Mit der Zugabe wurde die Band erneut auf die Bühne geholt. Butterfly: Dance brachte einen Klassiker zurück, dessen Refrain von den Gästen lautstark mitgetragen wurde. Die Location wurde hell, wir klatschten, und Adrian Hates animierte die Menge bis in die letzte Reihe. Mit Undividable folgte ein weiterer tanzbarer Höhepunkt, bevor die Band die Bühne verließ – nicht, ohne dass der Drummer noch eine Wasserflasche ins Publikum warf.
Doch das Publikum wollte mehr. Mit rhythmischem Klatschen holten wir die Band zurück. Day in December brachte eine ruhigere Stimmung, getragen von Keyboard und Stimme. Kurz irritierte eine Rückkopplung, doch Adrian Hates ließ sich nicht beirren.
Ausharrende Fans – Zusatzzugabe
Als die Band erneut die Bühne verließ, herrschte kurz Unsicherheit: war es das schon? Zum Glück dauerte die Pause nicht lange. Adrian Hates kehrte zurück, lächelte und erklärte uns, es war ein Bluff und völlig „unerwartet“ stimmte er Ikarus an. Ruhig, nur vom Piano begleitet, vertieften wir uns in den Song, sangen mit und fingen den magischen Moment ein. Die letzten Worte flüsterte Adrian direkt ins Publikum – ein intimer und bewegender Abschluss.
Setlist: Kein Allein // the Chemistry of Pain // Chemicals // Mankind // Reign of Chaos // Viva la Bestia // Schuldig! // Dead to me // Stummkult // Nekrolog 43 // But the wind was stronger // King of Nowhere // Tomorrow’s Past // the secret // hurt people, hurt people // Endless nights // Lebenslang // She and her darkness // Butterfly:Dance! // Undividable // a day in december // Ikarus
Bericht: Andrea
Bilder: Eric
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