Dark-Art hat dieses Jahr zum ersten mal das Dark Easter Metal Meeting besuchen können. Veranstaltet wird das Festival im Backstage in München. An zwei Tagen, mitten in der Osterzeit, drücken sich hier diverse Black Metal-Bands gegenseitig die Klinke in die Hand, um ein pausenloses Inferno zu veranstalten. Das Backstage besitzt dabei drei Bühnen, das Werk, die Halle und den Club. Die Auftritte zwischen dem Werk und den anderen Bühnen wechselten sich ab, aber Halle und Club wurde parallel bespielt. Deshalb könnten die Eindrücke zu manchen Bands etwas oberflächlich ausfallen, da wir ständig die Orte wechseln mussten und kaum einen Auftritt vollständig erlebt haben. Seht es uns bitte nach.
Den Auftakt machten In Aphelion. Zuerst hatten wir die Befürchtung das Werk würde sich erst langsam füllen und die erste Band müsste sich mit wenigen, neugierigen Seelen begnügen. Aber das war nicht so! Von der ersten Truppe an sollten sich die Veranstaltungsräume bis zur letzten Ecke füllen. Bei In Aphelion wurde das Werk und seine herabgelassene Arena vor der Bühne gestürmt. Zwar fiel in den ersten Augenblicken das Mirko aus, aber da hörten die schlechten Nachrichten auch auf. Der Sound der Band war eindeutig Black Metal, aber mit Anklängen aus den Bereichen Heavy- und Thrash Metal, kombiniert mit einer kratzigen und tiefen Stimme. Allein die Liedgitarre schrie wieder und wieder vor reiner Virtuosität. Musikalisch ein echtes Highlight am ersten Tag.
Das erste Doppel war Groza in der Halle und Edonomos im Club. Bei Groza hatten wir einen ersten Eindruck von der schieren Menge eines vollständig ausverkauften Festivals. Die Halle quillte regelrecht über von Besuchern und für uns war kaum drei Meter nach der Tür endgültig Schluss. Durch Beton zu schwimmen wäre leichter gewesen. Groza ist aktuell, neben Kanonenfieber, ein hochgelobter Newcomer. Beide Bands spalten die Meinung der Szene. Meiner Empfindung nach haben sie das musikalische Können, um so einen Hype zu rechtfertigen. Die in schwarz gehüllten Gestalten bauten eine unfassbare Klangdichte auf und fluteten den Raum mit einem schwarzen Meer. Leider musste die Band ohne ihren Bassist auf die Bühne, dies tat dem ganzen jedoch keinen Abbruch. Bei Edonomos verhielt es sich etwas anders, den Auftakt machte ein etwas ungewöhnlicher Opening Track. Das Lied erinnerte an Gospellieder aus dem Süden der USA. Die Band schlug musikalisch eine Kehrwende ein, als sie auf den hohen Gesang auf brutalen Doom antworteten. Diese getragene Stimmung wechselte zwischen dem langgezogenen Elementen von Doom mit brutalen Passagen von Black- und Death Metal ab.
Groza
Endonomos
Mit Sulphur Aeon driften wir langsam in den Cosmik-Horror von Lovecraft und seinem Zirkel ab. Das Opening trifft wie ein Donnerschlag die Arena. Mit einer wahrlich tragenden Stimme und fast erdrückender Instrumentalarbeit reißt uns die Band tief hinab in die Unterseestadt Ryleigh, nur unterbrochen von den gelegentlichen, hohen Gesangsparts. Der Stimme folgend schraubt sich die Melodie im Lauf des Auftritts wieder und wieder in die Höhe, wie ein Schwarm schwarzer Krähen auf ihrem Weg in den unendlichen Kosmos. Die Zuhörer quittieren diese Entwicklung mit fliegenden Haarmähnen, Vogelschwingen gleich, immer wieder auf und ab. Mein persönliches Highlight sind aber die wahrlich bösartigen Ansagen des Frontmanns M., welche mir wieder und wieder Gänsehaut beschert haben.
Zurück zu dem Doppelfeatures: Uprising im Club und Darvaza in der Halle. Uprising ist das Protest-Projekt von Jan Winterherz (Waldgeflüster). Der Sound der beiden Projekte haben Parallelen, nur wird es bei Uprising wirklich politisch. Wiederholte Einspieler mit bekannten Zitaten von Politikern und wutentbrannte Ansagen von Winterherz verliehen dem Auftritt gewisse Ähnlichkeiten mit einem Punkkonzert, nur wirkte die Performance dafür zu durchdacht und kalkuliert um ein Vergleich mit einem Konzert in einer ranzigen Location im Randgebiet von Berlin zu vergleichen. Dieser politische Anschlag sollte mir noch bei anderen Bands immer und immer wieder begegnen. Darvaza konnte ich nur kurz genießen, bevor es wieder Richtung Werk ging, aber diese Momente waren eindrucksvoll. In der Halle wurde ich regelrecht erschlagen von der stimmlichen Leistung von Wraath und dazu erst die brutale Instrumentenarbeit. Ein echter Anspieltipp für jeden Liebhaber von rohen Black Metal mit einem gewissen Kniff.
Darvaza
Uprising
Die Band mit den wahrscheinlich eindruckstärksten Namen auf dem gesamten Festival, Darkened Nocturn Slautercult! Wie zackige Glasscherben schnitt sich die Stimme von Onielar in meine Ohren. Dazu wuchtige Melodien und gelegentliche Kontraste in der Stimme und den Instrumenten, aber auch der einzige im sonst so zähen, rohen Black Metal. Die Bühnendekoration aus Kuhschädeln, eisernen Pentagrammen und Ketten erinnert mich an Bands wie Gorgoroth oder Mayhem, welche bereits mit diesen Elementen gespielt hatten. Dazu die beeindruckenden Bühnenoutfits, bestehend aus Killernieten, literweise Kunstblut, Corpse Paint und das weiße Totenhemd von Onielar. Optisch macht die Band einiges her.
Danach eilte ich zu Vermilia, einem kleinen Highlight für mich. Obwohl der Club randvoll war, fiel die Begrüßung der Besucher für die Musikerin Vermillia eher verhalten aus. Mit ihrer Shamandrum bewaffnet, präsentiert die Sängerin einen gut abgestimmten Wechsel an sanften Clear Vocals und femininen Crowls. Gelegentlich wechselte sie ihre Trommel gegen eine Flöte ein. Die Musik pendelt zwischen meditativ, düster und kühl, etwas epochal und leicht rockig. Am Anfang nickten Köpfe in Trance, aber ab der zweiten Hälfte waren die Nackenmuskeln angespannt. Die restlichen Musiker sind vermummt, um den Fokus auf die Sängerin und Solokünstlerin zu lenken. Obwohl die erste Begeisterung noch etwas verhalten war, so war das Bedauern über das letzte Lied echt und wurde lautstark kommuniziert. Damit endete eine echte Überraschung für den Tag.
Gleichzeitig dazu spielten in der Halle Agrypnie, von denen unser Schreiber aufgrund der vollen Halle auch leider nicht viel gesehen hat. Die Band um Nocte Obducta Sänger Torsten Hirsch konnte aber wie gewohnt das Publikum mit ihrer Musik überzeugen, und bewies wie immer ihre Freude an dem Liveauftritten. Beim nächsten mal können wir euch wieder mehr erzählen. Im Gegensatz zu der gleichzeitig spielenden Gruppe im Club ging es hier deutlich härter daher.
Necrophopic war, im Vergleich zu Sulphur Aeon und Darkened Nocturn Slautercult, von der Bühnendarstellung schlichter, das hat die Band durch ihre reine Bewegungsenergie und- Radius wettgemacht. Die Truppe trug weiterhin Corpse Paint und Killernieten, aber es wirkte dezenter in der Gesamtdarstellung. Ein weiterer Unterschied findet sich in der Musik. Schon das erste Lied stach mit Rock-Elementen heraus. Zwischendurch wurden ätherische Passagen eingestreut, welche das musikalische Gesamtbild wiederholt auflockerten. Kombiniert mit der Performance war der Auftritt ein echtes Vergnügen.
Auf Skyforger habe ich mich den ganzen Tag gefreut, endlich etwas Folk- und Pagan-Metal in dem ansonsten pechschwarzen Line-Up. Im Gegensatz zu Groza füllte sich die Halle bedächtig und bis zum Ende blieb etwas Bewegungsraum, welcher noch wichtig wurde. Die Melodien wurden abwechslungsreicher und bis zu einem gewissen Grad verspielter, ohne aber an Härte zu verlieren. Ein Vergleich mit Einherjer oder den Anfangsphasen von Eluveitie kann hier gemacht werden. Ihre Stärke ist aber die Stimme, oder genauer die Stimmen der Bandmitglieder. Drei von vier Bandmitgliedern haben in den jeweiligen Liedern kürze oder längere Gesangspassagen. Dieser Kniff verlieh dem Auftritt einen gewissen Spannungsbogen. Währendessen bildete sich der erste Moshpit, den ich an diesem Tag erlebt habe. Dafür war der gewisse Platz in der Halle notwendig. In der zweiten Hälfte wurde eine Geschichtsstunde eingefügt. Die Großväter der Bandmitglieder hatten zu ihrer Zeit den Frieden in ihrem Land gegen die deutschen Aggressoren verteidigt. Diese Situation spielte sich, laut dem Frontmann Peteris, aktuell in der Ukraine ab. Dort verteidigt die ukrainische Bevölkerung ihren Frieden gegen die russischen Angreifer. Dieses politische Statement wurde mit viel Jubel quittiert. Zu beachten sei hierbei, dass in der Halle die ganzen zwei Tage eine große Ukraine-Flagge hing. Der Moshpit wuchs mit jeden Lied an, bis er beim beinahe abgebrochenen, letzten Lied zu einer brutalen Größe angeschwollen ist. Ein echter Abriss am Nachmittag.
Zwischendurch gingen wir auch kurz in den Club, wo gerade Hypnos auf der Bühne standen. Auch hier gab es ein bisschen mehr Bewegungsfreiheit im Vergleich zu vorherigen Bands. Die tschechische Truppe lieferte auch ein volles Brett an Show ab, wir kamen gerade dazu, als angekündigt wurde, dass demnächst die neue EP Deathbird erscheint, deren Titeltrack gespielt wurde.
Mit Candlemass findet sich ein echtes Schwergewicht des Doom-Metals auf dem Festival! Der hohe Gesang von Johan Längquist und die sich langsam, fast schwerfällig aufbauenden Riffs, errichteten eine echte Trutzburg gegen das bisher schnelle Tempo vieler Bands. Wie ein Leviathan hatte die Band einen gewaltigen Fußabdruck mitten ins Line-Up gesetzt. Selten habe ich so beeindruckenden Doom gehört. Dabei hatte der Sound auch gewisse Annäherungen an den klassischen Heavy Metal und manchmal fühlte ich mich an Judas Priest erinnert. Dabei interagierte die Band, allen voran Johan, mit den ersten Reihen. Besonders in den langen Solos und Instrumentalparts hatte der Sänger genug Zeit für die Fans. Mein wahrer Headliner an dem Abend, besonders da Grave kurzfristig ausfiel.
Die Vorhänge in der Halle wurden aufgezogen und nur Kerzenständer erhellten die Instrumente. Danach erschienen schwarze Gestalten in langen Umhängen auf der Bühne. Mit Corpse Paint und Kapuzen gekleidet betraten sie die Bühne und begannen mit ihrem fast minimalistischen Black Metal. Das lag an dem eher sparsamen Einsatz der Drums, welche am Anfang sogar aussetzten. Dadurch wirkte der Sound weniger aggressiv und dafür umso gedämpfter und langgestreckter. Dabei fand sich hier kein weiterer Doom-Ableger nach Candlemass, sondern ein eigener, atmosphärischer Black Metal. Eine Dame neben mir ist fast gestorben vor Verzückung für diese Darbietung von Thy Light. Ein ungewöhnliches, aber beeindruckendes Lob an deren Musik.
Das letzte Doppelfeature des Tages wurde durch Kvaen vervollständigt, bei denen es deutlicher brutaler her ging als bei den zeitgleich spielenden Thy Light.
Im Lauf der zwei Tage musste ich immer wieder mit Verwunderung feststellen, dass einige Acts nicht vor Ort waren. Dies hatte immer gute Gründe und wurde auch immer von dem Veranstalter und den jeweiligen Bands per Social Media vorzeitig kommuniziert, aber es war leider immer etwas schade. Der erste „Ausfall“ betraf Grave. An ihrer Stelle konnte Schirenc Plays Pungent Stench aus Österreich auftreten. Mit ihrem Death Metal durften sie den den ersten Tag krönen und abschließen. Mit ihren Mix aus Death Metal und rotzigen Rock´n´Roll haben sie mich vom ersten Moment her in den Bann gezogen. Immer wieder erwischte ich mich dabei, wie ich mit meiner Luftgitarre die Band imitierte und jedes bisschen Rock aus der brutalen Welle aus Death Metal fischte. Ein gelungener Abschluss, vielen Dank an Schirenc Plays Pungent Stench.
Antworten