Festivalbericht: Dark Troll Festival 2023 – Samstag

Nachdem eine weitere zapfigkalte Nacht überstanden war, erwartete uns der Samstagmorgen  mit Morgentau und wenig Sonne. Aber schon früh versuchte sich der Sonnenschein  einen Weg durch die Wolken zu bahnen. Aber unser Highlight an diesem Morgen war definitiv ein anderes: Während sich alle gemütlich ihr Frühstück reinschoben und dabei schon die ersten Bierchen zischten, hatte sich ein Dude wirklich Hanteln und so ein Gummiband mitgebracht und zelebrierte am Rande von Camp A eine Sporteinheit. Wir nahmen uns dann auch die Freiheit ihm zu applaudieren, er nahm es definitiv mit Humor. Aber nun weiter zur Musik, welche auch heute um 13.30 Uhr starten sollte.

 

Den Beginn machten pünktlich Nalar, welche von manchen als kleiner Ausreißer gesehen wurde. Aber mal ehrlich, um das vorneweg zu nehmen, fand ich, dass sie wie Arsch auf Eimer zu dem Dark Troll passten. Sie lassen sich halt überhaupt nicht in irgendeine Schublade pressen, was auch gut ist. Und sie hatten richtig Bock, zumal es vor der Stage auch schon überraschend voll war. Mit ihrem Mix aus Black- und  Death Metal, mit sehr vielen melodischen Passagen, kamen sie verdammt gut an. Ich bin immer wieder erstaunt, wenn da so kleine schmächtige Menschen auf der Bühne stehen und dich mit einer Singstimme anschreien, welche direkt aus den dämonischsten Abgründen zu kommen scheint. Auch mochte ich die Präsenz ihres Sängers, immer in Bewegung und über die Stage pilgernd, irgendwie ruhelos. Ein bisschen erinnerte er mich an J.J., Sänger von Harakiri for the Sky, welcher immer ähnlich daher kommt. Für mich eine der Überraschungen des Tages.

Und zum Abschluss noch ein kurzes Sammelsurium an Aussagen, auf die wir „doch eh schon gewartet“ und eine „gewisse Erwartungshaltung an diese“ hatten: „Ich trage schwarz und verasche Black Metaller, ich bin der Dark Troll!“; „Kelly du geile Ratte, wo bist du? Er zahlt uns nicht mehr, deswegen gibts nur die kurze Setlist.“; Black Metaller sind auch alles nur kleine Mädchen!“; Ihr glaubt eh nicht an Gott, also wenn ihr unten ankommt, räumt den Laden mal ordentlich auf. Da läuft dann aber nur Porngrind, mit Clean Gesang, ihr kleinen Schweinchen! Und falls nachher einer von uns irgendwo besoffen liegen bleibt, raubt ihn einfach aus!“ Soviel dazu :).

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Des Weiteren durften die aus der französischen Schweiz stammenden Morgarten ran. Ich freute mich schon sehr, denn ich hatte die Truppe schon auf dem Mead & Gread Festival gesehen und wusste, dass diese Band sie live absolut überzeugen können. Mit Mönchskutte und einfacher Bauerngewandung ist hier optisch schon was geboten. Auch werden ihre seitlichen Banner von einer Mistgabel und einer Harke gehalten, welches schöne und stimmige Elemente in der Bühnendeko sind. Vom Fleck weg war die Stimmung ausgelassen, auch wenn noch nicht der große Andrang vor der Stage war. Auffallend war auch, dass kein Keyboarder dabei war. Die Aufklärung folgte zeitnah, er wurde Papa eines kleinen Morgartens. Glückwunsch an die Familie! Besonders gefielen mir die Sprechgesang-Elemente, mit denen die Geschichten zu den einzelnen Songs erzählt wurden, wie beispielsweise die über den letzten Atemzug. Gänsehautmoment, und das bei strahlendem Sonnenschein! Damit schaffte es die Band die Zuschauer auf eine Reise mitzunehmen und die Leute feierten dies zu Recht mit ausgelassenen Headbangen und einem Circle Pit um einige in der Mitte stehenden Besucher. Ein weiterer toller Start in den Tag!

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Und schon stand der nächste Abriss an! Die Niederländer von Vanaheim machten sich bereit die Bühne zu zerlegen. Die Jungs und Rikke zähle ich zu einer meiner Lieblingsbands, was natürlich an der Musik, aber auch an der unfassbar sympathischen und humorvollen Art der fünf und ihren energetischen Auftritten liegt. So auch diesmal. Bevor es losging, gabs noch eine kleine Slapstick-Einlage mit Gitarrist Michael und seinem Mikrofonständer, sehr zur Belustigung der bereits anwesenden Menschen. Zum ersten Song erschien Sänger Zino mit seiner heißgeliebten Laterne, welche auch noch öfters geschwenkt werden würde. Von Beginn an war direkt Party vor und auf der Bühne angesagt. Die wirklich zahlreich erschienene Leute gingen sofort mit, ließen die Haare fliegen und moshten spätestens beim Track Onbevangen schon ausgiebig. Der Band gefiel so viel ausgelassene Bewegung sichtlich, denn auch sie hatten richtig Bock, was man ihnen jede einzelne Sekunde anmerkte. War es doch schon länger der Wunsch der Musiker auf dem Dark Troll zu spielen und diese rege Beteiligung setze dem Auftritt die Krone auf. Zu The Dwarven Chant gab es noch eine Instruktion von Michael, welche Zino bitte weitergeben möge. Er möchte gerne unten in der Crowd stehen und alle sollen, wenn möglich, einen Circle Pit um ihn herum machen. Aber gerne doch! Die feierwütige Meute ließ sich nicht lange bitten und schon gings rund! Ob das Dark Troll danach eine Schlafgeschichte wolle? Ein eindeutiges Nein folgte. Die Geschichte gabs mit Reuzenspraak und Zino’s Buch trotzdem. Ein wunderbarer, und wieder einmal, absolut mitreißender Gig, wenn auch mit einem kurzen Schreckmoment, als ihr Sänger aus Versehen die Violine von Rikke beim Gestikulieren erwischte. Auf bald, ihr lieben!

Mit der nächsten Band stand dann kein Unbekannter auf der Stage. Joris van Gelre, welcher bereits am Vortag mit Alvader auf der Bühne stand, war hier mit seinem nächsten Projekt Bezwering vertreten. 2018 spielte er das Abschiedskonzert von Wederganger auf der Ruine, umso erfreulicher ihn jetzt mit seinen beiden neuen Truppen wieder da zu sehen. Ein Tierschädel, bestückt mit Räucherstäbchen, zierte den Mikrofonständer. Passend, da sie ja die gelderländischen Geister beschwören und ihnen eine Stimme geben wollen. Auch waren ihre Gesichter, bis auf ihren Sänger, schwarz bemalt. Das Konzept kam an. Melodisch und mit seiner unverkennbaren Stimme hatte er die Zuschauer sofort gefangen. Zwar war deutlich weniger los als bei der vorherigen Band, aber die Stimmung war trotzdem sehr gut und über die Bühnenpräsenz von Joris brauchen wir, glaube ich, nicht weiter zureden. Auch musikalisch war das wieder auf hohen Niveau und sie konnten definitiv überzeugen.

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Düster und eisig kamen sie daher. Die Black Metaller von Frost spielten mal wieder mit sämtlichen Klischees des Genres. Umgedrehte Kreuze (teilweise mit Figuren daran) um den Hals hängend und  am Mikrofonständer hängend und natürlich Nieten bis zum Umfallen. Generell eher härter musikalisch unterwegs, fand ich sie dennoch immer wieder ziemlich melodisch daher kommend, auch wenn dies dann relativ schnell zeitnah von einer ordentlichen Portion Geballer abgelöst wurde. Auch hier hatten sich die Zuschauerreihen etwas gelichtet. Sehr amüsant und unterhaltsam fand ich die Gesichtsmimik des Gitarristen, während der Bassist eher den bösen Black Metaller und zugehörigen Blick raus hingen ließ. Aber letztendlich ist auch ihm immer mal ein Lächeln über das Gesicht gehuscht.

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Black Messiah mussten ihren Auftritt auf dem Dark Troll 2022 leider absagen, daher war es ebenfalls sehr erfreulich, dass sie ihn dieses Jahr nachholen konnten. Schon kurz vor Beginn hatte sich der Innenhof beachtlich gefüllt, die Jungs funktionieren halt immer. Was wohl nicht ging, war der Sampler. Aber auch ohne ihn, „jetzt würde hier voll das düstere Intro kommen“, legten sie sofort ordentlich los und rissen die Menge mit. Sonst ging alles glatt und auch Detty’s Junior hatte wieder seinen Gastauftritt an der Gitarre für ein paar Songs. Den Jungs zuzusehen ist eine Freude, denn sie versprühen soviel Energie und haben immer Bock und das macht richtig Spaß. Der letzte geplante Track war eigentlich das Sauflied, doch mit Söldnerschwein wurde einfach noch ein ungeplantes Lied dran gehängt. Auch flogen bei diesem Gig die allerersten Crowdsurfer ein, welche vorne über die Boxen abgebremst und wieder in die Menge entlassen wurden. Ein solider, toller Auftritt, welcher die Menge in ordentlich Party- und Feierlaune versetzte!

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Niederländischer Abriss Part drei mit Heidevolk! Schon ordentlich durch die Ruhrpottler angeheizt, war das Infield immer noch verdammt gut besucht und die Laune der Besucher auch dementsprechend ausgelassen. Die Gelderländer sind halt ein Garant für gute Stimmung und dementsprechend ein gern gesehener Gast auf sämtlichen einschlägigen Festivals. Auch wenn sich das Besetzungskarussell echt ordentlich gedreht hatte, haben sie sich nun als eine Truppe gefunden, welche unfassbar gut miteinander auf der Bühne funktioniert. Und das sowohl mit alten, als auch mit ihren neuen Tracks des aktuellsten Albums Wederkeer. Dass diese Stücke live hervorragend taugen, durfte ich bereits bei der einzigen Deutschen Release Show feststellen. Die Stimmen von Jacco de Wijs und Daniël Wansink harmonieren super miteinander, manchmal fast ein bisschen zu gut. Da fehlt dann das kleine Etwas an Abwechslung. Meiner Meinung nach. In Sachen Spielfreude und Sympathie macht ihnen aber so schnell keiner was vor, und so war natürlich auch dieser Auftritt ein gewohnt sehr guter, mit einem feiernden und singenden Publikum, welches ebenfalls für ordentlich Stimmung sorgte. Danke an alle an dieser Stelle!

Mit Primordial ging es, leider mit etwas Verspätung, weiter. Während des langen Intros betraten die Musiker nach und nach die Stage, während Sänger A.A. Nemtheanga seitlich stand und die Musik mitsang. Dann hatte auch er seinen Auftritt und betrat, mit seiner Henkersschlinge um den Hals und weiß geschminkten Gesicht, die Bühne. Holy Moly, was für eine unfassbare Erscheinung der Typ ist und was für eine Ausstrahlung er hat! Immer vorne an der Kante stehend oder kniend und ständig mit dem Publikum agierend und gestikulierend, war es ihm ein leichtes, die Menge in seinen Bann zu ziehen. Zumal ihre Mischung aus Celtic Folk und Black Metal einfach ansteckend ist und sehr gut ankam, was der rappelvolle Innenhof belegte. Es benötigte teilweise nur ein Fingerwippen oder den Zeigefinger auf einzelne Personen zu richten, um die Crowd zu mehr Bewegung zu motivieren. All das macht ihre Show auch aus. Auch schleuderte er teilweise seinen Mikrofonständer so durch die Gegend, dass dieser umfiel und das Mikro von der Bühne fiel. Zurückgereicht wurde er von der Security, bei der er sich auch brav bedankte. Sie spielten sich durch eine Setliste, welche sich über Jahrhunderte erstreckte, da er gewitzelt hatte, dass der eine Track scheinbar daher ist und er auch nicht mehr sicher weiß, ob es da wirklich um eine Frau ging. Bei To Hell or the Hangman interagierte er mit dem Strick, streckte ihn in die Höhe und hängte ihm seinen Gitarristen um den Hals. Das Publikum war von der ersten bis zur letzten Sekunde voll dabei! Gegen Ende des Gigs fand auch eine der Weinflaschen von der Stage den Weg zu einem Fan, sehr zu seiner Freude. Wer die Truppe noch nie live gesehen hat, sollte dies unbedingt zeitnah nachholen! Primordial sind in Natura noch einmal so viel geiler als auf Platte!

Den finalen Abschluss des Festivals durften Afsky bestreiten, welche schon sehr gespannt erwartet wurden. Die Truppe hat sich innerhalb kürzester Zeit einen hervorragenden Ruf erspielt, was auch das immer noch ziemlich volle Infield belegte. Von Beginn an schufen sie eine Atmosphäre, welche mit der toll abgestimmten Lichtshow und dem gezielt eingesetzten Nebel passend untermalt wurde. Eine minimalistische Performance, bei der von knüppelhart bis melodisch alles vertreten war. Auch liebe ich es ja, die Emotionen in den Gesichtern der Musiker zu sehen. Dabei kamen sie auch ohne jegliche Publikumsinteraktion aus, welche aber hier weder nötig war und auch nur die tolle Stimmung zerstört hätte. Mit ihrem schnörkellosen Auftritt konnten sie absolut überzeugen und nahmen sich nach dem Gig auch noch die Zeit, Alben und sonstiges Merch von der Bühnenkante aus zu signieren. Was für ein passender Abschluss eines fantastischen Festivals. Dankeschön dafür!

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Somit ging auch dieses Dark Troll Festival zu Ende. Was für drei tolle Tage mit einem Billing welches mir persönlich sehr getaugt hat. Meine Highlights am letzten Tag waren, wie jetzt nicht anders zu erwarten, Vanaheim und Primordial. Diese beiden haben einfach die Bühne zerlegt. Aber so richtig. Die größte Überraschung allerdings waren Nalar, welche mich mit ihrer Art und Weise nicht alles so ernst zu nehmen definitiv zum Schmunzeln gebracht haben. Dazu noch die einwandfreie Musik… Das Gesamtpaket passte! Aber auch Afsky muss ich hier lobend erwähnen, denn was die zu später Stunde hier noch abgeliefert haben, Respekt! Generell empfand ich den Samstag als den stärksten Tag, aber das ist natürlich wieder rein subjektiv. Auch ein großes Dankeschön an alle Beteiligten, egal ob Veranstalter, Security, Crew, Bar oder Sound. Ihr habt einen tollen Job gemacht! Dankeschön! Ich freue mich schon auf nächstes Jahr und werde bis dahin noch etwas in Erinnerungen schwelgen und noch kurz den Kollegen das Wort überlassen.

 

 

Kommentar von Maximilian:

In zwei Punkten möchte ich der lieben Steffi zustimmen: erstens die positive Überraschung durch Nalar und der leichte Wermutstropfen über Heidevolk.

Zuerst zu unseren Opener Nalar. Die Performance des Sängers bestimmt häufig den Gesamteindruck auf die gesamte Band für den Zuschauer. A.A. Nemtheanga von Primordial oder Ghaal (Ex-Gorgaroth) von Gaahls Wyrd sind für mich gute Beispiele für Bühnenpräsenz und beeindruckende Performance. Der Sänger von Nalar beweist auch eine ganz eigene Präsenz, aber nicht durch eine kalte Ausstrahlung, maskuline Erscheinung (und Verhalten) oder eine kreative Aufmachung, sondern durch seine ganz eigene Art. Ich bekam das Gefühl, der Sänger spürt die Musik und versucht ihr durch Bewegung Ausdruck zu verleihen, wobei sein Bewegungsrepertoire aus fließenden Bewegungen besteht. Wie eine Weide in Jeansjacke verbiegt er sich auf der Bühne. Unterbrochen wird es von (gefühlt) spontanen Witzen und humoristischen Einlagen. Das alles zusammen hat meinen Fokus auf den jungen Mann gezogen.

Heidevolk ist, wie bereits von Steffi erwähnt, ein Garant für einen guten Abend. Die Band hat eine solide Setliste, die gut mitgesungen werden kann und das gewisse Bewegungspotenzial hat. Tolle Voraussetzung für viel Spaß vor der Bühne. Dabei verzeihen ihnen die Fans auch ihre zeitweilige Bewegung in den Power Metal-Sektor und gruselige Hirsche mit Teleskophälsen in ihrem Musikvideo zu Wolf in my Heart. Aber ich fand den Auftritt auf dem Dark Troll etwas fade. Trotz Moshpit und viel Bewegung, hatte ich danach einen seltsamen Beigeschmack. Irgendwie fehlt der Band eine gewisse Kante und auch der Kontrast im Gesang fehlt. Mit zwei Sängern, die einen soliden Job erledigen, wäre es gut möglich Kontraste zu setzen und den Liedern damit mehr Tiefe zu geben. Trotzdem freue ich mich auf ihren nächsten Auftritt und auf die damit verbundenen Party.

 

 

Über Steffi 204 Artikel
Fotografin und Schreiberling. Seit Frühjahr 2022 dabei, bin ich bevorzugt auf kleineren Festivals und Veranstaltungen im Bereich Pagan, Viking und Folkmetal, soweit atmospheric Black Metal und Melo Death unterwegs. Zu meinen Lieblingsbands zählen unter anderem Vanaheim, Cân Bardd und Dark Tranquillity.

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