Festivalbericht: Mahlstrom Open Air 2025 – Samstag

Der Samstag, so viel sei vorab zu verraten, der hatte es in sich. Auf dem Mahlstrom Open Air durften wir uns vieler guter und bekannter Bands mit großartiger Stimmung erfreuen, sowie neue und kleinere Acts kennenlernen. Dabei war eines schnell klar, der Tag hatte einen starken Pagan und Black Metal Einschlag. 
 

Wanderung mit Precipitation

Der Samstag begann wie gewohnt um 10 Uhr mit einer Wanderung, auch dieses Jahr pilgerten, in der Hitze, Dutzende Besucher zur nahegelegenen Grillhütte Horhausen, um dort einem, zweiten, Auftritt von Precipitation zu lauschen. Wie auch 2019 spielte die Band aus Babenhausen am Mittag, in prallem Sonnenschein, ein Akustikset. Auf ihrem Album, The Flower of … vertont die Band ihre Metalsongs in akustischem Gewand und bringt diese auch auf die Bühne, und schaffte es, wie man hörte, eine Rekordzahl an Besuchern mit auf die Reise zu nehmen. Angesichts der Temperaturen in der Sonne drängten sich die Besucher in den Schatten der Bühne, und ein Besucher suchte sich sogar einen Platz oben in einem der Bäume, um dort einen besonderen Blick auf die Bühne zu erhaschen, und eine kleine Gruppe spielte vor der Bühne sogar Flunkyball. Neben den eigenen Songs gab es zur Überraschung auch noch einige Akustikversionen von Rudolph, dem Projekt von Sänger Jan.

Sarkh

Der Samstag des diesjährigen Mahlstrom Open Air wurde auf der Bühne Sarkh eingeleitet. Mit ihrer ganz eigenen Mischung aus Post Rock und Alternative Metal, die auch den ein oder anderen Ausflug Richtung Stoner Rock und Doom nicht scheute und teilweise fast ans Psychedelische grenzte, wurde dem geneigten Publikum hier eine kleine Atempause genehmigt. Tiefdrückende Hitze, von den spärlich gesäten Schattenplätzen aus der Blick auf die Bühne und langsam über den Herthasee gleitende Paddelboote, und über allem lag die atmosphärisch dichte musikalische Decke der „Band ohne Sänger“. Mancher fand, dass der Timeslot zur Mittagszeit in brütender Hitze oft nicht der Atmosphäre und Emotion der Musik gerecht wird; für andere entstand in Szenen wie der beschriebenen ein gewisser Grad an Surrealität, der seine ganz eigene Qualität entfaltete. Ob der Slot nun ideal war oder nicht, irgendjemand muss ihn doch füllen, und Sarkh taten dies in besonderer Weise. Mit starken Gefühlen und einem hingabevollen Auftritt schafften es die Musiker, Teile des schon recht gut gefüllten Infields sichtlich zu berühren. Ihre Mischung aus Post-Rock à la Mogwai und Post-Metal ließ keine Party, kein Moshpit oder ähnliches zu, doch eher ein Ergreifen seiner eigenen Innenwelt. Dafür brauchte es nur die Musik selbst, keine Show; alles andere wäre auch unpassend gewesen. Und was dem sehenden Auge, und irgendwann natürlich auch den hörenden Ohren, am deutlichsten auffällt, ist eben die Tatsache, dass sie ohne Sänger auskommen. Die Instrumente selbst stellen die Stimme der Emotionen dar, wie es tatsächlich nur recht wenige Band schaffen. Wer braucht Worte, wenn sich doch so deutlich ausgedrückt wird? Ein großartiger Einstieg in den letzten Tag dieses Festivals.

Blodtåke

Die Oberhausener Band Blodtåke knüpfte atmosphärisch an ihre Vorgänger an, wenn auch mit einem anderen genretechnischen Ansatz. Eine Mixtur aus Black Metal und Elementen des Death und Doom Metal kreierte eine doch interessante Darbietung, die zwar klassisch daherkommt, aber nichts von dem vermissen lässt, was Fans dieser musikalischen Richtung grundlegend schätzen. Mit dem Fokus auf die richtige Umsetzung vor allem ihres bisher einzig veröffentlichten Werkes Nativity of Ashes (2019) war kein besonderes Gehopse oder Showgetue möglich und schon gar nicht nötig. Im Black Metal ist es meist der Standard, für alle anderen vielleicht etwas langweilig, aber im Grunde braucht es auch nicht mehr. Von daher konnten Blodtåke das Publikum auch so anregen und eine solide Dreiviertelstunde bieten.

Setlist: Godforsaken I // Absolution Denied // Discarded // Solitude // Kaamos // Elapsed // Hope

Spere

Mit Spere fand die Black Metal-Delegation unter den Besuchern einen weiteren sehr spannenden Auftritt auf der Bühne vor dem Herthasee. Für viele war die Vorfreude sichtlich groß, da die Formation aus dem Kopf der bekannteren und beliebten deutschen Black Metal-Band Horn und dem Schlagzeuger von Halphas, der unter anderem auch schon bei den großen Nocturnal gespielt hat, besteht. Das weckt natürlich gewisse Erwartungen, sodass sich trotz der Hitze und des Zeitslots eine erfreuliche Menge an Menschen vor der Bühne eingefunden hatte. Von der aus es dann auch direkt fachgerecht los schepperte. Mit kehligem Gesang und ordentlichem Geschrei, wie es bei Horn für manche dann doch zu selten vorkommt, kantigen Riffs und mehr als nur solider Schlagzeugarbeit wurde sich durchs Set geprügelt, während bereits ab dem zweiten Song die ersten Köpfe propellerten. Eingerahmt lediglich von ein paar Öllampen und dem Banner der Band, konnten sich Stimm- und musikalische Gewalt sowie die immer wieder faszinierende Bühnenpräsenz der Musiker mühe- und kompromisslos entfalten. So scheint es auch nur angemessen, dass sich der Platz vor der Bühne während der Show sehr schnell sehr eindrucksvoll füllte und tatsächlich auch so gut wie niemand stillzustehen schien. Bisherige Erfahrungen und berechtigte Erwartungen wurden hier definitiv erfüllt. Vor allem ist es ein sehr interessantes Konzept, Musik, für die es nur einen Schlagzeuger, eine Gitarre und Gesang benötigt, nicht nur zu schreiben, sondern auch live zu performen. Sehr selten trauen sich Duos auf die Bühne, im Falle von Spere wurde jedoch gezeigt, dass es möglich ist, auch in reduzierter Besetzung die Fans abzuholen.

Morgarten

Aus der französischen Schweiz kamen sodann die Folk Metaller von Morgarten zu ihrem Auftritt. Und wie wir schon aus Erfahrung sagen können, bringen diese immer wieder beste Stimmung mit. So auch hier geschehen, eine Show für Jung und Alt, für so ziemlich jeden Geschmack, der auf diesem Festival vertreten war. Auch zu den Songs, die einen stärkeren Black Metal-Einfluss aufweisen, tanzten und rannten Kinder mit ihren Kopfhörern durch die Gegend und auch die Alten ließen sich von der Stimmung und den Ansagen des Sängers animieren. Als Resultat wurden Köpfe durch die Hitze geschleudert, kleine Moshpits gestartet und entsprechender Lärm auch vor der Bühne produziert. Mit dieser wunderbaren Mischung aus Folk und Black Metal, sichtlich talentierten Musikern mit viel Spaß an der Sache und viel Abwechslung wurde der Auftritt von Morgarten also sicherlich für viele zu einer sehr willkommenen Abwechslung im Line-up des diesjährigen Mahlstrom Open Air.

Trold

Als hätte man gewusst, wie schön es wird, so ging es stimmungstechnisch direkt nahtlos weiter mit der dänischen Band Trold aus Midtjylland, die ihren ersten Auftritt in Deutschland auf dem Mahlstrom spielten. Die noch recht junge Formation hat bereits zwei hochqualitative Alben rausgebracht, deren Material in Form von astreinem, klassischen Folk Metal für eine Stunde dargeboten wurde. Man erkennt den Unterschied zum Black Metal beziehungsweise anderen Bands: hier werden Emotionen und Spaß nicht versteckt, weder auf noch ab der Bühne. Die Partystimmung trotzte zu großen Teilen der starken Hitzestrahlung und dem einsetzenden Unwetter mitsamt genug Regen für alle drei Festivaltage (Klimawandel lässt auch vom Mahlstrom grüßen). Fäuste wurden geschwungen, mitgeschrien, getanzt und gerannt. Technisch stellenweise anspruchsvoll, doch immer sauber und sehr harmonisch lieferten die Dänen eine Show ab, die sich nicht nur sehen lassen kann, sondern ihnen sicherlich mit der Zeit eine Reputation geben wird, die sie öfter zu uns bringen wird.

Firtan

Es ist immer so eine subjektive Sache mit den Highlights von Festivals. Aber für viele Besucher gehörte die deutsch-österreichische Black Metal-Formation Firtan sichtlich dazu. Seit ihren ersten Releases Wogen der Trauer und Niedergang vor über zehn Jahren ist die Band aus dem deutschsprachigen Black Metal nicht mehr wegzudenken. Warum das so ist, wird jedem Hörer des Genres deutlich bei angemessener Auseinandersetzung mit den Alben, aber auch live schaffen sie es, immer wieder zu überzeugen, neue Fans zu gewinnen und doch auch die ein oder anderen Emotionen zum Vorschein zu bringen. Naturgebundene, romantisch und teils philosophisch anmutende Texte treffen auf eine Instrumentalisierung, die durch großartiges Songwriting eine breite Pforte zu einer atmosphärischen und hochemotionalen Auseinandersetzung mit dem Sein öffnet.

Firtan kommen ohne große Show oder Ansagen aus, sondern vermitteln die Stimmung allein durch ihre Musik, auch bei Zeiten des Sonnenscheins wie hier auf dem Mahlstrom, welche nicht zwingend passen, aber auch nichts der besagten Stimmung entreißen, was eine Beobachtung ist, die nur auf sehr wenige Bands dieses Genres zutrifft. Dabei kommt den Musikern auf der Bühne eine entscheidende Rolle zu, denn diese müssen bei ihrer selbst auferlegten Erwartung zwar kein Showgehopse hinlegen, doch zusammen harmonieren und das Gesamtbild schärfen, das der Festivalbesucher sieht und hört. Dabei schafft es die Band, genau diese Harmonie zu kreieren, welche das angemessene Erleben ihrer Musik vor der Bühne erst möglich macht. Neben den klassischen Instrumenten ist es vor allem auch die Violine, die dabei einen großen Mehrwert darstellt, statt diese nur im Hintergrund laufen zu lassen. Mit L.G. schaffte es auch der Sänger von Ellende vor seinem eigenen Auftritt auf die Bühne, um den Song Wermut hoch am Firmament zu komplettieren, auf welchem er auch im Studio seinen Gesang beigesteuert hatte.

Es zeigte sich also ein Auftritt, der sich nicht durch das Äußere, sondern durch die Umsetzung der Atmosphäre auszeichnete und dahingehend für viel Begeisterung im Publikum sorgte.

Setlist: Hrenga // Wermut hoch am Firmament // Nacht verweil // Fadir // Arkanum // Zores // Amor Fati // Purpur // Wogen der Trauer

Ellende

Dass Österreich die Heimat einiger großartiger Künstler aus dem Black Metal-Bereich ist, sollte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Einer ihrer besten Vertreter durften wir auf dem diesjährigen Mahlstrom mitbestaunen. Ellende – das ist nicht nur ein Ausdruck musikalischen Schaffens, nein, allem voran ist es ein Gefühl. Ein solches, dass sich sicherlich in dieser Form nirgends sonst finden lässt. Aus dem schönen Graz kommend brachten sie den Besuchern des Festivals eine ganz eigene Interpretation von atmosphärischem Black Metal und auch hier ohne großartige oder übertriebene Showelemente. Denn wie viele andere Bands auch lebt die Musik nur dann, wenn die Emotionen, die mit ihr thematisch einhergehen, gefühlt werden. Die Musiker um Chef, Studioinstrumentalist und Sänger L.G. atmen, verkörpern, in ihrer Rolle als Instrumentalisten, aber auch durch ihr Outfit, das, was hinter Namen und Konzept steckt. Durch Ansagen, die hauptsächlich der Anerkennung des Publikums dienen, wurde dasselbige auch auf dem nicht-musikalischen Weg einbezogen, in einem Rahmen, der sehr vertretbar erscheint für das, was Ellende verkörpert. Unter Berücksichtigung der starken Gefühle, der dieser Auftritt (wieder einmal) bei einigen Fans ausgelöst hat, lässt sich von einem sehr wertvollen Programmpunkt sprechen, der, wie so oft, schlicht selbst erlebt werden sollte, um in Gänze verstehen und erleben zu können, was eben jene Emotionen durch Musik hervorbringen können.

Setlist: Ballade auf den Tod // Der Blick wird leer // Freier Fall // Der letzte Marsch // Hand aufs Herz // Meer // Verachtung // Abschied

Heidevolk

In den über 20 Jahren ihrer Existenz haben sich Heidevolk sicherlich zu einem der beliebtesten Live-Acts im Bereich des Folk Metals entwickelt. Was sicherlich auch ein Stück weit an der Show liegen dürfte. So gab es auch auf dem Mahlstrom nicht nur ein paar dezente Wölkchen, sondern gleich ganze Nebelwände – zur Begrüßung, an passenden Stellen der jeweiligen Songs, und manchmal vielleicht auch einfach so zwischendurch. Auch für die Lichtshow wurden hier, insbesondere im Vergleich zu den vorangegangenen Bands, die großen Geschütze aufgefahren:  Die Bühne wurde abwechselnd in heroisch-goldenes, flammend oranges, waldgrünes oder auch mal pinkes Licht getaucht, hinzu kamen wandernde Spots, die sich ebenfalls durchs Spektrum des Regenbogens tanzten. Trotz der aus Minimalistinnen-Sicht recht dick aufgetragenen Showelemente war das aber alles andere als ein unausgewogener Auftritt. Denn Heidevolk haben nicht nur eine optisch intensive Show, sondern vor allem auch wirklich, wirklich Bock. Das sieht man ihnen an, und das übertragen sie auch aufs Publikum – welches sich auf dem Mahlstrom nur zu gerne mitreißen ließ. Ob Fäuste heben, Haare schütteln, hüpfen oder schwungvolle „Hey-Ya!“-Rufe: was ebenso gutgelaunt wie nachdrücklich von der Bühne gefordert wurde, wurde nur zu gern gemacht. Auch der zwei-Mann-Moshpit, den ich bereits ab der ersten Takte von Heidevolk beobachten konnte, blieb nicht lang der einzige (aber definitiv der hingebungsvollste und ausdauerndste. Vom ersten bis zum letzten Ton, ohne Pause, selbst, als man sich zutiefst bewegt in die Arme fällt – Respekt, Jungs!).

Im Sinne eines ausgewogenen Bildungsprogramms wird aber nicht nur musiziert und gesportelt, sondern auch informiert: So dürfen wir mit der Band die Rückkehr des Wolfes in die Niederlande feiern („this won’t be the last time we celebrate that“), bevor passenderweise Wolves in our hearts erklingt. Mit Sachsenland folgte die nächste Stufe der Eskalation fürs Publikum, das man mittlerweile als eine geschlossene moshende und tanzende Menge betrachten konnte. Nach Drinking with the gods schloss das Set, natürlich, mit Vulgaris Magistralis, bevor zum Abschied die Setliste zum Papierflieger gefaltet und ins begeisterte Publikum geworfen wurde.

Obscurity

Musikalisch doch ein gutes Stück anders als der vorherige Act, in Sachen Beliebtheit und mitreißender Wirkung aufs Publikum aber definitiv ebenbürtig, traten zum finalen Abriss Obscurity an. Auch hier ein Auftritt, für den, nicht im negativen Sinn, gilt: Bestellt wie geliefert. Natürlich sind Obscurity Performer, die ihre Instrumente (und Stimmen) ebenso gut beherrschen, wie ihr Sänger die Rolle der Rampensau, und natürlich kamen da auch bekannte Songs, aber das ist nichts Schlimmes. Einem Konzept, das nach so vielen Jahren der Bandhistorie immer noch so viele Menschen überzeugen und mitreißen kann, darf man guten Gewissens applaudieren. Und langweilig wurde es definitiv nicht – neben dem mehr als solidem „Auf die Fresse“-Metal, den die Band lieferte, waren da ja auch noch Agalaz‘ Ansagen. Die durchaus zu einer gewissen Verwirrung führen konnten, wenn man sie aufgrund der sympathisch grölenden bis jubelnden Menschen um sich herum nicht komplett verstanden hatte („Waaaaaas hat der gesagt?“ – „Irgendwas mit Hecht und Lörres!“).

Ein weiterer Moment des Rätselratens traf dann wohl den Menschen, der mit der Ansage von Bergischer Hammer betraut wurde; mit ein bisschen freundlicher Unterstützung klappte es aber, und so konnte dann auch der Song gefeiert werden, den die meisten Leute zentral mit Obscurity verbinden dürften. Doch auch ein neuer Song wurde präsentiert, mit Erik von Manegarm – der an diesem Abend allerdings nur in Form eines Samples „auf der Bühne dabei“ war, weil es doch etwas teuer gewesen wäre, ihn extra einzufliegen, wie uns erklärt wurde. Aktive Publikumsbeteiligung stand anschließend nochmal bei 793 im Zentrum – und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn hier durfte eine signifikante Gruppe an Fans und Helfern sich die Bühne mit Obscurity teilen und den Song zusammen mit ihnen feiern. Den Abschluss bildete Naglfar, bevor Obscurity ihre Fans wahlweise auf die After-Show-Party, oder ins Bett entließen.


 

Zu Ende gab es natürlich wieder einmal eine schöne After-Show-Party, um sich am letzten Festivaltag nochmal angemessen vom Mahlstrom Open Air 2025 zu verabschieden und sich sicherlich schon mal zu freuen auf das, was uns nächstes Jahr wieder erwarten wird. Wir werden dabei sein.

 

 

Bericht: Michi, Tanja
Bilder: Matthias, Roksana

 

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