Das seit 2019 existierende Metal Gods – Open Air geht in die 4. Runde und findet wiedermal auf dem Gelände des Weiß-Blau Waldesruh, einem lokalen Fußballverein am Rande Berlins, im verschlafenen Waldesruh, statt.
In einem kleinen ruhigen Waldgebiet mit angrenzenden kleinen Gartengrundstücken befindet sich das Festivalgelände neben dem Fußballplatz des Vereins. Es gibt eine Bühne, zwei Bier- und Getränkewagen, sowie einen Merchandise und mehrere Fressbuden. Alles befindet sich in Sichtweite zur Bühne und wirkt im Vergleich zu anderen Fesivals eher minimalistisch. Dies gilt jedoch nicht für die Qualität der Veranstaltung, wie ich aus früher Erfahrung weiß, da ich bereits beim ersten Festival 2019 mit dabei sein durfte. Gebucht sind vorrangig lokale deutsche Bands, die Spanne des Billings reicht jedoch auch bis nach Schweden und Großbritannien. Geplant sind je sechs Bands pro Tag mit 40 bis 60 Minuten Spielzeit.
Organisiert wird der ganze Spaß vorrangig von Sven Rappoldt, dem Betreiber der Rockkneipe „Rock Cafe Halford“ in Berlin und seinen Mitarbeitern. Ihm selbst wird als Judas Priest Enthusiasten auch der Beiname „Rob II“ in Anlehnung an den Judas Priest Sänger und Metal God Rob Halford gegeben.
Er selbst lässt es sich dann auch nicht nehmen, das Festival selbst persönlich von der Bühne aus zu eröffnen und auch jede Band selbst anzukündigen, sowie kleine Gewinnspiele zu veranstalten, dazu später mehr. An diesen zwei Tagen, die ganz im Zeichen von metallischen Klängen, von Retrorock bis Death Metal stehen, wird alles dabei sein, vom Kampf gegen die lähmende Hitze von über 36°C bis zum Headbangen unterm Regeschirm. Aber beginnen wir von vorn.
Es ist 16 Uhr und die Berliner Way 2 Far wollen uns mit ihrem keyboardgestützten Melodic Progressive Metal warmrocken. Ein kleines schwarzes Backdrop mit weißer Schrift und ein mit Rosen und Totenkopf bestückter Mikroständer zieren die Bühne.
Das vorrangig ältere Publikum hält die Stellung auf den beschatteten Bierbänken, aber auch vor der Bühne finden sich bis zu 20 Interessierte und bereiten den fünf Charlottenburger Rockern einen angemessenen Empfang. Frontfrau Heike und ihre Bandkollegen sind gut gelaunt und rocken uns quer durch das Material ihrer drei Alben, wobei sich das neueste Mitglied Viktor am Bass besonders spielfreudig zeigt. Zum Mittelteil des Sets gibt es eine kleine Bühnenshow-Einlage von Sängerin Heike mit sphärisch schwingenden goldenen Engelsflügeln zu orientalischen Keyboardklängen. Das bereits erschienene Publikum dankt es der Band mit motivierenden „Hey“-Rufen im Chor mit ausgestreckten Fäusten. Insgesamt ein sehr solider Einstieg zu einem angenehmen Festival.
Nach einer kurzen Umbaupause wird durch Fatal Embrace eine deutlich härtere Gangart eingeschlagen. Das martialisch wirkende Banner mit blutigen gekreuzten Schwertern vor einer Teufelsfratze unter dem roten Bandlogo, kündigt uns derben Thrash Metal an. Die seit 1993 aktiven Berliner zeigen sich trotz Verzögerungen durch Probleme beim Soundcheck locker und gut gelaunt. Es füllt sich das Feld mit Besuchern und man merkt schnell, die Leute vor und auf der Bühne sind hier, um Spaß zu haben. So scherzt Sänger Heiländer viel mit den Bandkollegen und überspielt Unzulänglichkeiten mit seinem ganz eigenen Humor („Mit über 60 ist halt nicht mehr alles so einfach“). So wird z.B. eine Ballade zum Feuerzeug rausholen angekündigt, um dann Bon Jovis Bed of Roses mit brachial schnellem Gethrashe zu zermürben. Neben Songs wie Criminal Scum und Slaughter to Survive zeigen sie so auch Liebe zu seichteren Tönen.
Auch wenn wegen des Zeitmangels nicht alle Songs abgefeuert werden können, lassen sie einen lockeren und souveränen Auftritt sehen und mit Foolish Pride sogar brandneues Material hören. Zum Abschluss gibt es sogar noch eine Hommage an verstorbene AC DC – Mitglieder indem man dem Hard-Rock-Klassiker Whole Lotta Rosie flux ein Thrash-Gewand inklusive Rückkopplung überstülpt.
Es bleibt derbe, was die Musikauswahl angeht, denn gegen 18 Uhr betritt das Dresdener Trio Panzerkreuzer die Bühne. Ein schwarzes Backdrop ziert die Bühne, das den Bandnamen, eingefasst in 2 Kanonenrohre, zeigt. Mit ihrem Bolt Thrower ähnlichem Death Metal ballern sie uns 30 Minuten die Rübe dicht. Leider verzögert sich auch bei ihnen das Set wegen Problemen beim Soundcheck. Der Spielfreude der sympathischen Sachsen tut es jedoch keinen Abbruch, man bedankt sich zwischendurch beim Publikum, das mittlerweile das Feld füllt und freut sich über die geile Location, fordert zum Biertrinken auf und widmet This War ain’t over sogar einem Fan in der ersten Reihe. Mit sieben Jahre Krieg stellt Frontmann und Bassist Markus sogar örtlichen Bezug zu „Preußen“ her und genießt die Aufmerksamkeit und Bierlaune der Berliner Fans. Auch hier muss das Set leider gekürzt werden und so bleiben Carnivore und das Sodom-Cover Ausgebombt leider ungehört.
In der kommenden Umbaupause gönne ich mir einen Burger am Foodtruck. Dabei laufe ich der gesamten Besetzung von Way 2 Far in die Arme, die sich hier ebenfalls eine Stärkung gönnt. Diese Begegnung zeigt exemplarisch das Schöne an diesem minimalistischen Festival: man kann keine 2 Meter gehen ohne über irgendein Bandmitglied zu stolpern, sei es am Merch, am Bierstand oder den Fressbuden, alle sind gleich und müssen sich für die selben Dinge anstellen. So kommt man gut ins Gespräch und lernt neue Leute kennen.
Kurz nach 19 Uhr geht es dann weiter mit der Hildesheimer Band Lankester Merrin, die leider nach fünfstündiger Fahrt noch auf den berüchtigten Berliner Feierabendverkehr getroffen sind und somit schon Probleme bei der Anreise hatten, wie mir Gitarrist Florian später in einem kurzen Gespräch mitteilt. Auch nach dem Soundcheck schleichen sich Komplikationen beim Bühnensound ein, sodass die Ansagen von Frontfrau Cat Rogers immer wieder für technische Korrekturen unterbrochen werden müssen.
Trotz aller Widrigkeiten können die fünf mit düsterem Melodic Heavy Metal, und 2 Alben im Gepäck bei ihrem heutigen Berlin Debut punkten und die Festival Crowd für sich gewinnen. Songs wie Dragons Kingdom, Perfect Illusion und Ride the Storm sorgen für rhythmisches Klatschen, das wegen der hohen Temperaturen zwar recht verhalten ist, aber zu Bone Tomahawk können sich die Berliner immerhin zum Mitsingen animieren. Beim abschließenden My Journey gibt es noch eine schöne Poser-Einlage der Gitarrenfraktion, die zeitgleich von Cat Luft mit einem Handtuch zugefächelt bekommt, die Spielfreude leidet also nicht unter den Problemchen, die diese Performance begleiten. Insgesamt ein schwieriger Auftritt für die neuen Gäste, den sie aber professionell abgeliefert haben, und die gerne wiederkommen wollen. Nächstes Mal aber mit intaktem Gitarrenkabel.
Bevor die Co-Headlinder nun auf die Bühne kommen, hat Veranstalter Sven noch eine kleine Verlosung in petto. Wer seine Fragen richtig beantwortet, bekommt das Freedom Call Live–Album Metal mehr oder weniger von der Bühne aus an den Kopf geworfen. Dabei geizt Sven nicht mit seiner Freigiebigkeit, denn es gibt die Sachpreise in mehrfacher Ausführung: sowohl das Digipack, die Box oder die LP zu gewinnen. Auch ich kann mich nach dieser kleinen Quizeinlage als Besitzer der Vinyl-Ausgabe glücklich schätzen.
Nach dieser kleinen Auflockerung des Programms gibt’s jetzt Hamburger Glam Metal von Night Laser auf die Ohren.
Die vier kecken Jungs aus Hamburg spielen ebenfalls ihr Berliner Debüt und gehen mit bisher drei veröffentlichten Alben an den Start. Die Temperaturen sinken mittlerweile ein wenig, sodass sich mehr Publikum als bisher vor der Bühne einfindet. Sänger Benno zeigt sich agil und flitzt motiviert zwischen den drei anderen Bandmitgliedern hin und her. Mit ihren Songs wie Street King, Power 2 Power, Prime Ministier of Rock and Roll bieten sie eine stimmungsvolle Mischung aus Rock und Glam Metal, der hin und wieder an Tankard erinnert, schieben aber auch spaßeshalber die Balladen Keep this love alive und Wrecked ein. Während des Gigs turnt der Sänger unter anderem auf Boxen vor der Bühne umher und kurz vor Schluss auch im Publikum herum, das ihn dafür enthusiastisch abfeiert. Da wir nun erfolgreich Zeuge ihres Auftritts wurden, verleiht er uns noch die Würde uns ab nun als „Laserheads“ bezeichnen zu dürfen und stimmt den gleichnamigen Track an. Insgesamt auch ein gelungener Auftritt, der jedoch auch nicht ohne technische Probleme der Gitarrenfraktion auskommt.
Mittlerweile wird es angenehm kühler und dunkler auf dem Gelände und wir streben nun dem letzten Gig und damit dem Headliner entgegen. Screamer aus Schweden betreten 21:40 Uhr die Bühne vor einer gut gelaunten zahlreich erschienen Crowd. Mit ihrem fünften Album Kingmaker im Gepäck geben sie einen guten Abriss ihrer bisherigen Diskographie über Kingmaker, Traveler, Shadowhunter, Highway of Heroes aber sogar Tracks der ersten beiden Alben bei denen Andreas Wikström noch nicht am Mikro stand, finden sich mit Can you hear me und Phoenix in der Setlist, was mich als Fan der ersten Stunde natürlich freut. Auch der Neuzugang Jonathan Aagaard Mortensen an der Gitarre fügt sich gut in die Kombo ein. Das Berliner Festivalpublikum lässt sich sogar zu einem launigen kleinen Moshpit der guten Laune hinreißen. Ein Auftritt mit gutem Sound, viel Nebelanlage und netten Lichteffekten, der in einem lang nicht mehr gehörten Montecarlo Nights als Zugabe seinen Abschluss findet, geht mit einer souveränen Show zu Ende und beschließt einen sehr schönen Festival-Freitag.
Ein sehr objektiver Bericht. Gut und ohne Schnörkel geschrieben wo es, in meinen Augen, nichts hinzuzufügen gibt. Vielen Dank!
Gruß Roland