Am 3. September diesen Jahres, fand die sechste Edition des Raus ausm Keller Festivals statt, auf der Bürgerhauswiese in Egelsbach, Südhessen. 13 Bands, 13 mal Fun und Spaß in einer sehr gut organisierten Umgebung. Bevor ich aber über die Bands berichte, will ich ein paar Worte über das Drum-Herum verlieren. Bei einem Festival ist dies fast wichtiger, als das Line-Up. OK, wenn keiner der Musiker den eigenen Musikgeschmack trifft, dann sollte man lieber fern bleiben, aber davon gehen wir nicht aus. Das Raus ausm Keller oder kurz RAK hat ein familiäres Flair. Klein, fein, aber sehr professionell organisiert von Freiwilligen. Ein Kuchenstand mit großer Auswahl an leckerem, selbst gebackenem Kuchen, ein Döner Stand, welcher klassischen, Hühner- und vegetarischen Döner im Angebot hatte. Mit der richtigen Soße wurde aus dem vegetarischen sogar ein veganer Döner. 2019 angefangen mit einem kleinen Stand auf dem RAK, was damals nur ein Versuch war, ist das Konzept mittlerweile so erfolgreich, dass der Stand doppelt so groß geworden ist. Außerdem gab es überdachte Bierbänke, wo sich Musiker und Fans zu einem Plausch, Bier oder Essen treffen konnten. Oder um mal eben Vorstandswahlen abzuhalten, wie geschehen durch den SchallMAGNET e.V, welcher das Traffic Jam organisiert. Nicht zu vergessen ist auch die Tischtennisplatte, auf welcher zu Beginn noch Tischtennis gespielt wurde. Dann aber war sie Austragungsort der RAK Bierpong Meisterschaft. Ein sportliches Bierevent, welches keine Wünsche offen ließ. Spannung, Bierspritzer, sich vor Freude in die Arme springende Rundengewinner, Humor von der Schiedsrichterin, gepaart mit der notwendigen Strenge. All dies ist Grund genug zum RAK zu gehen. Da sind die Bands eine schöne und angenehme Zugabe. Wie sehr, könnt ihr nach den Impressionen vom Festival lesen.
Wie es die Tradition verlangt, startete das Festival mit Schülerbands, dieses Jahr hatte Leem die Ehre das Festival zu eröffnen. Zusammen mit Silver Wave hatten sie 30 Minuten Zeit um zu zeigen, dass die nächste Generation an Bands in den Startlöchern steht und der Nachwuchs nicht ausgeht. Angeführt von einer Sängerin, ausgestattet mit einer wirklich tollen Stimme, konnten sie die paar Zuschauer, die sich schon eingefunden hatten, durchaus begeistern.
Silver Wave kam dann auch ohne großes Umbauen fast direkt auf die Bühne, sie behielten sogar den einen Gitarristen gleich. Es präsentierte sich hier ein gesangliches Duo, bestehend aus zwei jungen Frauen, von denen eine nebenbei auch noch Bass spielte. Sie beeindruckte aber vor allem mit ihrer Stimme, welche wirklich besonders war. Wie zuvor Leem spielten auch sie ein paar Cover Songs, in einer Art und Weise, die darauf hoffen lässt, dass man sie noch öfters auf der Bühne sehen wird.
Nach zehn Minuten Umbauphase ging es auch direkt weiter. Nun kam Missprint auf die Bühne, welche bei der letzten Edition, 2019, noch Teil der Schülerbands waren. Damals fand ich sie schon recht gut, aber man merkte noch, dass sie unerfahren waren und es einer ihrer ersten Gigs war. Was soll ich sagen, mittlerweile spielen sie keine Cover mehr, haben eigenes Material und man merkt, dass sie, trotz Corona, viel Erfahrung sammeln konnten. Wenn man beide Auftritte vergleicht, war es ein Unterschied wie Tag und Nacht zum Positiven hin. Clara springt gerne und oft wie ein Flummi über die Bühne, was es uns Fotografen nicht gerade einfach macht, sie einzufangen, und interagiert viel mehr mit dem Publikum. Randy lässt nun mit Freude die Haare fliegen, was damals auch an der Länge scheiterte. Dazu gab es noch zwei Besetzungswechsel am Bass und Keyboard, wobei hier Nülle Keyboarder und Gitarrist in einem ist. Auf jeden Fall ein sehr guter Auftritt, welcher gute Werbung war, die Band auch mal auf einem Konzert zu besuchen.
Als viertes kam dann Mind the Gaep. Ich hatte keine Ahnung, was mich hier erwarten würde, daher hätte ich nicht negativ überrascht werden können. Aber im Gegenteil, ich wurde sogar sehr positiv überrascht. Mit einer Rampensau als Sänger wurde hier geiler und ehrlicher Rock’n’Roll präsentiert. Mit Spaß ohne Ende, und einem Sänger, dem es richtig Spaß macht, auf der Bühne zu stehen und dies jedem zu zeigen. Aber nicht nur er, auch Gitarrist und Bassist stehen hier nicht im Schatten sondern sind genau so unterwegs. Hier kriegt man etwas für sein Geld geboten. Als ob ihre fünf jährige Pause von 2015 bis 2020 nie existierte.
Bei lokalen Bands hat man die Tendenz, sie in der lokalen Festivalsaison mehr als einmal zu sehen, so hier auch bei Thursday in March. Erst ein paar Wochen vorher auf dem Traffic Jam gesehen, waren sie mir bis Anfang des Jahres unbekannt. Was ich aber so im Nachhinein durchaus als Fehler ansehe. Hatten sie mir schon auf dem Traffic Jam sehr gefallen, hat sich hier der Eindruck verfestigt, auch wenn sie leider mit einem Gitarristen weniger antreten mussten. Das tat dem Auftritt aber kein Abbruch. Neben Sängerin Nessa, springen auch die anderen Bandmitglieder sehr ausgelassen, voller Energie und mitreißend über die Bühne. Wer Action auf der Bühne mag, gepaart mit gutem Rock, aber auch langsameren, eher melancholischeren Liedern, ist hier nicht verkehrt.
Farewell Spit sind auch eine Band, welche für mich nicht neu ist, da ich sie auf dem Open Doors Festival letztes Jahr gesehen habe und sie dort schon sehr gut fand. Besonderes anzumerken war, dass deren Schlagzeuger an dem Tag nicht konnte und daher Valentin von Apart from Us eingesprungen ist und dies sauber gemeistert hat. Auch war der Auftritt selber wie gewohnt sehr gut, hat Spaß gemacht, auch wenn Sängerin Alica nicht so viel Platz auf der Bühne hatte, wie auf dem Open Doors Festival, wusste sie wieder, diesen Platz voll auszunutzen und die Zuschauer mit ihren Gesichtsausdrücken in den Bann und auf die Lyrics zu ziehen. Eine Freude, dem ganzen zuzuschauen.
Nach dem es bislang relativ ruhig zu ging, kam nun mit Protagonoize die erste Hardcore Band des Abends. Und was soll ich sagen, sie waren dem Hardcore treu. Harte Riffs, harte direkte Musik und ein Gewusel ohne Gleichen auf der Bühne. Der einzige der einigermaßen an seinem Platz blieb, war der Schlagzeuger. Was ja aber relativ normal ist. Mich konnten sie auf jeden Fall überzeugen, auch wenn es ihr erstes Konzert überhaupt war. Da merkt man dann aber schon, dass es jeweils nicht die erste Band der Musiker ist. Action auf und vor der Bühne, das Publikum konnten sie mitreißen.
Mit Frau Ruth wurde es wieder etwas ruhiger, aber trotzdem noch rockiger. Für mich haben sie auch etwas gemeinsam mit Thursday in March, denn auch Frau Ruth konnte ich schon auf dem Traffic Jam live sehen, allerdings schon 2019. Damals wie hier auf dem RAK, wussten sie mit sehr solidem Rock und mit ihrem Auftritt zu überzeugen. Es wurde dazu viel getanzt und es gab dann auch einen „Springt mit uns gemeinsam hoch“ Moment.
Back to business. Gestärkt durch den frischen Bierpong Turniersieg von Schlagzeuger Sven und Bassist Flo, wurde hier die Bühne von Watch me Rise abgeräumt. Sven hat solch eine Energie, dass regelmäßig die Beckenständer umgekippt sind und ein Roadie auf die Bühne musste um wieder den Ursprungszustand herzustellen. Sänger Josh konnte kaum eine Sekunde still halten, sprang auf die Boxen welche neben der Bühne standen, von der Bühne runter ins Publikum oder kletterte die Aufbauten hoch. Da aber Watch me Rise keinen normalen Hardcore machen, sondern Emo Hardcore, gab es natürlich auch emotionale Momente, welches im letzten Lied gipfelte, als Sven ein Duett mit Josh gesungen hat. Eine der Hauptmessages der Band hat Sven auch auf seinem T-Shirt getragen: „It’s ok not to be ok“. Eine sehr wichtige Aussage, wie ich finde.
Rising Anger wurde als leidenschaftlich mit einer herzlichen Art angekündigt. Die Beschreibung war schon recht passend, war es doch eine ähnlich intensive Show wie die von Protagonoize, dies mal inklusive Mikro ins Publikum halten und „sollen die doch mal für mich ins Mikro rotzen“. Was auch dankend von vier Menschen aus dem Publikum angenommen wurde. Ein Auftritt, bei dem die Chemie zwischen den Musikern voll passte und der nur so nach dem Besuch von einem vollen Konzert schreit.
Langsam wurde es dunkel, langsam wurden die Acts größer. Als nächstes war Emmerich an der Reihe, Co-Headliner des Abends. Moritz Hammrich, eigentlich Sänger und Gitarrist der Band Blackout Problems, ist er hier mit seinem Nebenprojekt am Start gewesen. Gepaart mit viel Lust und Freude aufzutreten, gehörte auch dieser Auftritt zu denen, bei denen mindestens einer der Musiker auf der Bühne einfach nicht still halten konnte und quasi in Dauerbewegung war. Bis auf die Momente, in denen sich Moritz alleine hingestellt hat, nur mit seiner Gitarre und ein paar sehr nachdenkliche Lieder gespielt hat. Ich hatte ihn vorher so gar nicht auf dem Schirm, aber das war ein Auftritt, der auf der einen Seite sehr gut in das Festival passt, auf der anderen einer, der auch durchaus zum Nachdenken animiert hat. Hat Spaß gemacht und ich werde ihn im Auge behalten.
Dann kam der zweite Co-Headliner, die Punker von Rogers, welche mitten in ihrer 10 Jahre Rogers Tour waren. Ich kannte sie schon, hatte mich auch am Anfang des Tages ein bisschen mit Chri unterhalten, als er gemütlich neben den Tontechnikern saß, um den Schülerbands zuzuschauen. Gegen viertel vor zehn ging es dann los, groß aufgebaute Lichter ließen vorahnen, dass es ein großes Lichtspektakel werden würde. Und so was es auch, was des Fotografen Leid ist mit viel Gegenlicht, ist des Fans Freude. Sieht geil aus, ist schwer zu fotografieren. Ich dachte mir, „Challenge accepted“ und los ging es mit dem Titellied der letzten Tour, Mittelfinger für immer. Energiegeladen um dann gleich mit einem dazu passenden Song weiter zu machen, Einen Scheiss muss ich. Es ging auch gerade so weiter, mit viel Spielfreude und die Menge zum Pogen und Tanzen bringend. Recht witzig fand ich, dass Chri es irgendwie nicht so ganz hin bekam mit den Namen von Egelsbach oder dem Festival, sagte er doch auch mal Egelsberg oder Rock im Keller, Rock ausm Keller oder ähnliche Versprecher. Der Stimmung tat es keinen Abbruch. Auch Chris‘ Gitarre wollte dann zur Erheiterung der Zuschauer beitragen. Chri erzählte gerade etwas und plötzlich löste sich der Gitarrengurt und die Gitarre viel mit einem lauten „Klonk“ auf die Bühne. Kommentiert wurde dies mit einem „Da hat die Gitarre wohl keine Lust mehr gehabt. Habt ihr denn noch Lust?„, was natürlich mit lautem Gejubel bejaht wurde. Um 23 Uhr war dann Schluss, nach einer Zugabe von drei Liedern.
Setlist:
- Mittelfinger für Immer
- Einen Scheiss muss ich
- Zu Spät
- Mensch
- Alles für nichts
- Ganz nach oben
- GMNMADE
- Kreuzberger Nächte
- Wo immer du gerade bist
- Nachbarn
- Vergiss nie
- Wohin
- Intro + Nie euer Land (Zugabe)
- Allein (Zugabe)
- Einen letzten Band (Zugabe)
Aber damit war das Raus ausm Keller noch nicht vorbei, es kam noch Raum 27 als Aftershow. Eigentlich war das ganze als Akustik-Set geplant, aber es kam dann anders als gedacht und sie traten dann doch mit voller Band auf. Es wäre interessant gewesen, aber auch so war es recht cool. Hybrid-Pop war eine gute Bezeichnung, trotz der späten Stunde schafften sie es, die Zuschauer zu mobilisieren und mit ihnen das Festival zu feiern. Gleichzeitig war es auch ein reinfeiern für Tristan, da er am nächsten Tag Geburtstag hatte. Um Mitternacht enternten dann die befreundeten Jungs von Rogers die Bühne mit Alkohol im Gepäck um den Geburtstag zu feiern, was dann auch einen würdigen Abschluss vom Festival bildete und jeder konnte dann mit einem guten Gefühl nach Hause gehen und ich freue mich jetzt schon darauf nächstes Jahr wieder zum RAK zu kommen.
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