Für alle Fans des gepflegten melodischen Metalls gab es was ganz Feines auf die Ohren, denn die finnischen Melo-Deather Insomnium gingen auf große European Tour und machten hier auch am Sonntag, dem 03.12.2023, in Geiselwind in der Music Hall halt. Doch damit nicht genug, denn die beiden Supportbands schlugen in ähnliche Kerben. Mit Kvaen und In Mourning hatten sie damit ein wahrlich melodisches Päckchen geschnürt. Doch fangen wir mal direkt am Anfang an!
Als wir kurz nach 19.00 Uhr an der Halle ankamen, war die Einlassschlange echt überschaubar und wir waren zügig im Warmen. Drinnen bestätigte sich dann unser Eindruck, dass relativ wenig Karten verkauft wurden, denn die wunderbare Empore, welche sich oben rundum erstreckt, war abgesperrt. Auch sonst war noch ziemlich wenig los. Sehr schade, meiner Meinung nach, aber irgendwie leider auch absehbar. Mit drei Locations und Geiselwind sowohl terminlich als auch geografisch in der Mitte, waren anscheinend Frankfurt und Nürnberg eine zu große Konkurrenz.
Pünktlich ging es dann aber mit den schwedischen Melodic-Black-Metallern von Kvaen los. Den Anfang machte ein ruhiges, wunderbar melodisches Intro, während dessen die einzelnen Musiker nach und nach die Bühne betraten. Was danach kam, sprach für sich, denn die Genrebeschreibung passt relativ gut, auch wenn immer mal kleine Ausbrüche aus der Schublade unternommen wurden. Black Metal mit seinen typischen Riffs wurde uns um die Ohren gehauen, fast immer von einer wunderbaren Melodie getragen, mit der sie keine Mühe hatten, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Leider fiel zu Beginn kurz das Mikro aus und auch sonst gingen die Gitarren teilweise ziemlich unter, was zur Folge hatte, dass sie deutlich weniger melodisch klangen, als sie eigentlich sind. In typischer schwarzmetallischer Manier war hier nicht viel Bewegung auf der Bühne angesagt, dafür flogen davor schon ordentlich die Haare. Auch animierten die einzelnen Musiker immer wieder die Crowd zum Schreien oder Fäuste in die Luft strecken. Das war zwar nett, aber fast nicht nötig. Die Besucher, welche anwesend waren, hatten richtig Bock und machten von sich aus alles mit. Während eines Gitarrensolos des Sängers trat er nicht nur musikalisch in den Vordergrund, sondern stellte sich auch vorne auf den Monitor. Vor dem letzten Song stellte er die einzelnen Bandmitglieder vor, um dann zum großen Finale zu rufen. Zu Revenge by Fire gaben die Jungs nochmal alles und auch das Publikum feierte ein letztes Mal mit Kvaen an diesem Abend.
Das Erste, was mir bei In Mourning ins Auge fiel, waren die seitlichen Aufsteller und das riesige Backdrop mit einem, wie ich fand, sehr schönen floralen Artwork. Als die Musiker die Bühne betraten, wussten wir sofort, dass alle so richtig Spaß haben werden, denn ihnen klebte direkt das Grinsen im Gesicht fest. Noch beim ersten Track Thornwalker wurden wir bestätigt. Der Song startet mit einem etwas avantgardistischen anmutenden Anfang, steigert sich dann und nimmt Fahrt auf, genauso wie die fünf Jungs auf der Stage. Mit ihren ausgeklügelten Songs, den anspruchsvollen Riffs und ihren abwechslungsreichen Melodien konnten sie das Publikum vom ersten Moment an abholen. Da passierte aber auch so viel auf der Bühne, von Grimassen schneiden bis Instrumente in die Luft reißen und sogar ein Sprung mit anschließendem Kick, war dabei. Aber es wirkte aus meiner Sicht nie lächerlich oder überzogen, sie hatten einfach Spaß. Eine Besonderheit, welche die Truppe ausmacht, ist der mehrstimmige Gesang. Jeder der vier (außer ihr Schlagzeuger) hatte mindestens einen Gesangspart. Da wurde teilweise zweistimmig clean gesungen, manchmal dreistimmig gleichzeitig, aber es klang in keinster Weise irgendwann chaotisch oder unstimmig. Richtig stark! Auch die Interaktion der einzelnen Instrumentalisten untereinander war sehr schön anzusehen. Leider konnte ihr Drummer Joakim Strandberg Nilsson nicht dabei sein, da er mit seiner anderen Band Dark Tranquillity gerade in den Aufnahmen für ein neues Album steckt. Als Ersatz sprang Corny von niemand geringeren als AHAB für die komplette Tour ein und konnte ihn würdig vertreten. Für mich waren In Mourning die Überraschung des Abends, hatte ich sie vorher doch irgendwie so gar nicht auf dem Schirm! Hört mal rein, es lohnt sich!
Und dann war es endlich soweit, die Bühne verdunkelte sich und die seitlichen riesigen Holzaufsteller in Form ihres Logos versanken erstmal in Dunkelheit. Der ruhige und charakteristische Anfang von 1696 eignete sich perfekt als Intro, bevor der Song dann abrupt Fahrt aufnahm und Insomnium voller Energie starteten. Ab der allerersten Sekunde des ersten Liedes war die gefühlt komplette Crowd am Wippen und am Genießen. Zusätzliche Lichter auf der Bühne, und generell das komplette Lichtarrangement, waren sehr stimmig und unterstrichen die Musik. Auch hier war ziemlich viel Aktion angesagt, gemeinsames Posen und das Spiel mit dem Publikum (und auch mit den Fotografen) gehörten dazu, ebenso wie die regelmäßigen Platzwechsel und das „Instrumente in die Luft strecken“. Sänger Niilo forderte die Besucher immer wieder zu Interaktionen auf, was aber auch hier überhaupt nicht notwendig war. All dies funktionierte von alleine. Ein kleines Wippen mit der Hand und die Fäuste gingen in die Luft, eine andere kleine Geste und es waren die Pommsgabeln, zeitweise unterstrichen von einem „Show me your horns!“. Auch bei Insomnium traten die einzelnen Musiker während ihrer Solo-Parts nach vorne und die restlichen Bandkollegen zogen sich etwas zurück. In solchen Momenten zeigte sich, dass jeder der Truppe sein Instrument beherrscht. Wie auch bei In Mourning tragen hier die raffinierten, anspruchsvollen Riffs die Melodie, welche charakteristisch für den Sound der Finnen ist. Die Übergänge der Samples zu den Live-Momenten gelangen auch immer auf den Punkt genau. Niilo erzählte, dass sie den Tag zuvor in Straßburg gespielt hatten und er wolle heute mehr Bewegung in der Crowd sehen. Für einen Pit hatte es, soweit ich es sehen konnte, nicht ganz gereicht, aber die Haare flogen dafür umso ausgiebiger. Zum großen Finale verließen sie kurz die Bühne, während das Publikum schon eifrig klatschte. Als ersten Song der Zugabe hauten sie uns The Primeval Dark um die Ohren, gefolgt von einem der bekanntesten Tracks der Band, While We Sleep. Dieses Lied funktioniert einfach immer und die Leute, sowie die Band, gaben nochmals richtig Gas. Leider musste aber auch der Gig irgendwann enden, und das tat er mit Weighed Down With Sorrow, zu dessen Intro die beiden Gitarristen hinten seitlich an den Drums standen und voller Freude Luftvioline spielten. Was für ein Auftritt, von Finnen in Bestform. Insomnium gehört für mich zu den Bands, welche ich mir immer wieder anhören und auch live ansehen kann, denn sie liefern einfach immer ab! Dankeschön für diesen intensiven und kurzweiligen Auftritt!
War das ein gelungener Abend? Ein ganz klares JA! Mich hatten beide Supportbands mehr als positiv überrascht und In Mourning hat definitiv in mir einen neuen Fan gewonnen. Ich fand die Kombination der drei Bands sehr gelungen, denn sie harmonierten und ergänzten sich hervorragend, sodass ich auch gerne über die kleinen technischen Schwierigkeiten und den nicht ganz perfekten Sound bei Kvaen hinwegsehen kann. Und es gab leider keine Tourshirts von Insomnium mehr, sie waren schon seit ein paar Gigs restlos ausverkauft und der Nachschub war noch nicht eingetroffen. Eigentlich hatte ich gedacht, dass den Auftritt von Amorphis Ende Oktober nichts mehr toppen kann, aber die Finnen zeigten mal wieder, dass auch sie zu der Speerspitze des Melodic-Death-Metals gehören. Danke für diesen schönen Abend!
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