Mit Geisterstadt veröffentlichten Kimkoi am 30.10.2020 ihr drittes Studio-Album. Wir durften – ganz coronagerecht digital – ein paar Fragen an Michael und Lars stellen.
1. Zuerst einmal vielen Dank, dass ihr euch für uns Zeit nehmt.
Wer euer Projekt verfolgt, dem fällt schnell auf, dass ihr sowohl auf den Alben als auch in der Livebesetzung viel variiert.
„Wandlungsfähig wie ein Chamäleon“ oder auch „musikalisches Experiment“, so findet man es bei euch auf der Homepage. Wenn ihr Kimkoi kurz und knapp für unsere Leser definieren müsst – wie sieht diese Definition aus?
Michel: Kimkoi sind für uns so viel mehr als ne Band. Wenn man das Cover und unsere Fotos sieht, glaubt man, da sind zwei Typen und die machen irgendeine Mucke, aber letztendlich ist das für uns so eine Art Aufgabe. Wir haben schon immer Musik gemacht und hätten mehr als einmal die „Flinte ins Korn“ werfen können, um zu kegeln oder unseren Beitrag in der Feuerwehr zu leisten. Aber das wäre echt Scheiße gewesen. Und so haben wir irgendwann gesagt, wir machen das weiter. Und wir haben echt ne sehr geile Band hinter uns, die es uns ermöglicht, dass zwei Typen, im Idealfall mit kompletter Band, saugute Musik machen. 😉
2. Kommen wir kurz zur leidigen Standardfrage des aktuellen Jahres. Wie wart ihr von der speziellen Situation dieses Jahr betroffen und wie weit wurde davon auch die Arbeit am Album beeinflusst?
Lars: Wir können wohl sagen, dass dieses Jahr für die gesamte Branche ein ziemlich Schwieriges war. Für uns hat das natürlich auch bedeutet, dass einige geplante Konzerte ausgefallen sind. Das hat uns Freiräume verschafft, um mehr an diesem Album zu arbeiten.
Michel: Ganz ehrlich, ohne Corona hätten wir dieses Jahr kein Album veröffentlicht.
3. Durch eure Supportgigs für Eric Fish, die ihr überwiegend zu zweit gespielt habt, habe ich in letzter Zeit oft den Spruch gehört: „Ich dachte, das ist ein Duo“. Wie bereits erwähnt
wechselt ihr tatsächlich aber öfter in der Besetzung. Gerade in der Umgebung von Mühlhausen hat man euch in der Vergangenheit ja auch schon mit 7 Leuten auf der Bühne gesehen. Wie geht ihr mit dieser wechselnden Besetzung um? Wie würde denn aktuell eine „volle Besetzung“ bei euch aussehen?
Lars: Für uns ist es immer wieder spannend in unterschiedlichen Besetzungen zu spielen und zu hören wie die Songs dann klingen. Manchmal lässt es sich aus den verschiedensten Gründen nicht anders lösen und so hat sich das über die Jahre so ergeben. Rockbandbesetzung hat natürlich seinen Reiz und es gibt Songs, die auch nur so richtig gut klingen, aber als Duo mit zwei Gitarren auf einer winzigen Bühne passt es genauso.
Michel: Na ja, wir sind da inzwischen wirklich sehr flexibel geworden, und wie schon gesagt, wir haben wirklich im Hintergrund eine Band, die das so möglich macht. Im optimalen Fall wären wir mit Mathias Schneider am Bass, Kevin König am Drum, Boris Tautorat an der Gitarre und Johanna Wehr an den Backings perfekt aufgestellt. Ich hätte diese Kette nicht am Fuß (Gitarre) und wir könnten das perfekte Chaos Entertainment abliefern. Aber so ist halt jedes Konzert ein Abenteuer, keiner hat n Plan was rauskommt. Ist auch sehr spannend.
4. Ihr habt am Freitag den 30.10. euer neues Album mit dem Titel „Geisterstadt“ veröffentlicht. Was verbindet ihr mit diesem Begriff und in welchem Zusammenhang steht er inhaltlich mit dem Album? Warum habt ihr genau diesen Titel für die Veröffentlichung gewählt? Welche Bedeutung hat der Titeltrack in der Gesamtheit des Albums?
Michel: Geisterstadt beschreibt für uns, wie kein anderer Song auf dem Album, dieses Jahr und die damit gemachten Erlebnisse. Vorher hab´ ich diesen Begriff immer damit in Verbindung gebracht, dass sich viele Menschen wie Geister anfühlen und eine unglaubliche Leere ausgestrahlt haben. Seit diesem Jahr konnte man dann plötzlich wirkliche Leere erleben und ich weiß immer noch nicht, ob ich das schlecht finde.
5. Als Vorabsingles habt ihr „Nur ans Meer“ und „Loser und Versager“ ausgewählt. Inwiefern repräsentieren diese die Bandbreite des Albums und warum habt ihr euch für genau diese Titel entschieden?
Lars: Das Album hat eine Menge starke Titel und es war schwer sich zu entscheiden. „Nur ans Meer“ hat einfach sehr gut zu unserer Sehnsucht gepasst dem ganzen Wahnsinn zu entfliehen. Bei „Loser und Versager“ war es eher das Statement, auch mal an die „Unsichtbaren“ in unserer Gesellschaft zu denken und die Idee zum Video, das für uns den Ausschlag gegeben hat.
6. Ihr habt zu den beiden Songs auch zwei sehr unterschiedliche Videos gedreht. Was sind die Ideen zu diesen?
Michel: Ist nicht pauschal zu beantworten, leider haben wir nicht das Budget all das zu drehen was in unseren Köpfen herumschwirrt. Meist ist es so, dass wir unglaublich geile Ideen haben, diese aber leider runterbrechen müssen, auf das, was für uns möglich ist. Und von daher ist das immer echt ne recht spontane, angepasste Variante, die natürlich so gut wie möglich sein soll..
Aber hätten wir alles gedreht wie gesponnen…….., Alter!
Ideen, sind glaub ich, klar. „Nur ans Meer“ ist konträr umgesetzt und beschreibt Sehnsucht in bester ZDF-Vorabendprogrammidylle. „Loser und Versager“ ist eine klassische Rocksongumsetzung, die durch Anonymität unser Bandkonzept umsetzt.
7. „Geisterstadt“ ist nun bereits euer drittes Album. Wie kann man sich bei euch die Arbeit im Studio vorstellen? Hat sich an der Herangehensweise seit dem Debüt etwas verändert? Wie seht ihr als Band eure Entwicklung seit dem Debütalbum?
Lars: Beim Debütalbum waren die Songs im Prinzip schon fertig und wir haben vorwiegend nur noch aufgenommen und abgemischt. Seit „Mixtape“ ist es so, dass wir schon große Teile der Vorproduktion im Studio machen und einige Songs da erst entstehen. Das hat den Vorteil, dass wir die Energie aus den Demoaufnahmen mit auf das Album bringen können.
So haben wir einen guten Rhythmus gemeinsam mit unserem Produzenten und stillen Bandmitglied Michael Murauer gefunden.
8. Welche Themen sind eurer Meinung nach die Treibenden des Albums? Welche Inspirationsquellen sind für euch wichtig und könnt ihr etwas über den kreativen Entstehungsprozess der Songtexte erzählen?
Michel: Es geht um Niederlagen, Hinfallen und das Wiederaufstehen. Beschäftigt und inspiriert schon immer am meisten. Nichts ist faszinierender als kaputte Typen. Was auch immer die Definition von diesem Begriff ist. Aber wer kennt das nicht. Texten ist für mich ein Prozess, eine Art Hassliebe, ich mach es ungern und bin unglaublich glücklich, dass ich so was machen kann. Und wenn dann am Ende n Text raus kommt den ich selbst richtig gut finde, bin ich echt glücklich. Ich schreibe Texte nie im Vorfeld fertig, sondern es gibt Ideen, die nach dem richtigen Song, der richtigen Hook suchen.
9. Auch dieses Mal habt ihr euch wieder Verstärkung ins Studio geholt. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Renis Mendoza? Beim Blick ins Booklet fällt auf, dass auch Mu verstärkt zu den Instrumenten gegriffen hat. Waren das spontane Ideen oder hattet ihr bereits ein genaues Bild vor Auge?
Lars: Unser Produzent Michael „Mu“ Murauer ist sehr in den Entstehungsprozess der Songs mit eingebunden und auch einige Ideen stammen von ihm. Darüber hinaus spielt er auch die verschiedensten Instrumente sehr virtuos und so war es nahe liegend, dass er einige Parts gespielt hat. Renis ist ein toller Typ, den wir über Mu kennen gelernt haben und der so ziemlich aus jedem klappernden Ding einen Groove rausholen kann.
Michel: Mu gehört einfach zu dieser Band, und ohne ihn wäre das alles was ganz anderes. Renis passt auf dieses Album wie kaum ein Zweiter, von Modern Talking auf unser Album, da muss man nichts mehr sagen. Dieser geile Typ ist die Summe aller Texte der Platte. Karma!
10. Im Song „Dreizehn“ übernimmt Lars zum ersten Mal den Leadgesang in einem Song. Wie kam es zu der Idee? Können wir in der Zukunft mit mehr Gesang von Lars rechnen, oder war das eher ein einmaliger Ausflug?
Lars: Es gab die Idee, so eine kurze Nummer aufzunehmen, die ganz sparsam instrumentiert ist. Ich hatte da seit einiger Zeit diese Textidee, bei der das Zeilenende in jeder Strophe mit dem gleichen Adjektiv endet. Und nach dem ich es präsentiert habe, sagten die Jungs dann kannst du es aber auch selbst singen. Ob es davon in Zukunft eine Wiederholung gibt wird sich noch zeigen.
Michel: Auf jeden, Alter!
11. Wie waren die ersten Reaktionen, die ihr von Fans und Kritikern auf euer Album erhalten habt? Wie waren die Reaktionen auf die Singles, und wie unterscheiden diese sich von den Reaktionen auf das Album?
Lars: Bisher waren die Reaktionen durchweg positiv – was uns natürlich sehr freut.
Michel: Keine Ahnung, ich bin weitgehend Internetlegasteniker. Lars sagt, ganz gut und meine Mama hat noch nicht auf die Platte reagiert. Vielleicht sollte ich sie mal anrufen. Spielt aber auch keine Rolle, ich finde, das ist bisher unser bestes Album und für mich, tut mir leid hier arrogant zu wirken, eines der besten deutschsprachigen Alben in diesem Jahr. (Wasn Wixxer!)
12. Zum Abschluss wollen wir mit euch noch einen Blick in die Zukunft der Band werfen. Worauf dürfen sich eure Fans zum Jahresende und in 2021 freuen?
Lars: Das mit dem Vorausplanen ist ja leider seit diesem Jahr gar nicht mehr so einfach. Gerade Livekonzerte werden ja immer wieder abgesagt. Also werden wir uns wohl eher darauf konzentrieren noch ein Video zu produzieren. 2021 werden dann hoffentlich wieder mehr Konzerte möglich sein, so dass wir das tun können, was wir am liebsten machen.
Michel: Wie immer, wir machen weiter Chaos und vermeiden den Fünfjahresplan!
13. Wir bedanken uns für eure Antworten. Zu guter Letzt wollen wir euch in alter Interview-Tradition noch die Möglichkeit geben, ein paar Worte an unsere Leser zu richten.
Michel: Geisterstadt kaufen, streamen, weitersagen, kaufen, streamen, kaufen, streamen, weitersagen, kaufen, streamen, weitersagen, kaufen, streamen, weitersagen, kaufen, streamen, weitersagen!
Nein im Ernst, passt auf euch auf, unterstützt eure Szene, mit allem was dran hängt und ich hoffe, wir sehen uns mal. Ahoi Kimkoi!
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