Interview mit Konstantin von Varus

Hallo und herzlich willkommen bei einem neuen Dark-Art Interview. Heute mit mir im Gespräch ist Konstantin Raab, der Sänger der Band Varus aus Bamberg. Wie geht es dir? Und schön, dass du dir die Zeit nimmst unsere Fragen zu beantworten.

Grüß dich, Jonas! Soweit alles in Ordnung bei uns. Ich hoffe bei euch auch? Wir sind aktuell nur etwas im Stress mit dem Album Release. Da gibt es einfach unglaublich viel zu tun und vorzubereiten.

  1. Ihr habt ein neues Album in den Startlöchern. „A New Dawn“ heißt das gute Stück und wird am 27.06. erscheinen. Was kannst du uns über den Inhalt eures neuen Werkes sagen?

Musikalisch gesehen haben wir Elemente aus unterschiedlichsten Genres mit einbezogen. Die Grundlage bildet natürlich immer die Band selbst, also Gitarre, Bass, Schlagzeug und gutturaler Gesang. Bei der Metal-Komponente gibt es viele Einflüsse aus dem Black und Death Bereich, wobei auch deutlich ältere Stile vorkommen können. So gibt es Gitarren-Soli, die eher dem Hard Rock zuzuschreiben sind oder stark synkopierte Rhythmen beim Schlagzeug. Wir gehen sogar so weit, dass es in einem Song (The Minstrel‘s Chant) ein Querflötensolo gibt, was ganz weit weg vom klassischen Metal geht.

Hier sind wir auch beim zweiten Element, das die Musik auf „A New Dawn“ ausmacht: Folk und akustische Komponenten. Früher hat sich „Folk“ eher auf die Alestorm-artige Manier mit Akkordeon und Geige bezogen – vorzugsweise in Trinkliedern. Mittlerweile spielen aber echte Folkinstrumente in einer ganz anderen Spielweise eine große Rolle für uns. Das schafft einen dynamischen Ausgleich, zu härteren Passagen.

Zuletzt ist das symphonische Element ein riesiger Baustein unserer Musik. Hier beziehen wir uns aber auch nicht auf die typische, moderne Soundtrack-Welt, sondern auf ältere Soundtracks und zum großen Teil auch die Klassik selbst. Komponisten, die eine besondere Wirkung auf die Musik hatten, sind beispielsweise Beethoven, Dvorak und Brahms.

Die Texte behandeln viele Themen, doch eine zentrale Rolle spielt dabei immer Freiheit. Während dieses Thema im ersten Lied „The Awakening“ und dem Titelsong die größte Rolle spielt, ist es in anderen eher angedeutet. „Ascheregen“ befasst sich mit der Apokalypse – eher ein Klischee-Thema für das Genre. Einen wirklich traurigen und leider wahren Hintergrund hat „Ein Lebewohl“, denn dieses Lied ist in Erinnerung an unseren verstorbenen Freund und Gitarristen von Wolfchant Eduard Groß geschrieben worden. Bei „Wandel Der Zeit“ geht es um die Veränderungen, die man im Lauf der Zeit mitmacht, bei sich selbst oder dem Umfeld. „The Minstrel‘s Chant“ ist im Prinzip das Lied über das Musikmachen selbst. Darin plaudern wir aus dem Nähkästchen, wie es bei Auftritten abläuft, also Ankunft, Soundcheck, auf die Bühne, Heimfahrt etc.

Es gibt zwei Trinklieder (Tränk Dein Herz & Die Letzte Schenke), die einen sehr lokalen Bezug zu unserer Heimatstadt Bamberg haben und teilweise auf echten Erlebnissen basieren.

  1. Bis eine CD auf den Markt kommt, vergeht immer sehr viel Zeit und bei euch liegen auch schon wieder 6 Jahre zu eurem Debutalbum. Beschreibe unseren Lesern doch bitte einmal den Weg von der ersten Neuen Idee/Note bis hin zur fertig gepressten CD die man in der Hand hält, da ich oft das Gefühl habe, das Leute die nicht selbst Musik machen, sich schwer vorstellen können, was die Arbeit an einem Album alles beinhaltet.

In der Regel komme ich auf eine recht simple Melodie oder Akkordfolge, die entweder in meinem Kopf für die nächsten Wochen festhängt oder ich vergesse sie einfach wieder. Wenn Letzteres passiert, ist das zwar traurig, aber so sortiere ich oftmals schon vorher aus.

Die „festhängende“ Idee reift in meinem Kopf dann einfach weiter und ich klimpere ein bisschen vor mich hin. Irgendwann fange ich dann an, sie am Computer aufzunehmen und einzuordnen. Dabei frage ich mich, ob diese schon in einen angefangenen Song passt oder es ein neuer werden soll. Am längsten dauert bei mir aber, den Song bis zur letzten Note fertigzustellen. Über die Jahre entstehen immer wieder unterschiedliche Versionen davon und meistens fehlen noch ein bis zwei Stellen, damit der Song abgeschlossen ist. Der Opener „The Awakening“ war seit sage und schreibe 8 Jahren im Songwriting Prozess und ich habe über 20 Minuten Material dafür geschrieben.

In der Regel schreibe ich die Parts für die Bandkollegen schon aus. Der einzige, der sich aber wirklich daran hält, ist unser Gitarrist Stefan. Unser Drummer Max hört sich meine programmierten Schlagzeug-Parts an und macht sein eigenes Ding draus, was immer deutlich besser klingt. Norbert am Bass ist da ein Sonderfall. Der will eigentlich einfach nur den Song anhören, keine Akkorde, Tabs oder Noten sehen, sondern für sich improvisieren und kommt dann auf meistens geniale Einfälle, die er bei den Proben präsentiert. Am Ende fügt sich alles im Proberaum zusammen und wir ändern natürlich noch einiges – Betonungen, Rhythmen, einzelne Akkorde. So schließen wir den Song dann ab, indem wir zusammenkommen und ihn gemeinsam ausarbeiten.

Bei der Aufnahme machen wir uns das leben sehr leicht, da wir alle Nerds in dem Bereich sind. Demnach ist das bei uns eigentlich der Teil, der weniger Zeit in Anspruch nimmt, als das Songwriting. Bei „A New Dawn“ hat fast jeder seinen Part zuhause aufgenommen und mir geschickt. Nur Stefan kam mit Gitarren und Amp vorbei und wir haben uns an diversen Schelmereien erfreut. Damit meine ich zusätzliche Harmonien, Effekte und alles, was einem früh um 3 Uhr noch so einfällt.

Mixing und Mastering habe ich komplett übernommen. Zwar sind die akustischen Eigenschaften in meinem Home-Studio nicht besonders, aber man weiß irgendwann damit umzugehen.

  1. A New Dawn“ übersteigt qualitativ das Debut „Till The Sun Rises“ um Weites. Man will sich ja auch immer mit jeder CD neu selbst übertreffen. Verrate mir jedoch einmal, wie hat sich die Arbeitsweise in den 6 Jahren für eine CD bei euch verändert, was habt ihr gelernt und geht ihr im Gesamtentstehungsprozess nun anders an?

Vielen Dank erst einmal für das Kompliment! Das freut mich zu hören!

Nun, bei „Till The Sun Rises“ habe ich ja auch Mixing und Mastering übernommen, wusste am Anfang aber eigentlich nicht, wie das so wirklich geht. Demnach habe ich mir während dem Prozess das erst (versucht) beizubringen. Das Ergebnis ist ganz in Ordnung, überzeugt mich aber bei weitem nicht mehr. Ich denke, wir hatten uns damals mit vielen Dingen das Leben selbst schwer gemacht. So sind beim ersten Album auf den meisten Kanälen zu viele Effekte drauf und das hört man in der Summe leider.

  1. Ich habe viele verschiedene Stilrichtungen auf eurem Album erkennen/erhören können. Von klassischem Pagan und Piratenmetal Elementen bis hin zu epischen, ja oft auch schon symphonisch Metalernen Themen ist alles vertreten. Wie entsteht so viel Kreativität und brecht ich damit bewusst ein wenig die Genregrenzen auf um euch nicht festzulegen? Wie würdest du eure Musik beschreiben/einordnen?

Viel bezüglich der Musik habe ich oben bei der ersten Frage schon geschrieben.

Aber ja, wir wollen uns nie festlegen und verändern uns stetig. Die Einflüsse kommen von allen Ecken und Enden, was vielleicht auch an meinem persönlich etwas „eklektischen“ Musikgeschmack liegt. Ich höre gerne Musik, die mich überrascht. Daher kommt auch meine Einstellung dazu, meine eigene Musik muss mich interessieren und fordern, dabei aber nicht stillstehen. Das ist aber natürlich auch ein Anspruch an mich, der mir das Songwriting erschweren kann. Dennoch liebe ich Momente, in denen beispielsweise ein traditioneller Metal-Riff und Blastbeats hämmern. Für mich ist es die Mischung, die Gegensätzlichkeit, die uns ausmacht. Die akustische Folk-Komponente ist bei „A New Dawn“ ausgeprägter, was ich als Ausgleich zur härteren Seite sehr zu schätzen weiß.

Gerade bei „The Minstrel‘s Chant“ auf dem Album hatte ich schon überlegt, ob das überhaupt ein Song für Varus ist oder ob ich den selbst aufnehme und veröffentliche. Hier sind die Genregrenzen sehr weit gedehnt, wenn nicht sogar überschritten. Aber da bin ich gespannt, wie der beim Publikum ankommt.

  1. Es war ja sogar eine Releaseshow von euch angedacht, welche auf Grund der aktuellen Lage leider auch zum Opfer der Auflagen geworden ist und ihr ein „Special“ Set vorbereitet hattet. Diese Konzertveranstaltung wurde ja nun verschoben, jedoch auch nächstes Jahr. Wird es noch ein Live Special von eurer Seite aus geben um die „A New Dawn“ zu zelebrieren?

Das ist wirklich sehr schade gewesen. Wir wollten unser komplettes Album mit 1-2 älteren Songs aufführen und hatten dafür schon viel geprobt. Wir werden das in genau dieser Form nächstes Jahr darbieten. Das haben wir den Fans versprochen und wir freuen uns auch riesig darauf.

Aber wie es dieses Jahr mit Konzerten noch aussieht, steht in den Sternen. Leider sind alle Konzerte bis Herbst abgesagt und wir arbeiten eher wenig an den Live-Shows, da auch Proben nicht möglich sind. Am Release wird aufgrund der aktuellen Beschränkungen vermutlich nichts machbar sein. Ursprünglich war ein Livestream geplant, bei dem wir ebenfalls das komplette Album gespielt hätten. Ob wir irgendwie noch die Möglichkeit haben, ist auch unklar.

  1. Ich kenne euch noch aus den Anfangszeiten und finde ihr habt eine enorme Weiterentwicklung sowohl live als auch auf CD hingelegt. Aber was hat euch am meisten in den 8 Jahren die ihr jetzt als „Varus“ existiert geprägt?

Vielen Dank! Ja, es hat sich viel getan bei uns seitdem und wir sind sehr stolz darauf, wo wir jetzt stehen.

Ich denke, die Besetzungswechsel der Vergangenheit hatten eine große Auswirkung auf uns, denn es geht und kommt ja nicht nur ein Musiker, sondern auch eine Persönlichkeit. Dadurch verschieben sich die Aufgaben innerhalb der Band und die meisten unserer neuen Bandmitglieder bringen einen frischen Wind herein. In der aktuellen Besetzung stimmt einfach die Chemie und wir haben eine großartige Zusammenarbeit. Es fühlt sich für mich an, als ob wir alle an einem Strang ziehen und jeder hinter dem steht, was wir tun. Zwar merke ich das meist unbewusst, aber das gibt mir unglaublich viel Energie und Motivation. Natürlich ist anzumerken, dass es sich bei allen um geniale Musiker handelt, die ihre Instrumente beherrschen. Zudem arbeiten wir seit 2018 daran, eine Art „Corporate Identity“ zu schaffen. In der heutigen Zeit geht es leider nicht nur um ein paar Musiker, die ihre Musik machen, sondern man muss eine Marke erschaffen. Ich denke, wir sind auf einem ganz guten Weg dazu und arbeiten viel an der visuellen Komponente, Bühnenansagen und dem generellen Auftreten nach außen.

Die vielen positiven Feedbacks zu unseren Live-Shows letztes Jahr haben uns vor Augen geführt, dass die Arbeit sich gelohnt hat.

  1. Ihr habt schon immer deutsche und englische Lyrics genutzt um eure Texte umzusetzen? Warum diese Fusion? Wie kommt man dazu und welche Vor und Nachteile siehst du daran?

Ich denke, diese Kombination aus beiden Sprachen wird auch immer bleiben, es sei denn für Konzeptalben oder vergleichbare Specials, bei denen es nicht passen würde.

Ursprünglich wollte unser erster Sänger Max nur deutsche Texte, aber ich hab mich dagegen entschieden, denn ich finde, dass es nicht für alle Songs passt. Nehmen wir uns beispielsweise die epischeren Nummern her. Ein deutscher Refrain mit Klargesang klingt für viele schnell nach Schlager und genau das wollte ich vermeiden. Zudem wollen wir auch Leute außerhalb unseres Heimatlandes erreichen und Englisch ist da universeller. Deutsch ist aber optimal für düstere, harte Nummern, denn es ist eine sehr erklärende Sprache. Gespickt mit altertümlich anmutenden Worten, funktioniert es wunderbar für Sagen, Legenden und Mythen. Durch beide Sprachen fühle ich mich bei den Texten auch weniger eingeschränkt, denn ich mag beides einfach sehr gerne.

Ein Nachteil ist aber, dass das Endergebnis eines Albums für Verwirrung sorgen könnte und mitunter unstimmig aussieht, wenn die Liedtitel auf Deutsch und Englisch sind.

  1. Ihr habt euch entschieden noch mit anderen Künstlern für euer neues Album zusammen zu arbeiten. Wie kam es dazu und welche Bedeutung haben solche Kooperationen für euch?

Beide Gastauftritte sind von Freunden, die uns schon ganz lange begleitet haben und uns wichtig sind. Ich denke, das sorgt für noch mehr Abwechslung auf dem Album, aber immer nur mein Geschrei zu hören.

Michael (Bachmann) kennen wir vor allem durch viele gemeinsame Festivals und er hat bereits auf dem „Till The Sun Rises“ einige Vocals aufgenommen. Für mich gibt es keinen talentierteren Sänger für gutturale Vocals.

Anna Rosenfeld kennen wir fast ebenso lange und sie ist ebenfalls ein Naturtalent. Früher sang sie in einer Nightwish-Tribute Band, weswegen wir sie gerade um ihren kraftvollen Operngesang gebeten haben. Die symphonischen Einflüssen kommen dadurch noch besser zur Geltung.

  1. In „Tränk Dein Herz“ besingt ihr den großen „Bambergator von der Brauerei Fässla“ aus eurer Heimat. Was verbindet ihr mit diesem magischen Getränk, dass ihr dem ein oder anderen Fan auf euren Konzerten kredenzt (Danke hier noch einmal für das, welches ich in Nürnberg bekommen habe), dass ihr ein ganzes Lied darüber schreibt?

Gern‘ geschehen! Ich hoffe, es hat gemundet!

„Tränk Dein Herz“ hat den Beititel „Ein Fränkisches Gelage Teil I“ und gehört mit Teil II „Die Letzte Schenke“ zusammen. Es geht in dem „Gelage“ um unsere standardmäßige Route am Samstag Abend. Wir starteten zunächst in der Brauerei Fässla und zum Essen gab es erst einmal ein Bambergator. In der damaligen Zeit (vor ca. 8-9 Jahren) war dieses Getränk einfach legendär, da es das stärkste reguläre Bockbier aus Bamberg ist – 8,5% Alkohol. Zudem habe ich damit vor ein paar Jahren eine fast schon außerweltliche Erfahrung gemacht, als ich 5 Stück auf nüchternen Magen getrunken hab.

(Anmerkung: „Die Letzte Schenke“ geht in der Weinstube Pizzini weiter.)

  1. Dann bedanke ich mich bei dir für dieses Interview und bitte dich u Schluss noch einen kleinen Blick in die Zukunft von Varus zu werfen. Wie sind da die Pläne und hast du noch ein paar wohltuende Worte an eure Fangemeinde, in diese schweren Zeiten?

Ich sage ebenfalls vielen herzlichen Dank für euren Support und für das Interview!

Wir versuchen unseren Fans und Freunden aktuell so viel wie möglich von Zuhause aus zu geben, da leider keine Konzerte stattfinden können. So hoffen wir, den Leuten mit unserer Musik eine Unterstützung, eine Motivation zu geben. Umso mehr freuen wir uns auf den Release des Albums, wenn es endlich von allen gehört werden kann.

Es ist auch für uns schwer, ohne Konzerte und Festivals. Uns drängt es regelrecht auf die Bühne, um die Energie rauszulassen. Lasst euch gesagt sein: Sobald der Spuk vorbei ist und die ersten Live-Shows wieder stattfinden, werden wir auf und ihr vor der Bühne förmlich explodieren vor Freude. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie vor Kraft strotzend die ersten Konzerte sein werden. Wir alle sehen uns wieder und trinken eins oder zwölf zusammen!

Bleibt alle gesund, munter und hört Musik, was das Zeug hält – denn das verbindet uns.

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