
Was gibt es Schöneres, als an einem Freitagabend gemütlich Let’s Dance im Fernsehen zu sehen und ein leckeres Feierabendbierchen zu schlürfen? Na ja, sehr viel, aber vor allem sich die volle Dröhnung aus Punjabi Metal zu geben! Bloodywood sollten die quasi ausverkaufte Batschkapp in Trümmer legen, unterstützt wurden sie dabei von Demonic Resurrection und Calva Louise. An der so gut wie nicht vorhandenen Schlange zum Beginn des Einlasses merkte man aber sofort, dass die Leute nur für Bloodywood hergekommen waren.
Demonic Resurrection: Brutaler Melodic Death Metal aus Indien
Entsprechend war die Batschkapp nur leicht gefüllt, als Demonic Resurrection ihr Set auf der in rotes Licht getauchten Bühne eröffneten. Mit tiefen Growls und schnellen Riffs und brutalen Blast Beats ging es direkt ans Eingemachte. Die Band stammt, wie der Headliner auch, aus Indien, ist aber deutlich brutaler. Death Metal mit klassischen indischen Instrumenten? Funktioniert das überhaupt? Oh ja und das sogar sehr gut! Mit gerade einmal fünf Songs und 30 Minuten Spielzeit rissen sie das Publikum in ihren Bann. Seit 25 Jahren gibt es die Band schon, länger, als ihr Drummer auf der Welt ist. Dabei störte es aber überhaupt nicht, dass bei der Frage, wer die Band denn schon kannte, nur drei Arme nach oben gingen, denn Demonic Resurrection werden nach dieser Tour in Erinnerung bleiben.
Beim zweiten Song, Apocalyptic Dawn, kam dann nicht nur etwas gelb durch den roten Lichtvorhang, auch Klargesang kam, durch die von der Band produzierte Klangwand. Wie Sänger Sahil berichtete, wurde ihnen gesagt, es sei ein großer Fehler mit Bloodywood auf Tour zu gehen. Die Fans der Band würden doch so brutale, aggressive Musik überhaupt nicht gut finden. Um das Gegenteil zu beweisen, wurden erstmal Fotos und Videos von der jubelnden Meute gemacht, denn natürlich fand das Publikum diese brutale, aggressive Musik sehr gut. Auch Mitklatschparts meisterte die Menge mit Bravour. Leider gab es erst beim letzten Song und erst nach Aufruf überhaupt den Ansatz eines Moshpits, was sich aber bei späteren Bands noch ändern sollte. Warm war das Publikum am Ende aber trotzdem.
Setlist: Matsya: The Fish // Apocalyptic Dawn // Krishna: The Cowherd // Narasimha: The Man-Lion // The Unrelenting Surge of Vengeance
Calva Louise: Punkige Energie
Der zweite Support stach etwas heraus. Zum einen, weil die Band aus Großbritannien stammt, zum anderen, weil sie in eine komplett andere Musikrichtung gehen. Calva Louise begannen ihren Auftritt unter großen Jubel, dass die lange Umbaupause endlich vorbei war, mit einem Techno-Intro, das in W.T.F überging. Die Punk-Einflüsse kann man bei dieser Band nicht überhören, der verzerrte, kreischende Gesang war erstmal eine Umgewöhnung, aber nach ein, zwei Songs kam man rein und auch die Menge konnte überzeugt werden.
Bedauerlicherweise war die Abmischung nicht optimal, sodass vor allem leiser Gesang kaum durch kam und von den Instrumenten verschlungen wurde, die ihrerseits eher breiig und nicht klar definiert hörbar waren. Das tat der Stimmung aber keinen Abbruch, denn die unfassbare Energie von Sängerin Jess übertrug sich auf die Menge. Wenn sie nicht gerade an ihrem verschiebbaren Keyboard stand, kickte sie in die Luft, hüpfte umher oder rannte über die Bühne zu den Bandkollegen. Spätestens ab Over the Threshold war das Publikum abgeholt und klatschte eifrig mit. Mit Tunnel Vision gab es sogar einen neuen unveröffentlichten Song auf die Ohren.
Setlist: W.T.F // Third Class Citizen // Over the Threshold // Square One // Tunnel Vision // Aimless // Feast is Over // Oportunista
Bloodywood: Indische Tradition trifft Nu Metal und Aktivismus
Jetzt merkte man nicht nur, dass die Batschkapp nahezu ausverkauft war, sondern auch für wen die Leute gekommen waren. In der Umbaupause gab es immer wieder spontane Ausbrüche von Bloodywood-Rufen, bevor die Bühne und der Saal schwarz wurden. Das Licht ging an und im roten Licht der Scheinwerfer konnte man durch den Nebel einige Silhouetten ausmachen, während Dana-Dan ertönte und der Abriss begann, mit viel Stroboskoplicht. Danach ging es „zurück an den Ort, an dem alles begann“, Nu Delhi. Da kamen dann auch die ersten Crowdsurfer, die sich auf die Reise zu Bühne begaben. Der Moshpit in der Mitte der Menge wurde eröffnet und kam auch bis zum Ende nicht zum Erliegen, er wurde nur immer größer. Aber auch auf der Bühne wurde es eng, zu sechst auf dieser Bühne ist einfach zu wenig Platz und trotzdem herrschte dort Bewegung und Gewusel ohne Ende. Das Sextett ermöglicht der Band aber auch, dass traditionelle indische Instrumente, wie Flöten und Dhol, live gespielt werden konnten und nicht wie bei Demonic Resurrection vom Band kamen, die gerade bei Aaj sehr prominent in Szene gesetzt wurden.
Zu jedem Song gab es eine kleine Geschichte oder eine Ansprache, die das Thema des Songs aufgriff. So gab es von Rapper Raoul „No Flag“ Kerr eine motivierende Ansprache, dass die Band sich wünscht, dass die Hörenden ihre „wunderschönen Träume“ verwirklichen können. Das Mitsingen der Melodie bei Aaj musste kaum geübt werden und auf „Let me hear you roar!“ kam ein Schrei zurück, der die Wände zittern ließ. Träume verwirklichen macht bekanntlich hungrig und auf den 150 Shows, die Bloodywood in 2023 gespielt hatten, hat die Band das indische Essen am meisten vermisst. Gutes Essen und gute Musik müssen gewürdigt werden, weshalb sie das Lied Tadka schrieben, das heute nicht fehlen durfte. Der darauffolgende Song Jee Vereey handelt von Depressionen, dazu hatten sie bei Veröffentlichung 2018 60 Therapiestunden gekauft, für die man sich anmelden konnte, um Menschen zu unterstützen, die sich eine Therapie nicht leisten können. Der Song wurde wieder mit Bloodywood-Schreien quittiert und Fäuste wurden in die Luft gereckt, um schlechten Gedanken den Kampf anzusagen.
Babymetal sammeln gerade Features wie andere Menschen Pokemon, so gab es mit Bekhauf auch bei Bloodywood eine Babymetal-Kooperation. Auch hier hielt Roul eine ermutigende Rede: Angst sei eine Entscheidung und das Publikum solle sich auf seine größte Angst konzentrieren, sich vorstellen, mit ihr in die Arena zu gehen und die Angst bekämpfen. Bekhauf bedeutet „furchtlos“ auf Hindi und ist der perfekte Soundtrack, um so einen Kampf auszutragen. Es folgte eine kleine Pause, in der ein wenig über die Tour gesprochen wurde. Die Band freue sich jedes Mal sehr nach Deutschland zu kommen und gerade Frankfurt sei immer der erste Termin, den sie auf den Europatouren planen würden.
Die Bandmitglieder wurden vorgestellt, aber auch die Crew und alle weiteren Beteiligten, die die Tour am Laufen halten, wurden ausgiebig gewürdigt. Zum Ende wurde es noch einmal politisch: Die Band setze sich gegen Unterdrückung und für ehrliche Politiker und Führungspersonen ein. Die perfekte Überleitung zu Machi Bhasad („erwartet einen Aufstand“), auf dem die Dhol sehr prominent in Szene gesetzt wurde, entsprechend wundert es überhaupt nicht, dass Sarthak Pahwa seine Dhol mitten im Pit spielte, der inzwischen einen Großteil des Bereichs vor der Bühne einnahm. Mit Halla Bol gab es zum Abschluss noch einen unveröffentlichten Track vom kommenden Album Nu Delhi.
Aber wer dachte, das war es schon, irrte sich, denn die Lichter blieben aus, nachdem die Band die Bühne verlassen hatte und jeder weiß, was das bedeutet: Zeit für mehr Bloodywood-Rufe. Und die Zugabe natürlich. Der Brecher Gaddaar eigenete sich dafür perfekt, gerade die Strophe kann man wunderbar mitsingen. Zumindest laut Sänger Jayant Bhadula, aber jegliche Versuche, dem Publikum den indischen Text beizubringen, fielen nicht auf fruchtbaren Boden, sorgten aber für viele Lacher. Umso erfolgreicher war dann die Wall of Death, die sich von der Bühne bis in die Mitte des Saals zog.
Leider müssen alle schönen Dinge einmal enden, und manche viel schneller als andere, nämlich nach einer für Headliner eher untypisch kurzen Spielzeit von etwas über einer Stunde, die Zugabe eingerechnet. Obwohl Bloodywood deutlich mehr Lieder in petto haben, spielten sie nur neun Stück. Abgesehen davon, dass es viel zu schnell vorbei war, war es ein Fest des puren Abrisses, bei dem am Ende kein Stein auf dem anderen gelassen wurde.
Setlist: Dana Dan // Nu Delhi // Aaj // Tadka // Jee Veerey // Bekhauf // Machi Bhasad // Halla Bol // Zugabe: Gaddaar
Bericht: Eric
Bilder: Steffi
Mehr von den Bands bei Dark-Art findet ihr hier:
- Ankündigung: Bloodywood – Return of the Singh Tour 2025
- Konzertbericht: Bloodywood – Rakshak Tour Part II im Hirsch in Nürnberg
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