
Bevor wir uns dem eigentlichen, nämlich dem Konzert widmen, kurz zur Location: Erstens „steinalt“, zweitens auf einem Berg, und drittens ein steiler Anstieg. Ist ja auch eine Burg. Muss ja auf einem Berg stehen. Also doch vor dem Vergnügen, erst die Arbeit. Ich hoffte doch, wie so viele, die neben und hinter mir sich keuchend den Berg raufschleppten, zwischendrin immer mal wieder pausierend nach Luft schnappend, dass sich das Bezwingen dieses Berges auch irgendwie lohnen würde. Zwischendrin konnte man sich schon mal an den unterschiedlichsten Aussichten erfreuen, denn die Stadt, und somit die Burg, liegt an einer schönen Stelle am Main.
Burg, Queen – Begriffe, die man durchaus verbinden kann. Standesgemäße Location für die „Queen of Metal“, passt ja wirklich gut. Von drei Seiten mit Mauern umschlossen, betraten wir den Burghof und reihen uns ein in die lange Schlange der Doro-, Walock- und Kuttenpatches von diversen Bands. Unter anderem taucht da ein Bandname öfter auf als andere. Oversense.
Oversense
Oversense waren als „Mauernniederreißer“ (Selbstbezeichnung) schon öfter als Support mit dabei. Dass sie nicht nur Mauern niederreißen, sondern auch „Vorwärmen“ können, zeigen sie, die einfach mal zehn Minuten früher anfangen als angegeben. Macht ja nichts, denn der Sound wird durch die Mauern in eine Richtung gedrängt, sodass auch die Warteschlange am Einlass direkt in den Genuss ihres Erfolgssongs Fire kommt. Das ist doch mal eine Ansage gegen Online-Hass, Online-Hetze und allem was dazugehört. Das Publikum wird schon mal direkt in die Vollen getroffen und kann erst wieder bei Love Luft holen, einer typischen Metal Melodic Hymne, wobei der Songtitel ebenso ein Wolf im Schafsfell ist. Was für ein Einstieg. Die Menge bewegt sich entsprechend, mit Haare schütteln, händchenhaltend, mitgrölend und mitsingend und etwas nachdenklich. Nicht umsonst ist das Video zum Song mit Triggerwarnung versehen.
Nach kurzer Begrüßung von Sänger Danny, dass sie ja nicht von so weit weg kämen, das heißt eigentlich ein Heimspiel hätten, also aus „noch Franken“ ging es weiter mit Deep Rest aus 2024, einer typischen Rebel Metal-Nummer, mit ebenso nachdenklichem Inhalt. Tear me down… natürlich. Nein, das Publikum lässt sich nicht runterziehen, im Gegenteil. Danny fragte, ob die Menschen Bock hätten, bei Be mitzumachen, einem neueren Stück von der letzten CD. Keine Frage, direkte Antwort. Eigentlich als Duett mit Herma Sick geschrieben, übernahm Danny, das Multitalent, ebenso ihre Parts, wie den seinen und gab der ohnehin schon gewaltigen Modern Melodic Metal-Nummer somit einen eigenen Charme. Charme hatte auch Annikas Wechsel der Gitarre, nämlich optisch sehr gut zu erkennen an der nun rosafarbenen Gitarre. Passt gut als Gegensatz zum Warrior-Look der Band.
„Wertheim ist daaaa…“ wurde von den Mauern zurückgeworfen, sodass es Doro schon mal hören sollte, denn Oversense seien ja nur die „Vorwärmer“ laut Danny und das Publikum sollte mal laut sein. In Time, ein brandneuer Song, „sei ein bissl schneller“, und Wertheim sollte nochmal Gas geben, was bei der Nummer nun wirklich sehr leicht fiel. Langsam senkte sich die Sonne so weit, dass sie den Musikern direkt ins Gesicht schien, somit der Kommentar von der Bühne kam, „ich seh‘ nichts mehr, aber Hauptsache, ihr seht uns.“ Von einem der ersten Songs der Band, nämlich White Wolf gibt es auch eine recht witzige Quarantäne-Version als Video. Das nur als Nebeninfo. Auch diese Band gäbe es nicht mehr, wenn Fans sie nicht so unterstützen würden und unterstützt hätten. Das C.-Problem ist noch gar nicht so lange her. Aber sie werden gesehen und gehört. Gehört werden sollte auch Waste, der darauf abzielt, nicht immer auf das Internet und die Sozialen Medien zu hören, sondern auf sich selber und alles sein zu können, was man will. In dem Fall von Oversense eine starke, überzeugende Truppe, mit starker Musik, mit starken Inhalten und einer mächtigen Bühnenpräsenz. Gerne auch mal wieder nicht als „Vorwärmer“ von Doro, sondern als Headliner.
Setlist: Fire // Love // Deep Rest // Tear Me Down // Be // In Time // White Wolf // Waste
Doro
Doro, the Queen of Metal gab sich mal wieder die Ehre in der Burganlage Wertheim um sich und den Metal zu feiern. Schon beim Gang über die Wehrmauer in Richtung Bühne wurden von Doro standesgemäß die Pommesgabeln als Gruß mit dem Publikum ausgetauscht.
Mit einem jugendlichen Hüpfer sprang die Dame des Metals auf die Bühne, nachdem ihre langjährigen Mitmusiker schon die Bühne vorbereitet hatten. Es ist Time for justice vom 2023er-Album Conqueress. Ja, richtig gelesen, Doro hat noch ein neueres Album rausgebracht. Es gibt nicht nur die alten Klassiker zu hören, sondern auch mal was Neues. Mit ihren etwas über 60 Jahren steht sie immer noch ihre Frau auf der Bühne, seit dem sie als erste Frau auf dem damaligen Monsters of Rock auftrat. Daran hat sich nichts geändert, mit dem Klassiker I Rule The Ruins ging es schon wieder in die Annalen ihrer umfangreichen Musikgeschichte. Das Publikum immer wieder anfeuernd, schon fast familiär begrüßend, denn viele sind zum vielmaligen Besuch bei Doro, und das macht die Atmosphäre aus. Raise Your Fist (in the Air), immerhin auch schon 13 Jahre her, begeisterte die doch durchweg älteren Fans durch die Bank. Viele haben sicherlich die allerersten Konzerte miterlebt, damals mit Warlock oder ein Duett mit einer der vielen, ganz großen des Heavy Metals. Musikalische Lebenserfahrung hat sie ja genug. So eben auch Burning the Witches, ebenso eine Warlock-Nummer wie Fight for Rock oder mit einer der ersten Eigensongs wie Unholy Love laden zum Mitsingen ein, den textsicher ist das Publikum.
Dann fand sie in der Menge einen Fan mit einem Dreizack und fragte, ob er auch bei der Metal Queen Metal-Cruise gewesen sei, was er bejahte, und sie leitete direkt damit Warriors of the Sea ein, extra für die Metal-Cruise geschrieben. Und wieder ein Zeitsprung… Für Immer… ach… Gänsehaut pur. Seit 1987 bestimmt schon tausende von Male gespielt, Millionen von Liebesbekenntnissen, die alleine dieser Song unterstützte. Fire in the Sky auch ein Conqueress-Song lässt Doro wieder das alte, bewährte Tempo aufnehmen, und sie zeigt, dass Frau auch immer noch die Stimme hat, um solch eine Temponummer live zu performen. Metal Racer und Hellbound wieder als Zeitsprung zurück. Oft kam von ihr eine kleine Anekdote zu den Songs, mit wem sie den das erste Mal gesungen hatte oder geschrieben hatte. Und davon gibt es ja nun sehr viele. Den Part von Udo Dirkschneider beim Song Breaking the law sollte das Publikum übernehmen, die extended Version von All We Are forderte die restlichen Kapazitäten der mitgealterten Menschen im Burggraben. Die Doro-Warlock-Hymne schlechthin.
Aber damit ist ein Doro-Konzert noch nicht vorbei. Aus den Fangruppen, Publikum, Internet gewünschte Songs hängte sie noch hinten dran. „Manche Songs sind 20 Platten her, da weiß man gar nicht, was man alles spielen soll“, eben zum Schluss „ein Absacker, wieder ein Mitsinger“ – All for Metal – „Ja, Wertheim, so soll es sein“.
Das ist eben Doro. Eine Queen. Wir verneigen uns. Mal wieder.
Setlist: Time for Justice // I Rule the Ruins // Raise your Fist // Burning the Witches // Fight for Rock //Unholy Love // Warriors of the Sea // Für Immer // Fire in the Sky // Metal Racer // Hellbound // Children of the dawn // Breaking the Law // All We Are // Revenge // Love Me in Black //Stay Hard // All for Metal //
Bilder und Bericht: Patrick
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