Konzertbericht: Heaven Shall Burn & Trivium in Frankfurt

Mit über einem Jahr Verspätung war es nun so weit. Heaven Shall Burn gingen zusammen mit Trivium auf große Europatour. 26 Stopps standen dabei auf dem Plan und zum krönenden Abschluss ging es am 20.02.2023, dem Rosenmontag, in die Jahrhunderthalle in Frankfurt. Wer also nicht so auf Helau und sowas stand, war hier genau richtig. Als Support über die ganze Tour dabei waren Obituary und die Engländer Malevolence. Warum Marcus sich letztendlich doch seines Hemdes entledigt hatte, eine Brille für einen kurzen Schreckmoment gesorgt hatte, die Setliste einen extra Song spendiert bekam und was die erste Reihe damit zu tun hatte, erfahrt ihr hier!

 

Nachdem der Einlass sich etwas verzögert hatte, ging es aber pünktlich mit der ersten Band los. Der Soundtrack aus dem Film Bad Boys ertönte und Malevolence stürmten förmlich die Bühne und legten sofort mit einem ordentlichen Brett los. Direkt beim ersten Song Malicious Intent, formte sich ein beachtlicher Moshpit, welcher auch den restlichen Gig über Bestand haben sollte. Sänger Alex hatte allerdings eine kleine Bitte: Er bräuchte nur die restlichen 30 Minuten alle Energie der Crowd. Will er haben, bekommt er auch. Neben dem Neverending Pit schwangen schon etliche die Haare zu dem nächsten Song Life Sentence. Kurz unterbrochen nur von der üblichen Dankesrede, welche aber sehr sympathisch verpackt wurde, ging es dann auch schon mit Self Supremacy weiter. Dazu forderte er, einen großen Graben zu bilden, den größten, den die Tour bisher hergab. Und auch das bekam er geliefert. Aber anstatt ineinander, wie üblich bei einer Wall of Death, rannten die Menschen aneinander vorbei und gingen so nahtlos in einen riesigen Circle Pit über. Auch ließ es sich Alex nicht nehmen, mal von der Bühne zu klettern und vorne an der Absperrung zu singen. Bei Higher Place, einem der langsameren und melancholischeren Stücke der Band, hatte dann auch Gitarrist Konan Hall seinen großen Auftritt, denn der Song ist zum Großteil von ihm gesungen. Zu seiner fantastischen, tiefen Stimme, wurden im Publikum die Handys gezückt, um die Menschenmenge in ein Lichtermeer zu verwandeln. Malevolence konnten mit einer energetischen Art und ihrer großen Spielfreude absolut überzeugen und räumten unter wohlwollenden Applaus das Feld.

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Als Nächstes gab es für alle Fans des guten old school Death Metal eines auf die Ohren. Seit den frühen 80ern unterwegs, sind Obituary längst alte Hasen im Geschäft. Und genau deswegen fiel es den Urgesteinen des Florida Death Metal, rund um die Gründungsmitglieder John Tardy, Trevor Peres und Donald Tardy ziemlich leicht, das Publikum sofort in ihren Bann zu ziehen. Von Beginn an war ausgelassenes Headbangen angesagt, auch wenn sich generell weniger Bewegung in der Crowd zeigte. Was aber nicht weiter tragisch war. Den Start machten die Songs Redneck Stomp und Sentence Day, bevor es mit A Lesson in Vengeance und Visions in My Head in die nächste Oldschool Runde ging. Es folgten The Wrong Time, My Will to Live und Dying of Everything, dieser ist auch der Titeltrack des erst kürzlich erschienenen gleichnamigen Albums, dessen Artwork den Hintergrund als Backdrop zierte. Zu A Lesson in Venegeance hatte Drummer Donald auch noch etwas Unterstützung. Ein mir nicht bekannter Mann schnappte sich zwei Drummsticks und bespielte die rechte Seite des Kits, während Tardy sich links vornahm. Coole Showeinlage. Begleitet wurde das komplette Set auch mit ordentlichen Nebelfontänen, welche die Bühne leicht einhüllten. So spielten sich die fünf Herren durch ihr Set, vollkommen routiniert und ohne viel Schnickschnack und Gelaber, aber mit sehr viel Energie und Spielfreude. Denn irgendwie hatte es den Anschein, als ob Sänger John Hardy regelmäßig versuchte, seinen einen Gitarristen im Spaß um zu schubsen.

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Dann folgte die erste große Umbaupause, denn wie wir wenig später herausfanden, ging hinter dem schwarzen Vorhang, welcher die Bühne verhängte, einiges vor. Als dann pünktlich der Vorhang mit den ersten Tönen von The End of Everything fiel, war schon absolute Party angesagt. Von Beginn an war die Crowd dabei, sang, sprang und ließ ausgelassen die Haare fliegen. Zudem machten sich die ersten Crowdsurfer auf den Weg. Auch auf der Bühne war die Freude kaum zu übersehen. Ein sehr gut aufgelegter Matt Heafy hüpfte ausgelassen wie ein Flummi über die Bühne, immer schön die Zunge herausstreckend! Auch die anderen liefen zu Höchstformen auf. Ebenso wie die Menschenmenge. Diese startete auch gleich mal wieder einen stattlichen Circle Pit, der dann nahezu nahtlos in einen Moshpit überging, der die kompletten vorderen Reihen erstmal ordentlich komprimierte. Nachdem man sich dann erstmal eh nicht mehr bewegen konnte, hatte ich Zeit, mir mal die Bühnendeko genauer anzusehen. Ein großes Backdrop, welches Drachen und untote Zombie Samurai im klassischen asiatischen Stil zeigte, angelehnt an das Album In the Court of the Dragon, zierte die Rückwand. In der Mitte stand das Podest von Drummer Alex, welcher im Rücken einen Pagoden ähnlichen Aufbau mit dem Trivium Schriftzug hatte. Auch wurden seitlich große Aufsteller und jeweils eine imposante Drachenstatue geparkt. Aber zurück zum Set. Es wurden Songs wie Rain, A Crisis of Revelation und Strife zum Besten gegeben. Zu Shattering the Skies Above luden sie sich tatkräftige Unterstützung in Form von Josh Baines von Malevolence auf die Bühne. Bei Pillars of Serpents und In Waves durfte „thatdudefromhsb“ Alex Dietz ran. Bei ersterem forderte Heafy eine riesige Wall of Death ein, die größte der Tour… Moment, das kommt mir irgendwie bekannt vor :). Tatsache war aber, was er will, bekommt er auch, und so teilte sich mal wieder die Menge. Und ja, die war wirklich schon ordentlich und bis dahin die umfangreichste des Abends, sehr zur Freude der Band. Zwischendurch brach mal kurz Panik bei der Security aus, da irgendwas im Circlepit vor sich ging, was diese nicht gleich einordnen konnten. Die Bodenmatten, welche in Streifen ausgelegt waren, hatten sich gelöst und Falten geworfen, daher sind einige in der Dunkelheit und beim Rennen über diese gestolpert. Nachdem die Falte etwas aus der Schusslinie geschoben wurde, ging es weiter und einmal quer durch die Diskografie mit The Defiant, Kirisute Gomen, Like a Sword Over Damocles, To the Rats und auch The Heart From Your Hate. Selbstverständlich durfte die obligatorische Dankesrede auch hier nicht fehlen, inklusive einer Anekdote, dass sich Heaven Shall Burn und Trivium ja schon so lange kennen, dass eine Tour der beiden auch schon längst überfällig war. Sahen die Fans ganz genauso! Zum Abschluss gabs noch Pull Harder on the Strings of Your Martyr auf die Ohren und auch die Crowd gab nochmal alles. Ein sehr gelungener Auftritt einer überaus gut gelaunten, spielfreudigen Band und schon jeder Menge Crowdsurfer!

Danach teilte sich in der Umbaupause unüblicher Weise die Menge, denn die fiese, definitiv nicht „Trivium approvte“ Bodenmatte, wurde ihrer Bewegungsfreiheit beraubt und kurzerhand durchgeschnitten, wieder glatt gebügelt und mit ordentlich Panzertape fixiert. Wir wollen ja nicht, dass alle durch die Gegend purzeln! Auch verteilte die Security spontan kleine Tetrapaks mit Wasser in den ersten Reihen, vielen lieben Dank dafür!

Mittlerweile war auch die Bühne wieder verhüllt und ein riesiger Vorhang mit dem Motiv der Tirpitz zierte die vordere Kante. Während dann die ersten Töne des Opener Songs My Heart and the Ocean von Heaven Shall Burn erklangen, wurden hinten dran schon die Lichter hochgefahren. Als der Track dann voll einstieg, fiel das Kriegsschiff und die Konfettikanonen gingen mit einem Knall los. Jetzt konnten wir auch erstmals einen Blick auf den hinteren Teil der Bühne werfen, Holy Moly. Ein riesiger Aufbau, welcher von unten wie ein V und von oben wie ein nach unten gerichtetes Dreieck platziert und mit Videowall Elementen ausgestattet war, wurde sichtbar, unten in der Mitte war zentral das Podest von Drummer Chris ausgerichtet. Richtig spektakulär! Während sich vorne die Band schon den Arsch abspielte, lief auf der Wall das Video zu dem Song mit. Menschen wie ich, die eine ausgeprägte Affinität zum Meer haben, mussten sich dann schon ein Tränchen verkneifen. Mittlerweile war die Crowd schon wieder mal zur Höchstform aufgelaufen und legte wiederholt ordentlich los. Etliche Surfer fanden ihren Weg in die Arme der sympathischen Securitys. Mit Bring the War Home und Übermacht wurden uns dann anschließend die nächsten Knaller um die Ohren gehauen, ebenso mit Voice of the Voiceless und Hunters Will Be Hunted, während im Hintergrund entweder die passenden Videos, oder thematisch passende Muster über die Bildschirme flimmerten. Immer wieder untermalt von Feuerfontänen. Jetzt wäre eigentlich der Zeitpunkt gewesen, wo sich Marcus schon seines Hemdes entledigt haben sollte, aber nix da, immer noch an! Das fand die first Row Squad auch komisch und zettelte kurzerhand „Ausziehen“ Rufe an, welche mit Lachen auf der Bühne quittiert wurden. Marcus rief nur ganz frech zurück, dass wir das bekommen, was wir wollen, wenn ihm das gefällt, was das Publikum tut. Alles klar, wir hatten einen Deal. Und mit dem, was uns gefällt, ist mit Sicherheit kein cleaner Gesang gemeint, auch wenn ein gewisser Herr sich damit raus mogeln wollte ;). Aber erstmal weiter… Zu Whatever I May Take holten sich die Jungs Verstärkung von Matt auf die Bühne, der alleine zurückgeblieben ist, um den Song zu performen, während der Rest von Trivium schon auf dem Rückweg war. Gegen Ende von Profane Believers stoppte Marcus den Track, im Publikum hatte sich im Pit eine Schutzmauer gebildet. Da kann er natürlich nicht weg sehen und musste erstmal klären, ob jemand verletzt ist. Gerade auch wegen solchen Reaktionen lieben wir euch! Aber Entwarnung, es ging „nur“ eine Brille verloren. Laut Alex aber auch ein Grund eine Sperrzone zu errichten, denn „die Teile kosten mittlerweile ´nen Batzen Geld!“ Bis die Brille gefunden wurde, nutzte Molle die Gelegenheit, sich mal die Leute anzuschauen und stellte fest, dass er die da mit der Jeansweste (Grüßchen an die liebe Anna!) und ein Pärchen dort auch kennt, da die schon auf einigen Konzerten der Tour gewesen waren. Und um sich bei der ersten Reihe und den Support durch diese zu bedanken, beschlossen sie einen spontanen Zusatzsong zu spielen. The Weapon they Fear, Ungeprobt, aber egal! Geil wars! Das war irgendwem auch einen Setlist.fm Eintrag wert. Dort steht der Track bei Frankfurt drinnen, mit dem Zusatz „Dedicated to the first row fans!“ :). Die probierten dann direkt mal wieder das mit dem Ausziehen, aber immer noch erfolglos, trotz des Feuers. Auch hier war es nun Zeit für eine nette Danksagung an alle Mitwirkenden und auch an ihre Frauen, welche Zuhause alles geschmissen haben. Mit Black Tears stand dann erstmal das letzte offizielle Lied an, während die Crowd förmlich explodierte und einfach jeder tanzte, sang oder moshte. Aber was wäre ein Gig von den Jungs ohne einen bestimmten Song? Geht nicht, finden wir auch. Deswegen ertönte dann auch das Intro Awoken, eine kurze Ruhe vor dem Sturm, bevor mit Endzeit und einer riesigen Wall of Death der totale, endgültige Abriss eingeläutet wurde! Es folgte noch Numbing the Pain, hier endlich mit einem oberkörperfreien Marcus (yeah, das einzige Mal auf der Tour!), bevor dieser fantastische Gig so endete, wie er begonnen hatte – mit der Tirpitz!

Ob das eine gute Idee war, diese beiden Bands zusammen auf Tour zu schicken…? Verdammt, ja! Haben alle Bands zum Abschluss der Tour nochmal alles gegeben und die Halle komplett abgerissen…? Ebenfalls ein klares Ja!

Ein besonderer Dank und ganz viele Grüße an die tollen Menschen, welche wir hier kennenlernen durften (First Row Squad rules), mit denen wir gefeiert und getanzt haben. Dafür lieben wir Konzerte, denn ihr macht es, neben den Bands, zu etwas ganz Besonderem! Auch die sympathischen, aufmerksamen und fürsorglichen Mannen der Security möchte ich nicht unerwähnt lassen. Ihr habt das toll gemacht! Dankeschön an alle!

 

Fotos: Matthias Mayer

Bericht: Steffi Seubert

Über Steffi 204 Artikel
Fotografin und Schreiberling. Seit Frühjahr 2022 dabei, bin ich bevorzugt auf kleineren Festivals und Veranstaltungen im Bereich Pagan, Viking und Folkmetal, soweit atmospheric Black Metal und Melo Death unterwegs. Zu meinen Lieblingsbands zählen unter anderem Vanaheim, Cân Bardd und Dark Tranquillity.

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