
Am Abend des 09. März 2025 feierten Irdorath den Abschluss ihrer allerersten Europatour im Maschinenhaus in Berlin. Auf dem Programm standen sehr viele positive Emotionen und pure Spielfreude, durch welche die ursprünglich belarussische Band die Herzen ihrer Fans höher schlagen ließ. Untermalt wurde dieses gefühlvolle Spektakel durch den Support von Lucina Soteira, welche das Publikum mit ihrer Sympathie sofort in ihren Bann zog. Auf den Schwingen der musikalischen Darbietungen ließen sich alle Anwesenden vollends verzaubern.
Mit Beginn des Einlasses um 19:00 Uhr trudelten dann auch nach und nach die vorfreudigen Fans in die beschauliche Location ein. Viel Zeit musste vor dem Konzert für den Gang zur Bar oder das Inspizieren des Merchandise-Standes jedoch nicht eingeplant werden, denn aufgrund der überschaubaren Größe des Maschinenhauses lag alles sehr eng beieinander. So hing insgesamt eine wohlige Entspanntheit in der Luft, welche sich durch den kompletten Abend ziehen sollte. Trotz der kuscheligen Enge der Location blieb den Zuschauenden ausreichend Platz zum Tanzen und Genießen, weil das Konzert leider nicht ausverkauft war. Allerdings war hierbei auch Vorsicht geboten, damit die eigenen Schuhe nicht verloren gingen, denn der Boden klebte so extrem, dass es teilweise nur mit Mühe möglich war, sich von der Stelle zu lösen.
Lucina Soteira
Etwa eine Stunde nach Einlass fand sich dann der Support des Abends auf der Bühne ein. Frontfrau Luci van Org und ihre beiden maskierten Bandkollegen stimmten das Publikum mittels ihres mystischem Psychedelic Wave auf den zauberhaften Abend ein. Mit acht gefühlvollen und mitreißenden Darbietungen konnte das Trio durch reine Sympathie und Spielfreude überzeugen. Aber nicht nur musikalisch, sondern auch linguistisch boten Lucina Soteira eine äußerst kraftvolle Show. Durch die Vermischung von Englisch, Deutsch und Latein entfaltete sich die Wirkung der teils gesellschaftskritischen und teils okkulten Texte in einer sprachlichen Dreidimensionalität, welche es schaffte den Botschaften der einzelnen Lieder deutlich mehr Kraft zu verleihen. Das als tot definierte Latein, wurde hierbei eindeutig wieder zum Leben erweckt.
Direkt zu Beginn des Auftritts, stellte sich heraus, dass Luci van Org viel zu dicke Schuhe anhatte, denn die Plateau-Sohle machte es ihr schier unmöglich, das Pedalboard am Boden präzise zu bedienen. So waren einige Missgeschicke vorprogrammiert, doch diese machte die gut gelaunte Frontfrau mit witzigen Anekdoten und ihrer unbeschwerten Art wieder wett. Es entstand eine Art fröhliche Düsternis im Raum, welche den Charakter der musikalischen Darbietungen perfekt untermalte. Mit O Caligo wurde die Dunkelheit dann auch feierlich gepriesen, denn in der Dunkelheit sei niemand gezwungen sich hinter Masken zu verstecken. Luci van Orgs genoss ihren Auftritt sichtlich und breitete passend zur Textzeile „Die Nacht verleiht mir Flügel“ ihre Arme aus. Dabei verlieh die rauchige Note in ihrer Stimme der Atmosphäre noch deutlich mehr Tiefgang. Das Publikum wirkte wie in einem hypnotischen Bann, rückte immer ein Stückchen näher an die Bühne heran und schwang wohlig im Takt der Musik hin und her. Vor dem Beginn des dritten Songs, musste die Menge der Sängerin erstmal beweisen, ob sie an Magie glaube, denn es folgte die Performance eines Zaubers. Doch Magie sei am kraftvollsten, wenn sie von vielen Menschen ausgeführt werde. Deshalb wurden alle dazu angehalten, den Zauber durch den Glauben daran mit zutragen. Somnio wurde zu einer magischen Kraft, welche sich gegen alle Personen richten sollte, welche Luci van Org in politischer Hinsicht ein Dorn im Auge sind. Dieses klare Statement gegen Putin, Trump und Co. traf bei den Zuschauenden auf sehr großen Zuspruch. Mit voller Inbrunst in der Stimme und fordernder Überzeugung nahm der Zauber schließlich seine Form an.
Spätestens ab Pure Love entstand zunehmend das Gefühl, Lucina Soteira würden mit ihrem Auftritt eine Art persönliche Bindung zu jeder einzelnen Person im Raum aufbauen. Dies wurde durch die sehr offene und herzliche Kommunikation zwischen den einzelnen Songs noch untermalt. Das Übermaß an Publikumsinteraktion stellte einen sehr guten Ersatz für die sonst eher wenige Bewegung auf der Bühne dar. Die With My Head Held High wurde als sehr lebensbejahendes Lied über den Tod angekündigt, was für einige Lacher im Publikum sorgte. Das Musikvideo hierzu spielt in einer wunderschönen Ruine in Schottland, welche einmal der Wohnsitz des bekanntesten Okkultisten des Landes gewesen ist. Hierzu stellte Luci van Org nur fest, dass sich Liebe ganz oft an Orten findet, wo man sie am wenigsten vermuten würde, schon gar nicht im Haus eines der bösesten Menschen der Weltgeschichte. Doch dieser Ort übte solch eine Faszination auf die Sängerin aus, dass sie ihn dennoch zum perfekten Drehort erklärte. Es folgte ein, für Luci van Org, sehr aufregender Teil des Abends, denn die Performance von Waves, Rays and Fire, einem brandneuen Song, stand ins Haus. Mit einem leichten Flattern in der Stimme stellte die Sängerin sich ihrem Lampenfieber und besiegte die Angst schließlich, als sie aus tiefster Seele „non timeo“, was übersetzt „Ich fürchte mich nicht“ bedeutet, herausschrie.
Mit der energischen und fordernden Performance von Mein Wille und der Botschaft, dass die Liebe alles besiege in Amor Vincent Omnia, fand der Auftritt von Lucina Soteira seinen krönenden Abschluss. Die Band hatte es geschafft, das Publikum auf emotionale und intime Art und Weise perfekt in den Konzertabend einzustimmen und hinterließ ein wohliges Gefühl an prickelnder Freude, welche auch noch anhielt, als der Bühnenumbau für den Headliner des Konzerts begann.
Setlist: Tempel // O Caligo // Somnio // Pure Love // Die With My Head Held High // Waves Rays and Fire // Mein Wille // Amor Vincent Omnia
Irdorath
Die Vorbereitungen auf der Bühne dauerten etwa 20 Minuten und während dieser Zeit wurde schnell erkennbar, mit welcher Vielzahl an Instrumenten Irdorath zugegen sein würden. Das Publikum wartete geduldig und eine gespannte Vorfreude lag in der Luft. Diese wurde umso größer, als sich das Maschinenhaus langsam verdunkelte und nebelige Schwaden das Bühnenbild umhüllten. Blaues Licht untermalte das mystische Geschehen. Zu der Melodie eines düsteren Intros nahmen dann nach und nach alle sechs Musiker und Musikerinnen ihre Plätze ein. Das Konzert begann zunächst mit dem ruhigen und düsteren Gesang von Nadzeya Kalach, welche von Uladzimir Kalach auf der Maultrommel begleitet wurde. Als dann auch der Rest der Band mit dem Spiel begann, zog sich bereits eine packende düstere Stimmung durch die Zuschauerreihen. Doch die Freude der Band über den Auftritt konnte das Showelement der Düsternis sehr schnell übermannen. Mit dem zweiten Song Dimma Juda kam dann auch deutlich mehr Schwung ins Spiel und die Musik wurde sehr viel lebhafter. Das Publikum ließ sich von den dargebotenen mittelalterlichen Folk-Rhythmen zum Tanzen verleiten und ging, ähnlich wie die Spielleute selbst, ganz in den Melodien auf. Durch eine ganz individuelle Art von Sprechgesang erhielt die Darbietung erst ihren tiefen Charakter. Spätestens beim dritten Lied As Bas spürte wirklich jede Person im Publikum die unbändige Freude, mit welcher Irdorath diesen Auftritt zelebrierten. Dies wurde mit wildem Tanzen und rhythmischen Bewegungen von der Menge belohnt.
Die Band hatte für ihr erstes Konzert in Berlin all ihre Lieblingssongs und jede Menge Spaß im Gepäck. Auf dem Plan standen aber auch zahlreiche Instrumentenwechsel. Mit Drehleier, Dudelsäcken, einem E-Cello, einem Didgeridoo, verschiedenen Flöten, dem Schlagzeug und der Maultrommel, glich das Repertoire des Sextetts schon fast dem einer Folk-Big Band. Jeder Jubel aus dem Publikum wurde von allen auf der Bühne genossen und versüßte der Band sichtlich ihren Tourabschluss. Mit Zhahi-Zhahi erzählten Irdorath dann eine interaktive Gruselgeschichte, für welche die Zuschauenden dazu aufgefordert wurden zu Monstern zu werden und bei „Loah Loah Loah Loah“ laut mitzusingen und mit zu Monsterkrallen geformten Händen zu winken. Wenn einige Personen noch einen letzten Eisbrecher gebraucht hatten, dann war es wohl diese Interaktion gewesen. Für Drachen, den einzig deutschen Song des Abends, erhielt das Sechsergespann die Unterstützung ihres guten Freundes Aldo aus der bekannten Mittelalter-Band Corvus Corax. Dieser lieferte zusammen mit Nadzeya und Uladzimir eine äußerst beeindruckende Dudelsack-Performance. Die drei animierten das Publikum zum fröhlichen Springen. Als nach einer spannenden Reise in die belarussische Mythologie mit Varazheya aus den Reihen der Zuschauenden dann die ersten erschöpften „Puhhh“-Seufzer erklangen, konnte sich Nadzeya einen kleinen Witz nicht verkneifen. Sie berichtete davon, dass die Band ihre Musikrichtung, wenn sie danach gefragt werde, auch gerne als Fitness-Folk betitelte, weil es auf einem Konzert durch das Tanzen und Bewegen durchaus sehr anstrengend werden könne. Doch das angeheiterte Publikum nahm diese Anstrengungen sehr gerne auf sich. Mit Kupala Na Ivana wurde es dann sehr traditionell und man konnte es förmlich spüren, wie stolz alle auf der Bühne waren, ihre Traditionen auf diese Weise mit der Welt teilen zu können.
Irdorath kreierten einen ganz besonders emotionalen Moment, als sie ihre Managerin auf die Bühne holten, um ihr für alles zu danken, was sie für die Band erreicht hatte. Dank ihr war es dem Sextett erst möglich, seinen ganz neuen Weg zu finden. Insgesamt war auch die positive Zuneigung der Musiker und Musikerinnen untereinander deutlich spürbar. Dennoch spielt die Härte ihrer Geschichte eine große Rolle im Werdegang der Band. Ihre Erfahrungen und Gefühle bezüglich der Zeit in Gefangenschaft und ihrer Flucht nach Deutschland wurden in Liedern wie Ketri oder Zorami eindrücklich verarbeitet. Hierbei stand allen auf der Bühne die Angespanntheit ins Gesicht geschrieben. Solche Erlebnisse gehen niemals spurlos an jemandem vorbei. Doch die Freude an der Musik machte diesen emotionalen Ausflug ganz schnell wieder wett. Das Publikum durchlebte eine Berg- und Talfahrt an Gefühlen und war völlig überwältigt. Mit 18 traumhaften Darbietungen schafften es Irdorath sich in die Herzen ihrer Fans zu musizieren und sich selbst einen Tourabschluss zu bescheren, welcher nicht würdiger hätte sein können.
Mit einem berauschten Gefühl der Verbundenheit und purer Freude, schwelgte das Publikum noch ein paar letzte Momente im Restzauber des Konzerts, ehe sich jede Person nach und nach ihrem nächtlichen Heimweg widmete. Sämtliche gesammelten Eindrücke verwandelten sich in unvergessliche Erinnerungen.
Setliste: Lesavik // Dimna Juda // As Bas // Serca Rascolata // Lojma // Zhahi-Zhahi // Drachen // Varazheya // Kupala Na Ivana // Adde Duas // Rusalka // Vuzhalka // Ketri // Zorami // Hto Ja? // Introducing Song // Vaukalak // Maci Syra Ziamlia
Bericht: Jenny
Bilder: Andreas
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