Am 12.12.2023 waren Kirlian Camera im Nachtleben in Frankfurt zu Gast. Die Band wurde 1980 in Italien von Angelo Bergamini gegründet. Der Stil ist sehr avantgardistisch und experimentell, vordergründig im Dark-Wave oder Elektro-Wave angesiedelt, es finden sich auch klassische Neofolk-, Techno- und zum Teil einzelne Trip-Hop-Passagen im unverwechselbaren Sound. Das spiegelt sich auch beim schwarzbunten Publikum wider.
An diesem Tag gab es keine Vorband, so konnten Kirlian Camera sofort loslegen, leider nur zu Dritt. Ob es Teil der Show war oder der Größe des Nachtlebens geschuldet war, befand sich der Beamer fürs Backdrop vor der Band, dadurch wurde die seit 2000 fest in der Band integrierte Sängerin Elena Alice Fossi selber zum Kunstobjekt, da sie Teil vom Hintergrund war, obwohl sie natürlich vordergründig auch so alle Aufmerksamkeit auf sich zog. Bereits beim ersten Song kam Bewegung in die Besucher, der Sound klang düster betörend durch den Raum und zog alle in den Bann. Selbstverständlich konnte K-Pax nicht fehlen, einer der Songs, der nach wie vor auf europäischen Club-Playlisten zu finden ist, obwohl er fast schon 20 Jahre alt ist. Alleine in diesem Lied ist fast die komplette Bandbreite zu hören, die Kirlian Camera ausmacht, atmosphärischer Gesang, eingespielte Textsamples, von sattem Bass geprägter Sound, der auch tragend melancholisch daher kommt. Spätestens danach war das Publikum endgültig voll mit dabei, was der Applaus und die wohlwollenden Rufe bewiesen. Im Hintergrund waren immer wieder kahle Bäume, der Wirklichkeit entfremdete Städte und dystopische Ebenen zu sehen, die sich auf Elena abzeichneten und sie zu einer surrealen Fantasie werden ließen.
Die Texte, hauptsächlich in englisch, aber auch in französisch, italienisch oder deutsch gehalten, kamen in vielerlei stimmlichem Gewand daher. So verstand es Elena, ihre Stimme mal hart und direkt klingen zu lassen, dann wieder weich, tragend und melancholisch tief ins Herz gehend. Genauso kam der fein geschliffene Sound von Angelo dazu und verband das Ganze zu diesen wundervollen Kompositionen, denen sich einfach niemand entziehen konnte, wenn man das Publikum so beobachtete.
Leider waren sie viel zu schnell von der Bühne wieder abgetreten, kamen noch einmal wieder und ließen schließlich mit Eclipse in der urtümlichen Fassung die Zuhörer noch einmal in ihre surreale Welt abtauchen.
Obwohl ich als Konzertberichtschreiber immer versuche, auf das Publikum und die Wirkung der Musik einzugehen und mein persönliches Empfinden da immer etwas raus zu halten, weil man doch seine Favoriten hat und nicht jede Band den gleichen Stellenwert hat, muss ich diesmal aber sagen, der Auftritt war einfach zu kurz. Es waren ungefähr 80 Minuten inklusive der Zugaben, bei einer Bandgeschichte von 40 Jahren und 14 Studioalben hätte man noch doch ein bisschen dranhängen können.
Mit dieser Meinung stand ich nicht alleine da, der allgemeine Tenor im Publikum spiegelte das wider, was ich dachte. Obwohl glücklich nach diesem Konzert, hörte man mehrere Zuschauer etwas enttäuscht, dass man mit mehr Spielzeit gerechnet hatte. Dennoch war das ein wundervolles Konzert, bei dem man vom allgemein herrschenden Trubel abschalten und sich einfach treiben lassen konnte. Wir hoffen auf 2024, wenn das neue Album Radio Signals for the Dying erscheinen soll und sind auf weitere Konzerte gespannt.
Der Name Kirlian Camera ist die Bezeichnung, wie sollte es anders sein, für eine Kamera. Bei der Kirlianfotografie benannt nach den Erfindern, handelt es sich um ein Verfahren zur Visualisierung von elektrischen Entladungen, die für das menschliche Auge nicht sichtbar sind. In esoterischen Kreisen wird sie als Aurakamera bezeichnet, weil jedes leitende Objekt von diesen Entladungen umgeben ist und diese so sichtbar gemacht werden.
Ein passender Name, immer noch, denn auch nach 40 Jahren hat die Band nichts von dieser „Aura“ verloren.
Setliste:
- Twilight Fields
- The Great Unknown
- Kryostar
- K-Pax
- Heiliger Regen (Stalingrad Valkyrie cover)
- Götter, geht weg!
- Heldenplatz
- Dead Zone in the Sky
- Size Zero
- Edges
- Nightglory
- Sky Collapse
- Blue Room (2023 Version)
- Eclipse (Vintage Version)
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