Konzertbericht: Make A Move auf Hol mich ab Tour im Kesselhaus in Wiesbaden am 28.04.2025

Zu für dieses Magazin sehr ungewohnten Klängen wurde heute ins Kesselhaus des Schlachthofs in Wiesbaden geladen. Mit, unter anderem, Afro-Trap auf den Ohren, betraten zahlreiche Besucher die kleine Location und brachten sich in Stimmung, denn einen Support, der diese Aufgabe normalerweise übernimmt, gab es nicht. Stattdessen legte im FOH ein DJ auf.

All das kann eines bedeuten: Wir befinden uns nicht auf einem Metal-Konzert und für Musik aus der Schwarzen Szene war die Menge deutlich zu hell gekleidet. Tatsächlich sollte an diesem Abend eine ganz andere, aber nicht weniger unterhaltsame Musikrichtung gespielt werden. Aber warum berichtet ein Magazin, das sich auf genannte Musikrichtungen spezialisiert hat, über eine Brass-Funk-Rap-Gruppe? Nun, es ist Zeit für einen Blick über den Tellerrand hinaus, denn diese sieben wunderschönen Menschen reißen regelmäßig Bühnen ab und müssen einem breiteren Publikum vorgestellt werden. Schnallt euch an, genießt die Bassline, denn der Beat ist fett.

Irgendwann wurde das rote Deckenlicht gedimmt und die Bühne wurde in blaues Licht gehüllt. Die ersten Töne von Hol mich ab erklangen und Make A Move betraten die Bühne. Die kleine Halle setzte sich direkt in Bewegung, wenn auch noch etwas zaghaft. Köpfe wippten im Takt, die Mutigen tanzten ein kleines bisschen auf der Stelle. Diese anfängliche Zaghaftigkeit sollte aber bald verfliegen. Der Jubel und Applaus stellte von der Lautstärke her manch ein Konzert im großen Saal des Schlachthofs in den Schatten. Hol mich ab ist nicht nur der Name des ersten Songs und der Tour, sondern auch des neuen Albums, das genau vor einem Monat, am 28.03., erschienen ist. Ein perfekter Grund, um zu feiern. Als ob es zum Feiern immer einen Grund geben müsste. Vor dem zweiten Track Kein Problem machte Sänger und Drummer Jo eine kleine Ansage, in der er das Publikum dazu anwies, aufeinander aufzupassen und die Kleinen nach vorne zu lassen. Dann ging es auch schon mit dem Lied los und die Zeile „Kein Problem für mich“ wurde fleißig aus voller Kehle mitgesungen. Das alles brachte Jo zum Strahlen, wie ein kleiner Sonnenschein, was den gesamten Auftritt über anhielt.

Wie schon erwähnt, haben Make A Move ein Album veröffentlicht, auf das die Band besonders stolz ist. Aber besonders stolz seien sie auf den nächsten Song. Laut Sängerin und Keyboarderin Sophie sei es sogar der interne Lieblingssong der Gruppe. Die Rede ist von Bon Voyage. Hier merkt man sehr, wie unfassbar gut diese Band live ist. Obwohl der Song eigentlich relativ ruhig ist, schaffen MAM es, auf der Bühne für richtig gute Stimmung zu sorgen und den Song mit mehr Power zu spielen, ohne dass der ursprüngliche Vibe verloren geht. Dafür sorgte natürlich auch Tontechniker Clemens, der die Gruppe vor Ort tatkräftig am Mischpult unterstützte und dafür auch einiges an Applaus einheimsen durfte (absolut zurecht; Anm. d. Red.).

Das folgende Lied Bidde Tanz wurde deshalb auch ganz ihm gewidmet. Jo bedankte sich bei ihm nicht nur für den tollen Sound, sondern auch, dass er es mit den sieben aushalten würde, „als sei es nicht so schlimm.“ Auch viel Lärm gab es für die nicht mehr ganz so neue Sophie, die vor über eineinhalb Jahren zur Band stieß und sie seitdem mit Gesang und Keys bereichert. Oder wie Jo es ausdrückt: „Das Dreamteam in der Bridge.“, denn beide Stimmen harmonieren gerade bei Bidde Tanz wirklich wunderschön. 

Mit Bouncen gab es ein weiteres Schmankerl, ein Lied, das seit sieben Jahren live gespielt wird, aber nie aufgenommen wurde. Die Menge nahm den Titel als Aufforderung, denn es war viel Bewegung in der Halle. Während des Songs durfte Niko am Saxophon eine kleine Kostprobe seines Könnens geben, indem er ein Solo spielte, was auf totale Eskalation hinauslaufen sollte. Es begann sehr ruhig und leise, steigerte sich mit jedem Takt, bevor es zum Ende hin immer lauter und wilder wurde, die gesamte Location war am Tanzen, Springen, Ausrasten, dass der Boden nur so bebte. Es folgte Bunte Fahnen. Ein Lied, was aus Wut geschrieben wurde, aber in etwas Positives gewandelt wurde. Ein Zeichen gegen Rechts und für bunte Vielfalt. Im gleichen Atemzug, in dem Bunte Fahnen angekündigt wurde, wurden auch die Sea Punks genannt.

Der Verein Sea Punks e. V., der sich für die Seenotrettung einsetzt, war nämlich auch da, um Spenden zu sammeln. Bei Fliegen gab es Arbeit für die Anwesenden. Die Menge wurde in zwei Hälften geteilt, die beiden Teile des Chorus singen sollte. Das klappte erstaunlich gut und sorgte für einen Moment aus purer Gänsehaut, vor allem als die Instrumente aufhörten zu spielen und man nur dutzende Kehlen singen hörte. 

Für das nächste Lied haben sich MAM etwas Besonderes einfallen lassen. Alle sollten die Augen schließen und einen Moment der Stille genießen. Wenn eine Person es fühlt, sollte sie die Stille brechen und einmal laut „Ey!“ rufen. Das war das Signal, dass die Band einsetzen sollte. Das funktionierte sogar, aber sie mussten nach ein paar Takten tatsächlich noch einmal von vorne anfangen. Überhart ist brandneu und unveröffentlicht, aber bis zu Albumrelease nicht fertig geworden. Sehr schade, denn Überhart ist ein wirklich guter Song, der sehr viel Spaß macht. Auf der Bühne gab es eine kleine Choreografie und hier sah man wunderbar, dass diese Truppe füreinander gemacht ist. Die Energie ist großartig, die Interaktionen untereinander sind schön anzusehen. Der Spaß der Bandmitglieder, auf der Bühne zu stehen und Musik zu machen, ist in jedem Moment spürbar.

Mit Melancholia und Okay wurde das Set etwas ruhiger. Es wurde weniger getanzt, höchstens mal im Takt gewunken. Man konnte durchatmen, etwas verschnaufen, Kräfte sammeln, aber ohne die Stimmung zu vernichten. Das war auch notwendig, denn in der zweiten Hälfte wurde nochmal richtig aufgedreht. Du und Ich brachte die Party wieder zurück ins Kesselhaus. Steffen verausgabte sich an seinem Saxophon mit einem beeindruckendem Solo, welches mit viel Applaus belohnt wurde. Das Publikum wurde in der zweiten Hälfte natürlich auch wieder eingebunden. Die Bläserfraktion der Band begab sich für Nicht so schwer nämlich mitten hinein. Matthieu durfte seine Skills an der Posaune zeigen und legte ebenfalls ein Solo hin.

Es folgte ein Zwischenspiel mitten in der Menge. Niko stand mitten im Saal, ein Kreis aus Menschen formte sich um ihn herum. Eine interessante Mischung aus Klick-Geräuschen, die er mit seinem Mund formte, dem Geräusch der Klappen des Saxophons, die sich kräftig schließen, und gespielter Melodie gepaart mit viel Hall zeichneten sein Solo aus und sorgten für ein Klangerlebnis, was man in der Form eher selten zu hören bekommt. Anschließend verschwand Niko hinter dem Vorhang neben der Bühne und kam erst wieder hervor, als die Menge ihn lautstark auf die Bühne rief. Er hatte zusammen mit Steffen noch ein Geschenk mitgebracht, denn was ist besser als ein Saxophon-Solo? Ein Saxophon-Duett! Und so spielten beide zusammen, während sie von der Crowd angefeuert wurden. Aber nicht zu sehr abfeiern, denn es war ja Montag und am nächsten Tag mussten die meisten arbeiten. Trotzdem gab es mächtig Lärm für Niko und Steffen.

Genau wie Matthieu, denn dieser hatte auch etwas vorbereitet: eine kleine Choreografie, die er gerne mit uns performen wollte. Zuerst mussten alle die Arme bewegen, als würden sie ein Segel hissen, anschließend einen Arm in die Höhe recken und um sich selbst drehen, als seien sie ein Leuchtturm. Die Geschichte dahinter: Alle sollten sich vorstellen, sie seinen auf einem Boot im Sturm und sähen in der Ferne einen Leuchtturm, zu dem sie gelangen wollten. Dafür mussten sie aber auch paddeln. Also wurde gepaddelt, die Segel gehisst und anschließend der Leuchtturm gemacht. Wenn sie den Turm erreicht hatten, war Ausrasten angesagt, also wurde Freestyle getanzt. Matthieu lobte diese Performance mit den Worten „Ihr seid Profis“. Es ging direkt weiter mit Laber mich nicht voll, einem Song für alle FLINTA*-Personen und alle Menschen, die es nicht leiden können, von Männern blöd angelabert zu werden. Live leider ohne The toten Crackhuren im Kofferraum, kam dieser Song trotzdem super an. Es ist einfach eine wichtige Message. Dieser Track hat auch einen besonderen Bezug zu Wiesbaden, denn auf der Tour vor zwei Jahren produzierte die Band zu jedem Tourstopp einen kleinen Song im Tourbus. Aus dem Instrumental des Songs für Wiesbaden ist Laber mich nicht voll entstanden.

Fürs Finale wurde noch einmal richtig aufgedreht. Zunächst mit einem Solo auf der Posaune von Matthieu, bei dem er sein Instrument und seinen Atem an die Grenzen brachte, bis es ins markante Thema von Beat ist fett überging. Nach diesem Abriss blieb nicht viel Zeit zum Durchatmen, denn es folgte nicht nur ein Bass-Solo von Alex, sondern auch ein Drum-Solo und ein Duett aus beidem. Wer hätte gedacht, dass man so viele verschiedene Sounds aus einem Schlagzeug ohne jegliche Toms herausholen kann? Alex am Bass lieferte natürlich auch ab, ohne jede Zweifel, deshalb wurde es Zeit für das letzte Lied, seinen Signature-Song: Bassline. Da gab es dann sogar einen Circle Pit, oder wie es hier für die Nicht-Metaller hieß: „ein großer Kreis-Hoppsa-Lauf“ durch den gesamten Raum. Nach diesem fulminanten Finale wurde es dunkel und Make A Move verließ die Bühne unter viel und lautem Applaus.

Das konnte es doch noch nicht gewesen sein, oder? Natürlich kamen sie der lautstarken Bitte nach einer Zugabe nach. Aber nur, um vorher einmal Werbung für den eigenen Merch und den Sea Punks e.V. zu machen. Magic spielte eine kleine Werbespot-Hintergrund-Melodie, während Jo den Schal, die T-Shirts, die Tennis-Socken und selbst verständlich das Album anpries. Am Merchstand konnte man die Truppe nach der Show auch treffen, sich mit ihnen unterhalten oder sich Autogramme abholen. Es war zwar Montag, aber wenigstens noch für 30, vielleicht auch 40 Minuten.

Bevor es jedoch mit Musik weiterging, musste das Publikum noch einmal etwas tun: Es sollte ein bedeutungsvolles „Uhhhhh!“ von sich geben und wenn es laut genug sei, würde etwas passieren.

Also ging ein „Uhhhhh!“ durch den Raum, das auf ohrenbetäubende Lautstärke anschwoll und Popotin begann. Matthieu kam hier nicht wie in der Vergangenheit oft gesehen im Tutu, sondern im weißen Brautkleid auf die Bühne. Hier durfte man seinen Popo „richtig hart wackeln“ und richtig abgehen. Das ließ sich niemand zweimal sagen. Bouch – trou läutete dann das Ende ein. Matthieu und Sophie begaben sich ein letztes Mal in die Menge und ein letztes Mal gab es nochmal Arbeit. Alle gingen in die Hocke, Matthieu zählte von 10 runter. Bei 0 sprangen alle hoch, die letzten Energiereserven wurden mobilisiert und es wurde vollkommen eskaliert, bis kein Stein mehr auf dem anderen stand. An dieser Stelle musste ein großes Lob an Sophie ausgesprochen werden, die den Rap-Part, den eigentlich Jo performt, auf der Fahrt zur Location gelernt und heute fehlerfrei durchgerappt hat.

Das war es leider auch schon. Nicht ganz zwei Stunden, vollgepackt mit Highlights und Action und noch viel mehr Spaß, die dann doch leider viel zu schnell zu Ende gingen. Make A Move wissen, wie man richtig gute Stimmung verbreitet. Sie alle zaubern auf ihren Instrumenten, verzaubern damit das Publikum und schaffen eine Verbindung, den berüchtigten Funken, der überspringen muss, die ihresgleichen sucht. Kompletter Abriss und totale Eskalation sind angesagt, aber die ruhigen Songs, wie Melancholia oder Okay, funktionieren genauso gut und fügen sich wunderbar ein, ohne fehl am Platz zu wirken. Wenn ihr die Chance habt und irgendwo über Make A Move stolpert, auch wenn ihr eigentlich mit dieser Art von Musik nichts am Hut habt, kauft euch ein Ticket, schaut euch diese Band an. Lasst euch verzaubern, ihr verpasst sonst etwas.

Setlist: Hol mich ab // Kein Problem // Bon Voyage // Bidde Tanz // Bouncen // Bunte Fahnen // Fliegen // Überhart // Melancholia // Okay // Du und Ich // Nicht so schwer // (Zwischenspiel) // (Leuchtturm Choreo) // Laber mich nicht voll // Beat ist fett // Bassline
Zugabe: Popotin // Bouche – trou

Bericht: Eric
Bilder: Thomas

 

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