Unter schwarzer Flagge
Nach 2 Jahren hieß es endlich wieder „Leinen los“ und die MS Rheinenergie konnte am 21.05.22 „Unter schwarzer Flagge“ mit vielen schwarzgewandeten Gleichgesinnten ab Köln in See stechen.
Das Wetter konnte nicht besser sein, das Unwetter des vergangenen Tages hatte sich gelegt, die Organisatoren scheinen einen guten Draht zum Wettergott zu haben, denn bekanntlich findet auch das Amphifestival fast immer bei strahlendem Sonnenschein statt.
Und überhaupt, da haben sich die Macher vom Amphifestival etwas Besonderes einfallen lassen, 6 Wochen vor dem eigentlichen Festival findet jetzt zum 3. Male diese besondere Schiffstour statt, die uns zu dem sagenumworbenen Siebengebirge bringt und uns auf der Fahrt dorthin mit einem Line-up überrascht, das sich sehen lassen kann, das Eventschiff, die MS Rheinenergie bietet auf 3 Decks Platz für bis zu 1600 Menschen, die Bühne liegt innen auf dem Hauptdeck und ist über 2 Ebenen einsehbar.
Die Tickets sind allerdings auf 1333 Exemplare limitiert, damit für alle genug Platz ist.
Los ging es mit dem Einlass um 11.00 Uhr und trotz Taschenkontrolle und Bändchen Ausgabe ging es sehr sittsam und zügig voran.
Die meisten stürmten gleich erstmal das Sonnendeck, um die Aussicht und das schöne Wetter zu genießen. Hardcorefans sicherten sich als erstes die besten Stehplätze vor der Bühne oder einen der begehrten Sitzplätze auf der oberen Ebene.
Um 12.00 Uhr legte das Schiff ab und mit einer kleinen Extrarunde, damit die Besucher das Dompanorama genießen konnten, ging es dann rheinaufwärts Richtung Königswinter zum Drachenfels.
Für Speis und Trank war gesorgt und so gestärkt ging es mit dem ersten Act Ost+Front los.
Ost+Front sind eine NDH Band, um den Sänger Patrick Lange, die allein schon durch ihre skurrilen Kostüme und ihre Bühnenshow den Besuchern richtig Feuer unter den Hintern machen und für sehr viel Unterhaltung sorgen.
Von Rammstein inspiriert, haben sie inzwischen ihren ganz eigenen Stil gefunden.
Zuerst kamen nur die Musiker auf die Bühne und nahmen ihre Plätze ein, zum Schluss betrat Patrick Lange, der unter dem Pseudonym „Herrmann Ostfront“ bekannt ist, in seiner blutverschmierten Schlachtertracht die Bühne und startet mit dem Song Geld Geld Geld von ihrem aktuellen Album Dein Helfer in der Not.
Bei Fiesta De Sexo, dem nächsten Song wurde Hermann gesanglich von Eva Edelweiß unterstützt, die sich passenderweise einen riesengroßen Sombrero aufgesetzt hat.
Im Song Fleisch lüpft Herrmann, Evas Röckchen und auf dem nackten Popöchen steht zur Freude des Publikums „KÖLLE“, was insgesamt für allgemeine Erheiterung sorgt.
Eva Edelweiß unterhält das Publikum, indem sie immer wieder mit einem ihrer Schilder „Applaus“ „Lauter“ „Ich bin hier unfreiwillig“ über die Bühne läuft und sogar mal einen Abstecher in die ersten Reihen unternimmt und den Mutigen unter ihnen, aus einem Infusionsbeutel eine merkwürdige Flüssigkeit trinken lässt.
Mit ihren derben Texten und schrägem Humor in den Songs hatten sie ihr Publikum voll im Griff, hauptsächlich setzten die 6 Berliner Jungs auf Songklassiker wie Gang Bang und Mensch, die frenetisch gefeiert wurden.
Nach etwa einer Stunde verabschiedeten sich Ost+Front mit einem ihrer beliebtesten Songs mit den nachdenklichen Textzeilen Bitte Schlag Mich und dann ging es weiter zum nächsten Highlight.
Der nächste Act wirkte gegen das Blutmassaker sehr reduziert. Faderhead ist das Pseudonym des Elektro-Industrial Sängers Sami Mark Yahya und Keyboard-Begleitung.
Für mich gehört Faderhead zu den musikalisch interessantesten Vertretern der aktuellen Dark-Elektro-Szene, neben seiner gefühlvollen Stimmfarbe, besitzt er eine unglaublich positive Ausstrahlung. Sein fantastisches Sounddesign lädt sofort zum Tanzen ein und begeisterte die Besucher.
Ende 2021 wurde sein neues Album Years Of The Serpent veröffentlicht, sein bisher härtestes und düsteres Album, aus dem er uns All Black Everything und Too Dead For Life mitgebracht hat.
Highlights waren vor allem treibende Stücke wie Know Your Darkness, No Gods-No Flags-No Bullshit und Sick City, aber Sami kann auch sanftere Töne anschlagen, der Song Better, eine Ballade, die Sami 2021 mit Chris Harms von Lord of the Lost aufgenommen hatte, durfte an diesem Abend natürlich nicht fehlen.
Definitiv hat Sami an dem Abend einige Fans dazu gewinnen können.
Während der Zugabe kamen wir schon bei bester Laune in Königswinter an und hier gab es nun bei 3 ½ Stunden Aufenthalt viele Möglichkeiten die Zeit zu verbringen, z.B.
den Drachenfels zu Fuß oder mit der Zahnradbahn zu erklimmen, die urige und sehenswerte Drachenburg zu besichtigen oder einfach nur im Städtchen von Königswinter oder an der Uferpromenade sitzen und es sich in einem der vielen Restaurants und Cafés gut gehen zu lassen.
Auf dem Rückweg entlang der gut besuchten Rheinpromenade
wartete bereits unsere schicke Eventyacht im funkelnden Sonnenlicht auf uns.
Gegen 19.15 Uhr waren alle wieder an Bord, aber es gab eine kleine Verzögerung wegen Bühnenumbau und Probe, bis zur Öffnung der Türen… aber so kamen wir in den Genuss, den Proben von Eisbrecher zu lauschen.
Die 2. Runde wurde von Welle: Erdball gestartet, die Elektro-Ikonen sind schon fast 20 Jahre als imaginärer Radiosender unterwegs und nehmen ihr Publikum jedes Mal auf eine musikalische und optische Reise mit.
Welle: Erdball stehen für eine Mischung aus dem Wave der 80er Jahre, der neuen deutschen Welle, sowie dem Einsatz von elektronischen Hilfsmitteln, wie dem Commodore 64 oder dem Theremin, der leider bei diesem Auftritt nicht eingesetzt wurde.
Die Themen der Songs sind facettenreich, ironisch, manchmal sarkastisch, auf jeden Fall häufig tiefgründig.
Die Bühnenoutfits sind an die 50er Jahre angelehnt, gepunktete Petticoats, die später durch schwarze Lederoutfits getauscht wurden, dazu die Herren in stilvollen Anzügen und coolen Sonnenbrillen.
Nach dem Intro ging es los mit Wir wollen keine Menschen sein und es folgten 13 weitere Tracks aus ihrer langen Laufbahn, Klassiker wie Schweben, Fliegen, Fallen und Ich bin nicht von dieser Welt kamen besonders gut an.
Auch Mumien im Autokino, ein richtiger Ohrwurm, von Welle: Erdball, vorausschauend schon VOR der Pandemie veröffentlicht, wurde begeistert gefeiert.
Zur Erheiterung sorgten riesige schwarze und weiße Bälle, die ins Publikum geworfen und begeistert weiter durch die Luft gewirbelt wurden und immer wieder zur Bühne zurückkamen, überhaupt wurde an diesem Abend das Publikum reich beschenkt und mit in die Bühnenshow einbezogen, außer den üblichen Drumsticks und Plektrons, regnete es bei Welle: Erdball Popcorn (In Tüten) und Papierflieger.
Eine energiegeladene Show und extrem tanzbare Musik, die aber auch Raum für klare politische Botschaften lässt.
Mit Monoton und Minimal verabschiedeten sich Welle: Erdball von ihrem Publikum.
Nach einer kurzen Umbauphase kam dann der Headliner des Abends Eisbrecher, inzwischen wurde es draußen schon dunkel und fast alle kamen unter Deck um Käpt’n Alexx zu folgen.
Die Band um den charismatischen Frontmann Alex Wesselsky präsentiert ihre typischen kraftvollen Eisbrecher-Tracks, wuchtige Gitarren und ein mitreißender Rhythmus heizten die Stimmung auf.
Von der ersten Sekunde an, hatte Alexx die Cruise-Teilnehmer und besonders die erste Reihe sofort in seinen Bann gezogen.
Textsicher hingen sie an seinen Lippen.
Immer wieder stellte er die Nähe zum Publikum her, setzte sich auf den Bühnenrand, drückte Hände, warf sein Handtuch, seine Mütze in die Menge, reichte den Fans eine Flasche Wodka zum Weitergeben durch die Menge. Wer oder was war Corona? 🙂
Ein großer Track reihte sich an den nächsten, für jeden Titel hatte Alex eine schöne Überleitung oder kleine Anekdote parat, dazu kamen mehrere Outfitwechsel und die Setliste ließ keine Wünsche offen.
Auch von ihrem neuen, inzwischen achten Studioalbum Liebe Macht Monster wurden 3 Songs gespielt, die sehr gut ankamen.
Zum Schluss setzten die 5 Bayern, von denen man eher vermutet, dass sie in Norddeutschland heimisch sind, auf die Klassiker Volle Kraft voraus, Was ist hier los und Miststück und brachte den Saal nochmal auf Höchsttemperatur. So muss das sein!
Als letzte Zugabe gab es Ohne Dich und die Bandmitglieder verabschiedete sich, indem jeder noch ein paar Eisbärstofftierchen in die Menge warf.
Fazit:
Eine fantastische Idee vom Amphi-Team eine solche Schiffstour zu organisieren, die leider immer sehr schnell ausgebucht ist und während ich noch darüber nachdenke, warum das nicht öfter im Jahr sein könnte, sehe ich die Banner am Schiff für zwei neue Termine, am 20. Mai 2023 und zusätzlich noch eine Herbstfahrt am 14. Oktober 2023, mit einem interessanten und jeweils unterschiedlichen Line-up.
Lasst Euch diese tollen Events nicht entgehen!
Übrigens, wenn ihr nicht zu den glücklichen Fängern gehört, gibt es die auch hier bei der Band:
https://eisbrecher.hamburgrecords.com/accessoires/eisbaren.html
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