Konzertbericht: Laibach – Alamut im Rahmen der Frankfurter Buchmesse am 19.10. in der Jahrhunderthalle

19.10.2023, Jahrhunderthalle. Schon im Foyer sah man verschiedene Welten aufeinander treffen. Auf der einen Seite die schick gekleideten, vermutlich Buchmessen-Besucher, welche einen symphonischen Abend erwarteten, auf der anderen Laibach-Fans mit T-Shirts der Band und Jeans. Und dazwischen auch sonst alles, was man sich vorstellen kann. Doch worum ging es heute Abend? Es handelte sich um eine Vertonung des Buches Alamut des slowenischen Autors Vladimir Bartol. Grob zusammen gefasst kann man sagen, dass das Buch die Assassinen aus dem 11. Jahrhundert unter der Führung von Hassan-i Sabbah in der Festung Alamut beschreibt. Wie er diese trainiert, sich fügig macht (unter anderem mittels Haschisch) und damit zu treu ergebenen Elitekämpfern formt. Aber auch von der Geschichte des jungen Ibn Tahir, welcher in die Elitetruppen aufgenommen werden soll, um dann seinen Großvater zu rächen. Dieser wurde von den Soldaten des Sultans getötet, welche während dem Höhepunkt des Buches die Festung Alamut belagern. Am Ende bekommt Ibn Tahir dann den Auftrag den Sultan zu ermorden, welches ihm gelingt. Wer sich mehr für die Geschichte interessiert, kann dies aber an anderer Stelle lesen, ich will ja von dem Abend an sich berichten. Aber etwas Grundwissen über das Buch finde ich wichtig, um alles besser einordnen zu können.

Wie bei Konzerten von Orchestern bekannt, zum Beispiel in der Alten Oper Frankfurt, gab es 10 Minuten und 5 Minuten vor Beginn der Aufführung jeweils einen Gong, um die Zuschauer auf ihre Plätze zu bitten. Es kamen dann auch erst nur die Musiker des RTV Slovenia Symphony Orchestra auf die Bühne, kurz danach gefolgt vom iranischen Dirigenten Navid Gohari. Mit der Ouvertüre fing das Werk an und es wurde gleich klar, dass es kein normales klassisches Werk würde. Die Zuschauer wurden davon überrascht, dass plötzlich von den Seiten Trompeten und Hörner erklangen. Die Musiker gingen die Treppe zum Hochparkett hinauf und dann von hinten links und rechts spielend die Treppen runter in Richtung Bühne, sich davor kreuzten und dann hinauf gingen, um ihre Plätze im Orchester einzunehmen. Was folgte, war Musik, welche ziemlich dissonant oder arrhythmisch war, gepaart mit Gesang des Human-Voice Ensemble vocal group aus Teheran, welche den Gesang sehr gut durch Gestik und Mimik untermalten. Zum dritten Stück traten dann auch die Musiker von Laibach in Erscheinung, bis auf Sänger Milan Fras. Dieser trat zum ersten mal bei dem Stück Mediation 1 in Aktion, allerdings ohne zu Singen, sondern in dem er Verse rezitierte, ganz am hinteren Ende der Bühne stehend. Aber mit einer schönen sonoren und tiefen Stimme, welches einem eine gewisse Ehrfurcht einflößte. Dabei kamen vom Gallina Women’s choir Hintergrundstimmen, sowie musikalische Unterstützung mit Pauken und Becken. Während man langsam durch das Gesprochene gefesselt wurde, schrien die Frauen des Gallina Women’s choir auf und machten anschließend kehlige Geräusche, die dann in Summen übergingen. Während des Ganzen redete Milan weiter, bis das Summen plötzlich wieder in lautes Schreien überging, während die Pauken lauter waren und das ganze zur Kakofonie wurde. Und plötzlich Stille. 

Nach einer kurzen Pause hörte man die Akkordeons der AccordiOna Disharmonic Cohort. Diese betraten das Geschehen genau wie die Trompettisten und Hornisten von der Seite und liefen langsam runter gen Bühne, während ihr Dirigent in der Mitte vor der Bühne stand. Mit diesen wurde es laut, ein komplettes Durcheinander an Tönen, der Inbegriff einer Kakofonie. Dazu gab es auf den Leinwänden Bilder von Krieg, Kampf und Tod. Ein riesiges Durcheinander, welches aber doch irgendwie aufeinander abgestimmt war. Dann Stille. Dies nahmen die Zuschauer zum Anlass, um das bisher geleistete zu beklatschen und unter dem Applaus verließ die AccordiOna Disharmonic Cohort die Bühne. Es wurde anschließend ruhiger, mit verwaschener, sphärischer Musik begleitet durch eine Sängerin. Es war teilweise auch sehr leise, es fühlte sich so an, wie man es sich vorstellt, wenn man durch eine durch Krieg verwüstete Gegend gehen würde. Erinnerungen an diverse dystopische Endzeit Filme kamen hoch, wie an den Film Die Bestimmung (im Englischen Allegiant). Dies ging über in gespenstische Musik, welche zusammen mit dem Gesang Trauer hervorrief. Dabei sah man auf den Leinwänden Hände, welche jeweils eine Kerze hielten. Am Ende des Stückes konnte man denken, dass die Sängerinnen um die Toten der Schlacht weinen. Was folgte, waren einzelne Noten gespielt auf einem Klavier, begleitet durch Synthesizer und leisen Geigen. Auf der Leinwand schienen viele Sterne an einem vorbeizufliegen und man konnte meinen, dass man durch die unendlichen Weiten des Weltalls fliege. Plötzlich ertönte ein lautes Knacken gefolgt durch Stille. Gespannte Stille, in der sich keiner traute auch nur einen Ton zu machen, um die aufgebaute Stimmung nicht zu zerstören. Was folgte war ein sehr düsterer Teil, welcher mich an Dune erinnerte. Milan Fras trat auch wieder in Erscheinung, diesmal ganz in Front der Bühne, um wieder zu erzählen. Dabei wurde er durch Gesang der Human-Voice Ensemble vocal group begleitet. Als das Licht ausging, hörte Milan auf zu sprechen und man hörte nur noch die vocal group. Bis auch diese verstummte und die Aufführung zu Ende war. Eine Aufführung geprägt durch viel Disharmonie, teilweise arrhythmische Musik, aber auch irgendwie fesselnd und künstlerisch sicherlich sehr wertvoll, aber wahrscheinlich auch nicht jedermanns Geschmack.

Im Anschluss wurden die Komponisten des Gesamtwerkes, sowie die musikalischen Gruppen, welche zu dem Abend beigetragen haben, vorgestellt. Sowie auch die Menschen an der Technik, wie „The Special Teams, you know with lights, hashish, you know“. Beendet wurde der Abend dann durch den Satz „This was Alamut, I hope you did not like it.“.

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