Konzertbericht: Megaherz x Combichrist Tourauftakt am 20.09.23 in der Batschkapp, Frankfurt

Als wir an der Batschkapp zum Eröffnungskonzert der Megaherz x Combichrist Tour ankamen, waren wir erstaunt. Wider Erwarten gab es keine Schlange bis auf die Straße, wie man es hier von anderen Veranstaltungen gewöhnt ist. Im Gegenteil, es gab überhaupt gar keine Schlange. Haben wir uns im Tag geirrt? Stimmt die Uhrzeit? Wir haben uns nicht geirrt, es war einfach sehr wenig los. Vielleicht war auch das der Grund, weshalb der Beginn kurzfristig von 19 Uhr auf 20 Uhr verschoben wurde: Die Hoffnung, der Saal würde sich noch etwas füllen.

Die Hoffnung wurde nicht erfüllt, als Support Janosch Moldau pünktlich eine Stunde später als ursprünglich geplant loslegte. Er wirkte etwas verloren auf der für ihn viel zu großen Batschkappbühne. Die melancholische Synth Pop Musik trug nicht gerade zu Feierlaune bei und der Funke wollte nicht so recht überspringen. Die verzweifelten Versuche, das Publikum zum Mitklatschen zu bewegen, fielen auch nur vereinzelt auf fruchtbaren Boden. Er ließ sich aber dadurch nicht unterkriegen und zog stoisch sein Set durch. Der Auftritt war durchaus gelungen und handwerklich gut, aber ich denke, es war nicht das richtige Publikum für diese Art Musik. Trotzdem gab es brav Applaus nach jeder Nummer. Das minimalistische Bühnenbild darf lobend erwähnt werden, denn es bestand einzig aus Janosch, einem Synthesizer und einem Projektor, der die Songs mit Mustern, Bildern und Videos graphisch untermalte. Leider war das Bild durch das schon aufgebaute Equipment von Combichrist manchmal angeschnitten.

Combichrist waren es auch, die diesen Abend dominieren sollten. Als absolutes Kontrastprogramm zum Support Act gab es hier Industrial Metal vom Feinsten auf die Ohren, der Wetterbericht lautete: Viel Nebel und gute Laune. Es war deutlich mehr los, aber die Batschkapp war trotzdem nur zu einem Viertel gefüllt – wenn überhaupt. Der Saal war trotzdem am Kochen, die Stimmung war unfassbar gut und das quasi ab dem Moment, als die ersten Klänge vom Opener All Pain Is Gone (wie alle restlichen Songs auch natürlich in einer metallenen Version) ertönten. Die Band selbst war so gut wie den kompletten Auftritt über nur als Silhouetten auszumachen, da Licht von vorne für den Lichtmenschen anscheinend ein Fremdwort war. Der durch viel Stroboskoplicht und Spots erzielte Effekt sah durch den Nebel trotzdem sehr cool aus, aber leider kam das Make-Up der Musiker kaum zur Geltung und man bemerkte erst als er sie abnahm, dass sich Andy LaPlegua anfangs unter einer Kapuze versteckte. Ohne große Ansagen ließ er die Musik für sich sprechen, natürlich ging die Menge bei vielen Aktionen mit. Zu Fuck That Shit wurden der Bühne beispielsweise im Takt Mittelfinger entgegengereckt. Nach etwas über einer Stunde war das Best Of Combichrist schon vorbei, es fühlte sich aber deutlich kürzer an. Zum Abschluss gab es ein „Vielen Dank Frankfurt“, was mit tosendem Applaus quittiert wurde.

Setlist:

1. All Pain Is Gone
2. Maggots At The Party
3. Modern Demon
4. Scarred
5. Everyday Is War
6. Can’t Control
7. Denial
8. Compliance
9. Heads Off
10. Fuck That Shit
11. Hate Like Me
12. Not My Enemy
13. Never Surrender
14. Sent To Destroy

In der Umbaupause für Megaherz schrumpfte die Menge wieder ein Stück zusammen, was wohl auch der Uhrzeit geschuldet war. Durch die Verspätung am Anfang überlegten es sich einige zweimal, ob sie morgen ausgeschlafen zu Arbeit erscheinen wollten, schließlich war es schon fast halb 11 und einige hatten ja auch noch einen Heimweg vor sich. Die verbleibenden Zuschauer waren gerade anfangs noch etwas erschöpft von der Party, die Combichrist eben noch veranstalteten und brauchten ein wenig Zeit, um wieder auf Touren zu kommen, aber schon bald war die Stimmung vom Auftritt davor wiederhergestellt. Augenmerk von Megaherz war selbstverständlich das neue Album In Gottes Namen, welches am 11.08. erschienen ist, aber Klassiker wie 5. März, Miststück oder Glas und Tränen durften auch nicht fehlen. Alex Wohlhaas interagiert zwischen den Songs immer wieder mit dem Publikum, erzählt kurz etwas über einen Song oder prangert passend zu seinem „no racism“ Shirt Missstände an. Auch äußert er, wie viele Künstler zurzeit, die Freude darüber, nach Corona wieder spielen und touren zu können. In der Coronazeit ist auch eine Piano Version von Für Immer entstanden, bei der der schon im Original enthaltene Balladen-Charakter noch deutlicher zum Vorschein trat. Das Publikum nahm diese Version sehr gut auf und es wurde fleißig mitgesungen. Ebenfalls in der Zeit entstand Der König der Dummen, was auf sehr schöne Weise den veganen Namensvetter des König der Hunnen Attila persifliert und auch mit viel Jubel aufgenommen wurde. Zum Ende gab es nach lautstarken Zugaberufen noch Jagdzeit und Himmelsstürmer als Bonus.

Setlist:

1. In Teufels Namen
2. Roter Mond
3. Horrorclown
4. Alles Arschlöcher
5. Vorhang auf
6. Amnesie
7. 5. März
8. Nicht in meinem Namen
9. Glas und Tränen
10. Rabenherz
11. Engelsgesicht
12. Freigeist
13. Für Immer (Piano)
14. Der König Der Dummen
15. Miststück
Zugabe:
16. Jagdzeit
17. Himmelsstürmer

Insgesamt war es ein semi-gelungener Tourauftakt. Die Stimmung war gerade bei Combichrist mega, und wahrscheinlich hatten alle an diesem Tag einen guten Abend, aber finanziell dürfte es kaum ein Erfolg gewesen sein. Gerüchte sprechen von gerade einmal 250 Karten, die im Vorverkauf rausgingen, gemessen an der Anzahl von Besuchern könnte das sogar ungefähr hinkommen, auch wenn es wahrscheinlich übertrieben ist. Mit Sicherheit war es dem Wochentag geschuldet, denn viele verließen die Location vorzeitig und ich bezweifle, dass das nur an Megaherz lag. Alle Bands haben definitiv ein größeres Publikum verdient.

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