Bericht: Morgarten Fest, Freitag, 01.09.2023

Bereits zum dritten Mal fand das Morgarten Fest in der Schweiz statt. Die gleichnamige Band Morgarten organisiert das Festival und hatte dafür letzte Jahr eine ganz besondere Idee: Mit anderen Bands auf einem Schiff spielen, während dieses den Neuenburger See überquert. In diesem Jahr war Dark-Art ebenfalls vor Ort und vielleicht habt ihr danach Lust, euch das Morgarten Fest selbst anzuschauen.

Die Reise begann in La Poissine, dem ersten Hafen, der angefahren wurde. Dort betraten die ersten Besucher das Schiff und weiter ging es zu dem zweiten Anleger, Grandson. Aber erstmal ein paar Worte zu unserer schwimmenden Konzerthalle: Das Schiff ist ein umgebauter Transporter für Sand und Sediment, dessen Transportfläche mit einem Dach, Sanitäranlagen und einer Bar ausgestattet wurde, um Besucher komfortabel über den See zu schiffen. Die Böden, Wände und die Deckenbalken im Inneren sind aus Holz und verbreiteten so eine angenehme, warme Atmosphäre. Zu dem Innenbereich gesellte sich ein kleiner Außenbereich, welcher für eine Band zu einem wichtigen Ort werden sollte. Die Location konnte sich damit schon von den meisten Konzerthallen in ehemaligen Industriegebäuden abheben, aber der wahre Spaß kam bei den Live-Auftritten auf.

Auf der Fahrt von La Poissine nach Grandson bekamen die Zuschauer eine erste musikalische Kostprobe. Die Freibeuter der The Old Salt Company, bewaffnet mit Dreispitz und Instrumenten, betraten das offene Vorderdeck und spielten ihre Shantys. Die Musiker durften nicht nur an beiden Tagen einen Slot belegen, sie durften auch zwischen den Auftritten einige maritime Lieder zum Besten geben. Ihre Musik beschreibe ich in dem Absatz zu ihrem Auftritt, aber in den Zwischenauftritten geschahen auch so einige spannende Momente.

Von einem dieser spannenden Momente, welcher weder mit den Bands noch dem Morgarten Fest zu tun hat, möchte ich berichten. An dem zweiten Stopp am Anleger von Grandson wurde eine Hochzeit gefeiert und beim Ablegen stand das frisch vermählte Brautpaar am Ufer des Sees und die Besucher des Bootes jubelten dem glücklichen Paar zu. Dies war schon ein besonderer Moment, welcher selten auf einem Festival geschieht. Aber nun zu den Bands am Freitag:

Die erste Truppe, welche offiziell die Bühne einweihen durfte, war Battle Tales mit ihren Folk Metal mit High-Fantasy-Konzept. Die Band aus der Schweiz hatte das Privileg, die Ersten zu sein und leider auch das Privileg für die ersten technischen Probleme. So hatte das Mikro gleich zu Beginn kurze Aussetzer, wodurch der Gesang und das Flötenspiel von Frontmann Romaric Gendre kurzzeitig nicht zu hören waren. Dies wurde aber erkannt, behoben und dann ging es ohne Störung weiter. Die Reparatur war aber auch notwendig, denn die Flöte allein ist eine wichtige Komponente für ihren sehr melodischen Metal, ein erster Pluspunkt für deren Musik. Der zweite Pluspunkt war der abwechslungsreiche Gesang von Romaric, welcher zwischen hohen Clear Vocals, im Stil von Heavy Metal, und tiefen Screams wechselte. Ein weiteres Bandmitglied möchte ich gern betonen, und zwar ihr Maskottchen Edwin, ein Skelett, welches per Pedal mit dem Kopf wippt und so Headbangen imitiert. Im ersten und letzten Lied bekam es einen Starauftritt, denn Bassist Benjamin Bonjour hat kräftig auf die Pedale getreten. Und dann geschah bei War of the Pints etwas Unfassbares: Die Band animierte die Besucher zu einer Wall of the Death! Auf dem kleinen Schiff, zwischen Außenwand und Bar, sollten sich alle Personen aufstellen und bei ihren Zeichen aufeinander zu rennen. Die Zuschauer taten dies mit Begeisterung und mit nur zwei kurzen Sprüngen knallten ihre Körper gegeneinander. Allein das war eine tolle Überraschung, aber die Schweizer blieben entspannt und statt dem üblichen Mosh Pit gab es Ringelreihen und wilde Tänze. Mit einem ausschweifenden Reigen endete der erste Auftritt auf dem Morgarten Fest.

Bevor aber die zweite Band, Slechtvalk, ihren Auftritt starteten, wurde die Old Salt Company wieder mal aktiv. Dank dieser Band wurde es nie lange ruhig und eventuell langweilig auf dem Schiff. Ich habe selten ein Festival mit so einer dichten Unterhaltungsfrequenz und das bei nur einer Bühne.

Slechtvalk mit ihrem Black-/Death Metal rammten eine düstere Axtklinge in das gesamte Line-Up des Morgarten Fest. Keine Band davor oder danach hatte einen solch brachialen Sound. Um den Unterschied etwas bildlicher darzustellen: Wenn Battle Tales und Slechtvalk jeweils eine Geschichte erzählen wollten, dann erzählten zweitere keine Abenteuerreise mit einem Helden, der versucht sein Land vor dem Bösen zu beschützen. Nein, bei ihnen tritt der große Barbar dem Bösen in den Arsch… und das mit Anlauf!  In schwarzes Leder und Nieten gekleidet und mit Kunstblut besprenkelt, standen die Bandmitglieder auf der Bühne. Statt zackigen, lebensfrohen Melodien gab es brachiale, welche durch doomige Passagen nur kurz abgebremst wurden. Ideale Musik um die Nackenmuskulatur in Schwung zu bringen. Die Zuschauer quittierten dies mit lauten Rufen, emporgestreckten Fäusten und ausgiebigem Headbangen. Ein bestimmter Zuschauer brachte die Menge auf eine neue Idee und brachte eine menschliche Lawine ins Rutschen. Die Person stellte sich mit ausgestreckten Armen vor die Bühne, ließ sich hochheben und in den hinteren Teil des Schiffs tragen. Der Mann betrieb Reverse Crowdsurfing! Kurz nach ihm ließen sich so noch weitere Menschen durch den Raum tragen, Männer, Frauen und auch ein Kind waren dabei. Das Thekenpersonal verließ auch kurz ihren Posten, um einmal auf einem Boot crowdsurfen zu gehen. Aber das Schiff war nicht so ganz dafür ausgelegt und so konnten die Balken an der Decke schnell Beulen verursachen und emporgestreckte Fäuste waren unmöglich, aber das tat dem etwas absurden Spaß keinen Abbruch. Sowas habe ich noch nie erlebt. …Die spinnen, die Schweizer. Slechtvalk bildete den dunklen Kontrast für das Morgarten Fest und danach sah ich doch einige Personen CDs und Shirts von der Band kaufen.

An dem Abend vom Freitag wurde das Schiff noch von einer besonderen Crew von Piraten geentert: Die The Old Salt Company war bewaffnet mit einer ganzen Lafette an Instrumenten, wie Akustikgitarre, Bass, Geige, Ziehharmonika, Drehleier, Cajon, Trommel (samt montierten Becken), Mandoline und einem ganzen Schiffschor. Doch bevor sie die Bühne stürmten, verwöhnten sie ihre Zuschauer mit Whiskey aus einem kleinen Holzfass. Begierig hingen Männer und Frauen gleichermaßen unter dem Hahn und wurden großzügig von Captain John mit einem feinen Tropfen versorgt. Danach ging es sofort los mit den Seefahrerliedern. Es wurden viele klassische Shantys, wie zum Beispiel Leave Her, Johnny, welchen Fans der Assassins Creed-Reihe aus Black Flag kennen könnten, zum Besten gegeben. Statt Headbangen und Moshen wurde laut lachend getanzt, geschunkelt und mit den Füßen aufgestampft, bis das Schiff schaukelte. Bei keiner anderen Band in diesen zwei Tagen hat das Schiff so stark geschwankt. Die festgezurrten Boxen wackelten bedrohlich, als die Besucher sich fröhlich jauchzend im Kreis drehten. Mit The Old Salt Company bekamen die Zuschauer einen angenehmen und freudigen Abschluss für die erste Fahrt auf dem Morgarten Fest. Sie versüßten uns die Umbaupausen und bewiesen mehrmals echtes schauspielerisches Talent und hatten viele schöne Ideen, um die Besucher zum Lachen zu bringen. Am nächsten Tag sollten wir die Band wiedersehen, aber diesmal als Auftakt.

Nach dem ersten Tag kann ich bereits ein erstes Fazit geben. Wenn ihr kleine Festivals mögt, ihr gern was Neues ausprobieren wollt und zufällig auf Folk Metal steht, dann könnte das Morgarten Fest genau das Richtige für euch sein. Die Reise in die Schweiz kann lange dauern, aber für eine Fahrt auf dem Neuenburger See mit live Musik lohnt es sich wirklich!

 

 

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