Presse Vorstellung und Interview zum neuen Evanescence Album

Am 11.3.2021 um 18 Uhr wurde der Presse das neue Album von Evanescence vorgestellt, das erste Album nach 10 Jahren. Durch die Pandemie musste dies Online statt finden, was uns damit allerdings auch ermöglichte, dabei zu sein. Für mich eine Premiere, und dies auch noch bei einer Band, welche mich seit Mitte der 2000er begeleitet hat. Moderiert wurde das Event von Sophie K, eine der führenden Rock und Metal Journalistinnen in UK, die die Kerrang Radio Breakfast Show sowie mehrere Rock Shows auf BBC Radio 1 und Absolute Radio moderiert. Eine Sache, welche sie wirklich sehr charmant und mit einiges an Humor gemacht hat. Es war auch schon klar, wie ungefähr der Ablauf sein würde, nämlich wie folgt:

  1. Sophie stellt sich vor und geht kurz den Ablauf durch
  2. Sophie begrüßt Amy
  3. Interview
  4. Gitarrist Troy McLawhorn kommt dazu und erzählt über die Produktion des Albums
  5. Q&A

Nun, ich war natürlich schon ganz gespannt und hatte viel Vorfreude, so dass ich mich schon um 17:45 ins Zoom Webinar einwählte, gespannt und bereit das Audio aufzunehmen. Eine Video Aufzeichnung war nicht erlaubt und auch die Audio Spur dürfen wir euch nicht zur Verfügung stellen. Aber ohne das Video ist das eh etwas witzlos. Dafür war ich dabei um euch davon zu erzählen.

Als der inoffizielle Teil los ging, um kurz vor 6, waren neben Sophie, Amy und Troy, beide schon da und ein paar Minuten zu sehen, bis es dann wirklich los ging, mit einem Video in dem die Band etwas über die Entstehung erzählt. Danach begrüßte uns Sophie und kündigt Amy an, welche dann auch gleich auftaucht. Und dann begann auch das sehr zwanglose Interview. Das ganze Interview aufzuschreiben würde den Rahmen sprengen, daher habe ich mich auf die Fragen konzentriert, welche das Album betreffen und auch das gesagte gekürzt, zusammengefasst, was auch immer, damit es besser zu lesen ist.

Sophie: Nur noch 15 Tage bis das Album raus kommt und nach dem langen Prozedere das Album zu erstellen, wie fühlst du dich nun, wissend, dass es jetzt demnächst veröffentlicht wird?
Amy: Ich bin sehr aufgeregt darüber, dass die Fans es hören können. Wir nehmen uns viel Zeit unsere Musik zu machen. Teilweise haben wir vor 10 Jahren angefangen die Lieder zu machen. Es ist ein großes Stück von meinem Leben, ein großes Stück der Band, wer wir sind und vor allem wo wir aktuell sind. Wir sind bereit dafür. Es wird natürlich anders sein als sonst, mit der Pandemie und das wir, leider, nicht touren können, aber kreativ darüber nachdenken zu müssen wie man weiter macht und Wege zu finden mit den Fans in Verbindung zu treten war an sich schon inspirierend. Wir wollten aber nicht länger warten und ich bin glücklich darüber, dass es jetzt passiert. Und froh drüber, der kleine Troll sein zu können und Twitter zu beschatten, was die Leute über das Album sagen werden. Ich denke den Menschen wird es wirklich gefallen.

Sophie: Das Album fühlt sich an wie ein Kampfschrei, für Frauen im Speziellen. Es fühlte sich sehr motivierend an, aber auch sehr verletzbar. War es schwer in dich zu gehen und die Emotionen zu erreichen?
Amy: Ja. Ich bin nicht die Person, die immer zu den schwierigsten, dunklesten und tiefsten Stellen in meinem Herz geht. Es ist so viel passiert, es gibt viel zu erzählen und wir waren schon auf dem Weg, als sich die Welt auf den Kopf gestellt hat. Ja, es war schwer dorthin zu gehen, aber es war heilend für mich. Ich glaube ich wäre durchgedreht, wenn wir nicht dieses Album gemacht hätten. Ich habe immer wieder gelernt, dass es wichtig ist, zu lernen richtig mit den Dingen umzugehen, welche mit dir passieren. Aber wenn man lernt, diese Erfahrungen in positive Dinge umzuwandeln, Dinge welche eventuell jemandem anderen helfen, dann heilt einen dies. Darin ist Leben. Und ich habe im Laufe meines Lebens, meiner Reise mit der Band, gerlernt, dass unsere Musik ein spezieller Ort ist für andere Menschen. Das alles ist ein Teil der größeren Geschichte geworden, wo ich mich als Teil von fühle. Es macht es größer, spezieller und besonders.

An das Interview anschließend, kam Troy, einen roten Sombrero tragend, hinzu und es wurde weitergehend über die Produktion des Albums gesprochen. Auch hier gab es natürlich viele Fragen, welche ich nicht alle wiedergeben werde. Aber doch hier die, aus meiner Sicht, wichtigsten.

Sophie: Während der Pandemie ist es für viele Menschen ein Geschenk die Möglichkeit zu haben Musik zu hören, vor allem in den schwereren Momenten. In wie fern hat dieser Aspekt euch beim Song schreiben beeinflusst?

Troy: Die Pandemie hatte definitiv einen Einfluss auf die Art zu schreiben und auch darauf wie wir die Lieder aufgenommen haben. Das ist auch eine sehr tiefgreifende Frage, vielleicht kann Amy das besser beantworten?

Amy: Wir lieben es ohne einen großen Plan zu arbeiten. Nach dem das letzte Album so lange her ist, war es wichtig und gut wieder zu entdecken wer wir jetzt sind, und was wir mögen. Wir haben ja als letztes das orchestrale Projekt gemacht, Synthesis. Nach dem Abschluss wusste ich, dass wir alle wieder bereit waren zu rocken. Über die letzten Jahre haben wir ja einige Rock Shows gespielt und sind uns klar geworden, dass wie wieder zurück zu unseren Wurzeln gehen wollten. Diese wieder zu finden, auch mit dem neuen Lineup, wo auch immer diese sein werden, war wichtig. Und wir wollten alle wieder in eine Band getriebene Richtung gehen.

Sophie: Wenn ihr sagt, dass Covid-19 den Aufnahmeprozess beeinflusst hat, wie meint ihr das?

Troy: Wir hatten 4 Lieder vor der Pandemie aufgenommen und wollten eigentlich auf Tour gehen (Anmerkung: In Deutschland mit Within Temptation), aber dann wurde alles von jetzt auf gleich gestoppt. Wir waren alle zu Hause eingesperrt und nach ein paar Monaten haben wir dann einen Weg gefunden wieder zusammen zu finden. Es war ziemlich schwer, wir mussten alle getestet werden und mussten irgendwie Tim von California nach Nashville bringen. Er hat dabei seine ganze Familie mit gebracht. Es war eine sehr große Herausforderung und hat unser normales Vorgehen vollkommen verändert. Wir konnten uns nicht einfach zusammen setzen wie wir wollten. Ich selbst bin ein paar mal hin und her gefahren zwischen meinem zu Hause und dem Studio, aber ich wohne ja auch in der Nähe. Jen war die meiste Zeit nicht da, außer für die ersten 4 Lieder. Wir mussten ihr das Material schicken, damit sie ihre Parts einspielen konnte. Was sie ganz alleine machen musste, und was für sie bestimmt nicht einfach war.

Sophie: Ich habe auch gehört, dass eure Familien mehr einbezogen waren als sonst. Könnt ihr mir sagen in welcher Form das der Fall war?

Troy: Es war cool ja. Die Videos von mir wurden von meiner Frau bzw. meinem Sohn gefilmt. Und auch auf Use my Voice haben einige unser Familienmitglieder im Chorus mitgesungen. Vermutlich haben unsere Familien mehr als je vorher sich als Teil vom Ganzen gefühlt.

Passend dazu gab es dann einen Homeoffice Auftritt von Use my voice, wo jeder von zu Hause gespielt hat. Jen in einem Raum mit einem Regal mit vielen kleinen Fächern und paar Pflanzen, Amy in ihrem Hauseigenen Studio, abgedunkelt mit abgedunkeltem Raumlicht, Troy in dem Raum wo er auch für das Presse Event zugeschaltet war und Tim und Will in schlichten Räumen wo man nur sie und ihre Instrumente gesehen hat. Hat ein bisschen an das Live Stream Event erinnert vom letzten Dezember.

Das ist auch das passende Stichpunkt zum anschließenden Q&A, wo Fragen von Journalisten gestellt wurden und Amy diese beantwortet. Ganz überrascht war ich dann, als mein Namen als erstes gefallen ist mit meiner Frage. Ich wollte wissen, wie eben jener Live Stream angekommen ist und der Feedback war.

Amy: Es war richtig gut. Das war auch so einer der Moment, wo wir heraus finden mussten, wie wir verschiedene Dinge machen können bzw. müssen. Es war das erste mal, dass wir so etwas gemacht haben. Das erinnert mich an das erste mal wo wir Musik gemacht haben und nicht wussten was wir machen, aber irgendwie einen Weg finden mussten um heraus zu finden wie wir es machen sollen. Offensichtlich war das hier eine andere Situation, mit einem fantastischen Producer, welcher auch genial die Musik abmischen kann, welcher seine Hilfe angeboten hat. Wir wussten, dass wir dies zu machen haben. Wir waren voll motiviert es zu machen. Doch dann kam es näher und wir fragten uns „Wie werden wir das machen?“. Weil wir konnten ja nicht alle an einen Ort kommen um es wie eine echte Live Performance zu machen, wollten es aber so echt wie möglich machen. Es hat uns die Möglichkeit gegeben was neues zu machen und ich liebe was dabei heraus gekommen ist. Und es gab uns das Gefühl zusammen zu sein und etwas zusammen zu machen. Es ist ein Unterschied zwischen dem Einspielen einer Aufnahme mit fast der ganzen Band im Raum und dem einfachen Machen, wie bei einer Live Performance. Live spielen ist das, was uns wirklich fehlt im Moment.

Bei dieser einen Frage blieb es natürlich nicht, auch hier die wichtigsten.

Aus Frankreich kam: Far from heaven ist einer der persönlichsten, emotionalsten und besten Lieder. Hast du gezögert bevor ihr es der Welt zeigt?

Amy: Ja. Ich habe schon gezögert bevor ich es fertig geschrieben habe. Es war schwer diese Wörter zu schreiben. Wisst ihr, der Schreibprozess war schon immer wie eine Therapiesitzung für mich. Jedes Lied wird, was es den Text angeht, von einem Teil meines Unterbewusstseins getriggert. Es ist irgendwie wie Traumdeutung. Man hört in sich hinein und fragt sich „Was ist dort enthalten? Was will heraus brechen?“. Es ist manchmal beängstigend. Es war nicht einfach manche der Dinge zu sagen bzw. zu schreiben in dem Song. Es war auch schwer zuzugeben, welche Probleme ich zu dem Zeitpunkt hatte, aber es ist es einfach Wert, wenn man einen Durchbruch erzielt und, wie ich vorher schon sagte, wenn man es schafft aus etwas schlechtem, was gutes zu machen. Dann lässt es einen einen Sinn im Leben zu haben und es fühlt sich wie Hoffnung für den nächsten Schritt an. Das ist der einzige Weg an einen besseren Ort zu kommen, in dem man akzeptiert, wo man aktuell steht.

Eine weitere Frage aus Frankreich: Was war die größte Inspiration beim Schreiben von The Bitter Truth?

Amy: Das ist zu groß. Das ist eine riesige Kombination aus Zeit, Erfahrungen, Gefühlen und Gedanken. Im letzten Jahrzent gab es einige erstmalige Lebenserfahrungen, welche sein mussten. Die sowohl tragisch als auch schön waren. Ich wurde zum ersten mal Mutter, was nicht bedeutet, dass ich ein Lied darüber schrieb wie ich Mutter wurde, aber es eröffnet Teile von einem, von denen einem nicht bewusst war, dass es diese gibt. Ich glaube Perspektive, Zeit und Lebenserfahrung und alles was so dazu gehört, waren die größte Inspiration für The Bitter Truth.

Aus Italien: Für Evanescence, was ist die bittere Wahrheit?

Amy: Leben ist kurz, ob es euch gefällt oder nicht, und für mich bedeutet das, keine Zeit mehr vergeuden. Das ist Teil des Grundes wieso wir hier sind und das machen, was wir machen. Auch wenn es eventuell aus Marketing und Promotion Sicht besser gewesen wäre, die Rückkehr nach so langer Zeit nicht in diesem Jahr zu machen, ist keine Zeit zu warten. Wer weiß ob wir morgen noch haben, desto wichtiger ist es, es jetzt zu haben. Und ich denke es gibt auch positives aus dieser Wahrheit heraus zu ziehen, dass Zeit wertvoll ist, dass wir nicht für immer hier sind. Nutzt den Tag. Auf einer höheren Ebene, damit es besser wird, müssen wir das hier und jetzt akzeptieren. Und alle aktuellen Probleme werden sich nicht einfach beheben, wenn wir uns zurück lehnen, und hoffen, dass es von alleine vorbei geht. Wir müssen die Wahrheit akzeptieren um zu einem besseren Ort zu gelangen.

Erneut aus Frankreich: Ihr habt euch entschlossen die Lieder Stück für Stück zu veröffentlichen, fast wie ein Adventskalender. Habt ihr die Lieder einem bestimmten Sinn folgende sortiert?

Amy: Normalerweise, wenn wir Singles aussuchen, hat es viel zu tun mit Radio, Tempo und was könnte die Menschen einfangen, die nicht unsere Fans sind. Dieses mal allerdings hatte es alles mit Bedeutung zu tun. Wasted on you sollte nicht die erste Single sein, sondern Use my Voice. Wir hatten alle viel Glauben in das Lied und fühlten uns sehr leidenschaftlich bezüglich dem Lied. Aber als Covid zuschlug, passte die Bedeutung des Liedes nicht. Wir hatten allerdings auch nur die ersten vier Lieder zur Verfügung, deswegen sagten wir uns, lasst uns sehen was passiert, weil irgendwie war in 2020 jeder neue Tag eine Überraschung. Daher war es schwer zu planen. Man konnte nie wissen was passiert und ob dann das Lied welches man raus bringt noch seinen Sinn klar ausdrücken kann. Aber ich genoss es, dass dies der Antreiber war.

Aus den USA: Manche Lieder scheinen direkte Politische Aussagen zu haben. Hattet ihr Angst manche eurer Fans zu befremden, dadurch, dass ihr eine bestimmte Position einnehmt?

Amy: Ein bisschen. Use My Voice ist das Hauptlied dies betreffend. Es war eine Wahl und ich fühle mich frei in den Lyrics. Ich kann dort nicht lügen, es fühlt sich sonst mich mehr richtig an und ich kann das Lied sonst nicht mehr für gut befinden. Die Wörter zu schreiben waren kein Problem, dass hat motiviert. Dadrüber zu sprechen, zu sagen was wir damit meinen, das war nicht einfach.

Frage von Josh Becker: Wäre die Pandemie nicht gewesen, hätte das Album eine andere Richtung genommen? Wäre es anders geworden?

Amy: Ich weiß es nicht, ich glaube die Grundstimmung wäre die selbe gewesen. Die Pandemie entzündete eine kleine Flamme in uns. Es machte es wichtiger, leidenschaftlicher und brachte mich dazu zu dunklen und tiefen Stellen zu gehen, denen ich mich stellen musste durch die Isolation. Manche der tiefer gehenden Stellen sind definitiv auf die Pandemie zurück zu führen.

Frage von Headbangers Lifestyle: Rückblickend, wie war es mit Nick R zu arbeiten und was war sein Einfluss auf das Endprodukt?

Amy: Er ist so ein guter Producer. Er hat mit uns was besonderes gemacht als wir Evanescence aufnahmen. Er hat uns alle Bequemlichkeiten genommen und hat uns auf unser volles Potential gepusht. Uns in einen Raum gesetzt und uns gezwungen einfach zu spielen, ohne Bequemlichkeit oder ähnliches. Und dieses mal hat er mit jedem Zeit verbracht und viel Zeit investiert. Jeder Producer hat normalerweise seinen Sound, den man wieder erkennt. Er nicht, er ist ein Fan, wird nur mit Bands arbeiten von denen er Fan ist, wird auf das Material als Fan schauen, kennt die Geschichte der Band. Und holt aus den Musikern das raus, was sie wirklich können, was vielleicht sogar besser ist, als das was sie bisher gemacht haben. Das ist nicht nur das, was eine Evolution von uns ausgemacht hat, sondern auch eine Art nach Hause kommen. Er erkennt es von einer allumfassenden Sicht „Ich kenn dich, ich weiß wer du bist, lass uns das beste raus holen“. Es ist fantastisch mit ihm zu arbeiten. Und als Sängerin, ich brauche oft viele male um etwas richtig einzusingen. Ich hasse es mit Producern zu arbeiten, die einfach sagen „Toll gemacht, du bist fertig, es ist perfekt.“ Nein, es ist nicht fertig, ich weiß was ich kann, das ist schlecht. Aber er ist da anders, er bringt mich dazu noch einen Versuch zu machen, auch wenn ich zufrieden bin. Und er bringt mich auf das nächste Level.

Es ging dann auch noch um ihre Kollaboration mit Sharon den Adel, Taylor Momsen und Lizzy Hale, sowie auch um die Rolle der Frauen und des Drucks welchen Sie in der Metalszene ausgesetzt sind. Ein sehr wichtiges Thema, was ein eigener Artikel wert ist.

Nach einer Stunde ist das ganze dann vorbei. Es war auf jeden Fall cool Amy und Troy so zu erleben, wie man sie vermutlich sonst nicht auf einer Pressekonferenz mitbekommt, weil sie zu Hause sein konnten, in ihrer gewohnten Umgebung. Und man kennt das ja von einem selbst, in so einem Umfeld ist man doch relaxter und eher man selbst als auf einer Bühne, wo man viele Menschen vor sich sieht. Morgen folgt dann noch mein Review vom neuen Album und zum Abschluss das Video von Use My Voice für euch. 

 

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