Prophecy Fest 2022: Freitag

ARD - Prophecy Fest 2022

Freitag

Nach dem ersten Tag auf der angrenzenden Wiese, bei Flammenschein, ging es heute zu dem ersten regulären Prophecy Tag in die gewohnte Umgebung zurück, in die Balver Höhle.

Den Auftakt zum Hauptteil des Prophecy Fest lieferte die deutsche Black Metal-Gruppe Imha Tarikat. Mit grandiosen Gitarrenriffs und einem starken Basssound läuteten sie schon zur Mittagszeit den härteren Part des Prophecy ein. Hervorzuheben sind besonders auch die Schreie des Sängers, die sich hier sehr gut in die Melodien der Songs einfügten. Trotz schon drei veröffentlichter Alben, gehört die Band noch eher zu den jungen, zeigten aber vom ersten Moment ihr Potential, das sie jetzt schon außerordentlich reizvoll auf die Bühne bringen können. Auf Dauer ein interessantes Projekt, das es sich zu verfolgen lohnt.

Die Atmospheric-Doom-Band Arð folgte sogleich und hüllte die Höhle ein erstes Mal in eine tiefe, positiv dunkle Stimmung, eine besondere Aura mit starker Ausstrahlung. Die Engländer aus Newcastle verstehen es, Atmosphäre, Melodik und Klargesang zu vermischen, was gerade beim Prophecy sehr passt. Immer wieder mit kraftvollen Stößen, wurde das Publikum schon zur früheren Nachmittagszeit begeistert, was sich nicht zuletzt auch an der Anzahl der Fans sehen ließ. Insgesamt ließe sich aber sicher behaupten, dass diese Band gleichermaßen, wie das Festivalumfeld selbst, die musikalischen Nerven der Besucher anregt und gut auf das Kommende vorbereitet.

Mit dem Projekt Of the Wand and the Moon kam anschließend eine Singer-Songwriter-ähnliche Solo-Show auf die Bühne. Musik, die man vielleicht eher bei einem Glas Wein alleine in der untergehenden Sonne hört, wurde hier durch Klänge aus der Box und mit viel Leidenschaft mit Akustikgitarre und Klargesang dargestellt. Ein emotionaler und gut verpackter ruhiger Auftritt, zum noch relativen Anfang des Hauptfestivals, ist es durchaus gewesen, sehr persönlich, fast intim, was nicht nur in Verbindung zum ersten Tag passte, sondern auch zur generellen Diversität, die jedes Jahr hier geboten wurde.

Der Name Winterfylleth ist mittlerweile doch vielen Anhängern des Atmospheric Black Metal bekannt und schaffte es nun auch nach Balve in die Höhle. Somit wurden natürlicherweise viele Fans in das Innere getrieben, was sie sahen war eine für ihr Genre ausdrucksstarke Band, sehr definierend für die Beschreibung. Melodische, energische Schärfe, überzeugende Cleanpassagen und schneidende Vocals, stellten damit eine kraftvolle und doch sehr atmosphärische Show. Diese zeigt ebenso einmal mehr die grandiose Mischleistung des Prophecy Fest, wie jedes Jahr bei nahezu jeder Gruppe. Nur die Songauswahl hat man sich unter den Fans etwas anders vorgestellt, als einziger, aber bei dieser Darbietung zu verkraftender Kritikpunkt.

Durch die britische Neofolk-Band Fire & Ice wurde es erneut etwas ruhiger in starken Kontrast zur Vorband. Das Genre ist ein fester Bestandteil des Labels und bekommt somit natürlich auch an den Haupttagen eine große Bühne, auf der es dann doch gediegener in Performance und Musik einhergeht. Wie eine Geschichtsstunde mit dem Großvater ließe sich dieser Auftritt beschreiben, was jedoch als sehr positive Beschreibung fungieren soll; denn während die offenkundig talentierten Musiker sehr gut miteinander harmonierten, schien der Sängers viel zu erzählen zu haben, wodurch seine Stimme einen gewissen starken Ausdruck erhielt. Langeweile kam schon allein durch die Instrumentenvariation nicht auf, doch war es eine gewisse ‚Abkühlung‘ zwischen den härteren Bands. Noch mehr Melancholie in Nostalgie zeigte sich auch in jenen Besuchern, die in diesem Rahmen über den jüngsten Verlust des Sängers Bescheid wussten.


Die ganz großen Bands kamen natürlich auch hier trotz guter Durchmischung gegen Ende und so betrat Markus Stock, seit den Anfängen des Labels dabei, die Bühne für den ersten seiner zwei Auftritte beim diesjährigen Prophecy. Mit The Vision Bleak sahen die Besucher eine Gruppe, die schon allein aus der engen Verbindung mit dem Label und der geschichtlichen Perspektive ein Highlight darbot. Aber natürlich auch musikalisch wurden sie ihrer Rolle und der großen Erwartungshaltung mehr als gerecht. Recht moderner, energievoller Gothic Metal, kombiniert mit den ohnehin großartigen Elementen aus Stocks Feder, in guter Ergänzung zu Sänger Tobias Schönemann, der das Publikum nochmal besonders mitnahm, motivierte und animierte. Es bleibt dabei, dass dieses Projekt doch etwas eigen ist im Gegensatz zu Stocks anderen Projekten, aber damit auch eine teils andere Zielgruppe anspricht und genau diese ist hier auf ihre Kosten gekommen. Der Rest hat eine gute Live-Show gesehen, mit starken Künstlern und viel Kreativität.


Eine ähnlich große Rolle für das Label spielt auch die französische Band Alcest, die mittlerweile keiner Beschreibung oder Erklärung mehr bedarf. Zum dritten Mal nach der Écailles de Lune – Show von 2016 und ihrem Auftritt in 2019 kam Stéphane ‚Neige‘ Paut als Genrepionier des sogenannten Blackgaze zurück in die Balver Höhle, um mit seinen großartigen Mitmusikern die Besucher mit seiner einzigartigen Musik zu begeistern. Für jeden Anhänger sind die Shows von Alcest sehr emotional, immer wieder wie beim ersten Mal, wie ein Fan danach passend beschrieb. Es gibt wenige Künstler, die es schaffen, auch live eine solche Emotion zu kreieren, alles vergessen zu machen über eine kleine Zeit und jegliche Gefühle in einen musikalischen Fluss zu gießen, aus dem man wie aus Trance aufwacht und merkt, welchen Einfluss Musik auf unser Dasein haben kann. Der Auftritt selbst stellte sich wie gewohnt sehr lässig dar, ohne große Show ansich, doch mit viel Freude in der Menge und generell über das ‚Heimkommen‘ der Franzosen. In den Farben der jeweiligen Albumcover erstrahlte die Bühne neu bei jedem Song, die Setlist war wie in den letzten Jahren gut durchmischt mit dem natürlichen Fokus auf die neueren Alben. Zusammenfassend lässt sich immer wieder nur eines sagen; Worte werden hier dem Ganzen nicht gerecht, es muss selbst erlebt werden und jeder der auch nur ein wenig etwas mit der Musik anfangen kann, wird es nicht bereuen. Vielleicht sehen wir auch Alcest in den nächsten Jahren wieder in der Höhle von Balve und mit etwas Glück vielleicht sogar wieder mit einem speziellen Set, schließlich wird ihr viertes Album Shelter in zwei Jahren schon zehn Jahre alt, was vielleicht eine Idee hervorrufen könnte.


Den Abschluss des Freitags machte ein noch vom letzten Jahr guter Bekannter, der auf den Namen Arthur Brown hört. Trotz hohen Alters, mittlerweile 80 Jahre alt, zeigt sich der Engländer mit seiner Gruppe The Crazy World of Arthur Brown noch immer sehr energisch und leidenschaftlich in seinem Schaffen auf der Bühne, was nicht nur Bewunderung, sondern auch zu später Stunde gute Stimmung auslöste. Besonders mit seinem bekanntesten Song Fire zeigte er wieder einmal seine große Motivation, auch showtechnisch alles rauszuholen, mit brennenden Helmen und verschiedenen Kostümen, die dem psychedelischen Rock sehr passend zukommen. Ausgeflippt und urkreativ sahen die Besucher hier wieder einmal in Person Arthur Browns den wahren Geist älterer Künstler aus den 60er und 70er Jahre. Ein Auftritt, der sich mehr als gelohnt hat und von dem gerade die Jüngeren froh sein dürften, es miterlebt zu haben.

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