Release: 26.11.2021
Genre: Post Metal, Atmospheric Black Metal
Spieldauer: 41 Minuten 23 Sekunden
Label: AOP Records
Links:
Spotify
Tracklist:
-
Trance I: The Tree
-
Trance II: Relics
-
Trance III: Alive
-
Trance IV: Nemesis
-
Trance V: Cerulean Sun
-
Trance VI: Eternal Burden
-
Trance VII: A Feverdream (Bonustrack)
Am 26ten November veröffentlicht das 2011 gegründete Post Metal/Atmospheric Black Metal Projekt „Anomalie“ aus Österreich sein viertes Album. Da es sich schon immer um ein recht experimentelles und eigenständiges Projekt handelte, dachten wir uns von Dark Art, es wäre an der Zeit, das neue Werk einmal näher zu betrachten.
Gleich zu Beginn in „The Tree“ fällt auf, dass sich der Fokus von Anomalie mit diesem Album etwas verschoben hat. Weniger kantig, mehr Clean Vocals und mehr tragend von der Atmosphäre her. Man will schon fast sagen, mehr Post als Black Metal. Doch auch dies stimmt so nicht wörtlich. Denn sicher sind die Details anders und manche mehr ausgeprägt als zuvor in der Bandgeschichte, aber immer noch komplett gespickt mit ganz klar definierten Black Metal Blastbeats, die gnadenlos durchfeuern und sich in einem angenehmen Wechsel mit ruhigeren Passagen abwechseln, um eine einzigartige Atmosphäre zu schaffen.
Und diese Atmosphäre hält sich in all seinen Facetten auch konstant über die gesamte Spielzeit des Albums. „Relics“ steigt da zwar etwas prägnanter ein, aber wirkt dennoch sehr melodisch. Vielleicht liegt dies jedoch auch an einem altbewährten Stilmittel von „Anomalie“. Gastmusiker, sage ich nur. Denn niemand geringeres als „Nornagest“, von einer der in meinen Augen meist unterschätzen Black Metal Bands der Welt, „Enthroned“, lässt es hier richtig krachen und verleiht mir seinen charakteristischen Krächzereien, die sich im Wechsel mit Clean gesungenen Parts befinden, dem längsten Song der CD, noch einmal ein eigenes Flair. Zum Ende des Songs, verfällt dies dann alles in fast schon psychodelische Klänge und öffnet so wieder einmal eine neue Türe im Gesamtwerk „Anomalie“
Und in dieser Abgerundetheit geht es mit „Alive“ auch weiter. Ein cleanes Intro, direkt der Refrain und dann erst einmal verträumte Gitarren, um sich in dem Song fallen zu lassen. Sicherlich kein klassisches Black Metal Songwriting, aber es ist ja immer noch Black Metal, also wen interessiert es. Es passt nämlich einfach nur. Jedoch wirkt das ganze minimal zu sehr schleppend, bis der Song umschwingt und sich in stärkeren Riffs und Vocals ergießt. Dann jedoch wird ein Rhythmus auf die Leinwand gemalt, der einlädt die Augen zu schließen und mit dem Kopf zu wackeln.
„Nemesis“ zeigt auch wieder den inzwischen schon schamanenhaften Charakter den sich „Anomalie“ inzwischen gepaart mit Black Metal zu eigen gemacht hat. Denn hier kommt auch wieder sofort eine Sphäre von nordischer Folk Musik auf und dennoch kommen die E Gitarren und die Drums nicht zu kurz. Vorantreibend, mit dem Spirit des Nordens und harten Black Metal Elementen, die den Stil der Band hier so einzigartig wie nie zuvor definieren.
Für den nächsten Song steht dann wieder ein großer Gastauftritt auf der Trackliste. Niemand geringeres als „Sakis Tolis“, der Frontmann und Sänger von der wahrscheinlich international erfolgreichsten und am längsten in der Oberliga beständigen Black/Death Metal Band „Rotting Christ“ unterstützt hier am Gesang. Und warum er das tut? Hört es euch an. Bis zu der Sekunde als ich es in meinem Ohr vernahm, dachte ich zwar schon, dass dies gut harmonieren wird, aber meine Vorstellung wurde auch nicht enttäuscht. Und das ist nicht alles was dieser Song an Überraschungen parat hält. Denn in der zweiten Hälfte kommt noch ein so starkes und mitreißendes Violinenspiel on the top, unter dem der Song ausklingt, dass es in sich hat. Ich bin genau so überzeugt an dieser Stelle, wie bei „Falkenbach – Heralder“ was in der gesamten Metalmusik für mich immer mit einer der besten Violinenparts ist, der je geschrieben wurde. Und wer an diese in meinen Augen Genialität rankommt, der hat nichts als Lob dafür verdient.
Mit dem sechsten Song „Eternal Burdon“ kommen wir leider auch schon zum letzten Song der Scheibe, da der Bonustrack (A Feverdream), allein für die Vinyl Version vorbehalten ist. Und das „Finale“ beginnt direkt mir einem peitschenden Riff, das durch den fast schon etwas „sakral“ wirkenden Gesang, direkt eine Gänsehautatmosphäre entstehen lässt, die sich dann wie schon ab und an zuvor in ein ehr psychodelisches Gewand umwandelt, um dann von einem auf den nächsten Takt in dominante Singlenotes auf der Gitarre umschwenkt und so wieder den Metal durchklingen lässt, bevor an den Drums das Gewitter losbricht. Doch jeder Sturm verweht einmal und es wird mit einem Solopart auf dem Bass geglänzt, während der Song sich immer nachdenklicher und antiker präsentiert. Und so verhallt die „Tranceformation“ in einem gehauchten Nichts. Eigentlich schade, da ich mir hier gerne noch einen kurzen Knüppelpart als Wende gewünscht hätte, dennoch alles richtig gemacht.
Einen Schritt tiefer in unbekannte Gewässer, weiter in die Nacht hinein in den peitschenden Wind – irgendwo zwischen dem Funkenflug einer Feuersbrunst und den wehenden Ästen im Abendwind siedeln die Klänge von Österreichs Black Metal Schamanen ANOMALIE.
Mit ihrem vierten Studioalbum ziehen Multi-Instrumentalist, Vokalist und Songwriter “Marrok“ (Live-Gitarrist Harakiri For The Sky) sowie Schlagzeuger „Lukas Schlintl“ noch weiter ins Unbekannte.
Songwriter „Marrok“ sagt darüber selbst:
„Jeder einzelne Song hat einen sehr persönlichen Hintergrund, ich versuche jedoch immer diese Dinge in Texte zu verpacken, die jedem Hörer einen ganz eigenen Bezug ermöglichen. Ehrliche Selbstreflektion ist ein essentieller Baustein sowohl für eine gesunde menschliche Entwicklung als auch für authentischen künstlerischen Output. Allerdings ist das musikalische Ergebnis in meinem Fall sicherlich in erster Linie das vertonte Endprodukt meiner Selbst-Therapie und diese lässt sich niemals 1:1 auf jemand anderen übertragen, weshalb ein tiefgehender Einblick in einzelne Texte den Hörer nur davon ablenken würde eigene Schlüsse aus meiner Musik zu ziehen. Mich selbst katapultiert jeder einzelne ANOMALIE Song in eine Art Trance, daher auch das Wortspiel im Albumtitel. Trotzdem spielt nicht nur mein rein persönlicher Mikrokosmos sondern auch das große Ganze immer wieder eine Rolle, denn wir sind als Menschheit definitiv der mit Abstand größte Ursprung unserer Probleme und der destruktivste Störfaktor in der Welt die uns tagtäglich beherbergt und so gut es geht erträgt.“
Und dies stellt den weiterentwickelnden Character von „Anomalie“ in meinen Augen und Ohren extrem gut dar. Black Metal vereint mit nordischer Schamanenmythologie und deren Klängen, wie es vorher noch nie dagewesen ist. Für Fans von Wardruna, Heilung, Harakiri For The Sky, Rotting Christ ein ganz heißer Tipp, da mich das Album auf eigene Art und Weise, aber vom Spirit, schon stark an diese Bands bzw. deren Genres erinnert hat und sich „Anomalie“ so sicherlich noch einmal einem neuen Publikum öffnen. Sehr gelungene Scheibe, die mit nichts vorherigem der Band oder des Genres zu vergleichen ist!
Antworten