Review: Blind Guardian – The God Machine

Album Review: Blind Guardian - The God Machine

Release: 02. September 2022

Genre: Power Metal, Speed Metal

Spieldauer: 51 Minuten, 03 Sekunden

Label: Nuclear Blast Records

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Tracklist:

  1. Deliver Us From Evil
  2. Damnation
  3. Secrets Of The American Gods
  4. Violent Shadows
  5. Life Beyond The Spheres
  6. Architects Of Doom
  7. Let It Be No More
  8. Blood Of the Elves
  9. Destiny

Das Jahr 2022 steckt voller Überraschungen – auch in Sachen Musik. Bereits letztes Jahr wurde ein neues Blind Guardian Album für den September 2022 angekündigt und ein freudiger Aufschrei ging durch die Fangemeinde, die seit Jahren auf neues Material wartet. Das letzte reguläre Album, Beyond the Red Mirror, erschien 2015 und hat sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Einigen war es zu symphonisch, anderen fehlte Dynamik in den Songs. Im November 2019 kam das Werk Blind Guardian Twilight Orchestra: Legacy of the Dark Lands heraus, eine Zusammenarbeit der Band mit „Die Zwerge“-Autor Markus Heitz, mit einem ganzen Orchester im Rücken und einer inhaltlichen Fortsetzung zum Buch Die dunklen Lande. Ein ganz anderes Hörerlebnis, mehr Soundtrack als ein gewöhnliches Album und ein Herzensprojekt der Band, die dies schon gute 20 Jahre lang geplant hatte. Viele Fans konnten sich an diesem interessanten Projekt, ganz ohne verzerrte Gitarren und Schlagwerk erfreuen, es konnte jedoch nicht an den Erfolg der Vorgänger anknüpfen. Als während der Pandemie 2020 das Wacken Open Air ausfallen musste, bot der Festivalriese eine Online-Version der Veranstaltung an und ließ einige Bands auf einer virtuellen Bühne auftreten, darunter auch Blind Guardian, die dort zum ersten Mal ihren Song Violent Shadows zum Besten gaben und damit einen ersten Einblick in das Album The God Machine. Wir schauen nun ein wenig genauer hin.

Das Album beginnt mit einem mittlerweile recht vertrauten Song, Deliver us from Evil, der lose auf Arthur Millers Theaterstück The Crucible basiert. Er wurde bereits als Single am 03. Dezember 2021 veröffentlicht und bis heute (Stand September) 1,4 Millionen mal auf YouTube aufgerufen. Der Song wurde vor Veröffentlichung ein paar wenige male von der Band exklusiv Live gespielt und ließ die Leute aufhorchen. Der Track, der soft anfängt, mit schon fast gospelartigen Gesängen, schwenkt um und gibt ordentlich Gas, bis es zum mehrstimmigen Chorus kommt, der ein wenig Geschwindigkeit lässt, aber an Ohrwurm-Potenzial gewinnt. Ein erster Schritt zurück in Richtung Speed Metal ohne das melodische zu vernachlässigen – das wird im Album indessen öfter vorkommen. So sollte dieses Genre im Jahr 2022 klingen.

Das darauf folgende Damnation führt das Konzept fort, packt jedoch einen noch epischer klingenden Chorus obendrauf, eine Symbiose aus Hansis einzigartiger Stimme und dem Chor, auch wenn hier die Hook ein wenig unscheinbarer wirkt als man es sonst von Blind Guardian Songs gewohnt war, macht der Song durchaus Spaß, vor allem nach mehrmaligen Hören. Durch den eingängigen, schnellen und epischen Chorus dürfte dieser Song Live einen Kracher abgeben.

Mit Secrets of the American Gods gibt es nochmal einen Track auf die Ohren, den man schon kennt. Das gute Stück wurde bereits Mitte März veröffentlicht und hat zugegebenermaßen einige Durchläufe gebraucht um bei mir anzukommen. Mit 7:28 Minuten ist er zudem das längste Stück auf dem Album, das aber in Gegensatz zu anderen ellenlangen Stücken von Blind Guardian nicht direkt heruntergeht wie Öl. Auf dem Album hat es zusätzlich ein 30-sekündiges Intro spendiert bekommen. Womit das Lied jedoch klar punkten kann sind die Lyrics, die durchaus interessant eine Geschichte erzählen (vielleicht kennt ja jemand Neil Gaimans Roman „American Gods“?), auch wenn die Hintergründe dafür meine persönliche Spekulation sind.

Violent Shadows habe ich bereits oben erwähnt. Dieses Stück kennen wir bereits seit längstem. Es ist ein intensives und düsteres Stück, das in der Albumversion noch härter wirkt als in der bereits bekannten Live-Variante. Die Chöre und das Riffgewitter werden den Song zu einem der Fan-Favoriten machen. Für Bücherwürmer, die diesen Song mögen: Die Sturmlicht-Chroniken von Brandon Sanderson solltet ihr euch aufschreiben, falls ihr diese nicht eh schon auf dem Schirm habt.

Ein wenig einen anderen Sound und ein deutlich anderes Thema bringt Life Beyond the Spheres ein. Es ist ein atmosphärisches, schon fast progressives Stück, das sich langsam anbahnt und aufbaut. Thematisch im Sience Fiction Bereich zu vermuten, ist es ein kleiner Ausreißer auf dem Album, auch insbesondere der Anfang, der schon fast futuristisch klingt. Die Chöre zum Chorus hin und die Strophen, die einem das Gefühl verleihen, da würde sich etwas anschleichen. Eine Achterbahn der Gefühle. Es ist es wert bei dem Song genauer hinzuhören und das ganze einmal auf sich wirken zu lassen.

Architects of Doom gehört zu den Nummern, die man auf sich wirken lassen muss. In den Strophen treibt es schnell voran, mit Speed-Metal-Riffs, die, versehen mit einem schon fast thrashigen Unterton, mit einem Refrain, der von Atmosphäre nur so strotzt, einen stimmigen Wechsel über den Song hinweg ergeben. Durch die Länge des Songs wirkt dieses Konzept jedoch ein wenig anstrengend. Auch wenn Andrés geniales Gitarrenspiel vieles rausreißt, kommt dieser Song irgendwie nicht an mich dran.

Kleiner Nachtrag, soeben erschien das Musikvideo zu Architects of Doom, schaut rein:

Und auch wenn man meinen müsste, es handelt sich beim nächsten Stück um die obligatorische Ballade des Albums, ist Let It Be No More ein wenig mehr. So scheint sich dieser emotionale Song nicht nur sehr auf Hansis Stimme, sondern auch inhaltlich auf den Verlust einer wichtigen Person zu fokusieren. In den Strophen setzt dieser die Instrumentierung stark in den Hintergrund, um in den Refrain groß aufzufahren. Ich bin mir sicher, bei dem Lied werden noch so einige Tränen kullern und auch wenn dieses Lied so voller Emotionen ist, wird es sich wohl nicht gegenüber den anderen Balladen der Band groß durchsetzen. Auf jeden Fall bietet das Stück ein Moment zum Durchatmen.

Nach dieser ruhigen Nummer geht es gleich mit Vollgas weiter: Blood of the Elves ist die jüngste Single vom Album und zeigt nochmal, wie Power/Speed Metal mit ordentlichem Gitarrenfokus klingen muss und geht ohne viel Schnickschnack gut ab. Es bringt außerdem einen Guardian-typischen, epischen Chorus mit. Thematisch basiert dieser Song auf The Witcher, der beliebten polnischen Spielreihe, die auf den Büchern der Hexer-Saga von Andrzej Sapkowski basiert. Und auch wenn André in einem Video meinte, dass dieser Song auf dem Spiel basiere, sehe ich eher Verbindungen zu der Buchreihe, die die Geschichte um Ciri besser erzählt als die Spiele, die im Nachgang spielen. Aber um das zu erklären, müsste ich weiter ausholen und ich glaube, das würde diesen Rahmen hier ein wenig sprengen.
Zugegebenermaßen ein Lied, in das ich mich reinhören musste und auf das ich mich erst richtig einlassen konnte, nachdem ich den Inhalt verstand.

 

Den Schluss macht Destiny, ein weiteres eher progressives Stück, das man sich schon fast auf einem Ayreon Album vorstellen könnte und ein wenig auch an Fly vom Album A Twist in Myth erinnert, das seinerzeit auch ein stilistischer Ausreißer war. Ein Facettenreiches-Stück, das sich aufbaut, die Spannung hält, aber keinen großen Break beinhaltet, sondern das Ganze gemächlich in abschließt.

FAZIT:
Ein Blind Guardian Album weckt durchaus gewisse Erwartungen. Die Band kennt man für fantastische Songs über Themen, die einem jeden Nerd ein feuchtes Höschen verpassen. Das hat sich schon in den 80ern ettabliert und geht bis heute weiter. Jeder Song steht ganz deutlich für sich und baut um sich eine eigene kleine Welt und bringt eine soundtechnische Vielfalt an den Tag, die man von Blind Guardian so schon länger nicht mehr gehört hat. Auch wenn die Produktion hier und da ein wenig zu sauber wirkt und ein wenig mehr Ecken und Kanten dem Ganzen gutgetan hätten, ist The God Machine genau das, was wir aktuell aus dem Genre hören möchten. Klassisch und frisch zugleich, fantastisch und treibend. Auch wenn das am-Stück-Hörerlebnis ein wenig durch die Positionierung von Let There Be No More zwischen den beiden sehr schnellen Stücken Architects of Doom und Blood of the Elves leidet und zu stark abbremst, ist der Hörgenuss nur kurzeitig gestört. Zum Schluss bleibt zu sagen, dass ich hoffe, das dieses Album bald eine Chance bekommt, sich auf der Bühne zu entfalten, denn die laufende Somewhere Far Beyond Tour wird leider keinen Platz dafür bieten können.

Das Album gibts hier:
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Über Roksi 538 Artikel
Roksana Helscher, Fotografin und Redakteurin. Seit 2016 bei Dark-Art dabei, ein Teil der Chefredaktion und das Mädchen für alles. Seit meinen ersten Konzertfotografie-Gehversuchen in 2011 bis heute unterwegs und versuche das Geschehen auf großen und kleinen Bühnen zu dokumentieren.

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