Review: Bosparans Fall – Götterspiel: Dunkle Zeiten

Release: 26.05.2023

Genre: Role Play Melodic Death Metal

Spieldauer: 41:22

Label: Black Sunset

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Tracklist:

  1. Intro
  2. Dunkle Zeiten
  3. Bosparans Zinnen
  4. Rondra
  5. Firun
  6. Praios
  7. Alrik Immerda
  8. Schwarzmagier Xardas (feat. Kalbsgrinder)
  9. Kampf um Norbeneck
  10. Goldene Blüten auf blauem Grund

Waren früher Pen & Paper Spieler noch Nerds und wurden belächelt, so hat dieses wunderschöne Hobby in Film und Fernsehen (Stranger Things, Dungeons & Dragons) seine Spuren hinterlassen. So ist es nicht verwunderlich, dass hier auch mit einem der erfolgreichsten deutschen Rollenspielsysteme, Das Schwarze Auge (DSA. Land: Aventurien), nachgezogen wird.
 
Die Melodic-Death Metal Band Bosparans Fall aus Süddeutschland hat sich doch gleich selbst nach einem großen historischen aventurischen Ereignis benannt. Götterspiel: Dunkle Zeiten, ihr erstes Album, steht im Zeichen von DSA – bzw dem dazugehörigen Land Aventurien. Aus diesem Grunde werden wir uns in unserem verspäteten Review doch mehr an die Geschichte Aventuriens anlehnen und die „Geschichte hinter den Liedern“ etwas beleuchten.
 
Das Fazit werde ich splitten und für die reinen CD-Liebhaber vor das eigentliche Review setzen:
 
Bosparans Fall haben sich dem Melodic-Death Metal verschrieben. Trotz der gesanglichen klassischen Growl-Stimme des Sängers Jonas werden weitere Elemente, z.B. Streicher, mit in das Konzeptalbum verknüpft. Die Texte sind auch ohne Booklet sehr gut zu verfolgen und vor allem taucht man in die einzelnen Songs ein. Für jeden der gerne gute Lieder für den nächsten Fantasyroman etc. haben möchte, kann ich die CD empfehlen – auch wenn man sonst keinen Melodic-Death Metal hört. Die Lieder sind gut abgemischt und bestechen mit ihrem variablen Einsatz von Streichern, Klargespräch, Gitarrensoli und setzen die Texte stark um. Vor allem Praios hat mich in dieser Aufmachung umgehauen. Die epischen Schlachten sind fühlbar, man ist als Fantasyliebhaber sofort im Geschehen mit drin. Das Album ist auch gut geeignet für Hörer guter Geschichten, die weniger im Melodic-Death Metal drin sind. Warum, werde ich in den nächsten Absätzen näher erläutern.
 
Mit dem Fall der Stadt Bosparan wurde in DSA ein neues Zeitalter eingeleitet, vergleichbar mit dem Untergang großer Kulturen in unserer Welt, beispielsweise dem römischen Reich. Aus diesem Grund beginnt in DSA die Zeitrechnung auch mit Bosparans Fall.
 
Im Intro wird die Atmosphäre mit Streicher-Ensemble, Trommel und vorgelagerten Grillenzirpen aufgebaut. Soundtrackmusik wie vor einer großen Schlacht, um in den Song Dunkle Zeiten mit Streichern und der Lead-Gitarre überzugehen. Das Gitarrensolo hat mich sofort gefangen, meine Füße und mein Kopf wippen mit.
Dann beginnt der Gesang, ein durchgängiger Growl-Gesang, aber extrem gut zu verstehen. Erinnert mich etwas an Eisregen, aber auch nur etwas. Auf jeden Fall bin ich mit den ersten Worten beim Erzähler und lausche seinen Beschreibungen des Heeres und fiebere mit ihm den unvermeidlichen Weg nach Bosparan mit. Dunkle Zeiten, ist, wie der Bandname, ein feststehender Begriff in der aventurischen Geschichte. Es bezieht sich auf mehrere Kriege und wie in unserem Dreißigjährigen Krieg, waren auch zu dieser Zeit Chaos, Hunger und Verderben an der Tagesordnung. Die Stadt Gareth hat sich gegen Bosparan erhoben und so beginnt das Lied aus Sicht des bürgerlichen Heeres auf ihren Weg nach Bosparan. Der Weg ist in der aventurischen Geschichte als ‚Garether Aufstand‘ bekannt.
Das Gitarrensolo wird im Song immer wiederholt, um verschiedene Perspektiven des Heeres zu betrachten. Im ersten Part des Songs wird aus Sicht von Außenstehenden berichtet, der zweite handelt dann von Kriegern im Heer, welche ihre Intention für den Kampf und Taten erläutern, um nach den letzten Solo mit dem Refrain am Tag des Kampfes zu enden.
 
Bosparans Zinnen beginnt wieder mit Streicher-Ensemble und Doublebass-Drums. Kurz nach dem Fall Bosparans wurde auf den Zinnen von Bosparan ein Kampf beschrieben, in dem Rondra, die Göttin des Kampfes und Firun, der Gott der Jagd und des Windes durch Charaktere den Eid Praios unterstützen. Ich begebe mich kurz auf eine Spekulation und würde sagen, es wurde der ‚Eid auf den Zinnen Bosparans‘ beschrieben.
Durch die Gitarrensoli werden die unterschiedlichen Sichtpunkte der Helden klar differenziert dargestellt und abgetrennt. Der Eid, der hier besprochen wurde, besagt, dass Praios, der höchste Gott im Pantheon der Zwölfe, sich einen weltlichen und geistlichen Träger auserkoren hat. Ein schönes Lied, welches den Kampf und die Wichtigkeit des Zwölf-Götterglaubens unterstreicht.
 
In Rondra beginnt der Gesang mit der Beschreibung der Kriegsgöttin. Die Amazonen sind ihre Töchter, stehen hier und tun, was Amazonen nun mal tun, sie kämpfen… und das ziemlich gut. Narben werden nicht als Niederlage gesehen, sondern als Ruhmestaten für Rondra – eigentlich ein schöner Gesichtspunkt auch außerhalb des DSA-Settings. Im Refrain wird mehr auf die Aspekte von Rondra, Göttin des Kampfes mit den Zeichen eines Löwen eingegangen. Ich finde den Refrain in diesem Lied extrem einprägsam und beschreibt die Göttin und ihre Kämpferinnen sehr gut. Auch die einzelnen beschriebenen Kampfszenen passen sehr gut zu dem ‚Bild‘ von gottesgläubigen Kämpfern. Der Song hat ein gutes Midtempo und peitscht, wie bei einem Kampf. Es ist nicht hektisch, sondern voller Adrenalin (für keine Rollenspieler, stellt euch eine gute Verfolgungsjagd vor oder Kampfszene aus einem der Fantasyepos, wo man den Atem anhält). Mit den letzten Sequenzen des Liedes kommen die Streicher zur Geltung und man atmet erleichtert aus. Was für eine Glanzleistung – danke.
 
Firun, Gottes des Windes und der Jagd, ist im Norden Aventuriens angesiedelt. Hier kommt viel Interpretation mit rein, denn ich habe mir den Gott anders vorgestellt, aber das ist ja oft so, nicht nur in der Welt des Pen & Papers. Das Lied beginnt mit Gitarrensoli und Windgeräuschen. Firun wird als grausamer Gott beschrieben, welcher ganz im Norden in den Eislanden lebt. Um hier zu überleben, muss man die Angst besiegen. Der klassische Firungeweihte, hat ein reines mutiges Herz, kalt und hart und Taten zählen mehr als Worte. Dieses Lied finde ich vom Verständnis des Refrains mit am schwierigsten. Es ist ebenso eine gute Midtemponummer, welche vom Gesang von Sänger Jonas geprägt ist. In der letzten Hälfte kommt die Leadgitarre zum Einsatz und lässt den Song mit einem Basssoli und Wind ausklingen.
 
Praios, der höchste Gott mit dem Aspekt der Sonne. Das Lied beginnt mit Streichern und der Gitarre. Ein Introsprecher erzählt in schnellen Sprechgesang von Untoten, welche von den Praios Geweihten vernichtet werden müssen. Er kämpft mit Schwert gegen tote Seelen und Ketzerei. Wie ein guter klassischer Inquisitor werden Ungläubige mit dem Scheiterhaufen geläutert. Passend zum Scheiterhaufen setzen Streicher ein und sie dominieren diesen Part. Danke, damit setzt sich der Praoisgedanken echt fest. In die Streicher werden Synthis eingeleitet, um in peitschenden Gesang überzugehen. Es wird mit den ersten Worten sofort klar, jetzt sind wir bei den Betroffenen ‚Ungläubigen/Ketzer‘ angelangt und die aschige, traurige Konsequenz. Ja, Praois ist in DSA – Setting nicht immer der ‚gute‘ Gott, sondern steht oft für Fanatismus. Dieses Lied bringt es echt gut auf den Punkt. Praios, der Himmelsrichter, Herr des Lichts und dass seine Worte Gesetz sind, bleiben beeindruckend im Gedächtnis. Aus Rollen spielerischer Sicht ist dieses Stück ein Meisterwerk, denn der Fanatismus und die Engstirnigkeit der klassischen Inquisitoren wird sehr gut transportiert und ich hatte echt Bilder im Kopf mit am Ende viel Asche.
 
Alrik Immerda ist der erste große Held, weil er auf vielen Covern abgebildet war (zumindest nach der DSA-Wiki). Ich finde es sehr nett, dass er jetzt wirklich Teil eines Abenteuers wird, welches in dieser CD beginnt und er in Abstimmung mit der DSA Community mit Leben gefüllt wird. Nach dem doch sehr intensiven letzten Stück, beginnt dieses hier ruhig mit Bass, Leadgitarre und Streicher.
Ich muss gestehen, es überzieht mich eine Gänsehaut, genau so sollte der Einlauf eines Helden sein, der ein nicht so leichtes Erbe angeht. Da es sich hier um keinen offiziellen Helden handelt, werde ich mehr auf das Lied eingehen. Ein wiederkehrendes Gitarrensolo wird als Refrainersatz eingesetzt. In der zweiten Strophe wird Alrik Immerda‘s Vergangenheit beschrieben und warum er ‚kalt wie Stahl‘ wurde. Der Schmerz hat ihn immer begleitet. Das Lied erhält viele Passagen nur mit Streicher, Gitarren und wenig Gesang. Was ich persönlich nicht negativ finde, sondern seine Beweggründe bezogen auf das Fundament Hass, Leid, Schatten und den Todeswunsch, immer weiter nährt. Er wird in den Kampf zwischen Göttern hineingezogen und das Schicksal der Menschen in Alriks Händen gelegt.
 
Beim Kontrahenten Schwarzmagier Xardas beginnt das Lied mit einem Introsprecher und einem Klargespräch, welches mit dem Verändern des Magiers in den gutturalen Gesang von Jonas übergeht. Der Schwarzmagier wird als machtgieriger Magier beschrieben, der den Dunklen verfallen ist, denn diese Macht kann nur größer werden. Auch der Kontrahent ist ein klassischer Bösewicht und wird aber gut in die Geschichte eingeführt. Die Antipathie ist meinerseits sofort vorhanden. Das Lied besteht wieder mehr aus Gesang und am Ende kommt ein schönes E-Gitarrensoli, um es ausklingen zu lassen.
 
Vor den letzten beiden Lieder noch mal ein Exkurs in die Welt der Rollenspieler. Wir, Pen & Paper, haben für große Geschichten unsere Skripts und diese werden in sogenannten Kampagnen nachgespielt. Also wie, wenn du, ich und dein Freud in die Rollen von den Protagonisten aus Herr der Ringe oder Game of Thrones springen würden und deren ihre Geschichte durchleben. Die letzten beiden Lieder müssten in die Invasion der Verdammten’-Kampagne eingeordnet werden können.
 
Kampf um Norbeneck beginnt mit Cello. Norbeneck ist eine Kleinstadt mit Kriegshafen. Folgt man den Aufzeichnungen aus dem DSA-Wiki, dann wird das Dorf in der ‚Invasion der Verdammten‘ (Teil einer Kampagne) erwähnt. Wie passend, dass genau hier die beiden Protagonisten der CD aufeinander treffen. Eine einfache Kleinstadt. Xandras, der Nekromant, tritt hier zum erstem Mal in Erscheinung und befehligt seine Armee. Der Refrain wird in stakkatoartigen Growl-Gesang immer öfter wiederholt, um das Bild zu schaffen, dass Alrik erst 19 Jahre alt ist und er, der Mann der tausendjährigen Prophezeiung ist. Auch ohne die Kampagne zu kennen, es wird genau das Bild geschaffen, was in den Rollenspielerkreisen oft der Fall ist. Man beginnt nicht als Held, man erlebt Dinge und irgendwann dann ist man es halt. Auch dieses Lied schafft es, dass man die Augen schließt und wieder im Kampfgetümmel steht, das ist wirklich eine große Stärke in dieser CD.
 
Goldene Blüten auf blauem Grund ist der Name eines Rollenspielabenteuers aus der ‘Invasion der Verdammten’ – Kampangne und somit ein Begriff, der ist fest verankert ist. In diesem Abenteuerband eilen die Helden den Amazonen zur Hilfe. Ihre Feste wird von dem Borbarad-Anhänger (Borbarad ist der Dämonenfürst) angegriffen und der Ausgang ist mittlerweile bekannt, denn die Burg wird vollständig zerstört, damit niemand der Toten den Untoten zum Opfer fällt. Dieser Teil wird mit einem Gitarrensoli deutlich unterstützt. Dieses Lied endet sehr abrupt und als Hörer bleibt man erst mal kurz sitzen und muss es verdauen, es hallt sehr nach, was dieser Geschichte und dem damit verbundenen Konzeptalbum noch mal an Tiefe gibt.
 
Fazit für Pen&Paper-Affine:
 
Die aventurische Geschichte wird hervorragend für Fantasy, Rollenspiel- und Larpaffine Menschen aufbereitet. Man hört der CD an, dass hier Profis am Werk waren. Die Texte sind ohne Booklet zu verstehen. Gesanglich wird nur an wichtigen Passagen was geändert. Damit wird das Konzeptalbum deeper. Ebenso werden mit den Elementen von Streicher und Solos die verschiedenen Perspektiven des jeweiligen Songs belichtet. Es ist kein klassisches Melodic-Death Metall Album, aber genau das macht den Reiz. Wer auf Abwechslung und Konzeptalben steht, ist hier gut bedient und ich finde, es werden die einzelnen Charaktere, Schauplätze etc. extrem gut dargestellt. Großes Lob hierfür – epische Schlachten zu erzählen und Helden als gebrochen und groß erscheinen zu lassen ist eine Gabe, welche mein Rollenspielerherz echt höher schlagen ließ.

 

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