Review: Der Weg einer Freiheit – Noktvrn

Album Review Der Weg Einer Freiheit Noktvrn

Erscheinungsdatum: 19. November 2021

Label: Season of Mist

Genre: Black Metal

Spieldauer: 47:44

Tracklist:

  1. Finisterre II
  2. Monument
  3. Am Rande der Dunkelheit
  4. Immortal
  5. Morgen
  6. Gegen das Licht
  7. Haven

 

„Zurück, zurück in die Welt zwischen Schein und Wirklichkeit

Entlasse mich in den langersehnten Traum

und in die vielleicht letzte Freiheit,

die ich dieser Tage doch so sehr vermisse.“

(aus Der Weg einer Freiheit – Monument)

Album Cover Der Weg Einer Freiheit Noktvrn

So beginnt es also, nach langer Wartezeit, durch die Umstände, die uns bei jeglicher Erwähnung schon wieder aus dem Hals raushängen, vielleicht sogar noch innerlich länger gezogen, kommt nun endlich ein neues Album der Würzburger Black Metal-Formation Der Weg einer Freiheit. Das gute Stück nennt sich Noktvrn und wird am 19. November veröffentlicht werden. Bevor wir aber genauer auf die Musik eingehen, lasst uns zum fünften Album kurz einen Blick in die Vergangenheit werfen. Geboren wurde Der Weg einer Freiheit im Jahre 2009 aus den Auflösungen der Black Metal-Band Frostgrim und der Deathcore-Gruppe Fuck Your Shadow From Behind. Gitarrist und musikalischer Kopf, heute ebenfalls Sänger, Nikita Kamprad begann das Projekt hauptsächlich rein in dem Gedanken, einfach wieder Musik zu machen, ohne große Hintergedanken oder solche für die Zukunft dieser Band. Im Jahre 2010 wurde so ein erstes Album veröffentlicht, welches eigentlich auch das Einzige bleiben sollte und, damals noch unbetitelt, uns heute als das selbstbenannte Der Weg einer Freiheit bekannt ist. Auf diesem war noch Tobias Jaschinsky am Gesang zu hören. Die Reaktionen auf die Musik waren so positiv, es wurde vielfach nach einem Nachfolgeralbum und Live-Shows gefragt, dass sich Nikita Kamprad in der Folge dazu entschloss, schlicht und einfach weiterzumachen. Ursprünglich selbst veröffentlicht, wurde das Berliner Label Viva Hate Records, die zuvor auch schon Platten von Bands wie Leviathan, Enslaved und Isis herausbrachten, auf das Album aufmerksam, was zu einer ersten Zusammenarbeit führte. In der Folge waren sie auch sehr produktiv, schon ein Jahr später kam die EP Agonie und 2012 das zweite Album Unstille, mit welchen mehr Konzerte, Festivals und eine erste Europa-Tour mit Wolves in the Throne Room organisiert wurde. 2014 erfolgte dann der Wechsel zum großen französischen Label Season of Mist, mit welchem bisher die Alben Stellar (2015) und zuletzt Finisterre (2017) veröffentlicht wurden, ab welchen Kamprad den Gesang selbst übernahm. Nun kommt mit Noktvrn also das fünfte Album, ebenfalls bei Season of Mist, auf das wir nun genauer eingehen.

Es beginnt alles mit einem akustischen Intro, welches vom Titel her schon an die letzte Platte anschließt. Finisterre II führt wieder ohne Zweifel in die allgemeine Düsternis von Der Weg einer Freiheit ein, die wir schon von den vorangegangenen Alben kennen. Musikalisch bewegt sich das Intro noch am ehesten im Bereich des Post-Rock und könnte zur aktuellen Jahreszeit melodisch nicht besser zum Blick aus dem Fenster in unseren Landen passen. Der erste Song ist folgend Monument, der schon als zweite Single vorab veröffentlicht wurde. Dieser führt das Intro nahtlos weiter, bis das Album dann losbricht. Ein verzerrtes Gewitter von Gitarren, Bass und Drums prallt auf den Hörer ein und wird weiterhin in gewohnter Manier melodischer und natürlich vom Gesang weiter unterstützt. Schon hier lässt sich rein instrumental das Songwriting wiedererkennen, ja, es handelt sich um Musik, die aus Nikita Kamprads Feder stammt. Ebenso hart, wie auch atmosphärisch verläuft das Lied, das den ein oder anderen Hörer doch innerlich schweißgebadet verabschieden wird. Natürlich nicht im Sinne eines Dictius Te Necare, doch in seinem ganz eigenen Stil. Und um es von vornherein klarzustellen; das Album, wie auch der Titel entspringen der Inspiration von Frédéric Chopins Nachtstücken, seiner 21 Nocturnes. Die Verwendung des „v“ darf nicht verwechselt werden mit dem verzweifelten Versuch, die Genreeinordnung „Black Metal“ stärker hervorzuheben, sondern steht für die römische Zahl fünf, also das fünfte Album der Band.

Am Rande der Dunkelheit heißt der dritte Track, der in bekanntem Stile über das lyrische Konzept der Nacht und Träume herfällt. Nicht nur die Instrumente harmonisieren wieder einmal in großartiger Art und Weise, auch der Gesang, der wie eine Lesung daherkommen zu scheint und doch entsprechend des Textes emotional und allgemein mehr als passend zuschlägt. Sanft und doch irgendwie leicht drohend endet der Song nach einem weiteren musikalischen Sturz in die Schönheit (oder Tragik?) von Dunkelheit und tiefer Schwärze, die Der Weg einer Freiheit schon länger aus- und in dieser Form auch einzigartig macht. Spätestens an diesem Punkt fällt die großartige Produktion des Albums auf, die seit Finisterre wieder einen Schritt gemacht hat. Produziert im Ghost City, ist hierfür nicht nur Kamprad selbst, der wieder das Mixing selbst übernahm, verantwortlich, sondern ebenso Jan Kerscher und Philipp Welsing, die beide schon auf den Vorgängeralben Stellar und Finisterre mitgearbeitet haben. Letzterer konnte sich bereits ebenso mit dem Mastering bei Nocte Obducta oder auch Lantlôs‘ Melting Sun auszeichnen.

Mit Immortal, welcher ebenfalls zuletzt als Single herausgebracht wurde, zeigt sich das erste Lied in ihrer Geschichte, dass in Englisch geschrieben wurde. Mit von der Partie für die cleanen Vocals ist Dávid György Makó, seines Zeichens der Mann hinter dem ungarischen Projekt The Devil’s Trade, welches nach der gelungenen 10th-Anniversary Tour auch bei der kommenden Noktvrn-Deutschlandtour wieder dabei sein wird. Hierbei handelt es sich nicht um einen klassischen Der Weg einer Freiheit-Song, sehr kreativ gestaltet ist er wohl hauptsächlich als Teil einer neuen musikalischen Entwicklung zu begreifen, die in diesem Album seinen Anfang finden könnte. Auch wenn es im Vergleich zu den anderen Werken nicht jedem Fan auf Anhieb gefallen sollte, darf ein solches Experiment nicht zu vorschnell negativ beurteilt werden. Ganz im Gegenteil, es ist mehr als positiv hervorzuheben, wie das Songwriting nach zehn Jahren weiterhin in einer Entwicklungsphase ist, die, im besten Falle, niemals aufhört. Niemand braucht eine Neuauflage, ein Album, das noch einmal genau wie Stellar oder Unstille klingt. Schön wäre es, wenn die Musiker selbst dahinterstehen, einfach aus Freude an der Sache das gleiche weiterzuführen. Doch die meisten Künstler befinden sich wohl Zeit ihres Schaffens in der eigenen Reflexion und Entwicklung und genau das ist es, wo neues und großartiges immer wieder herkommt. Trotzdem, ohne die „Abweichungen“ größer zu machen als sie tatsächlich sind, wird eine Atmosphäre kreiert, die bis hierhin sehr gut ins Album passt; Düsternis auf seine ganz eigene Art und Weise.

Die erste Single, die zu Noktvrn veröffentlicht wurde, nennt sich Morgen und hat uns schon vorab klar gezeigt, dass mit einem Qualitätsnachlass nicht zu rechnen ist. Mit Lyrics, die so auch in den DSBM passen würden, kommt dieser Song wieder klassischer daher und bildet einen Kampf mit dem Selbst dar. Die Musik auf diesem Album, und besonders dieser Track, kreiert Bilder; eines der größten Komplimente, die man einem Werk dieses Stils machen kann. Das Konzept von Nacht, Traum und Dunkelheit wird musikalisch wunderbar umgesetzt und könnte in Zukunft wohl nicht nur in düstere, sondern auch in positive Momente des Lebens passen. Erwähnenswert ist, neben den Gitarren, die von Kamprad und Nicolas Rausch übernommen wurde, auch der sehr schöne Basssound von Nicolas Ziska und natürlich die immer wieder herausragenden Drums des Tobias Schuler. Der Song ist, wie das gesamte Album, abwechslungsreich gestaltet, wobei sich sagen lassen könnte, dass es sich hier um ein Album handelt, das nicht ständig wiederholt angehört werden muss. Nicht, weil es in irgendeiner Form Langeweile produzieren würde, sondern aufgrund der positiv gemeinten Auffassung, dass es doch auf ein ganz bestimmtes, besonderes Gefühl ausgelegt ist, für welches also demnach eine gewisse Grundstimmung im Hörer vorliegen müsste, um dieses Gefühl durch die Musik erfahren zu können.

Als vorletztes Lied kommt ein elf Minuten-Brecher, der sich Gegen das Licht nennt. Es wird nicht schlechter und es zieht sich nicht unnötig, was bei Songs dieser Länge definitiv eine potentielle Gefahr sein kann. Auch mit cleanen Gitarren gelingt viel auf diesem Album, wie dieser Track zeigt, vor allem in Kombination mit den Übergängen in die melodischen und verzerrten Parts. Ja, das Licht überwiegt gegen Ende die Dunkelheit, lyrisch wie auch instrumental, verträumt verbleibt jedoch der Gesang in einem Zwischenstadium aus Traum und wachem Sinn. Es lässt durchaus die Zeit vergessen und drängt weiter in die Atmosphäre, die sich über das gesamte Album streckt.

Das Ende bildet ein weiterer Song in englischer Sprache; Haven. Fast schon im Black-/ Shoegaze-Stil zeigt er wieder das noch größere Potential der Band auf, die also ihren Höhepunkt wahrscheinlich noch gar nicht erreicht hat, wobei diesen zu definieren auch der Musik eventuell die Magie rauben könnte. Festhalten lässt sich in jedem Fall, dass die Fähigkeiten von Nikita Kamprad nicht nur im Black Metal, sondern definitiv auch jenseits dieses Genres liegen. Auch hier zeigt sich etwas neues hinsichtlich des Songwritings, ja tatsächlich in dieser Form unerwartet; eine wesentlich hellere Seite, die sich auch im Albumcover widerspiegelt, welches übrigens erneut von Max Löffler gestaltet wurde, der auch schon für die Cover von Stellar und Finisterre verantwortlich war. Mit cleanem Gesang geht es hier zurück in die Träume und es lässt sich fragen, ob diese mit dem Ende des Albums überhaupt verlassen wurden.

Ein großes Fazit ist in diesem Fall unnötig. Der Weg einer Freiheit haben uns mal wieder ein großartiges Album gebracht, das aktuell sicherlich zum Besten gehört, was Deutschland im Bereich des Black Metal dieses Jahr hervorgebracht hat. Es passt zu dem, was die Band zuvor geleistet hat und gibt doch mit zwei Songs einen Ausblick in eine sehr interessant zu werdende Zukunft. Oft wird bei vielen Bands von drei Alben gesprochen, die in sich zusammenpassen, bevor die nächsten drei eine neue Richtung einschlagen. Nach Stellar, Finisterre und nun Noktvrn könnten die angesprochenen Songs dafür sprechen, dass wir ab dem nächsten Album vielleicht eine noch größere Entwicklung von Der Weg einer Freiheit zu hören bekommen. Wir werden sehen, in welche Welten es die Band als nächstes verschlägt, in jedem Falle dürfen wir uns freuen und bis dahin dieses Album noch oft hören und genießen.

Links

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