Review: Eisregen – Leblos

Veröffentlichungsdatum: 19.06.2020
Label: Massacre Records
Genre: Dark Metal / Gothic Metal
Länge: 50:27 + 10:20

Tracklist: CD1 Eisregen

  1. Ruhet Sanft 3:25
  2. Pechschwarz 4:55
  3. Erstschlag 2:49
  4. 1000 Jahre Nacht 4:58
  5. Leblos 3:54
  6. Schlachtraum 5:23
  7. Atme Asche 4:17
  8. Mein Leichenwerk 4:38
  9. Wangenrot 3:44
  10. Mutter Schneidet 5:25
  11. Drauß‘ Vom Häuten Komm‘ Ich Her 6:55

CD2 Räudige Rennsteigrebellen

  1. Deutsches Bierlied 1:38
  2. Grünes Herz 1:44
  3. Wenn es draußen dunkel wird 2:06
  4.  Zeit zu saufen 4:51

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Endlich ist es soweit, dass 14. Studioalbum von Eisregen ist da! Vorneweg lässt sich schon sagen: wer er es noch nicht gehört hat sollte es unbedingt tun, denn nicht nur tauchen alte Bekannte wieder auf (unter anderem Frau N. Feind an der Geige und Yantit hat sich ans Keyboard gewagt) sondern auch musikalisch gehen sie neue Wege, wodurch das Album zu den Besten (oder sogar DEM Besten) der letzten Jahre wird.

Ruhet Sanft ist der Einstieg des Albums und zeigt direkt: Eisregen sind wieder da, anders aber fieser denn je. Ein Klavier begleitet Michael Roths Sprechgesang und später gesellen sich gemächliche Gitarre, Bass und Schlagzeug dazu. Es bleibt langsam, das Lied ist ein gruseliges Schlaflied, quasi eine „Un“-Gutenachtgeschichte, denn textlich ist der Schlaf hier der kleine Bruder vom Tod und steht als Metapher für den Tod, der dem Leben als einziges einen Sinn gibt. Es endet mit, für Eisregen, einer fröhlichen Gitarre, dabei ist es immer noch melancholisch und wirkt wie der Feuerzeug-Moment auf Konzerten, bei dem im Takt mitgeschunkelt wird.

Pechschwarz rollt an mit Bass und Schlagzeug wie ein Donnergrollen, dass auch nach Ende noch klagend im Raum hängt. Das tiefe Growling und groovige, doch Maschinengewehr-gleiche, Gitarren machen den Song direkt sympathisch. Die Gitarre spielt eine Melodie, die an die eines Geisterhauses erinnert, abwechselnd mit mehrstimmigem Gesang, begleitet von Klavier und Geige bevor alles im Nichts verhallt.
Erstschlag schleicht sich langsam und vorsichtig mit ominöser Musik, die den geneigten Zuhörer an Filmmusik erinnert, wenn das Böse auftaucht. Definitiv passend. Trotz der leisen Einleitung ballert der Song ordentlich mit bissigem Symphonic Black Metal im Stile der alten Emperor-Alben. Es kloppt sich gewaltig im Marschtakt durch bevor es passenderweise mit dem Text „Und Tschüss“ endet.
1000 Jahr Nacht ist definitiv DER Hit auf dem Album. Wurde von mir rauf und runter gehört und tritt in die Nachfolge von Eisenkreuzkrieger musikalisch. Genau wie bei Eisenkreuzkrieger fängt der Song mit einem melancholischen Klavier an. Allerdings wird es begleitet von der Geige und beides ist unglaublich traurig und sehnsüchtig. Gitarre und Schlagzeug sind spärlich und halten sich im Hintergrund, um den Hauptakteuren Geige und Klavier Raum zu geben. Diese unglaubliche Traurigkeit und Schönheit des Liedes sind natürlich nicht auf Kosten der üblichen Boshaftigkeit von Eisregen. Vielmehr ist es hier weniger eine aktive Boshaftigkeit, sondern vom Wesen her abgrundtief böse. Passt natürlich zu dem Song, denn es geht um einen mordenden Vampir, der nach 1000 Jahren Nacht und Mord sich von Gott hintergangen fühlt und noch ein letztes Mal Wärme und Licht sehen und fühlen möchte und daher den Tod in der Morgensonne wählt. Ihm ist nichts mehr geblieben und der Tod ist sein Ausweg aus dieser trostlosen Existenz.
Leblos hingegen ist wieder einer von Eisregens „Party“-Songs wie Tausend Tote Nutten. Ein boshaft-fröhliches Glockenspiel klimpert über einem eingängigen Riff, quasi Rammstein meets Pagan Metal. Die Musik wummert trotzdem ordentlich mit einer fröhlichen Geige, die sich gegen Ende verabschiedet und nur noch Gröhlen und böse Riffs üblig lässt.

Schlachtraum beginnt fast nett mit einem Pizzicato der Geige, es wirkt wie ein Horror-Soundtrack auf Steroiden. Der gesamte Song sind langsame Gitarrenakkorde über einem treibenden Schlagzeug, die Musik ist dabei immer ominös, unheimlich, abgehackt. Was passt, ist es doch ein abgehacktes Geständnis ob der Dinge, die in diesem Schlachtraum passierten.
Atme Asche ist wieder ein eher langsamerer Song. Beginnend mit melancholischer Gitarre und Geige steigert er sich aber schnell. Midtempo Melodic Black Metal mit Grufti Klavier und Geige beschreibt ihn eigentlich ziemlich gut, halt ein typischer Eisregen-Song.
Nummero Acht, Mein Leichenwerk ist auch wieder ein Song nach Schema X (oder E wie Eisregen). Typische Grufti-Gitarre im Duett mit Klavier. Allerdings wertet das Klavier den gesamten Song auf, es klingt zart und erinnert an Glöckchen.
Wangenrot beginnt mit einem Glockenspiel oder einer Glasharfe, deren Rhythmus von der Musik aufgegriffen wird. Die Melodie ist ein Frage und Antwort Spiel. Auffällig ist, dass Michael Roth Klargesang singt und das generell die Musik leiser gemischt ist. Es wirkt wie ein Versuch die Musik atmosphärischer zu gestalten, leider endet es eher langweilig, trotz des tollen Klargesangs.
Mutter Schneidet ist ein ominöser und minimalistischer Song und genau das macht ihn gruselig. Zwei Schlagzeugtöne mit Echo, ein Klavier, dass genau das aufgreift und eine groovige Gitarre mit einem Riff, das klingt wie eine zuschnappende Schnere. Der gesamt Song ist die musikalische Vertonung des „Schnipp Schnapp“, der schneidenden Mutter aus dem Refrein. Hier gelingt, was der vorherige Song versucht hat. Die Musik ist nicht im Weg, sondern eine organische Einheit mit dem keifenden Gesang.
Drauß‘ vom Häuten Komm‘ ich her schließt das eigentliche Album ab. Als Parodie des bekannten Weihnachtsliedes „Drauß vom Walde Komm ich her“ ist es definitiv eines der abgefuckteren Lieder auf dem Album. Allein schon der Anfang macht einen unwohl mit gequälten Seufzern und gepresster Sprache und dazu stets die langsame und düstere Musik. Danach wird es wieder typisch Eisregen mit keifendem Gesang und abgehackten Gitarrenakkorden.

Räudige Rennsteigrebellen
Die Räudigen Rennsteigrebellen sind die Bonus-CD und definitiv das Absurdeste an dem Album. Musikalisch ist es eigentlich Funpunk meets Volksmusik, die Assoziationen sind Schützenverein, prollig oder die spießige Schrebergartensiedlung. Besonders tut sich nur ein Song hervor, Zeit zu Saufen. Bekannt dürfte er einigen von dem Leichenlager Album sein, dort nimmt es seinen Platz ein als ein blutrünstiges Trinklied und tut dies ebenfalls bei den räudigen Rennsteigrebellen. Ab der 2/3 Marke als Gegenstück zu 1000 Jahre Nacht käme es gut. Als Gag sind die Räudigen Rennsteigrebellen ganz gut und witzig, aber nicht das Geld zum Kaufen wert, weil es musikalisch dafür doch zu langweilig ist.

Fazit

Nach mehrmaligem Hören lässt sich für das Album eines auf jeden Fall feststellen: es hat Hitpotential und ist für mich das neue Lieblingsalbum der Band. Besonders für neue Eisregen-Fans mag es etwas ungewohnt sein bezüglich der Instrumentation (Geige und Klavier), aber nichts der Band völlig fremdes und genau das macht den Reiz aus. Bei Fegefeuer waren die die Meinung eher gespalten, bei Leblos werden sie es nicht sein. Unbedingt anhören, die Ohrwürmer des Albums werdet ihr nicht so schnell wieder los. Mein persönlicher Favorit des Albums ist 1000 Jahre Nacht, eine noch nie dagewesene boshafte Schönheit eines Eisregen-Songs, das Eisenkreuzkrieger ablösen wird. Also, anhören, freuen und die Jungs ab Oktober auf Tour sehen. Die neue Scheibe muss gefeiert werden.

1 Kommentar

  1. An sich eine schöne Rezension die das Album meiner Ansicht nach auch gut beschreibt, allerdings scheint sich der Autor nicht so gut mit den alten
    Werken von eisregen auszukennen da er sonst gemerkt hätte dass es den von ihm gewünschten blutrünstigen Text zu „Zeit zu saufen“ bereits seit 20 Jahren gibt (Zeit zu spielen, krönender Abschluss des albums Leichenlager).

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