Release: 11.11.2022
Genre: Symphonic Power Metal
Spieldauer: 35 Minuten und 54 Sekunden
Label: Atomic Fire Records
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Tracklist:
- The Great Tribulation
- Wake the World
- The Final Lullaby
- Sirens – Of Blood and Water
- Death is not the End
- Human Devastation
- The Miner
Vorwort:
Alchemie ist ein altes Handwerk, das seine Wurzeln im 1./2. Jahrhundert hat und sich mit der Lehre von Stoffeigenschaften, sowie ihrer Reaktionen beschäftigt. Eng mit diesem Handwerk verbunden ist der Traum der Goldsynthese, bei der unedlere Metalle wie Quecksilber oder Blei zu Gold verwandelt werden sollen. Mithilfe diverser ausgeklügelten Konstruktionen und Reagenzien aller Art, sollte dies in den groß angelegten Laboren unter Einsatz vieler Experimente und Fleiß möglich gemacht werden. Klingt spannend? Ist es auch, dachte sich wohl auch die niederländische Band Epica und machte sich auf ins nächste Tonstudio, um dort ihre eigene musikalische Alchemie durchzuführen. Ihre selbst auferlegte Mission dabei: Den eigenen gespielten Symphonic Power Metal durch Beimischung von diversen Gastmusikern um einige neue Elemente erweitern und veredeln. Ob dies Epica gelungen ist oder ihr Projekt mehr einem misslungenen „Jugend forscht Wettbewerb“ gleicht, klären wir jetzt hier auf Dark-Art.
Die EP:
The Alchemy Project ist die nun dritte EP der Bandgeschichte. In Gegensatz zu den Vorgänger EPs, bei der man einmal die damals, für das siebte Studioalbum The Holographic Principle gedachten, aber schlussendlich verworfenen Tracks im Nachgang veröffentlichte (The Solace System) und bei der andern EP, welche mit Coverversionen von der Anime-Serie Attack on Titan glänzte (Epica vs Attack on Titan), handelt es sich bei The Alchemy Project um eine Art Gastmusiker-Spezial. Epica räumt dabei ihren Gästen viel Platz in den insgesamt 7. Tracks ein, das Ergebnis dabei ist eine sehr facettenreiche Erweiterung des Klangbildes.
Den Auftakt zum großen Gästeempfang macht der Track The Great Tribulation, bei der die Band Fleshgod Apocalypse in die gute Stube eingeladen wurde. Man merkt bei diesem Track schnell, dass man sich hier keinen Besuch zum lockeren Plausch bei wohlschmeckendem Kaffee und Kuchen in die Bude geholt hat, sondern zielstrebige Musiker, die Bock auf einen wilden Abend hatten. The Great Tribulation klingt am Anfang schön majestätisch und wechselt dann zu einer kraftvollen Spielart, bei der Simone Simons Klargesang sich mit starken Growlingparts ein Duett geben darf. Hinterlegt wird das Ganze mit einem wuchtig wirkenden Sound, der ab und zu eine kleine Verschnaufpause einlegt, bei der wieder ein Schwenk Richtung majestätisch eingelegt wird.
Nachdem Fleshgod Apocalypse auf Wiedersehen gesagt haben, wurde die Türklinke des Tonstudios von Phil Lanzon (Uriah Heep) und Tommy Karevik (Kamelot) in die Hand genommen. Wake The World, bei dem die beiden Herren mitgewirkt haben, ist dabei weicher und ruhiger gezeichnet als der eben genannte Song The Great Tribulation. Das Lied bietet dabei großzügig ausgelegte Keyboard-Parts von Phil Lanzon, sowie Klargesang von Tommy Karevik. Als Nächstes auf dem Zettel steht der Track The Final Lullaby bei der Jørgen Munkeby von Shining sein Bestes gibt. Der Song diente auch als Auftakt zu Bekanntmachung, dass Epica an einem neuen Projekt gearbeitet haben und wurde während der 20th Anniversary Show live gespielt. The Final Lullaby liefert ein genial eingearbeitet Saxofon spiel von Jørgen Munkeby, der auch seine Stimme während des Liedes erklingen lässt. Den ganzen Song an sich würde ich als pulsierend nach vorne treibend bezeichnen und ist für mich ein gelungener Volltreffer und klarer Favorit auf der EP. Als Nächstes versuchen sich Charlotte Wessels und Myrkur (Amalie Bruun) als Alchemisten und stiegen bei Sirens – Of Blood and Water in den Ring der Experimentierfreudigen. Der Song wirkt und klingt sehr märchenhaft und verträumt und dreht nur stellenweise eher leicht den Bombast auf. Stichwort „Bombast“: Dieser wird uns beim nächsten Lied mit dem Namen Death Is Not The End, bei dem Frank Schiphorst (MaYaN) und Björn Strid (Soilwork) mitwirken, deutlich mehr geboten. Hier wurde nämlich alles aufgefahren, was verfügbar war. Von kräftig satten Growls, Chorgesang und knallharten Drum, sowie Gitarrenspiel, kann man hier alles finden, was das Herz begehrt. Auch ein richtig hartes Brett ist Human Devastation geworden, bei dem Henri Sattler (God Dethroned) und Sven de Caluwé (Aborted), auf eine harte Art „Guten Tag, hier sind wir“, sagen. Wer vorher den sehr weichgezeichneten Symphonic Metal von Epica aus der The Phantom Agony Zeit gehört hat, wird sich verwundert die Augen oder besser gesagt die Ohren reiben. Human Devastation ist einfach knüppelhart gespielt und lässt den symphonischen Anteil auf ein extrem kleines Minimum dahin schmelzen und verwandelt Epica in eine astreine Death Metal Band. Zum Abschluss von The Alchemy Projekt zieht Epica mit einem Dreigespann an Gästen in den Kampf. Asim Searah (Damnation Plan), Niilo Sevänen (Insomnium) und Roel van Helden (Powerwolf) haben sich mit Epica zusammengetan und The Miner eingespielt, der deutlich symphonischer agiert, als das hammerharte Human Devastation, das vorher unsere Lautsprecher zum Beben gebracht hat.
Fazit:
Das Jahr 2022 kann man wohl als ein reines Erfolgsjahr für die Band Epica bezeichnen, die ihren Fans mit der 20th Anniversary Show sowie der Retro-Perle Live At Paradiso (hier zu unserem Review) viel Freude bereitet haben. Auch der neuste Streich von Epica darf sich den Erfolg für dieses Jahr auf seine geschmückten Fahnen schreiben. The Alchemy Project hat die Reagenzgläser zum Glühen gebracht und uns einen wirklich großartigen, bunten Strauß an neuen Songs beschert. Dabei sei gesagt, dass für jeden etwas dabei ist. Vom knallharten Death Metal Track Human Devastation bis zu der schwungvoll erweiterten Symphonic Metal Nummer The Final Lullaby, hat Epica alles aus den Messkolben und Standzylindern herausgeschöpft, was wohl irgendwie möglich war. Insgesamt würde ich The Alchemy Projekt, wenn man von Sirens – Of Blood and Water absieht, als wohl härtestes Gesamtwerk der Band ansehen, denn hier ist nur noch wenig von dem klassischen Symphonic Metal mit Goth Metal/Rock Anleihen aus der Vergangenheit der Bandgeschichte übrig geblieben. Ich hoffe, dass Epica eines Tages wieder zu Laborkittel und Brille greift und ihre Arbeit in einem Alchemie-Tonstudio beginnt. Für mich kann es nämlich gerne einen Nachschlag geben, am besten so schnell wie möglich.
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