Review: Fugit – Morphogenetic Fractal Hologram

Release: 03.02.2023

Genre: Post Black Metal

Spieldauer: 47:43

Label: Independent

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Tracklist:

  1. White Limbo
  2. Stardust
  3. Ekpyrosis
  4. Shrivel
  5. Deus Sive Natura
  6. Dysphoria
  7. Morphogenetic Fractal Hologram
  8. Il Volo Proibito
  9. Out of Sync with the World

 

 

Ein Album zwischen Chaos, Struktur und klanglicher Erkenntnis

Manchmal sind es Zufälle, die einen zu den spannendsten Entdeckungen führen. In meinem Fall war es ein Tipp eines Freundes – und eine gemeinsame Rückfahrt von einem Festival, auf der dieses Album lief. Schon nach den ersten Minuten wusste ich: Diese Musik verdient eine ausführliche Betrachtung. So möchte ich euch heute Morphogenetic Fractal Hologram, ein Werk des Projekts Fugit, vorstellen. Hinter Fugit steht der Musiker Andrea Milan, und was er hier geschaffen hat, ist weit mehr, als ein gewöhnliches Black-Metal-Album – es ist ein vielschichtiges, organisches Klanggebilde, das sich einer klaren Kategorisierung zu entziehen versucht.

Musikalisch lässt sich das Album nur vage im Bereich des Black Metal verorten – Fugit zieht von dort aus in völlig unterschiedliche Richtungen und verbindet disparate Stile zu einem schillernden, experimentellen Gesamtbild. Schon der erste reguläre Song Stardust zeigt, wohin die Reise geht: Nach einem sphärischen, fast träumerischen Einstieg entfaltet sich ein Sturm aus rasenden Riffs und dicht verwobenen Keyboardflächen. Darüber erhebt sich eine Frauenstimme, die zunächst schwebend beginnt, dann aber zunehmend in die instrumentale Raserei hineingezogen wird, bis sich alles zu einem Wirbelsturm aus Klang verdichtet.

Die folgenden Stücke brechen jede Erwartungshaltung. Ekpyrosis etwa wechselt unberechenbar zwischen wütenden Screams und rauem Männergesang, während Shrivel mit seinem doomigen Einschlag eher an melancholische Verfallsszenen erinnert als an klassischen Black Metal. Die erste Hälfte des Albums wirkt wie ein Mosaik aus Ideen und Emotionen – jedes Stück betritt ein neues Territorium, jedes Experiment steht für sich, und doch fügt sich alles zu einem kohärenten Gesamtbild zusammen.

Das instrumentale Intermezzo Deus Sive Natura markiert die Wende: Mit ihm beginnt die zweite Hälfte des Albums – und damit auch der Teil, der für mich die stärksten Momente bietet. Die beiden Stücke Dysphoria und Morphogenetic Fractal Hologram heben das Album auf eine neue Ebene. Hier wirken die Kompositionen gereifter, dichter und zugleich emotional kontrollierter.
Dysphoria baut sich langsam auf, Schicht für Schicht, bis sich gegen Ende ein gewaltiger, fast kathartischer Höhepunkt auftut – ein musikalischer Ausbruch, der ebenso kraftvoll wie erhaben wirkt. Der Titeltrack selbst, Morphogenetic Fractal Hologram, ist dann der explosive Kern des Albums: ein aufgewühlter, energiegeladener Orkan, der zwischendurch in ein stilles, minimalistisches Zwischenspiel übergeht, nur, um danach wieder in voller Wucht zu explodieren. Trotz der verspielten Melodien und sanften Einsprengsel bleibt der Song roh, aufgewühlt und kompromisslos, und bildet den emotionalen Höhepunkt des Albums.

Doch das Werk endet nicht hier. Zwei Endings bilden den Schlussakt, wobei besonders das zweite überrascht: Synthesizer, chorale Gesänge, Keyboard und Geige verschmelzen zu einem außerweltlichen Finale, das wie ein Bonus wirkt, aber zugleich das Werk vollendet. Es ist ein letztes Aufbäumen, ein Nachglühen – unerwartet, unbestellt, aber absolut unverzichtbar.

Fazit:

„Morphogenetic Fractal Hologram“ ist ein Album, das sich Zeit nimmt – und genau das sollte auch der Hörer tun. Die Songs sind nie zu lang, doch sie haben genug Raum, um sich zu entfalten, zu wachsen und ihre eigenen kleinen Welten zu erschaffen. Der Wechsel von Tempo, Stimmung und Stil, nicht nur zwischen den Songs, sondern oft auch innerhalb eines einzigen Stücks, macht dieses Werk zu einer emotionalen Achterbahnfahrt.

Fugit zieht keine klaren Grenzen, keine festen Linien. Stattdessen spielt das Projekt mit Ideen, Formen und Kontrasten. Das macht das Album zu einer Herausforderung – aber auch zu einem Erlebnis. Wer bereit ist, sich darauf einzulassen, wird mit einem vielschichtigen, emotional fordernden und klanglich beeindruckenden Werk belohnt.

Für Fans von konventionelleren, kantigen Strukturen mag Morphogenetic Fractal Hologram zu sperrig sein – doch für jene, die Musik als Reise und nicht als Produkt verstehen, ist dieses Album ein faszinierendes, intensives Abenteuer.

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