Review – Heretoir – Nightsphere

Release: 04.03.2022

Genre: Atmospheric Black Metal/Post Black Metal

Spieldauer: 42:21

Label: Northern Silence Production

Links:

Bandcamp
Facebook
Instagram
Spotify

Tracklist:

  1. Sanctum – Nightsphere Part I
  2. Twilight Of The Machines
  3. Pneuma
  4. Glacierheart – Nightsphere Part II
  5. The Death Of Man

“Dieses Album ist etwas ganz Besonderes für uns, da es unser erstes Album ist, das wir komplett als Band geschrieben haben, mit Beiträgen von jedem einzelnen Bandmitglied. Die Songs sind den Geistern der Wildnis gewidmet. Nightsphere ist ein atmosphärischer Mahlstrom, der euch verschlingen wird.” 

Mit diesen drei Sätzen beschreibt die Band Heretoir ihr lang erwartetes drittes Album. Ihr drittes Album? Nicht so ganz. Vor fünf Monaten hat die Band ihr Mini-Album Wastelands veröffentlich, welches wir bei Dark-Art damals besprochen haben. Das Mini-Album hatte nur drei neue Songs, welcher jeder einzelne vorab als Single veröffentlicht wurde. Deshalb kann Wastelands eher als erstes Lebenszeichen und als “Vorgeschmack” für Nightsphere gesehen werden, welches dem eigentlichen Album den Weg ebnen sollte. Doch wie soll ein Album von Heretoir klingen, welches der Natur gewidmet ist?

Die Lieder auf der Wastelands waren eine Kombination aus langanhaltenden Melodien, langsamen Tempowechseln und Kontrast durch sanfte Instrumentalpassagen. Es war Post Black Metal, mit einem Hang zu melodiösen Oberbauten, ähnlich wie bei der Band Karg, und sehr ausdrucksstarken Gesangseinlagen. Die Lieder auf dem Album Nightsphere finden die Kurve für eine Berg- und Talfahrt und können in zwei Fällen mit einer besonderen Überraschung aufwarten. Die Lieder stelle ich in Reihenfolge vor, um diese beiden Aussagen zu erläutern. 

Vorweg, statt einem sanften Opening, welches den Zuhörer mit einem Instrumentalstück in Stimmung bringen und in das Album einführen soll, beginnt es gleich mit dem ersten Lied, Sanctum – Nightsphere Part I. Damit hebt sich das Album schon etwas von den gleichen Genrevertretern ab, bei denen dieses Intro fast üblich geworden ist. Dieser erste Song fühlt sich wie eine Wanderung an und ist mit beinahe 11 Minuten eine sehr lange Wanderung. In puncto Opening, das Lied gleitet in den ersten zwei Minuten über sanfte Wiesen und als Zuhörer werden wir mit ruhigen Clean-Vocals und einer eingängigen Melodie verwöhnt. Erst kurz danach kämpft sich langsam der Post Black Metal zwischen den Bäumen hervor und ab da nimmt der Track auch Anlauf.  Zum Höhepunkt dieser Steigerung entfacht das Lied ein echtes Gewitter an schnellen und aggressiven Riffs und dann, in der sechsten Minute, setzt ein Bruch ein. Das Instrument wird gewechselt und eine Akustikgitarre wird zum zentralen Objekt der musikalischen Gestaltung. Auch wechselt der Sänger, Eklatanz, zurück zum klaren, sanften Gesang vom Anfang. Damit wird die Reise abgeschlossen, im Gegensatz zu Liedern wie Anima von Wastelands. Die Vielseitigkeit und der beeindruckende Aufbau, samt abruptem Ende, verwandelt gleich den Anfang zu einem eindrucksvollen Auftakt. 

Doch damit endet das Album nicht und schon gleiten wir zum zweiten Song. Eine Besonderheit am Nightsphere Album sind die Gastmusiker, welche bei zwei Liedern eingestiegen sind. Dies ist einmal Tim Yatras von Austere und Nikita Kamprad von Der Weg einer Freiheit. Diese Auftritte heben Nightsphere von dem Mini-Album ab und die jeweiligen Lieder stechen damit positiv aus der bisherigen Diskografie von Heretoir hervor. Schon zum Anfang von Twilight Of The Machines zerreißt der markerschütternde Schrei von Tim das musikalische Geflecht, des ansonsten behäbigen Post-Rock mit Ambienten-Klängen. Unterbrochen wird dieser Kampf zwischen Gesang und der Melodie durch ein beeindruckendes Drum-Solo in der Hälfte des Liedes und leitet den Black Metal ein. Dabei wirkt dieser organischer und wir driften ins Genre des Atmospheric Black Metal. Ein Genrewechsel zwischen den Liedern ist eine gewagte Entscheidung, welche sich hier aber bezahlt macht. Zusammengefasst steigert sich das Album in dem Punkt Vielseitigkeit weiter.  

In der Mitte der Tracklist findet sich der erste Wermutstropfen: Das reine Instrumentalstück Pneuma, welches das Album scheinbar entschleunigen soll, will für mich nicht so richtig funktionieren. Zum einen hat das Album noch nicht genug Schwung aufgenommen, um gebremst werden zu müssen, und verglichen mit den vorigen beiden Liedern geht Pneuma in seiner Ausdrucksstärke beinahe in deren Schatten unter. 

In Glacierheart – Nightsphere Part II ist der zweite Gastauftritt angesiedelt. In diesem Fall wird das musikalische Repertoire um eine weitere Stimme und eine Gitarre erweitert. Nikita Kamprad, der Sänger der Band Der Weg einer Freiheit, bereichert mit seiner Stimme das vierte Lied. Die Stärke von Glacierheart ist aber die grandiose Gitarrenarbeit, welche die Melodie hier nicht bedächtig aufbaut, sondern sofort hochschraubt. Das Tempo wird angezogen und die teilweise rockigen Riffs stellen den Höhepunkt des Black Metals auf der Scheibe dar. Und es sind immer wieder die markerschütternden Schreie, welche die Riffs durchbrechen und Verzweiflung und Sehnsucht gleichzeitig zu verkörpern scheinen. Es ist das längste Lied auf dem gesamten Album, aber es wird nie langweilig und oder zäh, da die Gitarrenarbeit mich immer wieder verblüfft. Mein Favorit des gesamten Albums, wenn ich einen benennen müsste. 

Das gesamte Werk bekommt mit The Death Of Man ein sehr düsteres und drückendes Endstück in Form eines instrumentalen Endings. Die Melodie hellt sich in kurzen Punkten auf und lässt den Zuhörer nicht mit einem negativen Gefühl zurück. Suggeriert Heretoir damit ein Licht am Ende des Tunnels, ein gutes Ende nach der Menschheit, einen hoffnungsvoller Gedanke zu einem eher schweren Ende? Diese Fragen kann ich an den Punkt nicht beantworten, aber ich kann die Frage von der Einleitung beantworten. 

Heretoir hat sich mit diesem Album weiterentwickelt und ein neues Genre für sich entdeckt. Dieser Schritt wird in den drei Liedern ersichtlich und ich kann die versprochene Natur spüren, aber ich habe hierbei immer noch die Berge und das weiße Rentier von Wastelands und weniger einen Wald vor meinem inneren Auge. Die Gastauftritte sind hierbei eine tolle Ergänzung, welche bitte bei zukünftigen Liedern wiederholt werden darf. Rundum ist Nightsphere ein großartiges, teilweise etwas langatmiges Album, aber ich würde es immer weiterempfehlen. 

Hier könnt ihr das Album auf Amazon kaufen.*

* Bei diesem Link handelt es sich um einen Affiliate-Links. Wenn ihr Bestellungen über diese Links durchführt, erhalten wir eine Provision und ihr unterstützt damit unsere redaktionelle Arbeit. Danke!

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*