Review: Jag Panzer – The Hallowed

Release: 23.06.2023

Genre: Heavy Metal, Power Metal

Spieldauer: 52:59

Label: Atomic Fire Records

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Tracklist:

1. Bound as One
2. Prey
3. Ties That Bind
4. Stronger Than You Know
5. Onward We Toil
6. Edge of a Knife
7. Dark Descent
8. Weather the Storm
9. Renewed Flame
10. Last Rites

Nachdem vor einigen Wochen schon Metal Church erfolgreich in ihren siebten Frühling gestartet sind, bereichert nun Jag Panzer, ein weiteres Urgestein des US-Power Metal, das Jahr um neue Musik. Gestartet in Colorado in den frühen Achtzigern, lieferte die Band mit dem 1984er Ample Destruction einen absoluten Klassiker des Genres ab, bevor es dann wie bei so vielen Bands dieser Ära leider erstmal zu holpern begann in der Karriere. Zwischenzeitlich aufgelöst, startete das Quintett um seinen stimmgewaltigen Frontmann Harry „The Tyrant“ Conklin erst 1996 ein Comeback, das bis 2004 sagenhafte sieben durchweg starke bis herausragende Alben hervorbringen würde. Anschließend trat die Band kürzer und nur 2011 und 2017 folgten mit The Scourge of the Light und The Deviant Chord nochmals Lebenszeichen und man konnte durchaus Zweifel am Fortbestand von Jag Panzer hegen. Doch nachdem sich Conklin in den letzten Jahren vor allem mit Sean Peck und Tim „Ripper“ Owens in dem Projekt The Three Tremors teils hart zu ertragende Kreischduelle geliefert hat, wird nun am 23. Juni tatsächlich das zwölfte Jag Panzer-Album in den Plattenregalen und bei den Streamingdiensten aufschlagen.

The Hallowed ist ein waschechtes Konzeptalbum, jedoch wird hier anders als auf der 2000 erschienenen Macbeth-Vertonung Thane to the Throne eine originale, von der Band erdachte Geschichte erzählt. Dabei begleiten wir eine Gruppe von Menschen und die sie begleitenden Tiere, genauer gesagt Hunde, Adler und Panther, durch eine lebensfeindliche, frostige Apokalypse auf der Suche nach einer neuen, sicheren Heimat. Dem Album voranging dabei bereits eine streng limitierte Graphic Novel, welche die Geschichte aus der Sicht der Menschen erzählt. Auf dem Album allerdings erleben wir die Geschehnisse aus der Perspektive der Tiere.

Und offensichtlich war diese Materie genau der richtige Ansatz, denn The Hallowed tönt um einiges aggressiver und spritziger als noch The Deviant Chord. Das Tempo wird insgesamt deutlich angezogen und die Riffs klingen wieder richtig bissig. Dahingehend erinnert das neue Material eher an The Fourth Judgement als an insgesamt getragenere und manchmal auch etwas sperrige Alben wie Mechanized Warfare. Das Albumkonzept springt einem dabei nicht unnötig ins Gesicht, sondern liefert einen effektiven roten Faden für zehn größtenteils überzeugende Songs. Ausufernde Intros oder instrumentale Überleitungen gibt es auf The Hallowed nicht, lediglich an zwei, drei Stellen gehen den Stücken stimmungsvoll gesprochene, kurze Intros voran. Das sind auch die wenigen Ausnahmen, in denen die Erzählperspektive zu den menschlichen Charakteren wechselt, insofern sind das absolut sinnvolle Spoken-Word-Einschübe.

Schon die ersten beiden Singles Onward We Toil und Stronger Than You Know machten mit mächtigen, hymnischen Refrains Lust auf das neue Material und glücklicherweise hält die Band dieses Niveau über lange Strecken mühelos. Der Opener Bound as One und die dritte Single Edge of a Knife schlagen in eine ähnliche Kerbe und bedienen alle gewohnten und liebgewonnen Stärken der Band. Zudem sticht Prey hervor, das souverän in Thrash-Gefilden wildert und im Refrain mit simplen, wuchtigen Shouts überrascht. Ties That Bind ist einer dieser gediegeneren Jag Panzer-Songs im Stile von Take to the Sky, der vor allem die melodische Seite der Amerikaner betont. Das fast zehnminütige Last Rites bildet einen stimmungsvollen, schleppenden Abschluss. Lediglich das Doppel aus Dark Descent und Weather the Storm will bei mir aktuell noch nicht so richtig zünden, aber Jag Panzer-Alben brauchen eben auch mal ein paar Durchläufe mehr, um ihre ganze Wirkung zu entfalten.

Rikard Stjernquist und John Tetley haben diesmal die Drums und den Bass gemeinsam live eingespielt, was für ein wirklich beeindruckendes Rhythmusfundament sorgt. Das ganze Album klingt außerordentlich kraftvoll, dabei jedoch warm und natürlich. Im Mix von Jim Morris ist jedes Instrument exzellent ausdifferenziert und präsent. An der Lead Gitarre wurde Joey Tafolla schon seit 2018 live von Ken Rodarte vertreten, welcher nun auch als vollwertiges Bandmitglied seinen Einstand feiert und vollends zu überzeugen weiß. Ein besonderes Highlight ist auch diesmal wieder der beeindruckende Gesang von Harry Conklin. Mit nunmehr 60 klingt der Tyrant gewaltiger denn je und stapelt seine melodischen Parts zu nach wie vor infektiösen Harmonien.

Ich kann es hier eigentlich kurz machen: Wer auch nur einem der Alben seit der Zeit von The Fourth Judgement und The Age of Mastery etwas abgewinnen konnte, bekommt hier ein fantastisches, zeitgemäß produziertes Stück US-Power Metal, mit einer durchaus emotionalen Geschichte über Zusammenhalt, Durchhaltevermögen und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Dies wird vorgetragen von einer Band, die ihre Stärken erfolgreich neu herausgearbeitet hat und auch ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass The Hallowed vielleicht der Startschuss zu einer wieder produktiveren Spätphase der Band sein könnte.

Wer sich noch detailliertere Einblicke in die Entstehung des Albums verschaffen möchte, dem sei sehr die knapp viertelstündige und sehr sympathische Dokumentation „Tales from the Hallowed“ auf YouTube empfohlen.

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