Release: 14.10.2022
Genre: Deathcore
Spieldauer: 59:05 Minuten
Label: Century Media Records
Links:
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Tracklist:
- Welcome Back, O´Sleeping Dreamer
- Into the Earth
- Sun//Eater
- Cursed to Die
- Soulless Existence
- Apotheosis
- Wrath
- Pain Remains I: Dancing Like Flames
- Pain Remains II: After All I´ve Done, I´ll Disappear
- Pain Remains III: In a Sea of Fire
Pain Remains. so lautet der Titel von einem der meist erwarteten Deathcore-Alben der vergangenen Jahre. Die Rede ist natürlich vom neuen Lorna Shore Album, welches am 14. Oktober insgesamt zehn Songs auf uns loslassen wird. Es ist das erste volle Studio Album mit Will Ramos als Frontman und hat nach der mehr als erfolgreichen EP …and I Return to Nothingness eine gehörige Portion Erwartungen zu erfüllen. Ob und wie das der Band gelungen ist, betrachten die nachfolgenden Zeilen:
Welcome Back, O´Sleeping Dreamer
Der erste Song des Albums beginnt sehr atmosphärisch und steigert sich mit Hilfe von orchestralen Elementen und Chorgesang langsam, aber sicher auf eine urgewaltige Explosion zu. Nach 1,5 Minuten ist dies dann auch endlich der Fall und der Song kommt so richtig in Fahrt. Blastbeats, Gitarrengeballer und die dämonischen Vocals von Will Ramons sind vom Start weg on point. Der erste, unerwartet frühe Breakdown lehrt den Hörer das Fürchten. Will springt locker flockig zwischen Höhen und Tiefen hin und her als wäre es das Einfachste auf dieser Welt. Adam De Micco und Andrew O´Connor werfen mit messerscharfen Riffs um sich, dass es eine wahre Freude ist, den beiden zuzuhören, während Austin Archery am Drummkit ein Blastbeat Festival auffährt, bei dem man sich einmal mehr die Frage stellt, wie ein Mensch nur so schnell trommeln kann. Der nächste Breakdown ist nochmals eine ganze Spur fieser als der Erste und kommt mit einer Brachialität um die Ecke, die einen regelrecht in Zeitlupe umwirft. Nach einem sensationellen Solo wartet abschließend ein dritter Breakdown, der dann endgültig alles zerdrückt. Welcome Back, O´Sleeping Dreamer glänzt als symphonisches Meisterwerk, welches sich mit einer Urgewalt im Gedächtnis festsetzt, die ihresgleichen sucht. Ein über 7-Minuten-Epos, der dieses Album glänzend eröffnet.
Into the Earth:
Für Erholung bleibt keine Zeit, der zweite Song steht bereits in den Startlöchern. Dieser beginnt mit weitaus kürzeren Intro, es geht direkt gewaltig zur Sache. Into the Earth brach als zweite Single Veröffentlichung über uns herein und zugegeben, der Song hat damals ein wenig gebraucht. Nun aber erstrahlt der Track in all seinem Glanz, Will und Co sind einmal mehr zu 666% am Start. Wie schon beim Vorgänger wird hier nicht an Melodien und Gewalt gespart, die Vocals könnten zu jeder Zeit ein Tor in eine andere Dimension aufstoßen. Die Blastbeats regnen in Salven auf uns herab, das man gar nicht schnell genug in Deckung gehen kann. Allgemein zieht dieser Song den Hörer mehr und mehr in seinen Bann. Das Gitarrensolo befindet sich auch hier im unerreichten Olymp, die folgenden hohenen Screams verursachen gepaart mit traumhaften Symphonien Gänsehaut am ganzen Körper, ehe der finale Breakdown direkt aus den absoluten Untiefen zu uns empor klettert und für den perfekten Schlusspunkt sorgt. Ja Into the Earth brauchte Anlaufzeit, doch nun überzeugt der Song an allen Ecken und Kanten.
Sun//Eater
Der dritte Track wurde im Mai samt Musikvideo als allererster Vorgeschmack auf das Album präsentiert. Sun//Eater startet mit einem orchestralen Intro voller Chorstimmen und klassischen Symphonien. Nach einer knappen Minute packt Austin Archery das Maschinengewehr aus und Will Ramos glänzt, wie nur Will Ramos glänzen kann. Es geht munter mit Vollgas nach vorne, stoppt und springt dazwischen in bekannter Deathcore Manier, ohne dabei die Schönheit der Melodien zu verlieren. Der Refrain gleicht einem Blockbuster, selten klang das Wort “Icarus” so episch wie in diesem Refrain. Die zweite Strophe gipfelt in einem Breakdown, bei dem man es mit der Angst zu tun bekommt und sich am liebsten in Zeitlupe bewegen möchte. Besagter Breakdown geht perfekt in einen Refrain über, auf welchen ein Gitarrensolo zum Niederknien folgt. Nun haben wir einen rein Vokalen Bridge-Part, der das große Finale einläutet: Ein Downtempo Breakdown, bei dem man sich durchaus berechtigt fragen kann, wie ein Mensch mit seiner Stimme so tief nach unten kommt. Gleichzeitig muss man sich aber auch fragen, wie ein Mensch so weit nach oben kommen kann. Sun//Eater ist aber auch aus instrumentaler Sicht ein Meisterwerk in allen Punkten, insbesondere Austin und Adam erscheinen in dieser Form schier unschlagbar.
Cursed to Die
Das Tempo bleibt weiterhin hoch und mit Cursed to Die wartet der bisher kürzeste Song auf uns. Wie bereits gewohnt ist auch dieser Song sehr symphonisch gestaltet, die Vocals sind hier aber außergewöhnlich klar im Klang, ohne jedoch an Gewalt einzubüßen. Insgesamt erscheint Cursed to Die vom Sound her roher als seine drei Vorgänger, die Melodien sind vorhanden, aber nicht ganz so tragend wie zuvor. Somit fällt der vierte Song minimal aus der Reihe, zum Albumfluss passt er jedoch allemal. Der Breakdown in der Mitte ist so brachial wie man es auf diesem Album schon oft vernommen hat, auch die Wechsel zwischen hohen und tiefen Vocals sitzen nach wie vor einwandfrei. Abermals wird ein Spitzensolo ausgepackt, von der Gesamtleistung her steht Cursed to Die den vorherigen Songs in nichts nach. Von einem Füllertrack kann also keineswegs die Rede sein, dieser Song ist anders, aber auf eine positive Art und Weise.
Soulless Existence
Der nächste bisher unbekannte Song eröffnet mit einem instrumentalen Intro, das recht bald Unterstützung von Will´s grandiosen High Screams bekommt. In der Weiterführung gestaltet sich Soulles Existence langsamer als man es bisher kennt, in den ersten Minuten wird auf Blastbeats verzichtet. Doch dies ist nicht von Dauer, Autin packt abermals das Maschinengewehr aus, wenngleich es wesentlich mehr im Hintergrund gehalten wird. Insgesamt könnte man sagen, der Song stampft mehr als das er rennt. Die Wechsel der Vocals kommen ein weiteres Mal von einem anderen Stern und auch die Gitarren sind so scharf wie eh und je. Dieser fünfte Song spart mehr an Brachialität, hier wird beachtlich mehr auf den Epos-Charakter gesetzt, selbst der erste Moment eines Breakdowns setzt weit melodischer als brutal ein. Das Solo stellt das nächste Meisterwerk dar, man möchte am liebsten die Augen schließen und die Welt für diese sieben Minuten einfach mal ausschalten. Soulles Existence ist vielleicht nicht der gefährlichste Klopper, aber es ist ein weiteres unglaubliches Schaffenswerk.
Apotheosis
Weiter geht es mit einem Intro aus Chorgesang, welcher von 0 auf 100 ohne Einleitung direkt loslegt. Das Ganze erinnert ein wenig an aktuelle Dimmu Borgir Werke. Die Band steigt schon sehr bald mit ein, die Kombi aus allen Instrumenten, Will Ramos und dem Chor im Hintergrund ist hervorragend abgestimmt. Im direkten Vergleich geht Apotheosis deutlich mehr nach vorne, bleibt gleichzeitig aber genauso symphonisch wie zu Beginn. Zwischendurch ist der Chor ein weiteres Mal zu hören und wir treffen (endlich) wieder auf einen kurzen Breakdown, der einer Walze ähnelt. Direkt im Anschluss wartet ein kleines, aber perfektes Solo, im unmittelbaren Anschluss glänzt die Band an allen Ecken und Kanten. Will springt wie gewohnt zwischen Küchenabfluss und Nazgûl hin und her und fährt seine gesamte Bandbreite auf. Der folgende Breakdown erschüttert ganze Gebirgszüge, in seiner Mitte wird Will dann endgültig zum Alien: Egal wie oft man sich diese Gesangsspur anhört, es fällt unglaublich schwer sich vorzustellen, dass sowas tatsächlich menschlicher Natur entspricht. Im Übergang folgt erneut der Chor und sorgt in der Gesamtkombination für ein glorreiches Ende.
Wrath
Ein Intro, das sich langsam bedrohlich aufbaut, als würde etwas direkt hinter der nächsten Ecke lauern. Was tatsächlich hinter der nächsten Ecke lautert, sind die wie gewohnt bestialischen Vocals, welche dann doch tatsächlich unerwartet losbrechen und von den Drums einen besonders beeindruckenden Charakter bekommen. Weiter geht die wilde Fahrt in bester Lorna Shore Manier: Jedes Mitglied gibt 100% Vollgas, Wrath sucht den Hörer in allerepischster Form heim und ja Lorna Shore schaffen es, auf dem bereits siebten Song nochmal zu überraschen: Man hört auch hier Chorgesang, jedoch in einer bisher nie dagewesenen Lautstärke, bei der ein gewisses Film Feeling aufkommt. Man nehme zum Beispiel “Die zwei Türme” aus der “Der Herr der Ringe” Trilogie. Die Szene in der Gandalf und die Reiter von Links den Abhang in die Schlacht ziehen, würde zu diesem Chorgesang garantiert perfekt passen. Der nun folgende Part mündet in einem Double Base Breakdown, der in dieser Form und gepaart mit den außerirdischen Vocals der wohl bisher gewaltigste Breakdown des ganzen Albums ist. Während dem anschließenden Solo möchte man am liebsten auf die Knie fallen und dem Schöpfer dieses Giganten huldigen. Dachte man noch, der erste Breakdown sei der gewaltigste des Albums, muss man diesen Gedanken beim Finale nochmals überdenken: Da wartet ein Monster, das einen fast rückwärts vom Stuhl fegt. Der Nazgûl kommt erneut aus dem Küchenabfluss geklettert, das ist stimmlich allergrößtes Blockbuster Kino. Hier steckt so viel mehr dahinter als “nur rum Geschrei”. Wrath hat ohne Zweifel das Potential zu einem der Top Highlights des Albums zu werden.
Pain Remains
Zum Abschluss wartet der Titeltrack auf uns. Das Besondere dabei: Pains Remains ist in drei Teile unterteilt. So gibt es Pain Remains I: Dancing Like Flames, Pain Remains II: After All I´ve Done, I´ll Disappear und Pain Remains III: In a Sea of Fire. Das Ganze ist wohl das Emotionalste, was Lorna Shore bisher geschaffen haben, die beiden bisher veröffentlichten Musikvideos zu Teil I und II erzählen aufeinander aufbauend von einem schweren persönlichen Verlust.
Dancing Like Flames beginnt mit dem Geräusch von Regentropfen, ehe Stück für Stück die Musik einsetzt und sich langsam, wie eine Ballade aufbaut. Und tatsächlich kann man bei diesem ersten Teil von einer Art Deathcore Ballade sprechen: Der Song beginnt verhältnismäßig langsam, ehe er doch an Fahrt aufnimmt, ohne jedoch eine gewisse Grundatmosphäre zu verlieren. Der Refrain ist schlicht, aber episch gehalten. Will Ramos setzt hier hauptsächlich auf seine hohen Vocals. Diese Vocals passen einwandfrei in das Gesamtbild und tragen den Schmerz des Protagonisten glaubhaft und lebendig in die Gehörgänge. Nach einem wie immer grandiosen Solo folgt der emotionale Höhepunkt: Ein anfangs geflüsterter Part ohne Instrumente im Hintergrund, aus dem es heraus in Shouts übergeht, welche die ganze Tragik der Geschichte gänzlich greifbar machen. “But within the expanse, I finally see a world without you isn’t meant for me” ist eine Textzeile, die für Gänsehaut am ganzen Körper sorgt, aber auch nachdenklich stimmt. Man fühlt sich an eigene Verluste aus der Vergangenheit erinnert, oder denkt an Leute im Bekanntenkreis, die gerade Ähnliches durchmachen… Dieser erste Teil schafft es wie kaum ein anderer Song, Schmerz, Trauer und Verzweiflung zu transportieren.
After All I´ve Done, I´ll Disappear macht übergangslos weiter, musikalisch sind keine Unterschiede zu hören. Der zweite Teil der Geschichte ist genauso emotional, was vor allem an der Gesamtperformance liegt: Instrumente, Vocals und Symphonien harmonieren perfekt miteinander. Auch in diesem Part wird auf krachende Breakdowns verzichtet, das Ganze wird von Anfang bis Ende durchgetragen und sorgt für nicht weniger Gänsehaut. Ein wunderschönes Solo zum Ende stellt das nächste Highlight dar, das ist wie von einem anderen Stern. Und auch dieser Song endet mit einem geflüsterten Teil, der in schmerzerfüllte Shouts übergeht. In diesem Abschnitt versucht der Protagonist, den erlittenen Verlust zu verarbeiten, doch es fällt ihm unglaublich schwer. Zeilen wie “After you, I will never be the same” oder “When you disappeared, you took a part of me” verdeutlichen das Ausmaß der Geschehnisse und geben einen sehr guten Einblick in die Gefühlslage des Erzählers.
In a Sea of Fire
Das neunminütige Finale der Trilogie lässt sich lange Zeit, es wird ein orchestraler Spannungsbogen aufgebaut. Hier bekommen wir ein weiteres Mal hervorragenden Chorgesang präsentiert, der dann in eine weitere Achterbahnfahrt der Gefühle mündet. Noch einmal sind alle Mitglieder zu 100% on point, musikalisch geht es da weiter wo aufgehört wurde. Treibend episch, ohne den großen Breakdown. Will Ramos fährt noch einmal seine gewaltige Range auf und zeigt endgültig, warum er auf seinem Gebiet zu einem der Besten gehört. Wie schon auf den ersten beiden Teilen geht ein perfektes Solo in einen vokalen Abschnitt über, der diesmal vollständig geshoutet wird. Inhaltlich versucht der Hauptdarsteller noch immer mit dem tragischen Verlust zurecht zu kommen, doch er verliert den Kampf gegen die Last des Schmerzes: “This is my epilogue – my soliloquiy, take this broken melody straight to the grave. Dancing like flames, after all that I´ve done I´ll salt the earth and disappear in a sea of fire.” So lauten die letzten emotionalen Worte einer Geschichte, die den Hörer an seine Grenzen bringen kann. Pain Remains ist der krönende Abschluss dieses Albums und lässt doch sehr nachdenkliche Spuren im Kopf zurück.
Das also ist der Nachfolger der …and I Return to Nothingness Ep. Pain Remains ist eine wilde Reise an Emotionen und Impressionen. Musikalisch ist es zweifelsohne die Spitzengruppe der Champions League, egal an welchem der verwendeten Instrumente. Es ist episch, es ist brachial, es ist tragisch, es ist einfach ein Meisterwerk und absoluter Anwärter auf den Titel “Album des Jahres”. Lorna Shore haben es aus meiner Sicht geschafft, die Erwartungen zu übertreffen. Ständig saß ich mit großen Augen und offenen Mund vor dem Laptop und hatte Gänsehaut am ganzen Körper. Das Warten hat sich also in allen Punkten voll und ganz gelohnt.
Anspieltipps? Das Album von vorne bis hinten durch!
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