Review: Myrkur – Folkesange 

Review: Myrkur – Folkesange 
Label: Relapse Records
Erscheinungsdatum: 20. 03.2020
Genre: Folk
Spieldauer: 46:53
Traklist: 

  1. Ella
  2. Fager som en Ros
  3. Leaves of Yggdrasil
  4. Ramund
  5. Tor i Helheim
  6. Svea
  7. Harpens Kraft
  8. Gammelkäring
  9. House Carpenter
  10. Reiar
  11. Gudernes Vilje Vinter

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Myrkurs neues Album Folkesange, ist wie der Name schon verrät, endlich ein reines Folkalbum in Klargesang. Das ganze Album ist sehr skandinavisch, sehr entspannt, sehr hygge. Das als Cover verwendete Gemälde von Hans Dahl fasst das Album eigentlich schon gut zusammen: ein auf einer Bergwiese strickendes blondes Mädchen in norwegischer Tracht. Ein leichtes, zartes und fröhliches Album von pan-skandinavischem Lokalkolorit. Dänische und schwedische Volkslieder treffen auf moderne Interpretationen und eigene Kreationen, die sich in den Rahmen einfügen. Allgemein hat das Album weniger mitreißende und zum Tanzen einladende Melodien wie es bei den Kollegen von Garmarna, Omnia oder Faun der Fall ist. Das braucht es auch nicht. Es ist ein entspanntes, folkiges Album, welches zum Abschalten, Ausruhen oder eben Stricken auf einer Bergwiese einlädt. Myrkur erschuf das Album als eine Hommage an ihre skandinavischen Wurzeln und Kindheit, an all die Lieder und Sagen, die sie begleiteten, seit sie ein kleines Mädchen war. Das Album erreichte in Deutschland Platz 15 der Albumcharts und ist ein weiterer Charterfolg der Dänin, auch Mareridt aus dem Jahre 2017 schaffte es damals in die Charts.

Das Album beginnt mit dem Song Ella. Myrkurs ätherischer Gesang steigert sich immer weiter bis die Instrumente einsetzen: Taglharpa, Trommeln, ein vorsichtiges Klavier und sehnsüchtige Streicher. Es wird melancholisch und dabei doch so intensiv.

Fager Som en Ros ist ein altes schwedisches Volkslied, über ein junges Paar beim Tanzen. Die Melodie ist leicht, sprunghaft und lädt zum Tanzen ein. Die Intermission besteht nur aus einem ruhigen Cello, wie um kurz Atem zu schöpfen, bevor sich der Reigen weiterdreht.
Leaves of Yggdrasil war eines der Musikvideos, die Myrkur schon vor Veröffentlichung des Albums rausgebracht hat. Das Musikvideo steht in starkem Kontrast zu dem folkigen Charakter des Albums und des Songs. Schwarzer Hintergrund, grelle Neonlichter, harte geometrische Formen stehen dem ruhigen Song über eine tragische Liebesgeschichte entgegen. Es ist eines der wenigen Lieder auf dem Album, das kein altes skandinavisches Volkslied ist. Dadurch, und durch seinen englischen Text, fällt es etwas auf, passt im Konzept des Albums aber immer noch ausnehmend gut. Myrkur, begleitet von Echohaften Frauenstimmen Klavier und Harfe, singt über das bittere Schicksal der jungen Liebenden. Genauso melancholisch verklingt das Lied in einzelnen, traurigen Klavierakkorden ins Nichts.

Ramund ist ein altes dänisches Volkslied aus dem 17. Jahrhundert und sehr beliebt als Coverversion. Es existiert unter anderem noch eine Version von Týr, dort aber im färöischen Dialekt. Myrkur bedient sich nur vier Strophen von Ramund.

Tor i Helheim ist Myrkurs Neubearbeitung von Eddamaterial und behandelt den einsamen Weg in die Unterwelt. Der Anfang ist bemerkenswert durch den Gebrauch von Kulning, einer alten schwedischen Gesangstechnik, mit der das Vieh früher von der Weide geholt wird. Myrkur wird zur Hirtin der Seelen, die in die Unterwelt einfahren. Die Kulning gleicht einem geisterhaften Echo, bevor Gesang und ein vorsichtiges, leises Klavier sie ablösen. Ein Trommelschlag kommt zur Melodie hinzu. Darauf ein weiterer. Unheilverkündend. Mit jedem Trommelschlag wird das Arrangement voller, das Klavier bekommt eine komplexere Melodie, mehr Streicher werden Teil davon.

Svea ist wohl das mit düsterste, härteste und kantigste Stück auf dem Album. Der Herzschlag der Trommel und einzelne energische Striche der Nyckelharpa akzentuieren den Gesang, der sich mit der dunklen Nyckelharpamelodie abwechselt.

Harpens Kraft ist durch die Instrumente und die Produktion eines der moderneren Stücke auf dem Album. Es klingt fast nach Indiefolk oder Indiepop. Die Gitarre gibt eine relativ zügige Melodie vor, die Myrkur und eine zweite Frauenstimme im Refrain auf Dänisch als Frage-und-Antwort-Spiel umgeben. Dieser in die Strophen eingewobene Refrain ist ein klassischer Teil in skandinavischem Folk, unter anderem auch bei Garmana, Glittertind und färöischen Balladen. Das Lied endet mit vollen Akkorden und einem finalen Seufzer des Gesangs.

Leise Rabenschreie wirken fast unheilverkündend bevor die Instrumente in Gammelkäring beginnen und es klar wird: Es ist ein Tanz, hier muss man einfach auf die Beine. Die Nyckelharpa spielt leicht und fröhlich, hüpft förmlich durch die Melodie. Der schwedische Gesang tut es ihr nach, bleibt dabei immer noch hoch und ätherisch. Das Lied wird schneller, steigert sich und wird tanzbarer. Es wirkt fast wie ein weicher Garmana Song.

House Carpenter ist wieder eines von Myrkurs selbstgeschriebenen, englischen Liedern. Es kommt daher wie moderner Indiefolk mit Gitarre, Kachon und Streichern. Es erweckt die Assoziation einer Lagerfeuer-Gitarre, die nicht viel für die Musik braucht. Die Gesangsmelodie tanzt um die Akkorde, sie ist rhythmisch freier und die Stimme folgt den Instrumenten.

In Rejar liegt der Fokus ganz auf dem Klavier. Einzelne Akkorde erklingen im Raum mit Myrkurs ätherischem Gesang und einer begleitenden Frauenstimme im Refrain. Ein Cello untermalt das Ganze, vorsichtig und tastend. Die Instrumente hangeln sich im Gegensatz zu dem vorherigen Lied diesmal an der Stimme lang. Der Rhythmus der Trommel bleibt aber der Gleiche, erklingt immer auf der Eins.

In Gudernes Vilje schwebt eine zarte dänische Frauenstimme durch den leeren Raum. Dann erklingt eine Trommel, wieder als Herzschlag des Liedes. Eine Gitarre gesellt sich dazu und ebenfalls Streicher. Es endet mit einem letzten Akkord und Trommelschlag.

So sicher wie der Winter kommt, so kommt auch das Album zu einem Ende. Das passend benannte Lied Vinter ist ein langsames und zögerliches Klavierstück. Die Akkorde kommen fast tropfend, die ätherischen Frauenstimmen sind dabei stets langsam und bedächtig bevor das Klavier im Nichts verklingt.

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