Review: Villagers of Ioannina City – Age of Aquarius

Review: Villagers of Ioannina City – Age of Aquarius

Veröffentlichungsdatum: 20.09.2019

Label: Mantra Records

Genre: Folk Rock, Stoner Rock, Progressive Rock

Spieldauer: 65 Minuten 50 Sekunden

Tracklist:

  1.  Welcome
  2.  Age of Aquarius
  3.  Part V
  4.  Dance of Night
  5.  Arrival
  6.  Father Sun
  7.  Millennium Blues
  8.  Cosmic Soul
  9.  For the Innocent
  10.  Sparkle out of Black Hole

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Letzten Herbst haben die westgriechischen Hometown Heroes Villagers of Ioannina City ihr zweites Studioalbum herausgebracht. Auf ihrem Debut „Riza“, zu Deutsch „Wurzel“, hatten sie mit der Mischung von Stoner Rock und griechischer Volksmusik bereits eine klare musikalische Identität präsentiert. Simpel aber ohnegleichen war das Album ein klares Proof of Concept, aber die einzelnen Elemente fügten sich nicht nahtlos inneinander und die kreischende traditionelle Klarinette, die über allem hing, konnte bisweilen stören.

Ihr zweites Album, Age of Aquarius, verfeinert und erweitert diese musikalische Formel, grenzt sich aber auch in weiten Teilen – gerade inhaltlich – davon ab. Dies beginnt schon mit dem esoterischen, englischen Namen und der entsprechend mystischen Zeichnung des Wassermanns vor einer Sternenkarte auf dem Cover. Ein deutlicher Schritt weg von der Bodenständigkeit des Autowracks auf der staubigen Klippe, das das Album namens „Wurzel“ zierte.

Textlich ist es ein Konzeptalbum vom Eintritt in eine spirituell erleuchtete neue Ära des Wassermanns aus dem stumpfen, engen und leeren Moloch der Routine. Um die esoterischen Details völlig zu durchdringen bin ich zu nüchtern, aber das Motiv der Suche nach kosmischer Harmonie und Transzendenz zieht sich durch das gesamte Album, auch musikalisch. Die Grundformel des relativ weichen Stoner Rocks und den Klarinos und Dudelsäcken ist noch da, die beiden Teile sind allerdings völlig ineinander aufgegangen. Das Album klingt organischer und flüssiger als sein Vorgänger, warm und einladend, entspannt aber trotzdem stetig vorwärts strebend, eine Seele die den Kosmos durchfliegt.

Das Intro „Welcome“ und der nahtlos folgende Titeltrack „Age of Aquarius“ bieten einen guten ersten Eindruck, was man von dem Album erwarten kann. Es beginnt mit nur leicht verzerrte Gitarren, entspannt, melodisch und völlig ohne Eile. Es vergehen fast vier Minuten zum ersten Trommelschlag. Es lässt sich Zeit, denn das unausweichliche – treibender Rock‘n‘Roll – wird kommen. Und es kommt. Über dem entspannten aber beständigen Groove gleiten die Riffs flüssig ineinander, werden langsam aber sicher größer, bis sie im ersten Höhepunkt des Albums münden: dem weichen, getragenen Klarinettensolo. Wie der restliche Song ist es warm, ruhig aber doch Funken sprühend. Zielsicher sucht, findet und umschwebt es die Energie des Songs, um sie zu ihrem letzten Zenit zu führen.

Der Track „Dance of Night“ ist ein Höhepunkt nicht nur im Album, sondern im ganzen klanglichen Konzept von VIC. „Psychedelic Folk Rock vom Balkan“, wird hier zur Perfektion geführt. Der Groove wirkt statisch aber durch den traditionellen 7/8 Takt gleichzeitig unbalanciert, die Klarinos jauchzen extatisch in den Nachthimmel und das Folksolo, dass melodisch beginnt und am Ende nur noch dem ungleichen Rhythmus folgen kann, wirkt wie die Klimax und das erschöpfte Ende eines Tanzes ums Frühjahrsfeuer. Wie ich den Text lese, wird hier der menschliche Protagonist des Albums – in einigen scheint es ein menschliches, in anderen ein göttliches Ich zu geben – erstmals auf den esoterischen Pfad zur Erleuchtung geführt. Den natürlichen und selbstverständlichen Gebrauch von ungleichmäßigen Taktarten und die frohlockend-mystische Atmosphäre des Songs kennt man außerhalb Griechenlands vielleicht von Omnia, die aber aus einem sehr anderen Genre kommen.

VIC = Kyuss + Omnia?

Möglich.

Ein interessantes Stück Variation im Klang weiter hinten im Album ist das sommerlich-leichte Offbeatriff im „Millennium Blues“. Dem Titel angemessen basiert das ganze Stück auf einem einzelnen kurzen Riff, dass bloß im verzerrten Break gegen Ende eine leichte Variation erfährt. Über diesem Fundament wird der Leadgesang von ätherischen Backgroundvocals als Vor- und Nachhall umtanzt. Mit einem Gitarrensolo, das klingt, als würde es halbwach „Just let me groove, man“ lallen, vollendet sich das Bild des lockersten, offensten Songs des Albums.

Alles in allem ist das Album ein dem Titel angemessenes, fast transzendentes Hörerlebnis.

Um das esoterische Geschwurbel beiseite zu lassen, ist es schlicht ein fantastisch geschriebenes Album. Die Riffs und Melodien gleiten an den perfekten Momenten perfekt ineinander über, und alles passiert mit einer Natürlichkeit und Mühelosigkeit als wäre das offensichtlichste auf der Welt. Fast alle vollwertigen Songs außer Intro, Outro und Interlude sind dabei deutlich über acht Minuten lang, führen den Hörer dabei aber von einer Steigerung zur nächsten, ohne jemals die ins Stolpern zu geraten.

Wenn man auch nur im geringsten etwas mit Begriffen wie „Stoner Rock“, „Psychedelic Rock“ oder „Folk Rock“ anfangen kann, sollte man Age of Aquarius unbedingt eine Chance geben. Wenn man sich als Fan eines dieser Genres sieht, kann man das Album eigentlich direkt blind kaufen. Und mit Blick auf die sehr positive Resonanz, die dieses Album bisher genossen hat und auf Villagers of Ioannina City‘s sehr fleißigen Tourplan, sollte man sich damit beeilen, falls man auf die Hipster-“Ich-kannte-sie-schon“-Punkte Wert legt, denn vielleicht bahnt sich hier etwas Großes an.

Vielleicht nicht das Zeitalter des Wassermanns.

Aber vielleicht das Zeitalter von Villagers of Ioannina City.

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