Review: Violet Cold – Empire of Love

Violet Cold - Empire of Love

Erscheinungsdatum: 07. Mai 2021

Label: Independent

Genre: Experimental Post-Black Metal

Spieldauer: 38:33

Tracklist:

  1. Cradle
  2. Pride
  3. Be like Magic
  4. We Met During the Revolution
  5. Shegnificant
  6. Working Class
  7. Togetherness
  8. Life Dimensions

Ob man es mag oder nicht, die Musik wurde schon immer verwendet, um auf Probleme aufmerksam zu machen und darüber hinaus als Ausdrucksmittel, um politische Themen anzusprechen und zu kritisieren. Während die meisten Musiker, vor allem im Bereich des Post-Black Metal, sich hier oft zurückhalten, auf die Musik als reine Kunst, als Gefühl und damit frei von politischen Äußerungen, verweisen, treten immer wieder Bands ins Licht der Aufmerksamkeit, die genau dies tun. In diesem Falle ist es Emin Guliyev unter dem Namen Violet Cold mit seinem neuen Album Empire of Love. Die Musik selbst ist relativ frei, aber allein das Cover positioniert sich deutlich; vor dem Hintergrund der Regenbogenflagge als Symbol von Friedensbewegungen, Toleranz und Vielfalt steht die Mondsichel, eines der bekanntesten muslimischen Symbole, welches sich wohl vor allem auf Guliyevs islamisch geprägte Heimat Aserbaidschan bezieht. Obwohl die Bedeutungen von viele wohl hauptsächlich positiv aufgefasst werden, gibt es auch jene, für die das Album und Violet Cold schon bei der alleinigen Betrachtung gestorben sind, aber dazu später mehr.

Wie so ziemlich jedes Album von Violet Cold ist auch Empire of Love nur schwer zu beschreiben, nicht ohne Grund lässt seine Musik so ziemlich ausschließlich die Bezeichnung „Experimental (Post-Black Metal)“ zu. Melancholisch, atmosphärisch und gefühlvoll sind die Worte, welche man zu jedem Release wählen könnte.
Den entsprechenden Eingang macht Cradle mit einem akustischen Intro, melancholisch in der Tat, aber tatsächlich sehr freudvoll. Der aufbauende Charakter mit den schönen Melodien des ersten Songs stimmt erwartungsfroh ins Album ein.
In Pride kommt erstmals ein weiblicher Gesang auf, der sich mit Screams in der Folge abwechselt. Instrumental wird eine weite, sehr viel Raum einnehmende Atmosphäre kreiert, die wiedermal den Post-Rock-Einfluss unterstreicht. Nach einem langen Winter wie diesem fühlt es sich doch passend zum Frühling wie eine Renaissance an.
Die verspielte Lead-Gitarre setzt sich auch im nächsten Song Be like Magic fort, diesmal untermalt mit rhythmischen Spoken Words, die sich im Verlauf in eher klassischere Black Metal-Vocals transformieren. Die freudige Atmosphäre wird nicht düster, aber verträumter. Ein schönes Piano-Zwischenspiel führt zu einem Part, in dem mal wieder die Electronic-Einflüsse Eingang in Violet Cold finden. Mit entfremdeter Stimme lässt er die Post-Black Metal-Elemente folgend gut wirken. Insgesamt wird dieser Song recht lang gezogen, was dem Gefühl der Verträumtheit den nötigen Raum verleiht.
Ab We Met During the Revolution wird es schwierig. Das Album folgt ohne Zweifel einer klaren Linie, aber viel Veränderung kommt nicht hinzu. Allenfalls noch zu benennen wäre abermals der Frauengesang in Shegnificant und der Einsatz eines Banjos in Working Class, was wiederum die Kreativität und die musikalische Grenzen auflösende Idee von Guliyev beweist. Shegnificant ist vor allem deshalb interessant, weil dieses Lied mit seinen elektronischen Einflüssen und der Art und Weise des weiblichen Gesangs sicherlich unter den Namen „Pop Post-Black Metal“ fallen könnte. Langeweile kommt also nicht auf. Insgesamt ist Empire of Love definitiv ein gelungenes Album für jene, die sich im Post-Black Metal wohl fühlen und offen für Experimente sind. Wo die Grenzen von Experimenten, Abwechslung und Innovation liegen kann zum Glück niemand abschließend festlegen, und genau diese Freiheit nimmt sich das Projekt. Damit einher geht immer, dass es auch Parts gibt, die sicherlich auf das erste Hören Verwirrung stiften können, aber um das Beispiels des Banjos in Working Class aufzugreifen: jetzt haben wir zumindest eine Idee, wie es klingen würde und unabhängig davon, ob es „gut“ oder „schlecht“ aufgefasst wird, ist das doch eine schöne Herangehensweise im Umgang mit Musik.

Das Album ist auf Violet Colds Bandcamp-Seite kostenlos verfügbar. Um nochmal kurz auf die politische Seite von Empire of Love zurückzukommen; auf seiner Instagram-Seite bezeichnete Guliyev sein neues Album als „Filter“, gemeint ist wohl die Filterung von Fans bezüglich ihrer Reaktion auf das Cover und die Titel. Nach eigener Aussage hat er in drei Tagen nach dem Release einige Follower verloren, hauptsächlich auf Bandcamp, während er auch Russland (ein Repost des Albums könnte dort laut Guliyev zur Verurteilung führen) und User von V-Kontakte (soziales Netzwerk aus Russland, vor allem benutzt von Menschen aus den GUS-Staaten, zu denen auch Aserbaidschan zählt) mit den Worten „80% are nationalist homophobe shit“ kritisiert. Betrachtet man diese offensichtlichen Probleme, so bekommt das Album eines aserbaidschanischen Musikers einen ganz neuen Wert zum musikalischen hinzu.

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