Review: Vrøde-Ostracized

Release: 02.02.2024

Genre: Black Folk, Folk Metal, Dark Ritualistic

Spieldauer: 28:01

Label: Independent

Links: 

Bandcamp
Facebook
Instagram
Spotify
YouTube

Tracklist:

  1. Sykdomsfjell
  2. Striith
  3. Ostracized
  4. Ascending
  5. Heritage of the Highlands
  6. Berserker´s Deception
  7. Mordbrann
  8. A Silent Prayer

Innerhalb unseres Teams tauschen wir regelmäßig neue musikalische Entdeckungen aus und es gibt immer wieder Geheimtipps, die sich als wahre Juwelen entpuppen. So war es bei mir mit Vrøde, einem Projekt, das mich sofort begeisterte und bereits nach den ersten Klängen war mir klar: Ostracized verdient ein ausführliches Review.

Mit einer Laufzeit von gerade einmal 28 Minuten ist das Debütalbum Ostracized zwar kein großes Werk, doch diese Kürze täuscht – denn die acht Tracks strotzen vor kreativer Energie, musikalischer Dichte und ritueller Atmosphäre. Vrøde erschaffen ein beeindruckendes Wechselspiel zwischen nordischer Mystik, roher Aggression und atmosphärischer Tiefe.

Das Album eröffnet mit Sykdomsfjell auf eine atmosphärische, fast unheimliche Weise: Rabengeschrei, schwere Streichinstrumente und ein leises, beschwörendes Murmeln ziehen den Hörer in eine düstere, nebelverhangene Welt. Ein Ritual beginnt – und mit ihm das klangliche Fundament, das sich durch das gesamte Album ziehen wird.

Mit Striith wird das Tempo sofort angezogen. Brachiale Gitarrenriffs konkurrieren mit dem hohen, fast hallenden Gesang, der sich wie eine klagende Stimme aus den Tiefen eines Fjords erhebt. Im Verlauf des Songs setzt sich der instrumentale Druck immer weiter durch, bis schließlich tiefe Growls einsetzen und dem kantigen Sound eine zusätzliche Schärfe verleihen. Gerade dieser Kontrast zwischen hoher, geisterhafter Stimme und tiefen Growls erzeugt eine mitreißende Spannung, die den Hörer nicht loslässt.

Für mich ist der Titeltrack Ostracized, gleichzeitig das emotionale Zentrum des Albums. Der bereits etablierte Gegensatz zwischen den Gesangsvariationen tritt hier noch brutaler und einnehmender hervor. Die Wucht der Riffs, das wütende Drumming und die donnernden Vocals wirken wie ein Sturm, der alles mit sich reißt. Vrøde zeigen hier ihre vielleicht kompromissloseste Seite.

Mit Ascending nimmt die Musik eine rituellere Richtung ein. Rasseln und ein hoher, kehlkopfbetonter Frauengesang leiten den Track ein, während die Gitarren nicht dominant, sondern eher unterstützend agieren und dem Lied eine tranceartige Struktur verleihen. Doch Vrøde wären nicht Vrøde, wenn sie nicht mit Erwartungen brechen würden: Nach der Hälfte des Songs ändert sich die Atmosphäre drastisch. Plötzlich wird der Sound drückender, langgezogener – fast doomartig. Eine hypnotische Schwere legt sich über die Melodie und verstärkt das rituelle Element.

Heritage of the Highlands ist für mich weiteres Highlight des Albums. Mit einem Trommelrhythmus beginnt ein Sprechgesang, der sich langsam aus der Melodie erhebt. Hier vereinen sich erstmals alle Stimmen der Band zu einer dreistimmigen Harmonie, die das Ritualhafte des Albums auf die Spitze treibt. Es fühlt sich an, als würde man einem uralten nordischen Beschwörungsritual beiwohnen. Ab der Hälfte des Songs explodiert die Melodie in einem epischen, fast hymnischen Höhepunkt.

Nach einer kurzen Atempause setzt der Song Berserker’s Deception wie eine entfesselte Naturgewalt ein. Der Name ist Programm: Die Musik reißt mit ungestümer Wucht nach vorne, bevor eine weibliche Stimme übernimmt und sich über eine Melodie legt, die zuvor auf dem Album in dieser kantigen, schnellen Art noch nicht zu hören war. Der Song ist ein wilder, chaotischer Ritt und ein Kontrast zum vorherigen, spirituelleren Track.

Wieder ein Moment zum Durchatmen – doch nur kurz. Schon nach wenigen Sekunden reißt Mordbrann den Hörer in einen dichten, kompakten Klangsturm. Die tiefen Growls, die sich aus zwei Quellen speisen, peitschen über das instrumentale Gewitter hinweg. Doch wie bereits Ascending hat Vrøde in dem Lied einen Stilbruch eingearbeitet: Ab der Hälfte klart der Sound plötzlich auf, und Klargesang setzt ein, ohne dass die Intensität oder Leidenschaft nachlässt.

Ein würdiger Abschluss für dieses ungewöhnliche Album: A Silent Prayer ist in seinem Ausdruck sanfter, ja fast zärtlich. Hier breitet sich eine fast meditative Stimmung aus, die den Ritualcharakter des Albums abschließt. Das Stück ist eine Art akustische Liebkosung und gleichzeitig eine unerwartete Überraschung nach dem unbarmherzigen Druck der vorherigen Tracks.

Fazit

Mit Ostracized erschaffen Vrøde ein Album, das durch seine Kürze fast schon als EP durchgehen könnte, aber inhaltlich ein wahres Schwergewicht ist. In nur 28 Minuten führt die Band den Hörer durch eine komplexe Mischung aus nordischer Ritualistik, rohem Black Metal und doomigen Passagen. Besonders beeindruckend ist die durchgehende Spannung zwischen hohen, klagenden Gesängen und tiefen Growls, die sich wie ein musikalischer Kampf durch das Album zieht.

Ostracized bietet einen abwechslungsreichen Spannungsbogen, der von hymnischer Erhabenheit über chaotische Raserei bis hin zu melancholischer Zartheit reicht. Vrøde beweisen hier nicht nur handwerkliches Können, sondern auch ein hervorragendes Gespür für Atmosphäre und Dramaturgie. Wer sich auf dieses Ritual einlässt, wird mit einem intensiven, einzigartigen Hörerlebnis belohnt.

Das Debütalbum von Vrøde macht definitiv Lust auf mehr – und wer weiß, vielleicht gibt es ja in Zukunft noch ein Review zu einem möglichen Nachfolger?

 

Mehr von Vrøde bei Dark-Art findet ihr hier:

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*