Schatzkiste: Üebermutter-Unheil!

Release: 31. März 2008

Genre: Neue Deutsche Härte

Label: Roadrunner Records, Inc.

Trackliste:

  1. Maedchen TeilZwo
  2. Mutterherz
  3. Heim und Herd
  4. Am Anfang war das Weib
  5. Wein mir ein Meer
  6. Brenne
  7. Gebaermaschine
  8. Liebe ist Schmerz
  9. Krieg
  10. Ruhe Sanft
  11. Unheil

Vor nicht allzu langer Zeit wurde ich gefragt, ob ich die Band Üebermutter kenne. Ich musste mit den Achseln zucken und diese Frage mit „Nein“ beantworten. Danach wurde mir eine weitere Information gegeben, nämlich dass die Frontfrau der Band Luci van Org heißt und für den Song Mädchen verantwortlich ist. Der Name “ Luci van Org“ ließ in meinem Vakuumschädel nur ein großes Fragezeichen aufblitzen, aber beim Lesen des Songtitels Mädchen schrillte nach einer kurzen Gedenksekunde (oder war es eine Minute, keine Ahnung, ich bin kein Mathematiker) eine Alarmglocke auf. Da ich außerhalb der Metal Musik eine kleine Vorliebe für musikalische Merkwürdigkeiten aller Art habe, hatte ich auch sofort eine verschwommene Melodie im Kopf. Schnell noch YouTube angeschmissen nach Mädchen gesucht und schon wurde aus meiner grauen Erinnerung ein klares Bild. Natürlich kannte ich dieses „Meisterwerk“ feinster Deutsch-Popgedudel und beim Refrain „weil iiiich eiiin Määädchen bin“ konnte ich sofort laut mit trällern. Doch was hat diese 90er Jahre Dudel-Perle von Lucilectric nun mit einer Band Namens Üebermutter zu tun? Da Neugierigkeit bekanntlich in gewissen Portionen ja gesund ist, musste YouTube für die nächste Suchanfrage herhalten. So ertönte schon bald der erste Track und schlussendlich das ganze Album Unheil! aus meinen ausgeleierten Logitech-Boxen. Zunächst wusste ich nicht wie ich das ganze Werk einsortieren soll, fand ich es einfach nur gruselig, genial, interessant, oder so schlecht, dass ich es schon wieder gut ist? Um diese Frage für mich endgültig zu klären, gab es eine weitere Runde Unheil! bis ich schlussendlich meine Antwort gefunden hatte. Aber bevor ich meine Antwort zu der Frage gebe, erstmal ein paar Worte zum Album Unheil! .

Das Album:

Unheil! von Üebermutter passt vom Klangbild am ehesten zum Genres des Industrial Metal/Rock beziehungsweise aufgrund der Verwendung von deutschen Texten zum Genres der Neuen Deutschen Härte. Auf dem Album können wir somit eine gewohnte Mischung aus Gitarrenriffs, Schlagzeuggehaue sowie Synthesizer-Sound bestaunen, der sehr eingängig gespielt wird und stellenweise sehr „charttauglich“ wirkt. Hauptschwerpunkte der Texte die wir bei Unheil! hören können sind feministischer Natur, es werden zum Beispiel sexueller Missbrauch, Klischee-Rollenbilder sowie Ungleichbehandlung angesprochen. Dabei werden als Stilmittel Sarkasmus, Ironie, sowie stumpfes Provozieren eingesetzt. In der Kategorie „Stumpf ist Trumpf“ kann man auch das Album Cover erwähnen, das eine abgewandelte Form des berühmten Bildes „Raising the Flag on Iwo Jima “ aus dem 2. Weltkrieg zeigt. Da wir nun die Grundlagen von Unheil! geklärt haben, möchte ich gerne nun bei ein paar Songs genauer in das Detail gehen. Fangen wir mit dem Song, den ich bei meiner YouTube Recherche zuerst gehört habe, nämlich mit Heim und Herd an. Heim und Herd ist wohl der mit Abstand eingängigste Track auf dem ganzen Album. Er hat sich besonders mit seinem einprägsamen Refrain „Heim und Herd, Heim und Herd sind Goldes wert“ bei mir in die Schädeldecke gebohrt und klingt einfach nur für Neue Deutsche Härte Verhältnisse sehr „poppig“ und knallig an. Genauso eingängig, aber etwas weniger knallig als Heim und Herd ist die der Song Maedchen TeilZwo. Für alle Leute, die jetzt panisch Schnappatmung bekommen und schon 90er Jahre Pop Musik Flashbacks haben erstmal eine Entwarnung. Maedchen TeilZwo ist keine glatte Fortsetzung von Lucilectric Pop-Kassenschlager Maedchen, sondern ein richtiger Neue Deutsche Härte Song. Thematisch setzt sich Maedchen TeilZwo mit dem sexuellen Missbrauch an Kindern sowie Rachefantasien gegenüber den Peiniger auseinander. Wer es etwas militanter im Klangbild haben möchte, der ist beim Song Gebaermaschine sowie Unheil an der richtigen Adresse. Beim Track Gebaermaschine bellt Luci van Org mit kräftigem Befehlston, der manche bestimmt an seine BW/NVA Zeit erinnert, darüber das der Mann der Frau dienen muss, um das Fortbestehen der Art abzusichern. Noch weiter in Richtung Militär-Ästhetik marschiert das Lied Unheil, das besonders mit seinen lauten „Unheil! Unheil!“ Im Refrain sowie mit seiner Anfangsfrage „Wollt ihr das totale Lied?“ auf einer wirklich stumpfe bis plumpe Art und Weise schockieren will.

Mein Fazit:

Das Album Unheil! von Üebermutter polarisiert auf ganzer Linie, das kann man auch an den alten Reviews diverser Seiten feststellen, die das Album damals auf Herz und Nieren getestet haben. Dabei kamen höchst unterschiedliche Einschätzungen raus, die von mehr als negativ bis durchaus positiv, mit kleinen Abstrichen einzuordnen sind. Ich kann die Reviews von damals vollkommen verstehen, Üebermutter hat einfach ein Werk abgeliefert, das eine sehr schwankende Qualität besitzt. Wer es zum Beispiel mit dem Klassenprimus Rammstein vergleicht, merkt schnell das Üebermutter einfach überall den Kürzeren zieht. Manche der Tracks bleiben einfach auf der Startgerade stehen oder schießen vollkommen über das Ziel hinaus. Beste Beispiele für solche Fehlzündungen sind der Track Krieg sowie die NDH-Ballade Liebe ist Schmerz. Beim Song Krieg hat man es einfach „zu gut“ gemeint, er wirkt einfach komplett überladen und sehr aufgebläht. Liebe ist Schmerz hingegen wirkt an manchen Stellen einfach sehr gestellt sowie etwas schmalzig. Auch die weniger feinfühlige Art wie man versucht zu schockieren wirkt an manchen Stellen sehr billig. Trotz all der eben genannten Kritikpunkte und Liedern die man getrost als „Presspappe“ bezeichnen kann bin ich der Meinung, dass man dem Album eine Chance geben sollte. Manche der Tracks machen einfach richtig Bock wie zum Beispiel das knallige Heim und Herd, das sehr ernste aber starke Maedchen TeilZwo oder das marschierende Unheil. Die rotzige und schrullige Ausführung geben Üebermutters Album Unheil! einen gewissen positiven Charme und trashigen Flair. Zum Abschluss sei auch gesagt, dass ich die Stimmleistung von Luci van Org auf den Album echt gut gefunden habe, ihre Stimme ist kraftvoll und kernig und fügt sich gut in das Soundbild des Industrial Metals hinein. Schade, das es nur ein Album von Üebermutter gab, ich bin mir sicher ein Nachfolger hätte bestimmt noch viele schöne Songs abgeliefert.

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