Vampirbesuch der prominenten Art in Berlins schönster Festung
Die Zitadelle Spandau lud, im Rahmen des Citadel Music Festivals, am 28.06.2023 zu einer ganz besonderen Fledermaus-Schau ein. Während der sonnigen Abendstunden trafen zahlreiche vorfreudige Vampirfreunde an den gewaltigen Festungsmauern ein und warteten auf die berühmt berüchtigten Hollywood Vampires, welche der äußerst passenden Burg-Location im Norden Berlins einen musikgeladenen Besuch abstatteten. Die VIP-Vampire rund um Alice Cooper, Joe Perry und Johnny Depp setzten so einigen ihrer bereits verstorbenen Rockstar-Kollegen ein ehrenwertes Andenken und hatten außerdem auch ihre eigenen Songs mit im Gepäck. Die Ehre des Supports oblag den walisischen Rockern von Those Damn Crows, welche zum ersten Mal die Gelegenheit bekamen, ihre Musik vor Berliner Publikum zu präsentieren.
Gegen 17:48 Uhr, mit ca. 20 Minuten Verspätung, öffnete das Sicherheitspersonal die Pforten zum Einlass und gab somit den Startschuss für den Kampf um die besten Plätze vor der Bühne. Die ersten Fans sprinteten direkt los, um sich die perfekte Sicht auf die Musiker zu sichern. Doch wer den Berühmtheiten auf der Bühne wirklich nahe kommen wollte, der musste bereits beim Ticketkauf schon deutlich tiefer in die Tasche gegriffen haben, als für die normalen Stehplatzkarten, denn nur mit einem Golden-Circle-Ticket konnte man Cooper, Perry und Depp überhaupt erst auf die Pelle rücken. Dem restlichen Publikum war lediglich ein Blick aus der Ferne gestattet. Leider schien dies die gesamte Stimmung des Abends ein wenig zu dimmen. Das Publikum jubelte zwar und klatschte auch bei allen Songs taktvoll mit, allerdings war der Spielraum zum Ausrasten eingeschränkt und der Golden-Circle-Bereich zudem auch nicht komplett voll.
Es lag eine freudige Erwartungshaltung in der Luft, während sich das Innenfeld der Zitadelle immer weiter füllte. Trotz des verspäteten Einlass blieb noch genug Zeit, um die Getränke-und Imbissstände, den Merch oder die Toiletten aufzusuchen. Hierbei konnte man auch dem ein oder anderen Johnny Depp– Double begegnen. Ob im Piratenkostüm oder sogar in zivil, für Irritation sorgten diese Ähnlichkeiten auf jeden Fall.
Those Damn Crows
Pünktlich um 19:00 Uhr ertönten laute Glockenschläge begleitet von den Echos kratziger Krähenschreie. Das Publikum widmete seine Aufmerksamkeit dem Bühnengeschehen, wo Those Damn Crows, mittels dramatischer Musik, ihren Auftritt ankündigten. „Berlin, are you ready?“, erkundigte sich Frontmann und Sänger Shane Greenhall direkt bei der jubelnden Menge. So begann eine halbe Stunde voller eingängiger Alternativ-Rock-Songs, welche im Ohr blieben und das Publikum perfekt auf den Abend einstimmten. Während der fünf performten Tracks verbreitete die gesamte Band eine positive Stimmung kreuz und quer im ganzen Publikum. Der riesige Bock auf diesen ersten Auftritt in der deutschen Hauptstadt, war den fünf Musikern komplett anzumerken. Um so mehr Spaß bereitete es, dem Support zuzuschauen. Es gab eine geballte Ladung Rock auf die Ohren, welche die Energie der Band spürbar auf das Publikum abfärben ließ. Bevor der Song This Time I’m Ready startete, griff der Frontmann Greenhall dann auch selbst zur Gitarre und fragte die Menge, wer denn Those Damn Crows bereits live gesehen habe. Direkt zeitgleich mit dieser Frage wurde ein großer Schriftzug mit dem Namen der Band in weißen Lettern und lila Umrandung an die Bühenrückwand projiziert. Die Antwort auf die gestellte Frage fiel jedoch eher spärlich aus. Dennoch schaffte es die Band das Publikum zum Ende ihres Sets hin auch zum Mitsingen zu animieren. Rock ’n‘ Roll Ain’t Dead!, unter diesem Motto stand der letzte Song dieses kurzen Auftritts, bei welchem die Musiker auf der Bühne noch einmal alles gaben. Die Zeile „Who said Rock ’n‘ Roll is dead?“ erschallte mehrfach, lautstark durch die Mauern der Burganlage und die Reihen des Publikums. Es wurde zudem lauthals gejubelt und sogar getanzt. Mit den gesungenen Worten „We are Those Damn Crows“ verabschiedete sich die sympathische Band dann schließlich und machte die Bühne für den Umbau frei.
The Hollywood Vampires
Während der Vorbereitungen auf der Bühne kam ein schneeweißes Schlagzeug zum Vorschein. Auf beiden Base-Drums befand sich in glänzend goldener Schrift der Hollywood Vampires – Schriftzug. Als die Uhr Punkt 20:00 Uhr zeigte, waren bereits die ersten ungeduldigen Schreie und Jubelrufe aus den Zuschauerreihen zu vernehmen. Lange musste das vorfreudige Publikum sich dann aber auch gar nicht mehr gedulden, denn bereits zwei Minuten später blickten blutunterlaufende Augen von der Bühnenrückwand aus auf die Menge hinab. Doch es schien sich hierbei um das falsche Projektionsvideo zu handeln, denn wenige Momente später wurde der Clip direkt gestoppt und ein ganz anderer Film startete. Friedhofszäune, Skelette und Bilder von Särgen wurden projiziert. Eine Szene, die immer deutlicher darauf einleitete, wer hier gleich die Bühne betreten wird. Zu den Orgelklängen des bekannten Stücks Toccata stiegen die Vampire dann schließlich aus ihrer Gruft und betraten die Bühne. Zunächst war von der Band allerdings erstmal gar nichts zu sehen, weil so viele Rauchsäulen empor schossen, dass die Musiker dahinter komplett verschwanden. Es war zu erwarten, dass einige Personen im Publikum eigentlich nur wegen eines einzigen Menschen an diesem Abend anwesend waren, denn das hysterische Kreischen einiger, als Johnny Depp auf der Bühne sichtbar wurde, sprach Bände. Ausgestattet mit Sonnenbrille, Mütze im Hippie-Style und langen im Wind wehenden Haaren, warf der Promi seinen Fans immer mal wieder Kusshände und Dankesgesten zu. Doch die eigentliche Show riss direkt Alice Cooper an sich. Gekleidet in einen roten Frack mit passendem Zylinder und einem schwarzen Gehstock, wirkte er wie eine Arte schauriger Circus-Direktor, welcher das Publikum mit dem ersten Song des Abends I Want My Now, willkommen hieß. Die Leinwand an der Bühnenrückwand blieb das ganze Konzert über in Betrieb und zeigte passend zum jeweils gespielten Titel entsprechendes Bildmaterial. Hier war von kuriosen Alltagsszenen, über Ausschnitte aus Songtexten, gruseligen Cartoons, aber auch Bildern von bereits verstorbenen Idolen, alles mögliche vertreten. Ein wirklich passendes Medium, um die schaurig schöne Wirkung der Show zu untermalen. Trotz des hohen Altersdurchschnitts auf der Bühne gab die Supergroup wirklich alles. Es hatte tatsächlich eine gewisse Komik, als der mittlerweile 75-jährige Cooper, inzwischen ohne Frack und Zylinder, die Zeile I’m eighteen im gleichnamigen Track anstimmte. Er zeigte allerdings mittels gekonntem Hüftschwung sehr oft, wie agil und fit er noch war und tanzte immer wieder quer über die Bühne. Hier könnten sich manch jüngere Musiker tatsächlich noch eine Scheibe von abschneiden. „We are Hollywood Vampires, we playing songs for our old Friends“, mit diesen Worten stellte sich die Band nach dem dritten Song auch noch einmal richtig bei den Fans vor. Tatsächlich sollten im Verlaufe des 90-minütigen Konzerts noch so einige Songs in Gedenken an bereits verstorbene Rocklegenden gespielt werden, wodurch das Konzert zu einer andächtigen Hommage wurde. Das Publikum war gleichzeitig ergriffen und begeistert. Spätestens beim Titel My Dead Drunk Friends , als Alice Cooper liebevoll die Arme um Johnny Depps Schultern legte und die erste Strophe anstimmte, wurde es langsam auffällig, wie häufig das Haar des Hollywoodsternchens dramatisch nach hinten geweht wurde, während bei den anderen Musikern kein Lüftchen zu blasen schien. Hatte Johnny etwa seinen privaten Ventilator auf der Bühne platziert, welcher ihn auffällig in Szene setzen sollte? Tatsächlich, bei genauerer Betrachtung konnte man das runde Metallgestell vor dem Gitarristen sogar erkennen. Äußerst interessante Showeinlage. Lediglich für ein paar Gesangseinlagen verließ Depp seinen luftigen Außenposten und begab sich in die Mitte der Bühne. So zum Beispiel auch beim Song People Who Died, der wie eine Art Stoßgebet an große Musik-Legenden formuliert war. So erinnerte Depps Gesang auch eher an ein aufgesagtes Gedicht. Leicht vernuschelt, stimmlich auch nicht zu 100 Prozent sicher und mit wenigen Textpatzern leistete die Berühmtheit ihren Beitrag. Beim Publikum kam dies absolut perfekt an und sorgte gerade im Refrain für ausgelassenes lautes Mitsingen. Die Stimmung passte und jede einzelne auf der Leinwand präsentierte Legende wurde gebührlich gefeiert. Auch im Song Heroes, eine Coverversion des Orginals von David Bowie, durfte Johnny erneut ans Mikrofon. Gefühlvoll setzte die Band hier ein Zeichen für alle Helden auf dieser Welt, die sich für den Planeten und Menschen in Not einsetzen. Begleitet wurde das Ganze mit einer Diashow von aktuellen Aktivisten und Menschenhilfsorganisationen. Die sanften Klänge eines E-Cellos untermalten die Hommage noch zusätzlich.
Hollywood Vampires werden auch als die teuerste Coverband der Welt bezeichnet und diesem Namen machten sie natürlich alle Ehre. Ob Baba O’Riley von The Who oder The Jack von AC/DC, Freunde der klassischen Rockmusik kamen hier absolut auf ihre Kosten. Die Vampire schafften es trotz der Bekanntheit der Originale, den Songs jeweils ihre ganz eigene Note zu verpassen. Bright Light Fright ließ Alice Cooper dann sogar zur Mundharmonika greifen, mit welcher er den Gesang von Joe Perry begleitete. Das Publikum lief heiß und war bei Walk this Way auch kurz davor komplett auszurasten, leider schien die Zweiteilung des Stehplatzbereiches diese Stimmung direkt wieder abzuschwächen, was schade war, denn die Musik war es absolut wert, dazu so richtig ausgelassen zu tanzen. „This is our last Song“, erklärte Cooper dann schließlich der Menge und daraufhin erklangen die ersten Takte von The Train Kept A-Rollin‘. Es lag so viel positive Energie in der Luft, dass während der Performance sogar Funken aus einem der Verstärker auf der Bühne flogen, was vom Publikum natürlich direkt mit gefeiert wurde. Natürlich hatten die Vampire aus Hollywood noch eine bissige Zugabe mit im Gepäck. Ein Medley des Klassikers School’s Out von Alice Cooper selbst und der Hymne Another Brick in the Wall von Pink Floyd bildeten den würdigen Abschluss. Cooper griff hier auch zu seiner typischen Gewandung bestehend aus weißem Frack, passendem Zylinder und natürlich dem Gehstock. Das Publikum zeigte sich bei diesem letzten Song tatsächlich am ausgelassensten und es wurde gesprungen und laut mitgesungen, eine Stimmung, welche der Rest des Konzertabends durchaus auch verdient gehabt hätte. Johnny Depp beendete den grandiosen Abend mit einem Schauer aus Plektren, welche er im kompletten vorderen Bereich des Golden-Circles verteilte. Noch eine letzte Gruppenverbeugung der insgesamt sieben Musiker auf der Bühne und das Konzert fand gegen 21:38 Uhr dann ein gelungenes Ende. Beschwingt und gutgelaunt verließen die Fans nach und nach die Zitadelle. Da es sich auf der Zugangsbrücke zunächst etwas staute, blieb noch genügend Zeit für ein letztes Getränk oder einen Snack für den Heimweg.
Setlist
- I Want My Now
- Raise The Dead
- I’m Eighteen
- Five To One/ Break On Through (To The Other Side)
- The Boogieman Surprise
- My Dead Drunk Friends
- You Can’t Put Your Arms Around A Memory
- Baba O’Riley
- Who’s Laughing Now
- People Who Died
- The Jack
- As Bad As I Am
- Heroes
- Jeff Beck Tribute
- Bright Light Fright
- The Death And Resurrection Show
- Walk This Way
- The Train Kept A-Rollin‘
- School’s Out / Another Brick In The Wall
Für mich war es ein super spannender und unterhaltsamer Abend und ich bin dankbar, dass ich diesem schaurig schönen Konzert beiwohnen durfte. Man bekommt schließlich nicht jeden Tag die Gelegenheit Legenden wie Alice Cooper, Joe Perry und Johnny Depp zusammen live auf einer Bühne zu erleben.
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