Release: 14.07.2023
Genre: Thrash Metal
Spieldauer: 47:00
Label: Napalm Records
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Tracklist:
1. The Unknown
2. The Mask We Wear
3. Monolith
4. When Mortal Coils Shed
5. Sleepless Eyes
6. Out of Sight
7. At Mirror’s Speech
8. Reap What You Sow
9. Beginning of the End
10. Balance of Time
In der seit jeher recht überschaubaren britischen Thrash-Szene stehen Evile heute neben Savage Messiah und den wieder erstarkten Xentrix ziemlich einsam auf weiter Flur. Gestartet 1999 als Coverband unter dem vielsagenden Namen Metal Militia, bei dem jetzt jeder mal raten darf, welche Band da gecovert wurde, war das Quartett Teil eines größeren Thrash-Revivals Anfang der 2000er Jahre neben Bands wie Havok, Bonded by Blood, Hatchet oder Revocation. Nun erscheint mit The Unknown ihr sechstes Album, das zweite seit ihrem nicht unbedingt mehr erwarteten, giftigen Neustart mit Hell Unleashed vor zwei Jahren. Aber so richtig kann die Band den Schwung jenes Vorgängers hier nicht mitnehmen, oder tut es bewusst nicht. Denn die Mannen um den mittlerweile auch zum Sänger avancierten Ol Drake und Ur-Drummer Ben Carter gehen diesmal deutlich andere Wege. Auf The Unknown wird unter das Thrash-Fundament ein nicht unerheblicher Anteil Sludge und Groove gerührt und das Aggressionslevel des Gesangs zurückgefahren. Dabei ist es beinahe verwirrend, mit welcher Zurückhaltung die Band gerade die erste Hälfte des Albums angeht. An The Mask We Wear an zweiter Stelle kann ich mich zum Beispiel auch nach mehreren Durchgängen beim besten Willen kaum erinnern.
Erstmals das Tempo angezogen wird erst mit Sleepless Eyes, das typisches Evile-Stakkato-Riffing bietet, aber eben auch nur ein Highlight im Kontext des Albums darstellt, gethrasht haben Evile schon überzeugender. Der Groove-Break gegen Ende von Out of Sight ist wunderbar gelungen. At Mirror’s Speech und Reap What You Sow drehen die Komplexität merklich hoch, mit starken Riffs und Bass-Grooves und vor allem Beginning of the End trumpft mit einer erfrischenden Alice in Chains-Schlagseite beim Intro-Riff auf. Balance of Time schließt Evile’s 2023er Werkschau herzhaft thrashend ab, aber hier fehlt wieder eine wirklich starke Hook, was leider schon immer die Achillesferse der Briten ist.
Nichts hier ist wirklich langweilig oder inkompetent, die Produktion ist knackig, differenziert und druckvoll, lediglich das Songmaterial der A-Seite wirkt unentschlossen und ungewöhnlich Demo-artig in der Ausarbeitung. Hier fehlt Feinschliff. Es ist wirklich bemerkenswert, wie unspektakulär die ersten vier Songs auf The Unknown zunächst vorbei plätschern. Die Power-Ballade When Mortal Coils Shed an vierter Stelle lässt mich erstmals wirklich auflauschen, die Gesangsmelodien sind durchaus gelungen, es fehlt für meinen Geschmack jedoch an einem „echten“ Sänger. Lead-Gitarrist Ol Drake macht in dieser Position seit der Reunion einen soliden Job, liegt bisweilen melodisch ein klein wenig daneben und erinnert dadurch dann und wann charmant an Phil Rind zu Sacred Reich‘s Independent-Zeiten, aber hier wäre mit einer charismatischeren Stimme definitiv mehr drin. Nichtsdestotrotz, das Album wächst auch, schon beim zweiten Durchgang empfand ich einige Elemente der getrageneren Nummern als deutlich spannender, zum Beispiel die massiven Gang Shouts in Monolith oder die Leitmelodie des Titeltracks. Aber das sind eben einzelne Elemente, gelungene Ansätze.
Evile haben sich weit ins Unbekannte gewagt und stehen nun noch etwas ratlos davor. Aber sollte es ihnen gelingen, die richtigen Schlüsse zu ziehen und die neuen Einflüsse in konsequenteres Songwriting münden zu lassen, könnte daraus Großes entstehen. Ein interessantes, eigenartiges Album mit einem bizarren Flow. Ein typisches Übergangsalbum. Definitiv aber auch ein Werk, das ein paar mehr Durchgänge braucht und diese voraussichtlich auch belohnt.
Highlights: The Unknown, Sleepless Eyes, At Mirror’s Speech, Beginning of the End
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